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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 18.09.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-09-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-190609184
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19060918
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19060918
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFrankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
- Jahr1906
- Monat1906-09
- Tag1906-09-18
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Veste«, wie auch di« übrigen Darsteller nach KrSsten dazu Lei. trugen. Laß ein geschloffener, erhebender GesamteinLruck zustande kam. Beeinträchtigt wurde dieser nur durch di« Zwischenaktsmusik, di« einmal recht unpaffend gewählt war. Dagegen sei es Herrn Betz hoch angerechnet, daß er nach dem Selbstgericht hinter der Gzrn« trotz des stürmischen und anhaltenden veisalls nicht wieder erschien, sodaß dir seelische Erregung der Zuhörer ungestört aus- schwingen konnte. Als Ersatz sür den fehlenden, wohlverdienten Lorbeerkranz möge ihm das Bewußtsein gelten, zweihundert jungen, begeifterungssähigen Zuhörem einen Eimuß edelster Art gewährt zu haben. Herm Direktor Prinert aber sei auch an dieser Stelle sür dir schön« Leistung seines Ensembles der wärmste Dank der Seminargemeinde ausgesprochen. sr. Für da« Lüostlrrkouzert, da«, veranstaltet von un. ser«r heimischen Pianistin Frl Johanna Priber, morgen (Dienstag) abrnd im „Schützen hau» ".Saal stattfindet, ist der Billettooroerkauf im Lange. Rach den von un» bereit« veröffentlichten llritik.Au». zügen über die hervorragende Lristungssähigkeit der im llonzert al« Solistin mitwirkenden Violinistin Fil. Gentsch-Leipzig bedarf e« wohl nur noch weniger Worte der Empfehlung. Ist doch sowohl Frl. Priber, als auch Frau Rosa Schiebler und Herr Hans Biehl, welch beide ebenfalls zum guten Gelingen der Veranstaltung bei tragen wollen, musikalischen Kreisen unserer Stadt durch früheres Auftreten vor größerem und kleinerem Zirkel vorteilhaft bekannt geworden. Und so hat man denn all« Ursache» dem morgigen llonzert, für das ein sehr gewähltes Programm vorliegt, in dessen Ausführung sich übrigen» außer den bereits genannten Kräften auch unser sowieso schon leistungsfähiges, diesmal aber durch Ver stärkung an llraft noch gewinnendes Stadtorchester unter Herrn Direktor Eugen Pragers Leitung teilt, mit gespannten Erwar tungen entgegenzusehrn. Möge sein Verlauf zur guten Vorbedeu tung für dir Veranstalterin werden, die ja von hier aus nach gründlichen Studien bei tüchtigen llrästen an hervorragender Lehr- stätte ihren Flug in die musikalische Welt zu unternehmen gedenkt I sr. Auf de« Bahnhof Fraukeubeeg gestaltete sich gestern der Verkehr nach auswärts ziemlich lebhaft. E« wurden nämlich 701 Stück Fahrkarten verkauft. s r. Die PrLmiieruugsliste der Gewerbe- uud Industrie- Ausstellung Zwickau 1906 ist heute al« Sonderausgabe der Zwickauer Ausstellungs-Zeitung erschienen. Daraus ist ersichtlich, daß auch nach unserem Amtsbezirk Auszeichnungen gefallen find. So erhielten da« Diplom zur goldenen Medaille der Ausstellung di« Firma Carl Sulzberger u. Co., Dampskeffelsabrik in Flöha, sowie ein Ehrendiplom der Ausstellung der Heizer Herr Hermann Berndt in Flöha. -f Ei« Lob für sachfische Truppe«. Der Kaiser hat unterm 13. September von Liegnitz au» an den König von Sachsen fol gende» Handschreiben gerichtet: „Am Schluffe der diesjährigen vor mir abgehaltenen Herbst- Übungen, denen Eure Majestät mit so lrbhaftem Interesse bei- grwohnt haben, ist e« mir ein tiefempfundenes Bedürfnis, Euer Majestät meinen herzlichsten Dank hierfür, zugleich aber die hohe Befriedigung über die vortreffliche Haltung und den aus gezeichneten Zustand auszusprechen, in dem ich sowohl bei der Parade, al« auch im Laufe der Manöver der königlich sächsi schen Truppen, welche im Verbände de« 8. Armeekorps und der Kavalleriedivifion L an den Uebungen teilgenommrn, be funden habe. Mit der Versicherung der vollkommensten Hoch achtung und wahren Freundschaft verbleibe ich Eurer Majestät freundwilliger Vetter und Bruder Wilhelm k. s Achtung — Stiftung für Schüler vo« Houdrls- «ud gewerbliche« Schule«! Au« der von einer größeren Anzahl sächsischer Handels- und Gewerbetreibender zum ehrenvollen An denken an den Ministerialdirektor Geh. Rat vr. Weinlig be gründeten Weinlig-Stiftung find jährlich etwa 659 Mark Zinsen zur Unterstützung würdiger und bedürftiger Schüler an Bildung-« anstalten für Handel und Gewerbe im Königreich Sachsen zu ver wenden. Diese Unterstützungen sollen in sechs Posten zu jr 100 Mark und rin Posten zu 59 Mark auf ein Jahr an sieben Schüler solcher Anstalten vergeben wrrden. Gesuche um Verleihung von Stipendien aut der W-inlig-Stistung find unter Beifügung eine» selbstgeschriebenen Lebenslaufe« und von Zeugnissen über Bedürftig keit und Würdigkeit durch den Leiter der L hcanstalt, die der Be werber besucht, bi« zum 15. November bei der Kanzlei de« Mi nisterium» deS Innern einzureichen. Als Zeugnisse der Würdig keit kommen besonders Zurgmsse der Schulen für Handel oder Gewerbe in Betracht. s Mit Ler Festlegung de» Schuljahrbegiu«» ««d der Ferieufrage wird sich die Ende September in Mittmeida tagend« V«rsammlung der Sächsischen Leh ervereinSvertreter «benfall» be schäftigen. Der Vorstand de» Sächsischen Lehreroerein« wird der Vertreterversammlung nachstehend« Sätze zur Beratung vorlegen: I I. Da» Schuljchr ist so zu verlegen, daß e» mit den Sommer- I serien schließt und nach ihnen anfängt. 2. Der Beginn de« Schuljahre» erfolgt bei d«n Bolk»schulen und bei den höheren Schulen zu gleicher Zeit. 3. Die Ferien der Volksschulen mit denen der höheren Unterricht»aaftalten zu d«n drei hohen Festen, Weihnachten, Ostern und Pfingsten, völlig gleichzulegen. 4. Die jetzt für di« höheren Unt«rricht»anstalt«n zu Weihnachten, Ostern und Pfingsten festgesetzten Ferien find bei einer Neuregelung sür Lie Volksschulen beizudehalten b«zw. einzuführen. 5. die sogen. Sommer- und Hrrbstferien find für di« Volksschulen auf sech» Wochen zu bemessen und in den einzelnen Schulgemeind«n den örtlichen Bedürfnissen entsprechend zu verteilen, doch so, daß in Orten mit höheren Unterricht»anstalten di« Volksschulfrrien mit den«» der höheren Schulen zusammenfallen. s Bei der Haodel«t«»mer Eheomitz gingen vertrauliche Mitteilungen ein über Firmen in den Niederlanden (Zeift, Ut recht, Leonen a. L. Becht, Arnheim, Gouda), Griechenland (Athen) und der Türkei (Konstantinopel). Interessenten wird über diese Firmen auf dem Bureau der Kammer, Theaterstraße 60, I, in den üblichen TeschLsöstunden vertraulich Au»kunft erteilt. — Dir Handelskammer war vor kurzem beim Kgl. Finanzministerium da hin vorstellig geworden, daß die Generaldirektion der Sächsischen StaatSeisenbahnen und die ihr unterstellten Eisenbahn-Betrieb»- direktionen angewiesen würden, bei Festsetzung deS Stempelsteuer« satzeS den Fcachtbetrag der Sendungen, auf 10 Tonnen berechnet, zugrunde zu legen. Veranlaßt wurde die Kammer dadurch, daß infolge unklarer Fassung der Bestimmungen über den Fracht, urkundcnstempel wiederholt der Fall eingetreten war, daß drei Wagen zu je 10 Tonnen nur 60 Pf., zw«i Wagen zu 15 Ton« nen, also dir ganz gleichen Mengen, mit der gleichen Gesamt- fracht, nach einer und derselben Station 1,50 Mark Frachtbrief« stempel zu zahlen hatten. Das Kgl. Finanzministerium hat jetzt der Handelskammer auf ihre Eingabe mitgeteilt, daß e» in Ueber- einstimmung mit dem Reichrschatzamt und dem Kgl. preußischen Finanzminister beschlossen habe, daß der für di« Berechnung de- Frachturkund«nstempelS nach Absatz 1 der Nummer 6<l de» TarisS zum ReichSstempclgesetz maßgebende Frachtbetrag von 25 Mark nicht auf die jeweilig auf den Frachtbrief beförderte Ladung, son dern auf eine Normalladung von 10 Tonnen zu beziehen sei. Hierdurch wird die bisher bestehende Unklarheit beseitigt und in allen bisher zweifelhaften Fällen der fraglichen Art der niedrigere Stempelsatz erhoben. — Dresde« Infolge des Eintretens besserer Wafferstand»« Verhältnisse nehmen die ElbschiffahrtSgescllschaften den regelmäßige« Schiffahrtsbetrieb wieder auf. — Die Steingutsabrik Villeroy u. Booch hat au» Anlaß ihre» 50jährigen Bestehen» den Betrog von 50 000 Mark für die Kraukerrkaffe der Fabrik gestiftet. Bei der Jubiläumsfeier sprach Ministerialdirektor Geh. Rat vr. Roscher die Glückwünsche deS Ministerium» de» Innern au» und überreichte im Auftrage deS König» dem Geh. Kommerzienrat Rens v. Booch da» LsfizierSkrruz de» Albrecht-orden», während Ober bürgermeister Beutler den Glückwunsch der Stadt überbrachte. Eine Anzahl Arbeiter wurde mit dem Ehrenzeichen für Treue in der Arbeit ausgezeichnet. — Dresdea. Wegen Störa«g ei«er gottesdieustliche« Ha«dl««g, und zwar einer Versammlung der Heilsarmee, ver urteilte daS Dresdner Amtsgericht einen Bäcker von hier, der ein hervorragendes Mitglied der Gesellschaft in der Versammlung um Begleichung einer Schuld gemahnt hatte» zu 3 Wochen Gefängnis. In der Urteilsbegründung wird dargelegt, daß die Heilsarmee nach verschiedenen Entscheidungen al« eine staatlich anerkannte Religion-« gesellschaft zu gelten habe, und daß im vorliegenden Falle eine gottesdienstliche Handlung vorlag. — Ein angeblicher Professor der orientalischen Sprachen ist in den letzten Wochen in Leipzig, Dresden, Hamburg, Bremen und Berlin als Schwindler aus getreten. Er wurde hier von der Kriminalpolizei festzenommen. Er nennt sich Edmund Scholtz und behauptet, au» Luzern gebürtig zu sein. Aus diesen Namen lautende Papiere führt er allerdings bei sich. Früher will er Priester gewesen, au» Gesundheitsrück sichten aber gezwungen worben sein, diesen Berus aufzugeben. Der angebliche Scholtz, der den Eindruck eine» älteren ManneS macht, hat in Dresden versucht, auf den Namen deS vr. tbeol. Matthäus Lsenzak auS St. Lorenz in Steiermark, dessen Legi- timationSpapiere er sich zu verschaffen gewußt hat, Mitunterstützung von einem Dresdner Konsulat zu erlangen. Hierbei ist er seft- grnommen worden. Er sührt« eine Menge fremder Visitenkarten — meist Geistlicher — bei sich von Personen, dir ihn anscheinend unterstützt oder sich gegenseitig behufs Unterstützung, Zuwendung von Arbeiten empfohlen haben. Hauptsächlich hat er unter Vor legung der Papiere de» Osenzak und der erwähnten Empfehlungen Konsulate und HilfSvereine, sowie evangelische und katholische Geistliche geschädigt. — Leipzig. Der städtische HauShaltplan für 1907 weist zum ersten Male die Einstellung eine» Betrage» auf, der dem S««pfe ,e,e« Lie' Sä»,li«,«ßer»lichktft Limen soll. Es handelt sich um Li« Gewährung von 15000 M M Auszahlung von «tillprämim an «üttrr. Dm Anlaß hier»» hat der oe- mischt« GesundhrstSauSschuß gegebm, d«r e« al« s«ine gang be sonder« Ausgabe betrachtet, da« Selbststillen Ler Mütter al« La« wichtigste tzülf«mittel i« Kämpft gegen Lie Säuglingssterblichkeit möglichst zu fördern. — Leipzig. Di« Sozialdemokratie sucht auch di« Raturhetl- oereine ihren Parteizwrckm dienstbar zu mache». So wandten sich aus der hier adgehaltenen Jchre«Versammlung de« deutschen Verein« der Naturheiikundigen mehrere Redner in schärfte, Aus fällen gegen den Lund der deutschen Naturheilvereine. Ihm wurde vorgeworftn, daß die bürgerliche Richtung in seinen Reihen immer mehr um sich greife, deggleichen eine reaktionäre Welt anschauung. Finde man im Bunde mit den entgegengesetzten An schauungen keinen Anklang, so müsse man sich zu den Arbeitern schlagen, dann sei r« bester, die Bewegung zu spalten, in ein« bürgerliche und eine proletarische Naturheilbewegung. Nur mit der Arbeiterschaft könne di« R-turh«ilb«wegung zum Gi«ge ge langen. — Leipzig. Wer da glaubt, an den Telephonistinnen seinen Anger au»laffen zu können, wenn die Vnbindung nicht gleich so klappt, wie man r« im Drange dn Geschäft« wünscht, der kann, so schreibt da« „Leip,. Tgbl.", gelegentlich auf dem Gericht eine« Bessere» belehrt werden, denn dort vertritt man dm Standpunkt, daß die Damen vor Insulten und Anödereien ganz energisch in Schutz genommen werden müssen. Dafür nur zw«i Beispiele au« der letzten Zeit. Ein Leipziger Fabrikbesitzer hast« e« für angezrigt gehalten, da« Fräulein, da« ihn nach seiner Meinung nicht schnell genug verband, mit jenem Bogel zu ver gleichen, der da« Kapitol gerettet hat und so um Martini herum gebraten am besten schmeckt. Er wurde dafür 75 Mt. lo«. Ein« Frau P. wurd« aufgebracht, weil ihr dreimal da« ominöse „Be sitzt!" zugemsen wurde. Sie riet dem Fräulein, „«» solle nicht lügen und nicht so frech fein". Die Folge war Antrag »egen Beleidigung und 100 Mk. Geldstrafe. — Bad Elster. Der langjährige König!. Anstaltsinspekt« von Bad Elster, RechnungSrat Plauer, ist in der Heilanstalt „Lindenhof" bei CoSwig gestorbe«. Der Heimgegangene hat sich um die Entwickelung de« Bade» hochverdient gemacht. Er wid mete 30 Jahre lang dem Bad seine Kräfte. Bor etwa sich« Wochen trat Pl. in den Ruhestand, den er nicht lange genießen sollt«. — An« de« benachbarte« Thüriuze«. Auf dem bei Rehmtvorf gelegenen Kohlenw«rke „Neuglück" fand ein au« Technitz stammender 62jähriger Bergarbeiter den Erpick««i»tod. Er stürzte in einen Trichter, durch den der Brikettpresse Kohle zu geführt wurde, und mußte dort unter nachstürzenden Kohlenmassea ersticken. Al» da» Unglück bemerkt wurde, war e« zu spät; denn alle Wiederbelebungsversuche erwiesen sich al» nutzlos. Tagesgeschichte. Le-Ische» «eich. — Z« der Breslauer Kaiserrede über Lie Schwarzseher schreibt die „Nordd. Allg. Ztg." am Sonnabend in ihrem Wochen rückblick: „. . . Dieselben Leute, die sonst bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit zugunstrn der freien Meinung»Lußrrung den Mund recht voll nehmen, wollen diese» Recht jedem zu gestehen, dem Kaiser allein soll e» beschränkt werden. Wir vor vierzig und mehr Jahren find sie auch heute noch in ihrer Doktrin von Scheinkönigtum befangen, der sich mit der Roll« einet dekorativen Schlußstücke» im Staat»bau zu begnügen hätte. Der beliebte Kuistgr ff, den Stimmungen enger Kreise durch Berufung aus da» Bolk größere Bedeutung beizulegen, vermag bei keinem Kun izen zu verfangen, der weiß, wie wenig und trügerisch der Gust der Herren al» Spiegel de» Zeitgeist«» sich erwitsen hat. Eben dies«» Volk, da» Phantom, da» al« stumme Hilf« in» Gesicht gesühnt wird, hat dem Kaiser immer wieder begeistert zugejubelt, wo r« de« Herrscher« ansichtig wurde, und damit den bündigen Gegenbewei« geliefert." Da» „Bolk in seinem begeisterten Jubel bei Kaiserbesuchen" al« Argument gegen die zwrifello« berechtigte und gerechtfertigt« Kritik der Presse anzuführen, dieser „beliebt« Kunstgriff" bleibt der „Nordd. Allg. Ztg." überlassen. Denn er verfängt bei Kun digen noch viel weniger, al« die von dem regirrung«offizivsen Blatte getadelte Methode der Berufung auf da« Volk. — Zur RegeutschaftSfrage t« Bra»nschweis wird mit geteilt, daß der Landtag de« Herzogtum« für den 21. September rinbecusen ist, um in dieser Angelegenheit Beschlüsse zu fassen. MageLone. Roman von B. v. d. Lanke«. > - (»achdrrul verbot»».) Die Schußleute versuchten, die immer mehr anwachsende Menge der Neugierigen sernzuhalten; Rolf nannte seinen eigenen und den Namen des Verunglückten; eine Droschke wurde herbei- gebolt und der Prinz so sorgsam wie möglich in derselben unter gebracht; dann stieg auch Rolf mit hinein. Die äußere Verwun dung, eine breite Hautabschürfung an der Stirn, verband er, so gut es g ng, mit seinem Taschentuch und bettete das Haupt des Ohnmächtigen, ihn selbst fest mit dem Arm umschlingend, an seine Brust. „Gott, Deine Wege sind wunderbar," dachte Rolf, als er der Behrenstraße zusuhr, wo der Prinz in dem ersten Stockwerk eines stillen, vornehmen Hauses sich ein elegantes Junggeselleuheim eingercht't halte. Velten hätte sich am liebsten gleich entfernt, nachdem er den Prinzen den sorgsamen Händen "eines Irenen Kammerdieners über geben, allein die Rücksicht am Gräfin Lema gebot ihm doch, zu nächst den Arzt und dann sie selbst zu erwarten. „Vielleicht schreiben Herr Baron der Frau Gräfin ein paar Zeilen." meinte der alte Hausboimeistcr, „hier auf Sr. Durchlaucht Schreibtisch ist alles dazu Nötige." Roli ließ einen flüchtigen Blick über den schweren, eichen- gcschnitzicn Schreibtisch mit den kostbaren Utensilien in Goldbronze und Lapislazuli aleiten; der Hausboimeister legte Brieikarten mit dem süistlichen Wappen bereit und den Stuhl zurechtrückend, lud er Roli ein. Platz zu nehmen; dieser lednte mit einem leichten Kopsschütteln ad, entnahm seiner Brieftasche eine Visitenkarte, schrieb im Stehen einige Zeilen an die Gräfin Bartuch, steckte diese m eine der großen Eaveloppes, die vor ihm lagen, adressierte und übergab den Bries dem Haushofmeister zur Besorgung. Dann ging er wartend und von den seltsamsten Empfindungen bewegt in dem luxuriösen Arbeitszimmer des Prinzen aus und ab. endlich öffnete sich die Tür und der Arzt trat aus dem Schlaf- gemach zu ihm, er war ernst und zuckte dte Achseln. „Wie geht es Sr. Durchlaucht?" „Schlecht, Herr von Velten. Ein doppelter Rippenbruch und Verletzung innerer Organe. Er verlangt nach Ihnen, bitte, treten Sie ein." „Nach mir?" fragte Rolf fast erschreckt und peinlich berührt. „Woher weiß er " „Ja, der Kammerdiener nannte Ihren Namen. Bitte, lassen Sie ihn nicht warten." Widerstrebend nur folgte Rolf der Weisung, zögernd öffnete er die Tür; Prinz Alexander lag mit geschlossenen Augen, eine schwarze Binde um die Stirn geschlungen, auf seinem Bett. Dte rotseidenen Vorhänge waren zurückgeschlagen, vom geöffneten Fenster her fiel der lichte Tagesschein aus das blasse Gesicht, dessen schmerzliches Zucken dem Eintretenden verriet, wie sehr der Kranke litt. Sein scharfes Ohr batte ihm das Nahen Rolfs verraten, er schlug die Augen auf. Mußten sie einander so Wiedersehen! „Sind Sie es wirklich, lieber Herr von Velten," sagte er mit matter Stimme, „ich danke Ihnen, daß Sie meine Bitte erfüllten. St« haben mir das Leben gerettet mit Gefahr des eigenen, ich danke Ihnen auch dafür, danke Ihnen herzlich." „Ich tat nur meine Pflicht, Durchlaucht" „Nur Ihre Pflicht?" Seine Lippen lächelten schmerzlich, „wenn ein jeder allzeit dis seine täte im Leben, dann würde es besser um die Welt bestellt sein. Wollen Sie sich nicht setzen?" „Jacques, lasse uns allein," wandte er sich an seinen Kammer diener. „Der Arzt hat mir aus meinem gefährlichen Zustand kein Hehl gemacht, obgleich er ia die obl gaien „Hoffnungepillen" da neben gibt," sagte der Prinz. „Ich fühle es aber selbst, es geht zu Ende. Mag» drum sein. Ich habe ein an Genüssen reiches, schönes Leben dinier mir, aber ich habe es nicht ausgenutzt für andere, wie ich wohl hätte tun sollen. Die wenigen Tage — vielleicht Stunden, die mir jetzt noch bleiben, will ich dazu ver wenden, so viel wie möglich gut zu machen, was ich versäumt habe. In der Art, wie und daß wir beide überhaupt, noch einmal ! zusammengekommen sind, sehe ich eine Fügung Gottes." Er hielt i inne, lehnte den Kopf zurück und atmete schwer. „Das Sprechen greift Euer Durchlaucht an," bemerkte Rolf. „Ja, etwas, aber waS ich sagen will, muß doch gesagt werden. Herr von Velten; es betrifft Ihre — eS betrifft Fräulein Dyrfurt. . Sie hat gefehlt, aber sie hat menschlich, jugendlich gefehlt, ohne daß der verborgene, edle Kern ihres Wesens gelitten hätte. Der Schein war schlimmer als die Tat selbst, mein Ehrenwort darauf. In jener unseligen Stunde hatte ich ihr zum ersten Male von meiner Liebe gesprochen, sie ist daS einzige Weib, dem ich mein ganzes Herz zu eigen gegeben habe — daS ihre aber gehörte Ihnen, Herr von Velten. Nein, nein, nicht diese abwehrende Hand- bewegung, dies überlegene Lächeln, ich spreche wahr; denn auS Liebe zu Ihnen schlug sie, als ich später um sie warb, meine Hand auS, geht sie einsam und reuevoll durchs Leben. Wenn Sie sie aber heute nur noch ein wenig lieben, Baron Velten, so bringen Sie sich nicht um das reiche, schöne Lebensglück, daS Sie an ihrer Seite finden werden." Erschöpft von dem anhaltenden Sprechen, schwieg er und Rolf saß an seinem Bett, wie im Traum besangen. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, Entsagen, Hoffen und Wünschen — alle- das kreuzte in tollem Wirbel seine Gedanken, ließ sein Herz rasch und ungestüm klopfen, machte ihn unfähig, ein Wort hervorzubringen. „Hat Magrlone nie versucht, einen Ausgleich herbeizuführen?" fragte der Prinz, ohne die Augen zu öffnen. „Ja, sie schrieb an mich in den ersten Tagen deS neuen JahkeS nach der Katastrophe, aber ich sandte den Brief zurück." „Im Januar? O welch ein Herz!" rief Edelsberg, „welch ein Herz," und er erzählte Rolf von seinem späteren Besuch bei Magelone und alles, was sie ihm gesagt. Als dieser dann ein« Viertelstunde später das Krankenzimmer verließ und Gräfin Lenia seinen Platz an dem Bette ihre» LieblingSdruderS einnahm, da drückte er die Hand des Prinzen, wie die seines besten Freunde-. „Kleine sogar," sagte Alexander, als sich die Tür hinter Rolf geschlossen hatte, „ich glaube, die eben verstossene Stunde habe ich leidlich gut angewandt. Sie werden recht glücklich sein." Abends elf Uhr hatte er auSgrlitten, die Hand der geliebten Schwester drückt« ihm dte Augen zu. (Schluß folgt.)
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