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Wilsdruffer Tageblatt : 11.08.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-08-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192108111
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19210811
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19210811
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWilsdruffer Tageblatt
- Jahr1921
- Monat1921-08
- Tag1921-08-11
- Monat1921-08
- Jahr1921
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 11.08.1921
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Das Hiifswerk für Rußland. Ein deutsches Sanitätsschiff. Das Rote Kreuz teilt mit: In der Fortsetzung der vom Deutschen Roten Kreuz eingeleiteten Hilfsaktion fm Rußland fand in den Räumen des Landesvereins des Deutschen Roten Kreuzes unter dem Vorsitz des Präsi denten vom Reichsgesundheftsamt Geheimrat Bumm eine Beratung von Ärzten, Pflegepersonal, Medikamenten und chemischen Industrie statt. Der Beschluß des Deutschen Roten Kreuzes, ein Sanitätsschisf mit Ärzten, Pflegeperso nal, Medikamenten und chemischen Präparaten auszu- rüsten, beschränkt sich auf die Bekämpfung der in Rußland ausgebrochenen Seuchen und ergänzt sich mit der inter nationalen Aktion. Für diese besondere Unternehmung ist neben der grundsätzlichen Hilfsbereitschaft des Roten Kreuzes auch die Rücksicht auf die den deutschen Grenzen drohende Seuchengefahr maß gebend. Im Verlaufe der Besprechung wurde beschlossen, die Ausrüstung und Absendung des Sanitätsschiffes so rasch als möglich durchzuführen. Der Papst. Aus Nom wird gedrahtet: Der Papst richtete an den Kardinal-Staatssekretär ein Schreiben, in dem er alle Christen und zivilisierten Völker auffordert, -ri-lmütia der hungernden russischen Bevölkerung zu helfen. Das englische Hilfswcrk. Nach englischen Meldungen ist es möglich, daß oon seilen Englands der Versuch gemacht wird, das russische Hilfswerk zu beginnen, indem die Bolschewisten aufge fordert werden, dem System des freien Verkehrs in den Häfen zuzustimmen, diese würden dann die Basis für die Unterstützungsaktion bilden. In London ist man besorgt wegen des Ausbleibens jeglicher Nachricht von der bri tischen Handelsdelegation, die sich nach Moskau begeben hatte. Krassin wird bald mit der Sondermission zurück- erwartet, die Verhandlungen zugunsten einer politischen Anerkennung der Sowjetregierung führen wird. Die Leitung der Handelsdelegation in London übernimmt Bchisin. Chamberlain teilte im englischen Unterhause mit, daß die Hungersnot in Südrußland auf der Konferenz des Obersten Rates in Paris besprochen werden wird. Bis zu dieser Er örterung sei er nicht in der Lage, irgendwelche Erklärungen über die Haltung der britischen Regierung abzugcben. „Daily Chronicle" zusolge wird die Unterstützung Ruß lands bei der augenblicklichen Hungersnot durch England zum größten Teil privater Natur sein müssen. Die russische Han delsdelegation in London sei nicht in der Lage, die Anerken nung der russischen Vorkriegsschulden durch die Sowjetregie rung zuzusichern. Vor dem Kriege. Wilhelm, Nikolaus und Franz Josef. Die Wiener Zeitung „Neue Freie Presse" gibt eine Reihe Veröffentlichungen des Hofrats Eduard v. Wert heimer über die Zeit um 1890, gestützt hauptsächlich auf seine Kenntnis von Briefen Kaiser Wilhelms II. an Franz Josef. Nach Wilhelms II. Besuch in Petersburg stand man in Verhandlungen wegen des Gegenbesuches Alexanders III. Der Deutsche Kaiser war verstimmt dar über, daß der Zar ihm den Besuch nur in Kiel erwidern wollte, und er erklärre, da er habe nach Petersburg fahren können, könnte auch Alexander nach Berlin kommen. So habe die Ankunft Alexanders III. zunächst frostig begonnen. Bismarck und Zar Alexander lll. Botschaftsrat Freiherr von Eisenstein berichtet neue Einzelheiten über die Audienz, die Bismarck gelegentlich dieses Besuches bei dem Zaren hatte. Danach suchte der Reichskanzler den Zaren zu überzeugen, daß Deutschland nicht daran denke, Rußland anzugreifen, und selbst im günstigsten Falle könnte er aus einem Kriege keinerlei Nutzen ziehen. Auch bestritt er, daß man nach einem Ilse von Krafft. Von M. Eitner. (Nachdruck verboten.) „O, mein Gott! die Flammen! die Flammen!" stieß sie dann hervor. Herbert wußte nur zu gut, worauf sich dieser Aus» ruf bezoa. Der alte Sanitätsrat kam. Als er die Kranke sah, wurde sein Gesicht sofort sehr ernst. Ihm war klar, daß hier übergroße, seelische Erregung oorliegen mußte, und da die Ehe im ganzen Umkreis nicht als eine besonders glückliche galt, schien ihm das nicht verwunderlich. Er hielt sich aber nicht für befugt, derartige An» deutungen zu machen oder darauf bezügliche Fragen zu stellen, sondern sagte nur: „Eine Nerven-Ueberreizung, die allem Anschein nach in ein Nervenfieber ausarten wird. Die sorglichste Pflege ist erforderlich. Ich werde sofort mit meinem Auto unsere tüchtigste Krankenschwester schicken, da Ihre Gemeindeschwester sich doch nicht völlig von ihren anderen Pflichten losmachen kann. Vielleicht kann sie aber mal eine Nachtwache zur Ablösung übernehmen, falls die Kammerjungfer nicht aushelfen kann. Morgen in der Frühe komme ich wieder. Für den Augenblick sind nur Eisumschläge auf den Kopf zu machen." Als der Sanitätsrat abgefahren war, trat Lüders, der im Korridor gewartet hatte, zu Herbert und fragte nur: „Nun?' „So schlimm, wie es nur überhaupt sein kann." Und als ob Herbert ahnte, welche Gedanken den Freund beschäftigt hatten, faßte er dessen beide Hände und sagte: „Hans, um unserer alten Freundschaft willen, bleibe hier." „Ich bleibe," erwiderte Lüders. Anderthalb Stunden später war Schwester Anna im Schloß und übernahmsof ort mit ruhiger Energie die Pflege, dankte Schwester Verta, die unterdes die Eisumschläge gemacht hatte, und bat, st« in wirklichem Notfall zu unter stützen. Als der Arzt ziemlich früh am Morgen wiederkam, konnte er nur bestätigen, was er gefürchtet hatte: ein Nervenfieber war mit einer Gewalt ausgebrochen, wie sie sich nur selten zeigte. Wie dunkle, schwere Schatten lag es über dem Schloß, trotzdem draußen Frühlingsleben sich entfaltete in wunder barer Pracht und Schönheit. Niemand, der zum Schloß gehörte, kümmerte sich um das Grünen und Blühen da draußen. Auf den Fußspitzen ging jeder in den Gängen und Zimmern einher, und manche Träne wurde von den weiblichen Schloßzugehörigen geweint. Von einem Tag zum anderen wurde es schlimmer mit der Schloßherrin, und der Arzt vermochte nicht, Hoff- nung.zu geben. weiteren Zuwachs polnischen Gebietes strebe, der für Preußen als ein Unglück bezeichnet werden müsse, des gleichen würde der Erwerb der Ostseeprovinzen für Deutschland eine unnatürliche und unhaltbare ^Grenze schaffen. Hier entschlüpfte dem Zaren die Bemerkung: „Wenn man das alles glauben könnte", worauf Bismarck mit erhöhter Stimme entgegnete: „Sire, ich hatte die Ehre, von Ihrem hochseligen Vater und Großvater gerannt zu sein, und beide Kaiser achteten in mir ebenso den Staatsmann als den Gentleman — ich habe nie in meinem Leben gelogen." Nach diesem Inter mezzo erläuterte Fürst Bismarck die Weltlage und fügte hinzu: „Wenn ein Krieg zwischen Rußland und Eng land wegen des asiatischen Besitzstandes entbrennen sollte, würde Deutschland unparteiischer Zuschauer bleiben, da die deutschen Interessen in keiner Weise berührt würden. Anders verhielte es sich bei einem Zusammenstoß zwischen England und Frankreich. Niemals könne es Deutschland gleichgültig sein, wenn die Stellung und das Ansehen Englands in Europa geschwächt würde. Da gegen könne man es in Deutschland begreifen, wenn Ruß land beim Ausbruch eines deutsch-französischen Krieges diesem seine Aufmerksamkeit zuwende, da es als ein russisches Interesse erscheine, die Großmachtstellung Frankreichs nicht in Frage stellen zu lassen. „Sollte es aber", führte er weiter aus, „zu einem Konflikt im Orient zwischen Osterreich-Ungarn und Rußland kom men, dann müßte sich Deutschland seine volle Bewegungs freiheit Vorbehalten." Nachdem Fürst Bismarck am Schluß der Unterredung nochmals jeden Gedanken eines Angriffs krieges gegen Rußland entschieden von sich wies, beteuerte Alexander III. gleichfalls: „Auch ich werde Deutschland niemals angreifen." Die Idee der Heiligen Allianz. Ein Schreiben Wilhelms II. an Franz Josef vom 31. Januar 1893 hat besondere Bedeutung. Es betrifft den Besuch des Großfürsten Nikolaus, des späteren Zaren, in Berlin gelegentlich der Hochzeits feierlichkeiten der Prinzessin Margarethe mit dem Prinzen Friedrich Karl von Hessen. Der österreichische Botschafter von Szögyenyi berichtet nach Wien: Die Idee des Dreikaiserbundes von 1872 sei m lebensfähiger Form wieder erstanden. Nikolaus dankte für die Eröffnungen des Kaisers, er glaube dem kaiserlichen Vor- trag gerne, besonders jetzt, wo der Panamaskandal die leiten den Elemente der monarchistischen Staaten mit Bedenken er füllen müßte. Als Kaiser Wilhelm seine Befriedigung zu er kennen gab, ging dieser soweit, zu versichern, er halte die Zu stände in Frankreich für so gefährlich, daß es gerechtfertigt er scheine, wenn die monarchischen Mächte zu demselben bewährten Mittel ihre Zuflucht nehmen würden, zu dem sie zu Anfang des Jahrhunderts gegriffen haben, um dem revo lutionären T reiben ein Ende zu bereiten, das ist, zur Wiederbelebung der „Heiligen Allianz"! Ähnlich äußerte er sich auch zum Grafen Caprivi. Das Gespenst des Republikanismus wirkt dann be sonders bei Wilhelm bestimmend weiter. Wilhelm be richtet am 31. Janaur 1893 an Franz Josef: Ein Kaiserbrief. ... (Er, der russische Thronfolger) hat in jeder Hinsicht recht gut hier abgeschnitten und bei jedermann einen gleich wohl- ruenden Eindruck hinterlassen. Wir kamen natürlich auch auf den Dreibund zu sprechen, über dessen Zwecke und Ziele ich ihn wie folgt orientierte: Von aggressiven Tendenzen weit entfernt, hat der Dreibund rein defensive Ziele des Frie dens im Sinn. Er sei von drei Mächten zum Zwecke ihrer Selbsterhaltung geschlossen. Beim Abschluß des Bündnisses hätten sich die Mächte die schweren Gefahren vergegenwärtigt, weiche den Monarchien von der Republik Frank reich her durch die Verbreitung republikanischer Propaganda drohen. Es würden doch hauptsächlich von Paris aus alle revolutionären Lehren verbreitet, welche bestrebt seien, in allen Staaten die monarchischen Traditionen zu untergraben. Das Politische sei jedoch durchaus nicht das einzige Gebiet, viel mehr Woll« der Dreibund auch durch Handelsverträge die euro päischen Mächte aus wirtschaftlichem Gebiete einander näher bringen. Dadurch wolle er vor allem den Gefahren begegnen, welch« dem Sandel Europas droben dadurch, daß die Revu - r-uoers sah, daß Herbert namenlos litt, und er ver stand das. Den Tod am Lager eines Menschen stehen zu sehen, den man mit Liebe umgeben hat, mußte namenlos schwer sein, aber den Tod dastehen zu sehen, mit Schuldbe wußtsein beladen, im Gefühl der Reue — das mußten Höllenqualen sein. Lüders selbst litt schwer. Die Frau, die zum ersten Male in seinem Leben eine wahre, ernste Liebe in ihm erweckt hatte, ging anscheinend dem Tode entgegen. Er war in ihrer Nähe und konnte sie doch nicht sehen. Wie ein Verhängnis erschien es ihm, daß er zum zweiten Male miterleben sollte, daß dem Freund ge nommen wurde, was zu ihm gehörte. Er vertrat Herbert in den äußeren Gutsangelegen heiten, machte die nötigen Besorgungen in der Stadt und widmete sich dann hauptsächlich dem kleinen Werner, der ja mit besonderer Liebe an ihm hing, der immer und immer zu seiner Mama wollte, der sich schließlich immer inniger an den Onkel Hans anschmiegte, der ihm von der Mama erzählte und immer Zeit für ihn hatte. Lüders empfand es wie einen besonderen Segen, daß er dem Kleinen, dem Liebling der Frau, die wohl dem Tode entgegenging, etwas sein konnte. Oft aber auch verwünschte er es, daß er oon London hierher zurückgekehrt war, gerade zur Zeit der Katastrophe, die ja einmal eintreten mußte. Der Gedanke, daß er Ilse vielleicht nur noch ein mal, und zwar im Sarg, sehen würde, trieb ihn oft zu stundenlangen, einsamen Spaziergängen. Wenn Schwester Anna ihre Ruhe haben mußte, saß Herbert stundenlang neben Ilses Lager. Er wollte nie mand anderen zulassen. Und während dieser Zeit fühlte er sich gequält durch den Gedanken an die Rechenschaft, die er einst über das Glück dieses jungen Menschenlebens würde ablegen müssen. Wie viele, viele Tränen mochte Ilse geweint haben, ungesehen von ihm, verursacht durch ihn! Und er fühlte jetzt die Last dieser Tränen. Sie lag im Fieber, sie lag ohne Bewußtsein, sprach nur selten vor sich hin, aber wie ein Brennpunkt, um den sich alle ihre Fiebergedanken zu scharen schienen, war etwas, das nur Herbert verstand. Wieder und wieder flüsterte sie: „Ich will ja warten, warten." Herbert fühlte sich durch diese wenigen Worte der artig erschüttert, daß er sich immer wieder sagte, es sei das richtigste, durch eine Kugel seinem Leben ein Ende zu machen. — Dann wäre Ilse, falls sie gesund wurde, frei — frei, und ein glücklicheres Leben lag vor ihr — vielleicht mit Hans Lüders. Und dann sagte er sich doch wieder, daß Ilse ihn, nur ihn liebte, und dieses Bewußtsein zwang ihn geradezu in die Knie neben Ilses Lager. Dann küßte er sie schmalen, weißen Hände, die sich im Fieber unruhiq hin und her bewegten. vlikvon Nordamerika immer mehr Neigung zeigt, den gesamten Handel auch Südamerikas an sich zu reißen. Der Thronfolger nahm alles bereitwilligst an, sprach viel von 1813 bis 1815 und zeigte eine prononzierte Abneigung gegen Frankreich. politische Rundschau. Deutsches Reich. Feier des Verfassungstages. Am 11. August, an dem vor zwei Jahren die neue Verfassung des Deutschen Reiches in Kraft trat, werden die Dienstgebäude Berlins zum erstenmal mit den neuen Flaggen, die Militärdienftgebäude zum erstenmal mit der neuen Reichskriegsflagge flaggen. Letztere Flagge besteht aus schwarzweitzroten Querstreifen und trägt in der Mitte das eiserne Kreuz. In dem schwarzen Streifen befindet sich an der Stange ein Obereck mit den Reichsfarben, wie in der Reichsflagge. Auf den preußischen Staatsgebäuden wird die preußische Flagge mit dem alten Adler gehißt werden, weil der neue Adler vom Staatsministerium zwar bereits genehmigt ist, die technische Durcharbeitung für die verschiedenen Zwecke aber noch nicht durchgeführt werden konnte. Bayerisches Bekenntnis zum Reich. In der Abschiedszusammenkunft der Landtagsfrak tion der Bayerischen Volkspartei hielt der Abgeordnete Held eine Ansprache, in der er sagte: Wir wollen cin schönes, großes Deutschland und darin ein selbständiges kräftiges Bayern. Wir sind alle Föderalisten und wollen es bleiben, aber schlechte Deutsche nie. Der württembcrgische Staatspräsident über die Gegenliste. Die demokratische Partei Württembergs hielt in Gem mingen ihre Sommertagung ab, der u. a. auch der Staats präsident Hieber und der Vizekanzler a. D. v. Payer bei wohnten. Dr. Hieber hielt eine Ansprache, in der er u. a. betonte, daß man nicht die Revolution allein für die Zustände verantwortlich machen dürfte. Die Fehler lägen schon viel weiter zurück. Die wirtschaftliche Lage Deutschlands sei heute zum Teil besser als wie in manchen Ententeländern. Er streifte dann Oberschlesien und be tonte, daß Oberschlesien deutsch sei und deutsch bleiben müsse. Hinsichtlich der deutschen Gegenliste stehe die württembcrgische Staatsregierung auf dem Standpunkt, daß die Veröffentlichung einer deutschen Gegenliste kein politischer Fehler wäre. Unsere Aufgabe, so führte er weiter aus, sei, den Staat von unten her aufzubauen und zu erhalten. Wenn wir den Volksstaat haben wollen, müssen wir auch ein Staatsvolk sein. Die Koalitionspolitik der Sozialdemokraten. Die Berliner Mchrheitssozialisten haben im Hinblick auf den bevorstehenden sozialdemokratischen Parteitag einen Antrag angenommen, der die Teilnahme der Mehr heitssozialisten an einer Regierungskoalition betrifft. Darin wird verlangt: Der Parteitag wolle beschließen: „Ein Zusammengehen der sozialdemokratischen Partei in der Regierung des Reiches oder eines Landes ist nur mit solchen Parteien möglich, die 1. die Republik anerkennen und zu verteidigen bereit sind, 2. für die Sicherung des demokratischen Selbstbestimmungsrechts des Volkes in Reich, Staat und Gemeinde, 3. für die Demokratisierung der Verwaltung und für die Republikanisierung dei Reichswehr und der Polizeiorganisationen, 4. für eine pazifistische Außenpolitik, 5. für die loyale Erfüllung des ^.riedensdiktats und für die Aufbringung der Lasten in erster Linie durch größtmöglichste Heranziehung des Be sitzes eintreten." Es ist ersichtlich, daß dieser Antrag den Wünschen auf eine Zusammenarbeit mit rechtsstehenden Parteien einen Riegel vorschieben will, dagegen wurde weiter darauf hingewiesen, daß die Einigung zwischen der sozialdemokratischen Partei und der U. S. P. durch Ar beitsgemeinschaften wirksam vorbereitet werden könne. Wie groß die Liebe war, welche Ilse bei den Leuten im Schloß, vom Hos und im Dorf genoß, zeigte sich evident in dieser schweren Zeit. Wieder und wieder standen Frauen und Männer und Kinder vor dem Eingang in die Wirtschaftsräume des Schlosses und fragten, wie es der gnädigen Frau gehe, und einer und der andere sprach davon, wie sie ihnen so viel Gutes und Liebes erwiesen habe. So gingen fast fünf Wochen hin unter Hoffnung und Enttäuschung an jedem Tag. Eines Abends erklärte der Sanitätsrat, daß er oie Nacht über im Schloß bleiben würde, weil alle Anzeichen einer nahenden Krisis vorhanden waren. „Tod oder Leben," hieß es jetzt. „Heut nacht zum Tod oder zum Leben," sagte Herbert zu Lüders, der mit dem kleinen Werner auf einer Bank in einem der Buchengänge saß. Dann ging er wieder, nachdem er den kleinen Buben aus den Arm genommen und ihn wortlos geküßt hatte. „Um Tod und Leben," wiederholte sich Lüders, und ein Frösteln überfiel ihn. Stunde um Stunde saß dann der Sanitätsrat neben Ilses Lager, jede Bewegung der Kranken beobachtend. Herbert blieb in der Nähe. Nur hin und wieder ging er zu Lüders, der ruhe los im Korridor auf und ab wanderte. Und dann, eine halbe Stunde nach Mitternacht, seufzte Ilse plötzlich schwer auf, und große Schweißtropfen zeigten sich auf ihrer Stirn. Der Sanitätsrat beugte sich über sie, und wie ein Jubel ging es durch das Herz des alten Mannes. Warme Schweißtropfen waren es. Die Kranke war gerettet. Er legte den Finger auf den Mund, trat zu Herbert heran und flüsterte ihm ins Ohr:„Gerettet." Dann winkte er Schwester Anna herbei und verlieh das Krankenzimmer, um für kurze Zeit auszuruhen. „Gerettet," sagte er lächelnd zu Lüders, der im Kor ridor stand und ihn wortlos, aber fragend anblickte. „Gerettet," flüsterte Lüders vor sich hin, stand und stand, wollte in sein Zimmer gehen und wartete doch. Und da kam Herbert, legte ihm die Hand auf die Schulter und stieß hervor: „Hans, sie ist gerettet." Herbert ging wieder in das Krankenzimmer zurück. Schwester Änna machte ihm sofort Platz neben Ilses Lager, hielt sich aber in der Nähe. Wartend, wartend verharrte Herbert. Gegen drei Uhr morgens atmete Ilse plötzlich wieder tief auf und öffnete die Augen. Als sie Herbert erkannte, murmelte sie nur: „Du hier," und wie ein Leuchten ging es über das todblasse Gesicht. Dann wandte sie sich zur Seite, um zu schlafen. Der Sanitätsrat kam gerade, sah die Bewegung, läckelte und reichte Herbert die Hand. (Fortsetzung folgte
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