Suche löschen...
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 14.07.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-07-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-192807143
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19280714
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19280714
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFrankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
- Jahr1928
- Monat1928-07
- Tag1928-07-14
- Monat1928-07
- Jahr1928
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
227 4Ä«r«s^-«kÄ»«^NkSNk--«v«^L«k«k-A»^ „Wirklich'? — Mir fchlt noch der Schluß! — Der Tod des Helden!" Ruckartig hob er sich aus dem Sessel und glitt wieder zurück. — Was wußte diese Frau von seinen Plänen? Nichts! „Das gehört mit zu jedem richtigen Drama!" sagte er schroff und legte die Hände auf die Lehnen zu beiden Seiten. Diese hilflose Bewegung, mit der er seine Erregtheit zu verbergen suchte, trieb ihr das Wasser in die Augen. Sie mußte von ihm wegsehen und ging nach einem kunstvoll ein gelegten Seitenfchranke, dessen Mittelfach unter ihrem Finger aufsprang. Mit einem Kästchen in der Hand kam sie zurück, öffnete es und reichte ihm ein vierfach zusammen gefaltetes Papier. An der Längs- und Seitenbiegung zeigten sich brüchige Stellen, die darauf Hinweisen, daß es schon oft in Händen gehalten war. Er entfaltete es mit Vorsicht, um es nicht weiter zu beschädigen. An den eckig-markigen Buch staben erkannte er sofort die Schrift des Vaters. Urkunde! Ich bekenne mich hiermit vor Zeugen als den recht mäßigen Vater des Kindes der Tänzerin Anita Jeska: Isabella-Anita Jeska und verpflichte mich, die Mutter meines Kindes binnen Jahresfrist als meine Frau heimzuführen. Freiherr Artur von Hettingen. Wien, den 5. Juli 1897. Ein wildes Aufstöhnen wie das eines verendenden Tieres brach aus Joachims Mund. Das Blatt aus den Händen gleiten lassend, sank sein Gesicht schwer auf die Brust herab! Sein Vater ein Ehrloser! Der Schänder eines Weibes! „Joachim!" Die große gefeierte Sängerin lag vor ihm in den Knien und lehnte aufweinend den Kopf gegen seine Schulter. „Joachim, sag bloß ein Wort, ob dich schämst, daß ich auch ein Tröpferl Blut von ihm in mir trag." Nichts als ein Wimmern war die Antwort. Ueber die weiße Hemdbrust Hettingens fielen die Tränen wie glitzernde Sterne und blieben auf ihrem Blondhaar und ihrem dunklen Kleide hängen. „Nie hältst du was zu hören davon kriegt! — Nie!" klagte sie demütig zu ihm auf. „Aber heut — weißt Joachim! Heut kann ich nimmer anders als dir sagen, daß ich auch ein bifferl ein Anrecht auf dich hab!" Er schob ihre Hand von seinem Arm und zog sich voll kommen entkräftet im Stuhle hoch. In sinnlos entsetzlicher Angst umklammerte sie ihn. „Verachtest mich jetzt? — Willst ausspein vor mir? „Ich vor Ihnen, gnädige Frau? Sie vor mir! So ist es eher richtig! Wenn Sie den Wagen noch unten stehen haben, möchte ich Sie bitten, mich nach Hause bringen zu lassen! Zu Fuß komme ich kaum mehr so weit, und meine Barschast dürste für eine Autofahrt wohl schwerlich reichen." „Darf ich mitfahren, Joachim? weil ich nun doch einmal deine Schwester bin. Wenn ich mich dicht hinter dich hin stelle, brauchn wir bloß eine einzige Kugl miteinander!" „Isabella!" „Jal — Das gönnst mir doch, net wahr? So grausam wirst net sein, daß ich mich selber niederschießen muß! — Ich kann nicht umgehn mit dem Zeug. Da müßte ich drei mal losdrückn, bis ich mich richtig treffe!" „Du! — Und dick hielt ich für eine Dirne!" „Mich? — Bin ich einmal net vorsichtig genug gewesn? Sag Joachim! Wenn ich bei euch eingladn war, hat mir's Herz jedesmal bis rauf an die Schläfn klopft, es könnte wer was ahnen I" „Im Wintergarten sah ich dich den Vater küssen! Da hab ich dich verachtet, wie ich noch nie zuvor ein Weib verachtet Habel" „Du armer Mensch! Das hast du auch noch zum tragn ghabt. Aber gelt, das hab ich dir jetzt abgenommen — und wenn du mich ein bisserl gern habn könntest — ein bisserl nur! — Du mußt mich nicht falsch verstehen, Joachim!" „Nein, kleine Schwester." Ihr Gesicht in beide Hände ge bettet, hob er es zu seinen Lippen auf, ließ es sinken und lehnte in tonlosem Schluchzen den Kopf gegen ihre Schulter. „Wein dich aus, Bub!^ tröstete sie mütterlich zärtlich. „Kein Mensch sieht's jetzt! — Und ich — wir ghörn ja zu sammen, wir zwei! — Net wahr? " Ohne daß er es merkte, zog sie ihn zu sich auf den kleinen Divan, der ihnen im Rücken stand. An seine Brust gelehnt, wartete sie, bis er ruhig wurde und zu sprechen begann. „Erzähle mir, wie alles kam, Isabella!" Seine Stimme sprang noch über. „Wie's gekommen ist? Mein Gott, Joachim, wie's halt jwmer kommt, wenn ein schönes Mähl und ein junger hciß- AiMger Mensch allein zusammen Md. — Eine einzige kurze -Stund! Lin einziger vernunstloser Rausch und die Schande ist fertig — und das Weib weint und windet sich in Ver zweiflung, und der junge Mann verspricht ihm das Blaue vom Himmel herunter, und nachher geht er seine Wege und ! alles ist aus und vergessen." ! „Weiter!" Die schöne Frau fühlte, wie ihr der Bruder di« Nägel ! seiner Hand in den Rücken bohrte. Ihr Körper schmiegte sich noch dichter an ihn. „Mein Geburtsschein lautet auf Paris. Es wird schon stimmen! Dein Vater sagt, er wäre in der schweren Stunde meiner Mutter bei ihr gewesen. Mit Küssen hätte si« ihn überschüttet und mich auchi Vier Tags später hat er ihr die Augen zugedrückt." „Isabella! " Beide Arme um sie legend, preßte er sie an sich. „Und dich überließ er deinem Schicksal. Dich — düü —" (Fortsetzung folgt.). heimlehr Skizze von Hans Freu del, Darmstadt Fred Rümelein war einer der wenigen „Narren" im Lamp, die jeden Morgen pünktlich nach dem Erwachen ihr Bad im See nahmen. So genoß er stets mit empfänglichem Sinn jene reinste Stunde des Tages, während die ausiteigende Sonne allen anderen in Zelt und Bungalow den Morgen schlaf zur Qual machte, und saß dann schon mit einem sehr gesunden Hunger beim Frühstück, wenn sich das übrige Volk eben gähnend vom Bett erhob. Seltsame Leute, diese Amerikaner! Da entwürdigen sie die herrliche weite Natur zur Plattform ihrer Salonspiele reien, sehen in jeder blumigen Wiese nur einen mehr oder minder geeigneten Golfplatz, schätzen diesen viel hundertjähri gen Forst, diese blauen Bergwasser nur als oorreilhafte Um rahmung für ihre Flirts und empfinden mit keinem Nerv, welch gehäufte Pracht ihnen die gütige Natur hier aus Schritt und Tritt darbietet. Fred Rümelein Hatzte alle diese blasierten Jonnies und Charlies und wäre am liebsten mit Boot, Zelt und Flinte den Merrimac hinabgerudert, dorthin, wo Grammophon« nicht mehr plärren, wo noch Ursprünglichkeit waltet und kein bezahlter Vergnügungsdirektor die kurze Ferienzeit in ein „Programm" zwängt. Ja, wenn Minny Shepherson nicht wäre! — Als die Lagerglocke sieben schlug, stand Fred am Stall zelt, aus dem der Boy schon die Pferde führte. Ob Minny pünktlich sein würde? Mister Rümelein galt als der einzige Gentleman» im Lager, der auf säumige Damen — selbst wenn sie Minny Shepherson hießen — nicht wartete; er war schon mehrfach allein abgeritten. Daran dachte Minny und war pünktlich! Flugs saß das schlanke Sportmädel im Sattel, damr galoppierten die beiden am leeren Tennisplatz vorbei in den morgendlichen Tanuen- forst. Schweigend. Erst als die Tiere warm wurden, fielen sie in Schritt . Und als man Flanke an Flanke ritt, sah der Deutsche, datz Mitz Shepherson wieder einmal zu schmollen beliebte. „Womit habe ich die Ehre, den Stern des Pennsylvania- Camps zu kränken?" begann er scherzend. „Oh Fredy" — schwere Vorwürfe lagen in jedem Augen aufschlag — „Fredy, sie lachen über mich und sagen, ich liefe einem plumpen deutschen Bären nach, und Du habest nicht den Geschmack, ein hübsches American-Girl zu schätzen, und — und..." Dann war das Unglück geschehen: Tränen rannen und zogen Kanäle in leichten Puder, während der lockend gefärbte Mund krampfhaft zuckte. Die Alleinerbin des ehrenwerten John Mac Shepherson heulte wie ein Schulmädel. Fred verhielt die Pferde, satz ab und nahm die schluchzende Gestalt aus dem Sattel. Unter einer Riesentanne war ein weicher Moosplatz. Alles, was er ihr schon hundertmal ge sagt hatte, datz er die öden Vergnügungen der Anderen nicht schätze, datz er keinen Mondschcinwhisky liebe, datz er nicht sehen wolle, wie sie beim ewigen Tanz aus einem Arm in den anderen flöge, wie sie mit diesem semmelblonden Harold Peach... „Oh", sagte Minny, „über Harold Peach darfst Du nichts sagen! Harold Peach ist ein Gentleman, Harold Peach hat zum Beispiel gestern wieder den ganzen Abend auf mich gewartet und hat mich heim begleitet, als Du schon lange, lange zu Bett warst." „Ei, so heirat' doch Deinen Harold Peach!" sagte Fredy
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder