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Die Elbaue
- Bandzählung
- 4.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. 4. 2296
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1795111755-192700004
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1795111755-19270000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1795111755-19270000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: SLUB
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Ausgabebezeichnung
- Nr. 19, September 1927
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitschriftDie Elbaue
- BandBand 4.1927 -
- AusgabeNr. 1, Januar 1927 1
- AusgabeNr. 2, Januar 1927 5
- AusgabeNr. 3, Februar 1927 9
- AusgabeNr. 4, Februar 1927 13
- AusgabeNr. 5, März 1927 17
- AusgabeNr. 6, März 1927 21
- AusgabeNr. 7, April 1927 25
- AusgabeNr. 8, April 1927 29
- AusgabeNr. 9, April 1927 33
- AusgabeNr. 10, Mai 1927 37
- AusgabeNr. 11, Mai 1927 41
- AusgabeNr. 12, Juni 1927 45
- AusgabeNr. 13, Juni 1927 49
- AusgabeNr. 14, Juli 1927 53
- AusgabeNr. 15, Juli 1927 57
- AusgabeNr. 16, August 1927 61
- AusgabeNr. 17, August 1927 65
- AusgabeNr. 18, September 1927 69
- AusgabeNr. 19, September 1927 73
- AusgabeNr. 20, Oktober 1927 77
- AusgabeNr. 21, Oktober 1927 81
- AusgabeNr. 22, Oktober 1927 85
- AusgabeNr. 23, November 1927 89
- AusgabeNr. 24, November 1927 93
- AusgabeNr. 25, Dezember 1927 97
- AusgabeNr. 26, Dezember 1927 101
- AusgabeNr. 27, Dezember 1927 105
- BandBand 4.1927 -
- Titel
- Die Elbaue
- Autor
- Links
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Die Eldaue Settagr zsm „Veneral-^nzekger' Nr. 19 4. Jahrgang auch Wochen oder Monate sind: sie werden operiert, irgendwie behandelt, verpflegt und schließlich als geheilt entlassen. Bei Gei steskrankheiten aber ist der Werdegang viel langdaucrnder, aber nur selten führt er zu einer völligen Heilung. Ter Aufenthalt dieser Kranken erstreckt sich auf Jahre und länger: es haben mir Patienten in Arns dorf gesagt, daß sie schon elf Jahre dort seien. Entsprechend der Eigenart dies:r Erkrankung muß hier der Charakter der Anstalt mehr Ser eines behaglichen Heimes sein. Und dieser Gedanke ist in muster hafter Weise durchge führt. Treten wir ein in eins der schmucken Gebäude! Die äußere und innere Haustür müssen natürlich immer verschlossen sein, denn leicht möchte es Vorkommen, daß ein Kranker in ganz unbegründeten Selbstmord gedanken Sen Tod in der nahen Röder, auf den Schienen der Bahn oder im Walde suchte. Wir durchschreiten einen sauberen Schlaffaal mit blütenweißen Betten, vor züglichen Wascheinrichtungen, kurz allem, was zu einer vollendeten Körperpflege ge hört. Tann nimmt uns der Wohnraum auf. Ich war erstaunt und meinte, in das Speise zimmer einer wohlhabenden bürgerlichen Familie zu irrten: ein Büffet füllte Sen Raum an der einen Wand mit seinen ge schlissenen Scheiben und polierten Türen. Eine hohe Standuhr verkündete feierlich tote Mockenton die Stunde. Holztäfelung zog rings um das Zimmer seine behagliche Ver kleidung bis zu dcm niedlichen Fensterplatz mit Korbsessel und Nähtischchen. Ein gro ßer Tisch nimmt Sie Mitte des Zimmers ein, ein bunt gestickter Läufer liegt darauf, und darüber leuchtet eine Helle Lampe mit rosaseidenem Schirm freundlich in den Raum. Hier sitzen sie nun, die — Pensions gäste — muß man sagen, mit ihren Strick- strümpfen, Handarbeiten und auch Büchern, Henn daß es Kranke sind, fühlt man kaum, manchmal gar nicht. Nur Sann und wann geschieht es, daß man einem scheuen, blöden oder auch bösen Blick begegnet. Die Unter haltung ist auch ganz normal, zunächst we nigstens. Bald aber zeigt sich das Gestört- fein. Ein altes Mütterchen von vierund- sechzig Jahren konnte sich beim besten Wil len nicht besinnen, was sie vor drei Stun den zu essen bekommen batte, aber ihren Konfirmationsspruch, der doch reichlich weit zurücklag, wußte sie sofort. Es ist dies sa auch bei durchaus normalen Menschen eine häufig zu beobachtende Erscheinung, Laß das Erinnern bei zunehniendem Alter im mer Weiler in die Jugend und schließlich Kindheit zurücksinkt. Vom Wohnraum aus trewn wir in eine Veranda, die sich an der ganzen Hausscite hinzieht. Ist das ein Blühen hier! Wieder Petunien in bunter Pracht, und der Pelar gonien üppige Doldenstengel leuchten vom feinsten Rosa bis zum blutigen Rot, in Sen zartesten wie in den heißesten Farben. Aus den Fenstersimsen schaukeln Fuchsien blau und rot ihre lichten Glocken, und blühender Efeu schickt seine Rankenhände von den Fenstern an die Außenwand nieder. Es ist selbstverständlich, daß die Kranken die Blu men alle selbst Pflegen, und auch darin liegt ein großes Stück des Heilprozesses, denn die Beschäftigung mit den Dingen der Na- tur, namentlich mit Pflanzen und Blüten, übt von jeher einen beruhigenden, ver edelnden Einfluß aus, bietet keine Er- rcgunasmomcnte für das Gemüt, und der Kranke sicht seinen Fleiß in dem reichen, bunten Blühen sichtbar belohnt. Mit wel chem Stolze auch und welch kindlicher, un getrübter Freude zeigten uns die Leutchen ihre blühenden Blumenlinder! Es ist selbstverständlich, daß eine Heil anstalt für Geisteskranke nicht nur solche freundliche Bilde,; hat wie dieses, es gibt auch weit ernstere und düstere. Namentlich in den Häusern der Männer fehlt oft Ser freundliche, blühende Schmuck, da dies liebe volle Betreuen dcm Mann an sich schon nicht liegt. Die sind zufrieden, wenn sie ihren Tabak und ihre Ruhe haben. Wir treten in ein Haus, in Sem viel schwerer Erkrankten untergebracht sind, sol che, die in Betten liegen müssen. Da schau en wir in Augen, die nur Stumpfsinn aus- drücken, in denen jedes Feuer geistigen Le bens erloschen zu sein scheint. Manche lie gen da in völliger Apathie, der Arzt kann tun mit ihnen, was er will, der empor, gehobene Arm fällt kraftlos zurück. Bei einem anderen bleibt er in Ser gleichen Stellung, dabei ist der Blick des Patienten starr zur Decke gerichtet. Verschiedene Kranke sind schon zum zweiten, dritten oder noch öfteren Male hier, denn Lie häufigste Erkrankung, die hier vorkommt, ist Gehirn erweichung, progressive Paralyse, meist eine Folge von Syphilis in der Familie. Wohl Wird dcr Erkrankte nach einer Zeit wieder als geheilt entlassen, aber schon zu diesem Zeitpunkte stobt fest, daß er wieLerkommen wird, und sei es erst nach Jahr und Tag, er wird kommen mit demselben Leiden, nur in verstärktem Maße wird es vorhan den sein. Und wenn er auch wieder als geheilt die Anstalt verläßt, er mutz wiederkehren Scnn an ihm erfüllt sich eine unausbleibliche Tragik — man kann auch sagen „die Sünde der Väter." — Dies wird so lange gehen, Lis er in unheilbare Um nachtung versinkt und ein Tod ihm Ruhe gibt. Wenn man an den Verlauf dieser Erkrankungen Senkt, so ist es auch selbstver ständlich, daß es Isolierzellen und tagelange Wasserbäder gibt, in denen sich der Erkrankte von seinem Anfall beruhigen kann. Stun- den, manchmal Tage müssen die Kranken im Wasser zubringen, denn Las Wasser übt von je eine einschläfernde, ausgleichende Wir kung aus. Selbst wir Gesunden empfinden das bei einem Ausedthalt an der See. Da wird unter dem Einfluß Ser immer gleich rollenden Wogen auch der tätigste Mensch so saul und bequem, daß ihm eben dieser Aufenthalt zur Erholung und Gesundung wird. Und eine Isolierzelle, sie hat eigent lich so gar nichts Schreckliches, wie es in Schauerromanen geschildert ist. Sie ist groß und bat ein ebenso hohes, Helles Fenster wie die übrigen Räume, nur daß das Fenster aus ganz starkem, dicken Glas ist, daß es auch die größte Kraft des Tobenden n'cht zu durchschlagen vermag. Die Türen schlie. ßen sich in walzcncundcn Pfosten, sodaß sich ein vielleicht Nachvrängender unmöglich quetschen kann. Die Zelle :st völlig leer, und in der Einsamkeit der schneeweißen Wände wird der Tobsüchtige bald zur Rube September 1927 kommen. Alle Süchtigen und alle Wahn vollen sind krank, sei das Tobsucht, Trunk sucht, Fallsucht, Größen- oder Verfolgungs wahn, sie alle finden ihre entsprechende Be handlung und Heilung. Zu der Anstalt gehören natürlich auch eine Menge Einrichtungen technischer Art, wie sie bei der Größe der Anlage unent behrlich sind. Da ist eine ganz vorzügliche Zentralheizung mit großartiger Kesselan- lage, von der aus alle Gebäude beheizt werden. Sämtliche zweiundzwanzig Häuser sind unterirdisch mit einander durch Gänge verbunden, in denen man bequem gehen kann. In einem Tunnel in Ser Wand dieser Gänge liegen die großen Dampfrohre. Sie sind auf Rollen gelagert, damit sie Lei star ker Ausdehnung infolge größerer Erwär mung selbsttätig eine veränderte Stellung einnehmen können. Ebenso mustergültig ist die Wäscherei: riesige Kessel nehmen d«— Krankenwäsche auf, Maschinen waschen das Ganze, auf Horden unS Gestellen wird auf- grhängt, und der heiße Dampf trocknet in kurzer Zeit alle Stücke. Dann kommt die Wäsche in die Plätterei, wo sie von fleißi gen Händen Lazu geeigneter Kranker mit elektrischen Plätten gebügelt wirb, bis sie wieder die großen Schränke aufnehmen, die Lis oben hin mit Bettwäsche, Tischwäsche, Handtüchern, Schürzen u. a. m. gefüllt sind. Es müssen schon riesige Mengen sein, denn die Anstalt kann bis zu zweitausend Kranke aufnehmen. Ein besonders hoher und lichter Raum ist Sie Küche. Da stehen die blanken Herde, die Back- und Bratöfen, die gleich sehr viel aufzunehmen vermögen. Auch hier hilft der beiße Dampf tüchtig die Kohlenfeuerung er. setzen. Alles ist blitzsauber und spiegelt i.r blankem Messing und Nickel oder in rotem Kupfer. Daneben erstrecken sich Räume, in denen vorgerichtet, Gemüse zugeputzt wird oder Kartoffeln geschält werden, alles von den Händen der Kranken, die hier „Dienst" haben, und sie setzen ihren Stolz darein, alles ja recht ordentlich und nett zu machen. Verschiedene versicherten mir mit guter weiblicher Zungcngeläufigkeit immer wieder, Satz sie in der Küche ganz besonders gern arbeiteten. Neben diesen Einrichtungen, di« der leiblichen Wohlfahrt dienen, fehlt keines. Wegs die Sorge für das Seelische und Gei stige. Ist doch gerade die Behandlung der Geisteskranken auf diesem Gebiete von aller größter Wichtigkeit, denn nicht der Körper, dieser erst in zweiter Linie, sondern Ler arme Geist war es, ver zusammenbrach, der durch irgeird welche tragischen Vorgänge in dem bunten Menschenleben oder auch durch eigene oder vererbte Schuld in die Nacht des Zerfalls geriet. Mitten in der Anlage Ser vielen Gebäude erhebt sich die Kirche mit dem goldenen Kreuz auf dem Turm. Es ist ein Gotteshaus von schlichter Schöne, wie ich es selten sich. Von der Tür senken sich die Bankreihen hinab zum Altarplatz, über dem ein großes Oelgemälde steht: Jesus als Kranken hei land. Schlicht und einfach ist hier alles; aus den edel gc- formten Fenstern wie auS Len Schalen der Leuchtkörper strömt ruhig und klar das Licht. Es ist ein Raum, so recht geeignet für in nere Sammlung, und die Orsel auf dem
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