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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 14.07.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-07-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-192807143
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19280714
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19280714
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFrankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
- Jahr1928
- Monat1928-07
- Tag1928-07-14
- Monat1928-07
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2. Beilage zunr ^vankenbevgev Tageblatt Nr. 1Ü3 Sonnabend, den L4 In« 1V28 87. Jahrgang MSWMSSSSSSSSS^^^S^SSSNMMWWMSWWWVSS»SS—SSSSMSWWW« Von Drinnen Irgendwo an der Ostsee, zweite Julnvoche 1928. Es gab mal ein schönes Volksstück, das unsrer Väter und Mütter Herzen in der Jugend erfreut und bezaubert hat, das hieß: „Doktor Faust's Hauskäppchen". Ich weiß nicht, wer's geschrieben Hat. Ich weih mir, daß mir meine Eltern, als ich ein Kind war, seinen Inhalt erzählten. Aus dem Nachlas) des Doktor Faust vererbt sich sein Hauskäppchen, das die Eigenschaft hat, jeden, der es trägt, zu zwingen, sofort die reine Wahrheit zu sagen, so lange er es auf dein Kopf hat. Man kann sich denken, das; solches Hausläppchen, in „Familien" mancherlei Unannehmlichkeiten bringt, wenn es nicht nur von Hand zu Hand, sondern von Kopf zu Kopf geht. Fast scheint es, als mache dieses magische Käppchen augenblick lich seine Rundreise bei den Völkern Europas ms", den zu ihrer Führung Bestellten. Ehrlich hat der deutsche Kanzler Müller, nachdem er endlich sein Kabinett zusammen hatte, feine Ansichten über das Rheinland und über das Saarland und über die Abrüstungsfragen gesagt. Und ehrlich, wenn auch weniger höflich, lehnten die hinter PomcarS stehenden Franzosen — das Hauskäppchen auf dem Kopf — diese Absichten ab. Und verlangten neue Sicherheitsgarantien für die Rheinlandräumung Ehrlich wehren sich die „erlösten Brüder" im El sas; gegen di« französische Politik der Sanktionen und 'Gewaltakte und eine Liebe zur Gerechtigkeit, wie sie im Kalmarer Prozeß — Amnestie hin, Freilassung her -» ihren gerichtlichen Ausdruck gefunden hat. Aber am ehrlichsten gibt sich wirk lich der Staatspräsident rmd Marschall Pilsudski, der Eewaltherr in Polen, der das Wunsch-Hütlein besonders lang auf seinem sogst vom Helm ge drückten Haupte getragen haben mutz. Der hat sich jetzt mal gründlich ausgesprochen über seine lieben Pol«n. Und hat sich alles von der Leber heruutergeredet, was ihn gedrückt hat. Besonders in puncto des „polnischen Reichstages" und seiner Abgeordneten: Pilsudski hat ganz unverhohlen sWo's nötig schien, mit Kommentar) Den auserlesensten der Polen Gesagt, was feine Meinung war. Er tät' sie gar nicht schön benennen, Beraubt sie jeden stolzen Scherns. . . Mein Gott, er mutz sie schließlich kennen — Bester gewiß als unsereins! Vielleicht — vielleicht sigd's treue Seelen, Da sagt er freilich nichts davvn. Allein, sie schimpfen und krakelen In einem reichlich rüden Ton. Ihr Dialog ist nicht gespäßig, Ihr Wesen reichlich ordinär — „Dumm, faul und kleinlich und gefräßig", Lautet sein Steckbrief ungefähr. Die Vorsicht ließ ich bös vermissen, Wär' ich der üble Referent. Mein, Pilsudski muß das wissen, Denn er ist schließlich „Präsident". Nein, nicht behaupten noch verneinen Darf ich's, der nie in Polen war, und Draußen Wenn er mit „Lumpen" und mit „Schweinen" Vergleicht der Völkstribunen Schar. Und sagt er: Hält' ich nicht gezügelt Mein Temprament, das jeder kennt, Ich hätt' die Kerle schön verprügelt, Die Faulenzer im Parlament!" Tja, bildet er sich zum Fakir aus, Denk' ich, so buch' ich's als Chronist; Doch im Vertrauen, er könnt, von mir aus Das machen, wie er lustig ist! Ach ja, wenn man so lange die Selbständig keit nicht gewöhnt war, dann will's am Anfang mit der neuen Selbstregierung als „befreites Volk" noch nicht recht gehen. Da muß man sich nach großen Vorbildern umsehen und richten. In Lon don gibt es zum Erempel jetzt so ein Vorbild. Da ist ein wirklicher König zu Gast. Donner wetter, ja — der gibt's ihnen! Ein König, der noch was zu sagen hat in seinem Lande. Ofori Atta heißt er. An der Eoldküste regiert «r. Und schwarz wie Pech ist er. Und er hat zwei Kronen hei sich, der gute König, mit denen wech selt er ab. Die «ine aus einfachem Gold und nicht höher als ein Strohhut, ist für den Werkeltag. Und die andere, oie viel blanker und viel größer ist, trägt er an Feiertagen, und wenn er seinen Kollegen, den König von England, ein bißchen besucht. Und hinter diesem König von der Eokv- küste werden immer, damit auch jeder weiß, wer er ist, die Reichs-Insignien hergctragen. Ganz gleich, wohin er geht. Und ein riesig groszer Schirin — der ist eigentlich für die Sonne der Eoldküste gemacht rmd gedacht, damit sie des guter; Königs Ofori Atta pechschwarzes Haupt nicht versenge rmd dem fürstlichen Gehirn keinen kleinen Klaps besorge, unter den; dann seine Untertanen leiden könnten. Derrn auch an der Eoldküste, wo man in den Schulen kein Lateinisck kernt — quidguid delirant reges plecturtnr Achim Und dem Goldküsten-König wird nicht nur der Zoo von London gezeigt mit den alten Bären und dem jungen Nilpferd; nicht nur der Tower, wo so viele enthauptet und erwürgt worden sind; nicht rmr die Untergrundbahn, sondern auch Pferde-Nennen und Hunde-Nennen und Tanz- Girls und Operetten — und dazwischen luncht er rasch mal bei seinem Kollegen, dem König. Und der Kolleg« König ernennt ihn rasch zum „Sir", was in England nicht so viel ist wie «in König von der Eoldküste. Aber immer hin — ich bin's nicht, und Sie siind's nicht, und wir werden's auch nicht; und wenn wir noch so viel riesig« Sonnenschirme als Schutz gegen dies Sau-pardon-Sauwetter hinter uns hertragen lasten. Uebrigens kann der englische König froh und vergnügt sein, daß die Etikette — lustig und lästig ist sie zwar immer noch, besonders in England — nicht mehr so streng ist wie Ende des 17. Jahrhunderts. Da war z. B. der Größe Kurfürst gerade krank und lag, wie Pufendorf erzählt, im Bette, als der Gesandte Zar Iwans nach Berlin kam. Der große Kurfürst wollte, als kranker Mann, den Moskowiter im Bett empfangen .Aber der begehrte, dann bei der Audienz auch im Bett zu liegen, und zwar mit Postbote, der dir ein Telegramm aushändigt in gekaufte Ware als „Altware" kennzeichnet, was freilich so mancher unserer lieben Damen als das Schrecklichste dünkt was ihnen passieren konnte . , Lernen ruft. Was den Geldbeutel betrifft, so hat dieser in diesen Tagen einen besonderen Sturm auszuhal ten, so fern es überhaupt etwas zu „erstürmens Heimatliche WochemiachllSM Kleine Zeichen und große Wirkungen — Man „aalt" sich — klaust ein — Der kurze und der lange Rock. Welch eigenartiges Bewandtnis es doch mit so Heber Moden zu schreiben ist genau so verfäng lich wie das berühmte Thema über das Wetter!, In der Regel kommt es anders als man denkt und es haben will. Nur eines scheint beständig, zu sein „der kurze Rock!" Was da für sonder-, bare Verfechter für diese Mode ausstshen, dafür zwei Beispiele aus den letzten Tagen. In Lon don ist die weltberühmte Albert-Hall neu vor- gerichtet worden und dabei haben Ingenieure und Architekten festgestellt, daß die kurzen Röckq die Akkustik eines Saal^ wesentlich verbessern!', Die langen Röck« fangen die Töne auf und ver schlechtern die Akkustik. Nach diesem Rezept müßte ein Konzert in einer 'Schwimmhalle die beste" Akustik haben! Und in Liverpool wurde der lang« Rock, den eine Dame infolge «'inet Fußverletzung tragen mußte, als Ehehindernis, bezeichnet -.da die heutige Männerwelt nun einmal die Frau m^ dem kurzen Rock bevorzuge. De« Radfahrer, der der Scbönen die Fußverletzung zufügte, mußte eine Buße von 30000 Mark zahlen, wodurch die holde Maid natürlich auch trotz langem Rock recht begehrenswert geworden sein dürfte. K. Lgt. Sporenstiefeln und dem Hut aus dem Kops. Das verlangte seine „Etikette". Mau denke, wem; jetzt der König von England die Etikette, die seines Gastes Landesfitten vorschreibt, mitmachen müßte! Von Fest zu Fest. Und von der Sorte kann der König Ofori Atta was vertragen! Es heißt, auch seinen Geburtstag feiert der schwarze Monarch just während seines vergnügten Aufent haltes in London. Mir fehlt das Wissen, wie solche Feste an der Goldküste gefeiert werden. In Europa, das vielleicht rückständiger ist, kann sowas, das weiß ich jetzt, eine recht anstrengende Sache sein. Diogenes. mancherlei gleichartigen Dingen in; menschlichen; Leben hat! Da ist zum Beispiel das Klingelzeichen i folgte tags darauf das Rollen der Ferimsondea Züge in alle Himmelsrichtungen hinein. Nun wimmelt es in Ost und West, in Süd und Nord" wieder von „Sommerfrischlern", ein Beruf, da gar nicht so schwer zu ertragen sein soll und dessen Hauptbeschäftigung das „Aalen" in süßend Nichtstun und das Schreiben von Ansichtspost karten an gute Freunde und getreue Nachbarn sein soll. Die Empfänger solcher Kartengrüße sind selbstverständlich hocherfreut, vor allem dann, wann sie daheim im Sonnenbrände ihrep Arbeit nachgehen und das beruhigend« Bewußt^, sein in sich haben, daß auch die Sommerfrischler ihr Los zu tragen wissen. Bis dann eines schönens Tages wieder ein — Klingelzeichen ertönt, di« Ferwnbunrmler braun gebrannt im Gesicht und! leer gebrannt im Geldbeutel vor den Türen der? Daheimgebliebenon stehen; sd in den Schulen die mmmermüde Glocke zu neuen; Lehren and' Hast du, lieber Loser, schon einmal darüber nach- i gibt und der ganze Angriff aus diesen Sorgen-, gedacht, wie oft und zu welchen Gelegenheiten , punkt nicht auslaufon soll wie das belamn-Horm, bir ein Klingelzeichen im Laufe des Tage; bsgeg-! bcrgec Schießen. Es handelt sich um die im net und wie verschiedenartig doch die Gefühle s Lsmzen Lande laufenden „Sapon-Ausvcrkouic sind, die solch- Zeichen zur Folge haben können? ! d;e für d;e praktische Hausfrau — und welch« Da ist zum Beispiel der liebe gute Wecker, der , wäre das mcht? — die beste Emkaufsmogluh?, wie ein nimmermüder Wächter vor deiner stächt- ; Eert des ganzen Jahre- rst. E» ;st ganz mcs< lichen Ruhestatt tickt und tackt bis seine Stunde- fallend, welche Pre;ssturze da zu verzeichnen srnd,, geschlagen hat und das ratternde KliMelzeichm s ohne daß der Verkäufer m v«fahr kommt, da- dich zur Tagesarbeit ruft. Dem einen ists ein - bei selbst mit zu stolpern. Wer dre Klugheit willkommener Ruf zu neuem Schaffon, dem an- bis zur letzten Phase treiben will, wrrd m deren ein Aergevnis über da; Ende des Träumens Zukunft überhaupt nur m solchen Wochen stimm und Nichtstuns! Kaum bist du aus den Federn, Sommerbedarf rn Klerdung und -Lasche decken da klingelts auch schon an der Vorsaaltür. Was und dann »ber dre Frau Nachbarm lachen dis kann das sein? Entweder ist's ein Freund, der dieselbe Ware vor wenigen Tagen noch mit dem dich auf dem Wege zur Arbeitsstätte begleiten; ulten Prerse bezahlte. Oder man kaust gleich will, oder ein Nachbar von der Nebonwvhnung, !mu fürs nächste »ahr em,,selbst.auf dre Gefahr der dich um eine Gefälligkeit bittet, oder ein ! Hw, daß dann die „Mode die rn drqem Jahre dem dir der Besuch deiner Schwiegermutter oder anderes Unheil angekündigt wird. Wie dem auch fein möge: du stehst vom frühen Morgen an unter der Herrschaft des Klingelzeichens! Und wenn du deine Ruhe haben willst und die Haus klingel init Löschpapier addichtest da rattert wie der die Klingel am Telefon und dem Gedanken kreis ist wieder einmal gestört. Auf der Straße beweist dir das Klingelzeichen der Radfahrer, daß wir im Zeichen des Verkehrs leben und daß es da gefährlich ist gedankenlos über die Straße zu dvstn! Dazwischen bimmelt ein Milch-wagen ferne Ware aus und trittst du in einen Laden ein, so meldet das Klingelzeichen wieder deine Anwesenheit dem EeschSstsherrn an. Kein Klin gelzeichen hat aber für einen gewaltig großen Kreis von Manschen eins derartig außergewöhn liche Bedeutung, wie das Klingelzeichen, init dem in der vergangenen Woche die Schulglocken im Lande den Beginn der „großen" Ferren etnleite- ten! Das war kein Klingeln mehr,, das war ein Jauchzon und Jubeln, das auch dsnsn in die Ohren klang, dis sich der herrlichen Ferimwochon aus den Jugsndtagen noch erinnern, sie in diesem Umfang« haben aber nicht mehr erleben können! Dem Jauchzen und Jubeln in den Schulhäusern ver >fsnn, clen 6ie Veli nickt ssk Ein Roman von Traum und Sein von Hanns Marschall. Sopz'rixbt Novissima-Veriag, Berlin. 42 Nachdruck verboten. Wenige Minuten nach sechs Uhr machte auch die „Carry" am Pier fest. „Madame wissen nicht, was die Leute und unsere Maschinen geleistet haben. Wir sind am Ende unserer Kraft!" sagte der Kapitän. „Ich weiß es!" lächelte Jolanthe Marazeth abwesend. Ihre Gedanken eilten voraus. „Man wird Sie belohnen!" Der Kapitän verneigte sich. „Wir verlangen keine Beloymmg, Madam«, ich rmd die Be- satzimg der „Carry" sind stolz darauf, Ihnen «nwn 'Dienst geleistet zu haben!" Jolanthe Marazeth nickte nur noch, eilte hin- rmter und sprang in den Wagen, der bereits am Kai wartete und an dessen Kühler die Dieisstflagge des Hafenkommandanlen wehte. Der Wagen flog durch die Straßen und hielt nach zehn Minuten vor dem Polizeigebäude. Jolanthe Marazeth sah auf die Uhr. Es war «mau emyalb sieben Uhr. Mit leichton Schriften sprang sie dre Treppe hinauf. „Kommandant Orny?" „Erster Flur, zweite Tür rechts, Madame! Der Herr Kommandant hat Sitzung!" „D-anke! Ich weiß!" Nun stand sie vor dec Tür, lauschte einen Augenblick und drückte dann, als sie nichts hörte, leise die Türklinke herab. Die Tür ging auf. Um den großen, grünen Tisch saß«; Polizeibeamte höheren Ranges. Am Ende hakte der Kommandant Orny Platz ge nommen. Neben ihm stand ein gutgekleideter Nimm von imgesähr dreißig Jahren. Er trug einen schwarzen Anzug rmd hielt die Arme über die Brust gekreuzt. Es war der Verhaftete. Jetzt, pls dis Mr aufging, wandte er den Zopf und sah der Eintretenden uüt freiem und offenem Blick entgegen. Mes vMzdte sich um. Kommandant Orny sprang auf, als er Jo lanthe Marazeth erkannte. „Endlich, Madame! Gut, daß Die kommen! Sehr gut!" schnarrte er. „Wir sind gerade beim Verhör! Ihre Person ist sehr wichtig, Madame, für den weiteren Verlaus der Verhandlungen!" Jolanthe Marazeth sah nur flüchtig zu dem Gefangenen Hinüber. Etwas 'Nachdrücklicher schon musterte sie die Bevnrten, die sich von den Plätzen erhoben hatten. Dann sagte sie mit dem liebens;vürdigston Lächeln: „Ich habe mich sehr beeilt, meine Herron! Bedanken Sie sich bei dem Kapitän der „Carry" dafür, daß ich schon hier bin. — Und wo ist nun Lanis Carlson?" Der Kommandant machte «ine tadellose Ver beugung und schlug die Hacken zusammen. „Sehr gut! — Ich sehe, daß Madame auf das Ziel losgehon! — Hier steht er und leugnet noch immer. Leugnet mit einer Hartnäckigkeit seit Stunden, die beispiellos ist!" Jolanthe Marazeth trat näher, betrachtete lächelnd den Verhafteten und hob die Schultern ein ganz klein wenig: „Mir scheint, Herr Kom mandant, ein kleiner Irrtum! — Dieser Herr ist nicht Lanis Carlson, den ich persönlich sehr gut kenne!" „Wie? — Er ist nicht? — Er hat bis jetzt sich geweigert, seinen Namen ai^ugebm und auf alle Fragen nur behaftet, daß er nicht Lanis Carl son sei!" Der Verhaftete neigte sich ein wenig vor und sah auf Jolanthe Marazeths Arnr. Sie folgte seinem Buck. „Es ist fünf Minuten nach halb sieben!" sagte sie liebenswürdig, ak sie sah, wie er sich be mühte, auf ihrer Armbanduhr die Zeit festzu- stellon. „Danke!" Der Mam; verneigte sich. Dann wandte er sich zu den Beamten. „Jetzt darf ich redon. Es sind bereits schon 35 Minuten über die bestimmte Zeit. Das liegt aber daran, daß mir bis Herren meine Uhr abgenommon hatten. Ge statten Sie, meine Herron, daß ich mich vorstellr. Mein Nante ist: Jim Crowders. Ich habe in Lingapore vor einigen Tagon eine Wett« ab geschlossen, daß es mir trotz der scharfen Be- ;vach;mg, dis jetzt in allen englischen Häfen in- t folge vor politischen Lage ausgeübt wird. nü>g lich ist, mich mit einen; Schiff der Handelsmarine unbemerkt als blinder Passagier nach Kolom- bo zu begeben, wo ich heute abend als Tanz nummer aufzutreten habe. Es gelang mir auch, ungesehen den Bammendaurpfor „Lady Harbin" zu besteigen, wo ich mich im Kohlenbunker ver borgen hielt. In der Wette, die ich eingkng, war es zur Bedingung gemacht, daß ich, falls ich vor Kolombv entdeckt werden sollte, bis abends sechs Uhr über meine Person zu schweigen hätte, widrigenfalls die 500 Dollar verloren seien!" Die Beamten standen unbeweglich und sahen auf den Verhafteten, der lächelnd und freund lich die Blicke von einem zum andern gleiten ließ. Endlich hatte sich der Konnnandant Orny ge faßt. „Sehr gut, mein Herr! — Sehr gut! — Ausgezeichnet sogar! — Und Sie glairben, daß wir so mit uns spielen lassen mir um Ihrer albernen Wette willen? — Die Polrzeikomman- dantur in Kolombo ist schließlich kein Schauplatz für Variete-Vorstellungen, Herr!" „Ganz mein« Anschammg!" nickte der Ver hafte lächelnd. „Herr! — Ich verbiete Ihnen — — —" Orny schnappte nach Luft und reckte seine über aus lange Figur noch um einige Zoll höher. „Habe ich Ihnen nicht gesagt, als Sie nach verhafteten, daß ich Sehnsucht hätte nach Laud? — Glauben Sie, dis Fahrt im Kohlenbunker gehört nicht zu den größten Annehmlichkeitoi» die ich in meinem Leben ksnnongelernt habe. Aber was tut man nicht alles, wenn ein ver rückter Amerikaner einem eine Wette anbietet?! — Und ragte ich Ihnen nicht ferner, daß ich heute Abend Charleston in; „Nupulse Bay" tan zen werde?" „Herr!" „Aber Eis haben mir nicht geglaubt. — Jeden Augenblick müssen auch meine Papiere eintreffen, sowie das Geld für die gewonnene Wette. Der verrückte Amerikaner ist nämlich vor mir von Smgapore fortgefahren imd hält sich bereits in Kolombo auf!" An die Tür ;vurde geklopft. Ein Beamter trat herein unk blieb abwartend stehen. In der Hand hielt er ein großes Couvert. „Was wollen Sie?" „Etwas ganz Seltsames! — Soeben hat ein Boy vom Hotel „Old England" einen Brief abgegeben und gesagt, er sek von einem Herrn, der vor einigen Tagen dort zugezogen sei. Der Brief ist für den mis her „Lady Harbin" ge fangen genommenen Artisten Jim Crowders bs- stinimt, der heute Abend im „Rupulse Bay" als Tänzer auftrete!" „Geben Sie her!" — „Bitte!" Der Kommandant riß den Umschlag auf. Es entfielen ihn; Papiere, die tatsächlich für den Tänzer Jim Crowders ausgestellt waren, ferner ein kleiner Zettel und tausend Dollar. Auf dem Zettel aber stand: „Sie haben Ihre Wettegecvonnen, Mister Crowders. Beiliegend erhalten Sie Ihre Pa piere zurück, sowie Ihre Belohnung von 500 Dollar. Die andere Summe benutzen Sie zur Zahlung für die Ueberfahrt als blinder Passa gier und evtl. Bezahlung einer Geldstrafe wegm groben Unfugs. Ihr wohlmeinender Henry Asburn!" Dann stand ganz klein geschrieben in der Eck« noch eine Nachschrift: f „Es ist übrigens zum Schießen, daß man Sie für den Lanis Carlson hält, wie ich hier festgsstellt habe! Jedenfalls freue ich miA daß Sie die Wette gewonnen haben!" Als um zehn Uhr Abends die Ertrablätter dH Neuigkeit verkündeten, die sich einfach nicht vor« heimlichen ließ, daß der Polizeikommandant vvH Kolombo hereingefallen war und der Verhaftet« «in Tänzer sei, der noch am gleichen Abend init „Rupulse Bay" austrete, wurde das Restaurant vom Publiknm gestürmt. Die Polizei mußte ab« sperren. Jeder wollte den falschen Lanis Corb son sehen. Frenetischer Beifall empfing den Ar tisten, der ohne es Zu wollen, über Nacht zur Berühmtheit geworden war. Zeitungsrepo rt<^ überfielen ilm rmd ließen ihn nicht mehr los. Im Polizeigebäude ober sand eine Beratung -statt. „Mußten Sie dem; mit aller Bestimmtheit, Mai dame, daß sich Lanis Carlson auf der „Laich Harbin" befand?" forschte der Kommandairt. , „Pardon — Ich wußte nichts Genaues. Ich vermutete es nur! —" (Forjsetzum folgt.)
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