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Wilsdruffer Tageblatt : 12.12.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-12-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192712129
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19271212
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19271212
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWilsdruffer Tageblatt
- Jahr1927
- Monat1927-12
- Tag1927-12-12
- Monat1927-12
- Jahr1927
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 12.12.1927
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G Am heimischen 6erü « n Untewsllungsbeilsge rum „MIraruNer Tageblatt" — Amlsblstt Aeplel und Nüsse als MinaHtssynMe. Bon Albert Schweitzer-Berlin. Seit undenklichen Zeiten Pflegten Aepfel und Nüsse den Hauptschmuck des lichterhellten harzduftenden Weihnachts saumes zu bilden. Die Sitte, Aepfel und Nüsse in engste Verbindung mit dem Weihnachtssest zu bringen, stammt aus »Wei sehr verschiedenen, von einander weit entfernten Quellen. In der altchristlichen Poesie des Orients wurde Maria als blühendes „Reis von Jesse" besungen, ihr göttlicher Sohn aber als duftende Mandelblüte, als der süsse Mandelkern oder Sie Nuß des Muskatbaumes. Nach einer tiefsinnigen, alten Legende bestattete Joseph von Arimathia Jesum gerade über Ser Stelle, wo einst der sündige Urvater der Menschheit seine letzte Ruhestätte fand und sein Sohn Seth, aus des Herrgotts Gebot, einen Zweig des verhängnisvollen Apfelbaumes aus Sem Paradiese pflanzte. Nach der Sage soll dieser Zweig zu einem mächtigen Baum geworden sein, aus dessen Holz füns Jahrtausende später das Kreuz Christi gezimmert wurde. Mitten im Paradiese stand der Apfelbaum, von dem alles Un glück für die Menschheil ausgegangen ist, da Eva den Apfel brach. In der christlichen Symbolik wird der Apfel zum Zei chen lockender Verführung. Aber zugleich verkörpert sich in ihm auch die Sehnsucht nach dem ewigen Glück, das durch die Sünden der Menschen verloren ging und durch das Leiden Christi wieder erlangt wurde. Denn neben dem Apfelbaum des Paradieses steht trostvoll aufgerichtet das Kreuz von Gol gatha. So darf der Weihnachtsbaum bei der Geburt des Er lösers seine schimmernden Aepfel über die Welt leuchten lassen, Senn sie haben nun das Dämonische der Verlockung verloren und künden die fröhliche Botschaft vom Frieden auf Erden. Besonders auf deutschen Bildern trägt das Jesukindlein häufig einen Apfel, als Zeichen seiner Herrschgewalt und zugleich als Trost für alle, die an Adams Missetat erinnert werden. In dem „Apfelkreuz", das an den vier Enden Aepfel trug, er scheint die sinnfälligste Verbindung von Paradiesbaum und Kreuzesstamm. Aber auch in der Symbolik des altgermanischen Heiden tums begegnen wir dem Apfel und der Nuß. Goldene Aepfel blühten in Jduns Garten, sie liehen den Göttern Jugend und Glanz. Einst, so erzählt die Edda, hatte der Riese Thiasi den bösen Loki zu fangen gewußt und nur unter der Bedingung wieder frei gegeben, daß er ihm Jdun mit ihren verjüngenden Aepfeln verschaffe. Durch List gelang es Loki, Jdun aus der Götterburg Asgard hinauszulocken und in die Gewalt des Riesen zu bringen. Durch Jduns Verschwinden wurden die Äsen alt und grau und welkten dahin. Thor zwang Loki, Jdun wieder herbeizuschaffen. Loki nahm das Falkengewand Freias und flog nordwärds nach Jötunheim zu des Riesen Thiasi Haus. Dieser war gerade auf's Meer hinausgefahren und hatte Jdun allein gelassen. Loki verwandelte sie schnell in eine Nuß, nahm sie in seine Klauen und flog durch die Lüfte dahin. Als der Riese zurückkehrte, warf er sich in sein Adlerhemd und jagte den Flüchtigen nach. Diese entkamen glücklich nach der Götterburg, während Thiasi sich die Flügel an einem von den Äsen errichteten und entzündeten Holzstoß verbrannte, gefangen und getötet wurde. Daß mit dem Raub der Aepfel das Hinwelken der Natur und mit dem Altern der Lichtgötter die Urkraft der winterlichen Sonne symbolisiert Wird, geht aus zahlreichen ähnlichen Mythen hervor. An dem uralten Weltbaum der Germanen, der bald als riesige Esche, bald als Apfelbaum gedacht wurde, sind die Früchte die leuchtenden Himmelsgestirne, die jeden Morgen und jede Nacht frisch reifend als goldene Aepfel und Nüsse hervortreten. Wenn man auch unseren Weihnachtsbaum Wohl nicht aus germanischer Heidenzeit herleiten darf, so hän gen doch die Vorstellungen vom strahlenden Lichterbaum aufs engste mit dem Baumkultus unserer Vorfahren zusammen. Begrüßte man am Julfest, das zeitlich mit unserem Weih nachtsbaum zusammenfällt, die Wiedergeburt der Sonne nach langer Winternacht, so ist uns auch der Weihnachtsbaum ein Sinnbild der erwachenden Natur, eine Frühlingsbotschaft in Schnee und Eis. Auch die in germanischen Ländern immer Wiederkehrende Sage vom Apfelschuß ist symbolisch als die Verjüngung und Leben spendende Frucht zu deuten. Der Vater, der den Apfel als den Stellvertreter des Sohnes trifft, tötet eigentlich sich selbst, nicht um zu sterben, sondern, um von neuem zu leben, .Aepfel und. Nüsse^ waren Geschenke Wotans bei dem großen germamjcyen Winterschmaus; die christlichen Nach folger des Göltervaters, der heilige Nikolaus und der gute Martin, haben diese Gaben übernommen und spenden sie reichlich den artigen Kindern. So ist das Vergolden und Versilbern der Nüsse und Aepfel der Abglanz uralter religiöser und mythischer Vorstellungen. Der Goldschmuck des Baumes soll das goldene Licht der Sonne andeuten, die jetzt wieder zu neuer Kraft und Schönheit erwacht. Die versilberten Früchte sind ein Symbol des blassen Mondscheins, und in der ganzen Sitte schimmert zugleich eine selige Paradies-Hoffnung durch: goldene Aepfel und Nüsse als Sinnbilder der Unsterb lichkeit und der Auferstehung. Der Wche Knecht Rupprecht. Skizze von Otto König. Marie Karsten saß in ihrem Mädchenstübchen und schluchzte. „Na, Kind, ist es so schlimm?" fragte eine teilnehmende Stimme. Das Mädchen fuhr hoch: „Ach, Du bist es, Onkel! Ich habe Dich nicht gehört: ich bin ja so unglücklich!" — „Nun, Mariechen, ich kann mir Deinen Kummer schon den ken. Die Mutter will Dir sicher Deinen Karl nehmen?" forschte der alte Kassierer Pfeuffer. „Eben hat mir doch der Personalchef erzählt, daß Dein Vater ihn gebeten hat, den f Springinsfeld in die entfernteste Filiale zu versetzen, damit Ihr beiden Euch aus den Augen und aus dem Sinn kommt." „Ja", antwortete leise vor sich hinweinend das Mädchen, „die Mutter hat mir verboten, noch ein Wort von Karl zu sprechen, und heute abend, wenn der Kommerzienrat bei uns ist, um Dich als Knecht Rupprecht zu sehen, dann... dann sollen ich und dieser Greuel, dieser lange Volontär, der Herr von Stocksteif, dem Chef als Brautpaar vorgestellt werden. Ach, Onkel, ich bin ja so unglücklich!" Der alte Kassierer fuhr tröstend über den blonden Mä^- chenkopf: „Vielleicht wird noch alles gut, Mariechen. Ich will einmal..." Die Tür wurde aufgerissen und empört rauschte Frau Karsten ins Zimmer: „Ah, hier treffe ich Dich, lieber Bruder! Eigentlich hätte ich erwarten können, daß Du mich zuer^ begrüßest. Karsten und ich haben doch mit Dir zu sprechen. "Mädchen, laß das Flennen sein! Geh in die Küche und mach Dich dort nützlich." In der Wohnstube saß der Onkel Pfeuffer seiner Schwester und seinem Schwager, dem Prokuristen, beklom men gegenüber. „Also, lieber Bruder", begann Frau Kar sten, „wir wollten Dir mitteilen, daß wir die Werbung diese! jungen Luftikus, Eures Buchhalters Karl Springenau, bau end abgelehnt haben. Was «ollen wir mit einem Schwieger sohn, der nichts besitzt als sein hübsches Gesicht? Dagegen hccken wir uns entschlossen, den Herrn von Stocksteif in unsere tzsmilie aufzunehmen. Er ist der vielversprechenste von Euren Herren, ein gesetzter und wohlerzogener junger Mann. Er sehr vernünftige Ansichten, denn bei seiner Werbung er- KLrrr er mir, daß er vor allem eine gute Schwiegermutter zu s schützen Wisse. Wir haben ihn heute eingeladen und werden l chn dem Kommerzienrat als unseren zukünftigen Schwieger sohn vorstellen. Nun erwarten wir von Dir, lieber Bruder, daß auch Du dem Herrn von Stocksteif freundlich begegnest." Der alte Kassierer ärgerte sich gewaltig. Da wollte seine Schwester wirklich diesem Kerl ihre Tochter zur Frau geben, weil er adelig und etwas vermögend war und zu schmeicheln wußte. Sie irrte sich aber, wenn sie bei dieser Heiratsgeschichte , auf seine Zustimmung rechnete. Plötzlich schoß ihm ein Ge- ; ! danke durch den Kov?: Karstens sollen sich beute abeud wundern! s i u.lHsm.Wsclwl'Zi un«I Sitotte, «Iskslivi'i ?^siLSSN» Usknsmsrmsplslr. Lnnskme8leIIs: ällreö Dürre, Wiküruff, re61lsr8lrs8e Die hoffnungsvolle Schwiegermutter beobachtete ihren Bruder scharf. „Willst Du unseren Wunsch nicht erfüllen?" fragte sie schneidend. Pfeuffer beeilte sich zu antworten: „Aber selbstverständlich. Ihr werdet heute abend mit mir zufrie den sein." Draußen auf dem Flur traf er Mariechen. „Onkel, keine Hoffnung?" „Ich weiß es nicht, Kind. Wenn ich aber heute abend meinen Sack ausgeschüttet habe und mir vergnügt die Hände reibe, dann kannst Du Deinem alten Onkel rnhig vor dem Kommerzienrat und allen Gästen um den Hals fallen, dann wird alles in Ordnung sein." — „Ach, Onkel, wenn cs nur wahr würde! Ich bin ja so unglücklich!" Frau Karsten war mit sich und ausnahmsweise auch mit Mann, Tochter und Dienstmädchen sehr zufrieden. Alles klappte wie am Schnürchen. Die Geschäfte hatten Pünktlich geliefert, es waren nur zwei Weingläser zerbrochen worden; der Spiegel zeigte ihr, daß sie in ihrem grauen Taftkleid neben ihrem Mann noch imponierend aussah. Die Gäste waren rechtzeitig eingetroffen; die mitgebrachten Kinder benahmen sich manierlich, und der Kommerzienrat hatte ihr eine nette Schmeichelei gesagt. Wenn jetzt noch ihr Bruder als Knecht Rupprecht pünktlich zur Tür hereinkam, wenn die Tochter sich folgsam und hold errötend verloben ließ und der Ches freundlich gratulieren würde, dann wollte sie wunschlos glück lich sein. Eine schwere Faust dröhnte gegen die Haustür, und stampfende Schritte kamen die Treppe herauf. „Herr Kom merzienrat, der Rupprecht kommt!" Aller Augen richteten sich erwartungsvoll zur Tür; der Rupprecht polterte herein, lobte und schalt die sich zusammen drängenden Kinder. „Mein Gott!" dachte Frau Karsten. „Was hat meine Bruder nur für eine unnatürlich rauhe Stimme? Sicher hat dieser unver besserliche Junggeselle vorher mit seinen Freunden am Stammtisch zusammen gesessen." Knecht Rupprecht war mit seiner Mahnrede fertig; er hatte seinen Sack ausgeschüttet, und die Kinder stürzten sich über Aepfel, Nüsse und Lebkuchen. Ein kleiner Beutel war liegen geblieben, und diesem entnahm Knecht Rupprecht jetzt Geschenke für die Erwachsenen. Zuletzt drückte er dem Herrn von Stocksteif ein Päckchen in die Hand und trat dann aus das bescheiden in einer Ecke stehende Mariechen zu. Dem Mädchen pochte stürmisch das Herz. Brachte ihr der Onkel Hoffnung, oder war sie rettungslos dem langen Volontär verfallen? Jetzt stand Knecht Rupprecht vor ihr; er fischte in der Tasche seines weiten Mantels, ergriff ihre Hand, streifte ihr ein Ringlein auf den Finger, und dann, Wahrhaftig, dann rieb er sich die Hände. Mariechen fiel ihm selig um den Hals: „Ist es wahr, Onkel, ist es wahr?" Frau Karsten war entsetzt. Was fiel dem Mädchen ein! Wenn es auch nur der Onkel war, so gehörte sich eine so mmiliäre Begrüßung in Gesellschaft doch ganz und gar nicht. Irgend ein Äerger blieb ihr doch nie erspart! Der Kommerzienrat hatte der Umarmung belustigt zuge sehen. „Na, Fräulein Marie, was hat denn der Knecht Rupp recht Schönes gebracht, daß Sie sich so freuen?" — „Einen Ring, Herr Kommerzienrat, einen goldenen Ring." Strah lend zeigte das Mädchen die geschmückte Hand. „Das ist ja ein Berlobungsring, Fräulein Marie! Wo ist der andere dazu?" - - „Hier!" rief da Knecht Ruprecht, und auch an seiner Lin ken glänzte ein goldener Ning. „Mein Gott!" stöhnte Frau Karsten, „was haben sie nur am Stammtisch mit meinem Bruder angefangen? So ein Skandal!" Alles starrte auf Knecht Rupprecht. Der riß seinen Bart ab — es War der Buchhalter Karl Springenau. „Herr Kom merzienrat, gestatten Sie, daß ich Ihnen Fräulein Karsten als meine Braut vorstelle." Die Mutter war der Ohnmacht nahe, doch raffte sie sich auf, als der Chef auf sie zutrat: „Herzlichen Glückwunsch, Ver ehrteste Frau Karsten! Sie haben in der Wahl Ihres Schwie gersohnes eine glückliche Hand gehabt. Da bin ich doch froh, daß ich ihn noch nicht zu einer Filiale versetzt habe. Es wäre schade gewesen, wenn wir die jungen Leute getrennt hätten. Uebrigens wäre der Herr Springenau ein famoser Aachfolger für Ihren Bruder, der ja doch in den Ruhestand treten will. Frau Karsten, mein Hochzeitsgeschenk wird eine Förderung Ihres Schwiegersohns sein." Frau Karsten blieb nichts anderes übrig, als zu danken und sich, mit dem vertauschten Schwiegersohn abzufinden,
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