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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 31.03.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-03-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-192603318
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19260331
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19260331
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFrankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
- Jahr1926
- Monat1926-03
- Tag1926-03-31
- Monat1926-03
- Jahr1926
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HM, Ao« sich 1b««Ls- in dem Zustand, wo er in JrM« miyuschlaAe« pflegte. „Aus männüch« Bedienung wirst du bei uns verzichten müßen," erwiderte er mit geflissentlich höflicher Betonung, „wir begnügen uns mit der holden Weiblichkeit. Aber wenn du es wünschest — während der Zeit deines Hierseins . . ." Die Schwester hob. die blonden Wimpern und schickte einen unsicheren Blick zu ihm hinüber. Ihre Gedanken begannen sich allmählich zu verwirren. Rach den Jahren des ungestörten Jnsichabgeschlossenseins diese Füll« des Repes, peinlich Verletzenden. Es ging über ihr körperliche, Vermögen. Der Boden brannte ihr unter den Füße«. Wenn sie «r erst kt ihrem Zimmer gewesen wäre. Aus dem Seitenkorridor zur rechten Hand kam leiden Schrittes ein Mädchen im schwarzweißen Ginghamkleid, weiger Schüße und Hamburger Häubchen, und belud sich, höflich gxützend, mit Mechthildis Handgepäck. — Die Dam« atmete erleichtert auf: Gott sei Dank! Das sah, wenn nicht aristokratisch, so doch wenigstens anständig aus. — — Und nun war sie allein in ihrem Zimmer, hatte von dem gulgeschulten, freundlichen Mädchen ihre zahlreichen Klei der in den Schrank räumen lassen, sich umständlich gesäubert, das Haar frisch geordnet und sah nun erschöpft in dam alt modisch«» Korbsessel in einer der tiefen Fensternischen. Es war «in hübsches Gemach, das man ihr zugewiesen hatte, und dessen Ausblick in den Park ging. An den Fenstern Gardinen von lichten», blumenbestreuten Baumwollstoff, eine hübsche Ehaiselongue; das weiß emaillierte Bett mit blitz blanken Messingknäufen von einladender Frische, und überall, wo «s anging, Fliedersträuße von jeder Größe, deren Farbe glücklich mit den Phantasieblumen der Vorhänge und der veilchenfarbenen Satindecke des Ruhelagers übereinstimmte. Aber auch darüber hatte Mechthildis verstohlen den Kops geschüttelt. Mit genaustem Näschen und hochgezogener Oberlippe hatte sie den Stoff der Steppdecke mißbilligend zwischen den Fingern gerieben: „Satin — nicht einmal Seide. Ihr das zuzumuten. Es war klar, man war geizig auf Unverzagt geworden, man verstand nicht mehr zu leben. Der aristo kratische ,Mstre" fehlte." ' Während sie mit leicht zusammengelegten Händen, in tadelloser hofballhaltung in rhrem Sessel lehnte und mit lässig geschlossenen Lidern in den Park hinausblickte, hatte sie äne Menge unangenehmer Gefühle in sich zu verarbeiten. Und nicht das Leichteste, dah auf dem Wegs hierher ein junger Mann aus dem Dunkel eines Korridors aufgetaucht war, der von dem Freiherrn kurz als: „Herr Dr. Doigstedt, der verdienstvolle Förderer unseres Jüngsten" vorgestellt wor den war. Er hatte sich sehr tief verbeugt, genau in der „dritten Position", wie sie mißfällig bemerkte, während sie nur wenig das feine Haupt nach 'der Schablone für Niedrigstehende gegen ihn neigte. Und da hatte «r den Kopf gehoben und sie angeschaut. Er, der Hauslehrer, sie eine Massenbach, und ein Blick war aus den grünlichgrauen Augen zu ihr hingezuckt, der ihr «in seltsam beängstigendes Empfinden verursacht hatte, dessen sie aüch' jetzt noch nicht Herr weiden konnte. Sie nahm ein Schlückchen von dem vorzüglichen Kaffee, den Adelgunde in dem uralten, kostbaren Sövresservice her« aufgeschickt, dah noch von der Urgroßmutter, einer Gräfin Uechtritz, aus dem Hause Schleyen herstammte, und bröckelte «in Stückchen von d«r prächtigen Sandtorte ab, während ihre Augen, ohne zu sehen, auf den Wipfeln der uralten Park ulmen ruhten, die seit mehreren Menschenaltern den Stolz ihre« Geschlechtes ausgemacht hatten. Da erhob sich ein dumpfes Gepolter im Treppenhause, das die gewölbte Flurhalle verdoppelt wiedergab, so, als ob jemand in langen Sätzen die Stufen der Stiege herauf spränge, daneben huschende Tritte, wie von leichten Frauen- sühen. Eine klangvolle Männerstimme, und ein mädchenhaftes Kicher« wie ein h«lltönendes Glöckchen. Dann klopfte es mit kräftigem Finger an Fräulein von Maisenbachs Zimmertür, aber ehe sie noch antworten konnte, flog di« Tür sperrangelweit auf und in ihrem Rahmen er schien ein reizendes Persönchen, in- kattunem Wirtschaftskleid und großer weißer Schürze, dem goldbraunes, seidenweiches Haar in wirren Locken das rosige, rundwangige 'Kinder gesichtchen umgab. Sie wehrte sich mit allerdings geringem Erfolg gegen einen baumlangen Menschen mit sonnenverbranntem Gesicht und auffallend Hellen Augen, dem das dunkelblonde, lurz geschnittene Haar den verHMmsmähjkg kleme« Kops wie ein« Plüschmütze umgab, und dessen stack Arm» die semgliedrig» Gestalt wie mit Schraub«« umspamüen. „Du sollst mich loslassen," keuchte sie, halb lachend, halb ärgerlich, und die Augen/die eine Farbe wie srischblühende Veilchen hatten, blitzten ihn au. „Bin ich darum so schnell gelaufen? — Ich will die Erste sein, die Tante Lhild« guten Tag sagt. — Los, sag' ich." , Aber die Arme des jungen Mannes hielten fest: „Macht geht vor Recht," meinte er ungerührt, „Taute Thilde ist meine Pate, mir gebührt der Vortritt." La hob sie blitzschnell den Finger und bohrte diesen in seine Achselhöhle, dorthin, wo der Schneider die Naht gemacht hat, die Stelle seines Körpers, welche die Achillesferse der meisten Männer ist. Mit einem quiekenden Laut zog er die Ellenbogen an sich, und hell auflachend schlüpfte sie gewandt von ihm weg, um mit ausgebreiteten Armen Mechthildis zuzufliegen. „Tante, Tante — nein, was ich mich freue —! Guten Tag, Tante. — So lange habe ich dich nicht gesehen . . Aber erschrocken lieh sie die erhobenen Arme wieder sinken, während die feinen Kinderhände nach hinten griffen und ver legen gn den Achselbändern der weihen Schürze zupften, während die Augen unter den langen Wimpern ängstlich scheu das Gesicht der Tante streiften. Fräulein von Massenbach hatte sich aus ihrem Lehnstuhl erhoben, ihr feines Gesicht erstarrte fast in aristokratisch- strenger Unnahbarkeit. „Ist das eine Art, hier so ohne Anmeldung in das Zim mer zu poltern? — Und in dem Aufzuge?" fragte sie kurz und scharf. „Hast du keine Manieren gelernt, Traute? — Und wie kommt es, dah ihr jetzt erst . . . Du weiht an scheinend nicht, was du mir schuldig bist . . ." . Das Wort wurde ihr jäh abgeschnitten. In der offenen Tür war die stattliche Gestalt eines etwa zwanzigjährigen Mädchens im Hellen Musselinkleid erschienen, deren glänzend schwarzes Haar modisch sorgfältig geordnet war und die klugen Blickes anscheinend sofort die Sachlage überschaute. „Traute, Jakob, ist das eine Art, hier so mit der Tür ins Haus zu fallen?!" schalt sie mit einer auffallend tiefen, doch wohlklingenden Stinrme, rndes sie in tadelloser Haltung auf die Tante zuschritt uckd, sie freundlich umarmend, ihr die frischen, festen Lippen zum Kuh darbot. „Verzeih, liebe Tante, dah wir erst jetzt Gelegenheft haben, dir unseren Willkommen zu bringen. Aber die Arbeit hielt uns fest." Mechthildis atmete hoch auf. Die strengen Linien ihres Gesichts glätteten sich und wurden zusehends milder. — «Also doch eine, die den Geist des Hauses hochzuhalten verstand." Sie kühte das junge Mädchen herzlicher, als sonst ihre Art war: „Meine liebe Susanne," sagte Hie freundlich, „ich sehe, du bist eine echte Massenbach und weiht, was du dir und uns schuldig bist. Jakob und Traute allerdings . . Der junge Mann hatte sich inzwischen der Hand seiner Base bemächtigt und zog die Widerstrebende vor die Äugen der gestrengen Tante. „Hochverehrte Tante," sagte er und beugte ein Knie vor ihr, indes aus dem starklinigen Gesicht mit der kräftig ge bogenen Nase, den Hellen Augen der Schelm lachte: „Geruhen Eure Hoheit, zwei argen Sündern die Sonne Ihrer Gnade wiederum strahlen zu lassen." In Mechthildis^ Augen zuckle es widerstrebend, doch dann lächelte sie wirklich. „Nun, ich will nicht zu streng mit euch ins Gericht gehen," sagte sie, zog Traute an den Händen zu sich heran uäd kühl» sie mit spitzen Lippen auf die Stirn, und äls sie Tränen in den großen Kinderaugen bemerkte, klopfte sie ihr mit zwei Fingern der Linken zart die Wange, „ihr ..." sie stockte — „es — hm, ihr seid es vielleicht ein wenig anders gewöhnt als ich. — Der Ton . . ." „I, Tantchen, hast recht, der Ton macht die Musik!" rief dn junge Mann. Er mußte etwas sagen, sonst hätte er ihr, ganz unkon ventionell, gerade ins Gesicht gelacht. Solch ein zartes Weibchen, das da so fein und mädchen haft vor ihm stand, wollte ihn abkanzeln, ihn, den Stamm halter des Hauses, den zukünftigen Besitzer der Herrschaften, als ob er ein kleiner Schuljunge wäre, der die Buttersemmel aus der Hand verzehrt«. Sie, die kaum fünf Jahre älter war als er. Das mußte gerochen werden. (Fortsetzung folgt.)
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