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Lichtenstein-Callnberger Tageblatt : 31.10.1917
- Erscheinungsdatum
- 1917-10-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1776437853-191710316
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1776437853-19171031
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1776437853-19171031
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLichtenstein-Callnberger Tageblatt
- Jahr1917
- Monat1917-10
- Tag1917-10-31
- Monat1917-10
- Jahr1917
- Titel
- Lichtenstein-Callnberger Tageblatt : 31.10.1917
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hatte schon von Anfang an deutsche Bibeln geliefert. Man kennt vor Luther 14 oberdeutsche und 4 niederdeutsche gedruckte Bibelübersetzungen. Trotzdem war Luther- Werk etwa- ganz anderes. Zunächst einmal hat er den Urtext übersetzt, während seine Vorläufer selbst wieder die lateinische Üebersetzung („Vulgata") zugrunde legten. Jene älteren Uebersetzungen waren „undeutsche deutsche Bibeln". Sie redeten nicht, sie stammelten. Luther» Üebersetzung ist ein Volksbuch geworden. Luther hat die Bibel nicht übersetzt, sondern verdeutscht. Er ließ Propheten, Evangelisten und Apostel deutsch sprechen, als hätten sie in deutschen Landen gelebt. Er hat tief in den Sprachschatz deutschen Volks hineingegriffen, „die Mutter im Hause, die Kinder auf der Gasse, den gemeinen Mann auf dem Markte drum gefragt und denselbigen auf das Maul gesehen", wie er selbst berichtet. So frei er aber auch mit der Sprache geschaltet, den Wortsinn hat er nie angetastet. Nirgends hat er mit Wissen und Bewußtsein sich auch nur die geringste Ab weichung vom Text gestattet. Uebrigens hat er auch sein ganze» Leben lang rastlos an der Verbesserung seiner Üebersetzung gearbeitet. So entstand das Volksbuch der Derschen. Dieses Buch hat die deutsche Sprache und die der ' Bildung nachhal! z beeinflußt. Es hat zur geistigen Nahrn..^ unserer Dichter und Denker, Heerführer und Staatsmänner gehört, und selbst unsere Größten haben sich an ihm gebildet. Dieses Buch hat den Armen und Einfachen im Volk, Handwerkern, Bürgern und Bauern den Hunger der Seele nach dem Brot des Lebens gestillt. Mit Lutherbibcl, Gesangbuch und Katechismus zogen die Pioniere deutscher Gesittung über Länder und Meere, nach Nord- und Südamerika, nach Südungarn, dem Kaukasus und Palästina, und die Lutherbibel hat mit dem deutschen Gottes dienst und dem deutschen Kirchenlied das Beste dabei getan, wenn sic der Väter Art und Sprache auch unter fremdem Himmel treu bewahrt habeu. Es ist nicht zu viel gesagt: Wenn die Bibelübersetzung Luthers einziges Verdienst um sein Volk gewesen wäre, so hätte dies eine Verdienst schon ausgcreicht, unvergänglichen Lorbeer um sein Haupt zu winden. Unendlich groß ist und bleibt der Tank, den die deutsche evangelische Christenheit ihrem Reformator für diese unver gleichliche Gabe der „Deutschen Bibel" schuldet. Und doch sieht so mancher Christ, der in der Bibel Kraft, Trost und Er bauung sucht, ratlos da und weiß nicht, wie er seine Bibel lesen soll. Es ist daher mit großer Freude und innigem Dank zu begrüßen, daß der Evangelische Bund durch Gencralsuper- inteudent Schöttler unter dem Titel: „Das Schwert des Geistes" eine Bibelauswahl dargebvten hat, die unter trefflich gewähl ten knappen Ueberschriftcn ohne die übliche Verseinteilung und die Lieder in Strophenfvrm abgeteilt zum vollen Verständnis der ganzen Bibel führen will, damit das Kleinod der ganzen deutschen Lutherbibel dem deutschen evangelischen Volke wieder voll zum Bewußtsein komme. Das „Schwert des Geistes" iBerlag des Evangelischen Bundes, Berlin W35; 2 und 4 M.), in Feldausgabe von vielen Tausenden unserer kämpfenden Brüder gern gelesen, ist in besonderen! Maße geeignet, eine Haus- und Familicnbibel des deutschen evangelischen Volkes zu werden. „Lrn' feste Vurg ist unser Gott" im Weltkriege. Heute noch sind die Gelehrten im unklaren, wann Luther das Lied „Ein' feste Burg ist unser Gott" gedichtet hat. Aber daß er damit der evangelischen Christenheit ein herrliches Geschenk in die Wiege gelegt hat: darüber gibt's keine Un gewißheit. Wie es eine Verkörperung seines eigenen Glaubens isi, seiner eigenen Persönlichkeit niit ihrer wunderbaren Mischung von Demut und Heldenmut, von starktrutzigem Kämpsergeist und von anschmiegcndcm Gvltvertrauen, so hat auch das deutsche evangelische Christcnvolk in diesem Liede immer sein Ideal vor sich aufgerichtet gesehen: das Ideal deS Heldischen Glauben», stark in Gott und im Vertrauen aus seine Berlaa des Evangelischen Bunde», Berlin W 35. Macht und Hilfe, bereit zum Tragen und Dulden, tapfer und unerschrocken im Kampfe und voll unerschütterlichen Vertrauen» auf den Sieg, auf den Gott, der zuletzt doch alles zum Besten lenkt. Immer hat „das Lutherlied", gerade in Kriegszeiten in deut- scheu Herzen einen besonderen Widerhall gefunden. Eine besondere Auferstehung hat e» im jetzigen Weltkriege gefeiert. Es wird für jeden Augen- und Ohrcnzeugen eine unvergeßliche Erinnerung bleiben, wie an jenem 1. August 1914 zwischen Schloß und Dom mit und nach den Baterlandsliedern das Lied „Ein' feste Burg" erklungen ist. Mit den Sängern und Helden des vater ländischen Hvchgedankens zog da der Held im Predigerrock, der Held von Wittenberg und Worms, ungesehen mit an der Spitze der begeisterten Scharen. Im Kriege selbst hat das Lutherlied besondere Bedeutung gewonnen und erklingt immer wieder, sogar ohne Unterschied der Konfessionen, bei unsern Truppen und in der Heimat. „Was würde", so fragt ein erfahrener Bvlkserzieher, „aus unserem Volke werden, wenn man ihm in dieser schicksalsschweren Stunde dieses Lied nehmen würde, nehmen nicht nur m seinem Wortlaute und in seiner mehr als irdischen Sangesweise, sondern in dem fast persönlichen Leben, das dieses Lied in jedem Deutschen, auch im kirchenflüchtigsten, ja kirchenfeindlichsten, lebt? Für den einzelnen wäre das ein Aderlaß zum Verbluten, für die Gesamtheit des Volkes mehr als die Vernichtung eines Millionenheeres, für das Reich der Verlust eines gewaltigen, treuen Bundesgenossen." Auch Katholiken stehen unter dein starken Eindruck dieses Kampfliedes der Reformation. Ein Feldprcdiger berichtet: „Gestern nachmittag ging ich durch das Dorf, in dem wir liegen, sprach mit den Leuten, verteilte Blätter und kam dann zur Dorfkirche. Ta tönt mir Harmoniumspicl entgegen. Ein Soldat sitzt und spielt Choräle, und in der Dämmerung stehen und sitzen viele Soldaten ganz still, lauschen den Tönen und beten. Ich spreche mit dem Spieler. Wir fangen an gemein sam zu singen. Die Kirche wird voller. Eine Kerze wird augezündct und im Halbdunkel bete ich laut und halte eine kurze Abendandacht. Als wir fertig sind, singen wir: „Harre meine Seele!" Und da sagt der Spieler: „Herr Pfarrer, nun nur noch: Ein' feste Burg!" — und der Mann war Katholik. Ich fragte ihn, ob er Berufssoldat ist. Stein, sagte er, er sei Reservist und in seinem Zivilverhältnis Opernsänger. Aus einem galizischen Städtchen wird berichtet: „Inmitten des Platzes ragt das gelbgctünchte Gotteshaus. Die Glocke läutet: Bim — kam . . . bim — bam . . . Schwäbische Bauern gehen in die Kirche, im langen Rock, wie vor zweihundert Jahren daheim, ehe sie der Kaiser Josef in sein Land berief. Aus den Bänken vor den gelben, blauen, grauen Häusern sitzen Verwundete, rauchen kurze Pseisen und träumen in das herbstlich bunte Laub der Kirchplatzbäume. Drinnen orgelt ein Choral, dann brechen Männer- und Frauenstimmen durch die geschlossenen Kirchcn- pforten: Und wenn die Welt voll Teufel wär' ... Neben unserem Wagenzug, der auf dem Pflaster rattert, marschiert ein Bataillon Infanterie: Madjaren, Siebenbürger, durch den Ort. Sie marschieren vorwärts — vorwärts gegen den Feind. Einer von den Infanteristen singt im Marsch mit der Gemeinde mit. Auch die Verwundeten sind auf gesprungen und Wersen ihre Stimmen, die vom Kriege brüchig und rauh geworden sind, in das alte Luther lied. Und mit einem Male erweitert sich die enge Kirche, öffnet Dach und Seitenwände, wölbt sich über dem Schwaben hügel, wölbt sich über dem Erdenrund — und alle deutschen Stimmen fallen dröhnend ein. , Nehmen sie den Leib, Gut, Ehr', Kind und Weib, laß fahren dahin, sie Haben s kein Gewinn, Das Reich muß uns doch bleiben." Die Abbildungen sind aus „Buchwald, vr. Martin Luther. Ein Lebensbild fürs deutsche Haus", mit Genehmigung de» Berlage» B. G. Teubner in Leipzig und Berlin entnommen. Rotationsdruck von Trowitzsch L«Evhn in Berlin.
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