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Wilsdruffer Tageblatt : 05.02.1936
- Erscheinungsdatum
- 1936-02-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-193602050
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19360205
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19360205
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWilsdruffer Tageblatt
- Jahr1936
- Monat1936-02
- Tag1936-02-05
- Monat1936-02
- Jahr1936
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 05.02.1936
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Dm Dkenstagnachmittag konnte ern bekannter Elektro ingenieur, Alexander Foimowics, der dem bereits verhaf teten Chefarzt Dr. Weil seinen Paß für den Moskauer Kurierdienst übergeben hatte, verhaftet werden. Tie Er mittlungen ergaben, daß die für den Kurierdienst nach Moskau benötigten falschen Pässe von dem verhafteten Chefarzt Dr. Weil hergcstellt wurden. Im Verhör bekann ten sich sämtliche Verhaftete als langjährige Mitglieder ^er Kommunistischen Partei. Die ungarische Oeffentlichkeit ist durch die Aufdeckung der kommunistischen Parteizcntrale in große Erregung ver setzt worden. Sämtliche Blätter bringen in größter Auf machung spaltenlange Berichte über das bisherige Unter suchungsergebnis und den Fortgang der polizeilichen Er mittlungen. Unter den Verhafteten befindet sich auch der in Ungarn seit langem bekannte Kommunist Sigmund K i ß (Klein), der während der Nätediktatur 1920 eine führende Rolle gespielt hatte, damals zu Gefängnis verurteilt wurde und später nach Sowjetrußland ausgewandert war. Kiß war kürzlich von Bela Khun nach Budapest gesandt worden. Die Leitung der aufgedelktcn kommunistischen Ver schwörung lag in den Händen des angesehenen Chef arztes eines großen Budapester Sanatoriums namens Dr. Emil Weil. In seiner Privatwohnung wurden unter dem Par kettfußboden umfangreiche kommunistische Propa- gandaschrifien, eine große Anzahl falscher Pässe, die Liste der kommunistischen Agenten, die Abschriften der ständig von Budapest nach Moskau gesandten Berichte und größere Valutenbeträge gefunden. Die Polizei hat ferner ermittelt, daß die Verhafteten sich auch weitgehend mit militärischer Spionage befaßten. Im Verhör gab Sigmund Kiß zu, daß auf Befehl der Moskauer Zentrale ein großzügiger Werbefeldzug gegen Ungarn eingcleitet worden sei. Rach dem Verhör beging Kiß einen Selbstmordversuch, der jedoch infolge der Aufmerksamkeit der Polizei mißlang. An den Grenzen Ungarns ist die Paßkontrolle außer ordentlich verschärft worden, um Fluchtversuche der mit falschen Pässen rciscndcu Kuriere zu verhindern. Die leitenden Kommunisten sind ins Militärgcfüngnis ge bracht worden und werden wegen Spionage vor das Kriegsgericht gestellt werden. — Am Dienstagnachmittag gelang es der Budapester Polizei, eine weitere Ver haftung vorzunehmen. Ein bekannter Elektroingenieur, Alexander Foimowics, der dem bereits verhafteten Chefarzt Dr. W c i l seinen Paß für den Moskauer Kurier dienst übergeben hatte, konnte verhaftet werden. Die polizeilichen Ermittlungen ergaben, daß die für den Kurierdienst nach Moskau benötigten falschen Pässe von Dr. Weil hergestellt wurden. Die ungarische Öffentlichkeit ist durch die Aufdeckung der kommunistischen Parteizentrale in große Erre gung versetzt worden. ArischerUeil in loMMMKMeM IMmsM. Der Londoner F l e i s ch e r st r e i k auf dem Frischfleischmarkt greift nach den Meldungen aus London um sich. Den Fleischergssekcn haben sich die Transport arbeiter angeschlossen, und es wird in der englischen .Hauptstadt angenommen, daß auch die Dockarbeiter in einen Sympathiestreik treten werden. Möglicherweise kann sich der Streik auf die anderen Großmürkte der eng- ! scheu Hauptstadt ausdebnen, die für die Belieferung mit Fleisch, Früchten, Gemüse usw. zu sorgen haben. Wie festgestellt wurde, hat London nur noch für einenTagfrischesFlei sch. Biele Fleischer haben bereits versucht, ihren Bedarf selbständig auf dem Lande cu decken. Große Massen überseeischen Gefrier fleisches mußten in die Lagerschuppen zurückgebracht werden, weil die Transportarbeiter die Beförderung ver weigerten. Die englischen Hausfrauen müssen ihren Be darf hauptsächlich durch Büchsenfleisch decken. Die Preise haben schon erheblich angezogen. Die Leitung des Streiks, die in kommunistische Hände über- gegangrn ist, erklärte, daß bereits 10 00V Personen sich am Streik beteiligen. AevsMMrer GifeNbaWerstreK in Chile. In dem südamerikanischen Staat Chile ist ein revolutionärer Eisenbahnerstreik ausgebrochen. Der chilenische Oberst Campos hat den Befehl über die militärische Überwachung der Eisen bahnen übernommen, nm Sabotageakte zu verhindern. Den Aufständischen ist es trotzdem gelungen, an verschie denen Stellen die Eisenbahnschienen anfzureißen. Drei Eisenbahnzüge entgleisten, doch sind keine Verluste an Menschen zu beklagen. In dem einen Eisen bahnzug befanden sich höhere chilenische Eisenbahnbeamte. Wie aus Santiago de Chile berichtet wird, trägt der Eisenbahnerstreik kommunistisches Gepräge. Da auf vielen Eisenbahnstrecken schon Sabotageakte vorge kommen sind, find die Staatseisenbahnen vom Militär übernommen worden. Die Truppen sind alarmbereit. D«S Laud ißt unter Kriegsrecht gestellt worden. Pie Regierung betrachtet den Streik alö eine ausge sprochen« revolutionäre Aktion und ist sest e«t- schloffen, energisch durchzugreifen. Rach einer Kabinetts- sitzung, die unter Vorsitz von Staatspräsident Alessandri und unter Teilnahme der obersten Heeresführer im Prä- sidsntenpalais stattfand, erklärte der Minister für In dustrie, Matias Siva: „Der Streik ist ein« kommunistische Aktion. Er kann keine wirtschaftlichen Hintergründe haben, da die Gehälter und Löhne bei den DtaatSeisen- vahnen im der letzte« drei Jahre dreimal erhöht worden sind. Die Regierung hat glaubwürdige Nach richten Wer den Ursprung der revoixtionSren Bewegung unter den Eisenbahnern erhalt««. Me weiß, daß von den Streikende» die Anweisungen örtlicher Organisationen von ausländischen KommuMsten befolgt werden. - Verschärfung -er Lage in Syrien. Die Lage in Syrien must als außerordentlich gespannt bezeichnet werden. Zwar ist das Straßenbild in den Städten Aleppo, Hama und Homs äußerlich ruhig. Aber der Generalstreik, der seit 17 Tagen in Damaskus herrscht, hat für das Wirtschaftsleben schwerste Folgen. Der Handelsverkehr ruht in Damaskus vollständig. Der Zahlungsverkehr mit Wechseln ist seit den 17 Tagen des Streiks nicht mehr möglich. Der Damaszener Bazar, das GeschSftsvicrtcl der Stadt, ist überhaupt geschlossen. Stsnk VomtMriM m HWhklt Rcichsbauernführer Darre an die deutschen Hausfrauen. In diesen Tagen findet im Verwaltungsamt des Reichsnährstandes eine gemeinsame Schulungstagung des Reichsnährstandes und der NS-Frauenschaft statt. Am' zweiten Tag sprach der Reichsernährnngsminister und Reichsbaucrnführer Darrö' zu den Abteilungsleiterin nen des Reichsnährstandes, den Gauamtsleiterinncn der NS-Frauenschaft und den Landesstellenleiterinnen des Frauenarbeitsdienstes über die Aufgaben der Frau im Rahmen der Erzeugungsschlacht. Der Reichsbauernführer wies auf die Bedeutung dieser ersten gemeinsamen Tagung der Frauen des Reichsnähr standes und der Frauen der Bewegung hin. Deutschland befindet sich ernährungspolitisch in einer Zwangslage. Wir' haben eine größere Äevölkerungszahl auf einer kleineren Fläche im Vergleich zum Vorkriegsdeutschland zu ernäh-! ren. Die sich daraus ergebenden besonderen Aufgaben müssen durch die Erzeugungsschlacht gelöst werden. DaA kann die Landwirtschaft nicht allein erreichen. Wenn dauernde Erfolge erzielt werden sollen, ist die Ernährungswirtschaft besonders auf die Mit arbeit der Hausfrauen angewiesen. Dabei wendete sich der Reichsbaucrnführer vor allem an Frau Scholz-Klink und ihre Mitarbeiterinnen, deren Tä tigkeit gerade im Rahmen der Erzeugungsschlacht aller größte Bedeutung besitzt; geht doch jährlich dem deutschen Volk rund eine Milliarde Mark an Lebensmitteln nur dadurch ver loren, daß sie im Haushalt unsachgemäß behandelt werden. Wie ist das möglich? Wahrend der letzten Jahrzehnte sind unsere Frauen vor allem in der Stadl nicht mehr zu wirklichen Hauswirtschaftlerinnen erzogen worden. Das lag nicht an den Frauen selbst, sondern an der zunebmen-- den Verstädterung unseres Volkes. Während unsere Mut ter nud vor allem unsere Großmutter ihren Stolz noch in einer guten hauswirtschastlichen Vorratswirtschaft er blickten, war es jetzt modern geworden, sich um eine ver nünftige Vorratswirtschaft im Haushalt überhaupt nicbt mehr zu kümmern. Man bestellte und kaufte einfach beim nächsten Händler. Die Nachteile dieses „von der Hand in Sen Mund löben" hat man schon vor dem Krieg yier und da deutzr^» erkannt, und man hat schon damals den Ver such rin»-!, besseren hauswirtschaftlichen Ausbildung ge macht. Allein erst nach dem Krieg hat man das richtige Verständnis für eine unentbehrliche häusliche Vorrats wirtschaft durch die Erfahrung des Krieges und der Nach kriegszeit erhalten können. Aber trotzdem besitzt auch heute noch in vielen städtische- Haushaltungen — auch dort, wo das Land mit der Stadt in Berührung kommt — die Frau vielfach gar kein Gefühl mehr dafür, daß sie an die Voraussetzungen der naturbedingten Erzeugung gebunden ist, daß also durch Jahreszeit- und Witterungseinflüsse Schwankungen in der Versorgung auftreten. Hier setzt die Aufgabe der Vorratswirtschaft ein, hier liegt auch die Mit arbeit der Hausfrau in der Erzeugungsschlacht. Nur durch ein wirkliches Verständnis der Hausfrau für diese Erschei nungen, nur durch ihre tatkräftige Mitarbeit ist die Er zeugungsschlacht vollständig zu gewinnen; daraus ergibt sich eine freiwillige Vcrbrauchslcnkung. Vorratswirtschaft bedeutet. Erzeugnisse einer be stimmten Jahreszeit billig zu kaufen und zu la gern oder haltbar zu machen, um sie in den Mo naten des natürlichen Mangels zur Verfügung zu haben. Verbrauchslenkung und häusliche Vorratswirtschaft sind die beiden wichtigen Pfeiler unserer deutschen Ernäh rungswirtschaft. Der Rcichsbauernführer wendete sich an die Architek ten und Baumeister, die auch bei den städtischen Neubauten diese Dinge beachten müssen. Leider ist heute in den mei sten Fällen eine Bauweise eingerissen, daß es der Haus frau gar nicht mc^r möglich ist, eine vernünftige Vor- ratswirtschnft zu treiben. Im Anschluß an den Rcichsbauernführer sprach die Reichsfrauenführerin Frau Scholz-Klink, die sich in großer Eindringlichkeit für die Mitarbeit der Frauen am Aufbauwerk des Führers einsetzte. Auch die letzte Frau muß cinsehen, daß sie zu dieser Nation und zu diesem Volk gehört, daß sie über ihr Leben als Mutter der Familie zu, Mutter der Nation hinanswachsen muß. Viele Gesetze kön nen nur zum Segen für das Volk werden, wenn die Frau die innere Bereitschaft und restlose Bejahung dazu hat. Man-ins krampfhafte Suche nach „koilekiiser Sicherheit". Unterrichtung der englischen Negierung über diePariser Besprechungen. Die französisch« Presse bezeichnet die Pariser diplomatischen Gespräche als „Besprechungen der kollektiven Sicher hei t". Der französische Außen- Minister Fl and in hat den britischen Botschafter in Paris, Sir George Clerk, empfangen und ihn über die Besprechungen mit König Carol von Rumänien, König Boris von Bulgarien, dem Sowictaußenlom- miffar Litwinow, der« Prinzregenten Paul von Jugoslawien, dem türkischen Außenminister Ruschdi Arss und dem litauischen Außenminister Lozorai- tis in Kenntnis gesetzt. Das Ziel dieser Besprechungen ist, wie die englische Presse meldet, die Erweiterung und Festigung derKlei- nen Entente durch den Beitritt Österreichs und der Balkan-Entente durch den Zutritt Bulgariens. Es sei nicht anzunehmen, stellt der „Daily Telegraph" sest, daß bereits die Unterzeichnung neuer Pakte erfolgen würde, aber die Verhandlungen, die besonders zwischen Flandin und König Carol sowie Titulescu stattgefunden hätten, hätten zum größten Teil dis Wolken wieder ver trieben, „die sich am Himmel der Beziehungen zwischen Frankreich und der Kleinen Entente gebildet hätten". Wie weiter mitgeteilt wird, wird auch der tschechische Ministerpräsident Hodscha tu Paris erntreffen. Es werde wieder von einem bevorstehenden Bündnis zwischen Rußland und Rumä« mien gesprochen. Im übrigen sei in den Pariser Ver handlungen eine neue Auslegung des Artikels 16 der Völkerbundssatzung über eine neue Richtlinie für die Praxis der kollektiven Sicherheit ausgearbeitot worden. Gm enMK'Mfisches Bündnis? Der sowjetrussische Marschall T u ch a t sch e w s k i, der immer noch in der englischen Hauptstadt weilt, be suchte die britische Admiralität, wo er Be sprechungen mit dem Ersten Lord der Admiralität hatte. Tuchaffchewski hat vorher Besprechungen mit dem eng lischen Kriegsminister Dufs Cooper und Luftfahrt- minister Lord Swinton sowie mit dem britischen Empire-Gsneralstab gehabt. „Daily Dispatch" be richtet, daß in Tokio der Abschluß eines englisch russischen Bündnisses erwartet wird, was zu einer diplomatischen Neuorientierung Japans führen müsse. Aufschlußreiche Aeußerungen Königs Carol. Daß nicht nur politische, sondern auch wirtschaftliche Fragen in den Pariser Besprechungen Königs Carol er örtert wurden, dürfte aus einer Erklärung hervorgehen, die der rumänische König dem Vertreter des „Temps" gab. In diesem heißt es u. a.: Mit ganzem Herzen habe Ru mänien die Genfer Politik befolgt. Aber er wolle nicht verheimlichen, daß bereits schwerwiegende wirtschaftliche Schwierigkeiten für fein Land die Folge seien; er hoffe, hierfür einen gerechten Ausgleich zu finden. Was den Donaupakt betreffe, hoffe er auf einen baldigen Abschluß. Dem „Intransigeani" gegenüber verwies König Ca rol ebenfalls darauf, daß die Zusammenarbeit zwischen beiden Völkern nicht nur politisch und milftärffch, sondern auch wirtschaftlich sein müsse. Er Hosse, daß der franzö sisch-rumänische Handelsvertrag, der demnächst zur Unter zeichnung gelange, dem Handel und der Industrie beider Länder dienlich sein werde. König Carol hat am Dienstagmittag zu Ehren des französischen Präsidenten Lebrun ein Frühstück gegeben, nn dem auch der Ministerpräsident und zahlreiche Mitglie- lde» des Kabinetts teilnahmen, außerdem der englische Kbtschgfter, der Polnische Botschafter, der rumänische Fi nanzminister, der rumänische Außenminister, die Gesand- >ten der Länder der Kleinen Entente und der Balkanländer und Gencralstabschcf Gamelin. ! Außenminister Flandin hatte am Dienstagnachmittag ,ine einstündige Unterredung mit dem Fürsten Starhem- verg. ? Im „Journal des Debats" wird geschrieben, daß die (Besprechungen der Stärkung Mittel- und Osteuropas so- !wie der Organisierung der Verteidigung dienten, die die ^Ereignisse notwendiger denn je gemacht hätten. Der abes sinische Krieg habe den Plan eines Donaupaktes zunichte gemacht, und die Abwesenheit Italiens erschwere die Lage sehr. Daher habe Titulescu eine noch wirksamere Gestal tung eines gemeinsamen Vorgehens angeregt. Sämtliche mittel- und osteuropäische Staaten sollen danach in einer allgemein festgelegten Auslegung und Anwendung des Artikels 16 der Völkerbundssatzung zusammengefaßt wer den. Auf dieser Grundlage habe der diplomatische Mei nungsaustausch während der letzten Tage stattgefunden. Tie Aussichten würden als recht günstig bezeichnet. Ms Mems Heimat. Wilsdruff, am 5. Februar 1936. Ser Spruch des Tages: Zeige nie ein Gekränktfein, aber lasse den, der gekränkt hat, dein tiefes Weh empfinden. Jubiläen und Gedenktage. 6. Februar. 1813 Aufruf Aorks an die preußischen Stände. 1876 Der Dichter Wilhelm Schmidtbonn geboren. 18S4 Der Chirurg Theodor Billroth gestorben. Sonne und Mond. 6. Februar: S.-A. 7.35, S.-U. 16.53; M.-A. 16.04, M.-U. 6.55 Finden Sie das nicht erbärmlich? Kennen Sie Herrn Aermlich? Nein? Schade! Der arme Mann hat es wirklich nicht leicht. Zwar hat er ein recht statt liches Einkommen. So einige hundert Mark jeden Monat, aber was will nicht alles daavon bestritten sein? Hat er doch eine Frau zu ernähren und sogar ein (!) Kind. Da heißt cs tüchtig rechnen, daß für ihn selbst noch etwas übig bleibt; denn Kegelklub, Gesangverein und Stammtisch kosten schließlich auch viel Geld! Und die „ewige Sammelei" macht ihm bitteren Kum mer. Schade um das schöne Geld! Das ist auch so eine lästige Einrichtung, diese Eintopfjonntage! Was geht es ihn an, ab andere was im Topfe haben? Er hat sein Huhn im Topfe oder seinen Rehbraten in der Pfanne! Wie, Löffelerbsen und so etwas soll man am Emtopssonntag essen? Ha, wie kann man ihm bloß so etwas zumuten? Und was man dabei an Geld einspart, wenn man statt eines fetten Bratens sich dicke Erbsen zu Gemüts führt, soll man opfern? Nein, Herr Aermlich ist kein Freund vom opfern. Er opfert schon genug, indem er dem Staat ein Kind (jawohl, eins) großzieht! Was also nun tun am Eintopfsonntag? Ob man ein Schild an die Türe macht: „Verreist"? Aber da könnten die Nachbarn verraten, daß das Schwindel ist. Abweisen kann man den Sammler nicht, weil man doch einen guten Staatsbürger markieren muß. Also doch opfern? Na schön! Herr Aermlich hat unter Seufzern feinen Entschluß gefaßt: Zehn Pfennig will er opfern? Nun, wie finden Sie Herrn Aermlich? — Erbärmlich! Ein Fn'ihlingskimder. Bei der Arbeit für die Reichsauto bahn wurde heute ein Maikäfer gefunden, den das frühlings mäßige Wetter bis nahe an die Erdoberfläche gelockt hatte. Nun krabbelt er in einer der Baubuden herum und kann von da aus die Beobachtung machen, daß er sich zu zeitig hervor- gewagt hat und der Winter sich gerade anschickt. zu zeigen, daß er noch da ist.
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