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Wilsdruffer Tageblatt : 07.05.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-05-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192405075
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19240507
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19240507
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWilsdruffer Tageblatt
- Jahr1924
- Monat1924-05
- Tag1924-05-07
- Monat1924-05
- Jahr1924
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 07.05.1924
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mit gebrochenem Genick tot auf dem Platze, die anderen Personen erlitten schwere Verletzungen; eine von ihnen ist ihren Verletzungen im Krankenhause erlegen. Drei russische Raubmörder verhaftet. Der kürzlich gemeldete vierfache Raubmord in Eiselau bei Kulm in Wesipreußen hat seine Aufklärung gefunden. Die Täter, drei russische auf Nachbargehöften dienende Knechte konnten verhaftet und der Tat überführt werden. Der Sterbende als Mörder. In dem französischen Städtchen St. Jlliers le Bois war ein Holzhauer naniens Lesicur von so schwerer Krankheit befallen, daß sein Ab leben erwartet werden mußte. Der Kranke konnte sich nicht an den Gedanken gewöhnen, daß seine Frau ihn über leben sollte. Unter Aufbietung seiner letzten Kräfte schleppte er sich in das Nebenzimmer, in dem die Frau schlief, und erwürgte sie. Als die Frau kein Lebenszeichen mehr von sich gab. warf er sich über sie und schoß sich eine Kugel in den Kopf. Zweihundert koreanische Studenten ertrunken. Bei Tschinnampo an der Westküste von Korea hat sich ein großes Schiffsunglück ereignet, bei dem zwei- hundert koreanische Studenten ertrunken sind. Ein Dampfer, auf dem sie sich befanden, war im Be griff, von japanischen Torpedobooten Lebensmittel zu über nehmen; dabei kam es zu einem Zusammenstoß mit einem dc" in Fahrt befindlichen Torpedoboote, wobei der Dampfet kenterte. Seinen Bruder durch Radio wiedererkannt. EtA Farmer namens William Martin, der ein Landgut im Distrikt Lakeville im Staate Newyork besitzt, saft dieser Tage vor seinem Radioapparat und lauschte einem Konzert aus Newyork. Als gerade ein Sänger ein Lied vortrug, fuhr der Mann in die Höhe und erklärte, daß die Stimme nur seinem verschollenen Bruder gehören könne. Die Nach forschungen ergaben, daß er richtig gehört hatte. Der Bruder war seinerzeit von Hause weggelaufen, um Künstler zu werden. Lange Zeit hatte die Familie nichts von ihm gehört: er war und blieb verschollen, bis sein Bruder ihn an der Stimme erkannte. — Solche Radiowunder wird man in amerikanischen Blättern ftcher noch oft vorgesetzt bekommen. Glücksritter auf dem Ozcan. Die britische Neichsaus- stellung in Wembley hat den berufsmäßigen Glücksspielern ein reiches Betätigungsfeld eröffnet. Wie die Blätter mit teilen, haben sich Falschspielerbanden auf die großen Ozean dampfer verteilt, um die von Amerika herüberkommenden Besucher zu rupfen. Das Geschäft scheint recht gut zu gehen. Ein reicher Amerikaner wurde während der Über fahrt um 30 060 Dollar erleichtert. Eine festgcfrorene Flotte. Die gesamte norwegische Walfängerflotte befindet sich in einer kritischen Lage. Mehr als 80 Fahrzeuge, die zum Walfang in die nördlichen Meere ausgefahren waren, sind im Eis festgefroren und laufen Gefahr, von den Eismassen zerdrüM zu werden. Drei Fahrzeuge sind gesunken, die gesamte Mannnschaft ist ertrunken. Die Sturmkataftrophe in Amerika. Täglich treffen grauenhaftere Nachrichten über die Sturmverheerungen in den Südstaaten der Vereinigten Staaten ein. Man zählt jetzt bereits 110 Tote und 500 Verletzte. Die Ver wüstungen, dis durch die Gewalt des Sturmes angerichtet worden sind, erstrecken sich über ein weitausgcdehntes Ge biet. das sieben Staaten der Vereinigten Staaten umfaßt. Überfall auf amerikanische Missionare in China. Nach einer Meldung aus Hongkong ist eine Reihe amerikanischer und chinesischer Priester beim überschreiten der Grenze bei Wang-Chan überfallen worden. Die Missionare wurden völlig ausgeplündert, zwei chinesische Damen wurden von den Banditen als Geiseln mitgenommen. Den französischen Behörden gelang es später, die Freilassung der beiden Frauen zu erwirken. Bunte Tages-Chronik Stuttgart In Ebingen gab der 26jährige Kaufmann Bermer auf seine Frau und Schwiegermutter drei Schüsse ab und erschoß sich dann selbst. Seine Frau ist tot die Schwiegermutter schwer verwundet. Rom. Die italienische Regierung hat verfügt, daß die über-, reste der Düse in dem Bergsiädtchen Asolo (Prov Treviso),', dem einstigen Lieblingsausenthalt der Künstlerin, bei gesetzt werden. Gelsenkirchen. (Bevorstehender schwerer Arbeits- kamps im Ruhrgebiet.) Nachdem die Bergarbeiterver bände einschließlich der Christlichen Gewerkschaft den Schieds spruch über den Manteltaris und die überarbeit abgslehnt haben und die Parole, wieder die frühere Arbeitszeit zu verfahren, im ganzen Fnduftriebezirk durchgeführt wurde, faßte der Zechen- verband den Beschluß, die Arbeiter, die sich weigern, längere Schickten zu verfahren, nicht mehr zur Arbeit zuzulassen. Da mit siebt der Ruhrbergbau vor der Gefahr eines schweren so zialen Kampfes. Zwickau (Ende des Textilarbeiter st reiks in Sachsen.) Der seit drei Wochen dauernde Streik der Textil arbeiter in Krimmitickau ist zu Ende gegangen. In l7stündiger Vecyaudlung zwischen den Vertretern des Arbeitgeberverban des und der Arbeitnehmer sind den Textilarbeitern im Gebiete Krimmit'ckam Werdau und Zwickau 10 Lohnerhöhung zuge- stan^en worden Die Arbeit ist wieder ausgenommen. Bresiau (Aussperrung auf den schlesischen Zecken., Da das liberarbeitszeitabkommen im deuisch-ober- schlesi'chen Berglau am Ar April abgelausen und ein neues Abtonnnen nicht zusmndegekommen ist, sind die Bergarbeiter nach den Weitungen ihrer Organisationen nach Ablaus der nor malen 7!4-Siunden-Schicht aus den Gruben ausgesahren. Daraufhin hoben die folgenden Gruben ihre Belegschaften aus- gesperrt: Luttengrube, Ostield und Westfeld, Delbrückschächte, Guidogrube. Vorläufig war nur von einer Feierschicht die Rede, doch befürchtet man eine ernste Krise. London. (Blutige Arbeiterunruhen.) Aus Ge orgewwn. der Hauptstadt Britisch-Guyanas, wird berichtet, daß dorr Arbeiterunruhen stattsanden, in deren Verlauf durch das Feuer der Miliz 12 Schwarze und Kulis getötet und 21 ver> wundet worden feien. Als ein herbeigerusenes britisches Kriegs- schisj emuas, war die Ruhe bereits wiederhergestellt. - un n. iAns>perrung im banertschen Bau- zewerbe.) Der geschästssührende Vorstand des bayerischen Baugewerbe-Verbandes beschloß einstimmig, am 2. Mai sämt liche Bana belcr m Bayern auszusperren. Für 1200 Betriebe > wen rund 50 UM Bauarbeiter in Frage. " - Damen, <5Mk MS 6M - Er ko umt! Aus Wien kommt die Kunde, daß -er französische Boxmeister C a r p e n 1 ie r, der in der Donau stadl einen „herrlichen Sieg" über den Engländer Town ley errungen hat, nach seiner Amerikafahrt nach Berlin kommen werde, um hier einen großen Match auszutragen. Hoffentlich erweist sich die Reichshautpstadt des „berühm ten" Mannes würdig und empfängt ihn mit demselben großen Tamtam, mit dem er von den Wienern begrüßt wurde. Der amerikanische Weltumslieger verschollen. Aus Chignik in Alaska wird gemeldet, daß alle verfügbaren amerikanischen Schiffe Nachforschungen nach dem verun glückten Führer der amerikanischen Weltflugexpeditton, Major Martin, ausgenommen haben. Man fand keine Spur von ihm, und die Aussichten, ihn zu finden, sind, da zur Zeit seines Abfluges ein schwerer Schneesturm wütete, sehr gering. Das beste deutsche „Hindernispferd" tödlich vernn- MSt. Bei dem Hindernisrennen, das am 1. Mai in Berlin-Karlshorst stattfand, mußte „König Mudas", der beste Steepler aus deutschen Hindernisbahnen, sein Leben lassen. Das Pferd, das Herrn RichardOswald (von der Oswald-Film-Gesellschaft) gehörte, hatte im Resi denz-Jagdrennen seine Gegner in verblüffendem Stil ab- gekantert, als es sich beim Absatteln losriß und über die eiserne hohe Umspannung des Führringes so unglücklich sprang, daß es mit schweren inneren Verletzungen liegen blieb. Eine Viertelstunde später verendete es. Carpentiers Wiener „Sieg". Der mit Pauken und Trompeten und mit allen anderen Radauinstrumenten einer widerlichen Reklame schon vor Wochen angekündigte Wiener Boxkampf des Franzosen Carpentier gegen den Engländer Townley hat nun doch stattgefunden. Er mußte bekanntlich letzthin abgesagt werden, weil die Unternehmer sich bei dem Verkauf von Einirittskarten, für die geschwollene Preise angesetzt worden waren, stark ver rechnet hatten nnd mit einem Defizit allerersten Ranges rechnen mußten. Carpentier hat, wie man erwarten durfte, den Engländer k. o. geschlagen, und zwar schon in der zweiten Runde. Der ganze Boxkampf war nämlich ein Mätzchen, und Townley ein „unebenbürüger" Gegner. Die Jury der österreichischen Faustkämpferver einigung hat aber trotzdem gegen die Entscheidung des französischen Schiedsrichters protestiert, weil Town ley noch mit einem Knie auf dem Boden war, als ihm Carpentier den letzten Hieb versetzte. Es kann nun leicht geschehen, daß der „große Franzose" disqualifi ziert wird. - » « - Dr. Mussolini und die Mussolini«. Die Universität Bologna hat Mussolini, dm fabelhaftesten aller Minister präsidenten, zum Doktor ehrenhalber gemacht. Man kann das bekanntlich auch dann werden, wenn man nich! viel mehr gelernt hat als Bibel- und Fibellesen. Mussolini aber läßt sich nicht lumpen: er will sich den Doktor ehrlich verdienen und hat eine regelrechte Dissertation gebaut. Dies« Doktorarbeit heißt „Vorspiel für Macchiavelli" und setz! sich mit jenem italienischen Staatsmann und Geschichts schreiber, dessen Buch „Der Fürst" eines der berühmtesten Werks der italienischen Literatur ist, auseinander. Von „macchiavellistischcr Politik", d. h. von einer Politik, dei alle sittliche Grundlage fehlt, hat wohl schon jeder Zeftungs- leser etwas gehört, und manche wissen vielleicht auch, daß Friedrich der Große einen „Antimacchiavell" geschrieben hat. Das also ist das Thema, das der Dr. Mussolini „traktiert". Unter der oben genannten Mussolinia aber ist nicht etwa die Herzdame des neuen Ehrendoktors zu ver stehen, sondern die beim letzten Ausbruch des Ätnas zer störte sizilianische Ortschaft Caltagirone, die jetzt neu auf- gebaut und Mussolini zu Ehren jenen Namen erhalten soll. Gibt es eine Stadt Poincaredentis? Oder Lloyd-Georgia? Nein! Aber Mussolinia wird es geben, und so wixd Musso lini der berühmteste aller Ententestaatsmänner sein! Mit Maschinen gegen Heuschrecken. Eine große Heu- schrcckeninvasion hat bedeutenden Ernteschaden auf dem Ge biete von Mudges in Neusüdwales angerichtet. Ein Bewohner der Gegend mußte sich buchstäblich durch einen fliegenden Heuschreckenschwarm von 23 Kilometern Breite hindnrcharbeiten. Da in vielen tropischen und sub- tropffchen Gegenden die Heuschreckenplage bisweilen zv Hungerkatastrophen geführt hat, ist die Technik jetzt dazv übergegaugen, Maschinen zur Vernichtung dieser Insekten zu konstruieren. Schauergeschichten aus dem Argonnenwalde, über einen Handel mit Menschenknochen berichtet in der „Times" ein Engländer, der am ersten Osterfeiertage mit einem Freunde die ehemaligen Stellungen im Argonnenwalde besucht hat. Er erzählt, daß man dort Hände voll Menschen- knochen sammeln könne. Wildschweine, die nach Nahrung suchten, hätten die Leichen hastig eingescharrter Soldaten ausgegraben. Die Reisenden hätten einen aus der Erde ragenden Arm, der am Handgelenk abgebissen war, ge funden und in dem trockenen Boden den Körper eines fran zösischen Soldaten ausgegraben. An der Leiche hätten sich noch die Reste eines blauen Rockes und des roten Tuckes der Hosen des Soldaten gefunden, woraus hervorgehe, daß er in der ersten Zeit des Krieges gefallen sei. Der Präfekt des Departements habe eine Strafe von fims Frank gegen oas Sammeln von Menschenknochen und den Handel damit cmsschreiben müssen. Zeremonielle Begnadigung. In Spanien ist das Be- gnavigungsrecht des Königs noch heute mit mittelalter lichem Nimbus umgeben. Wenn der König entscheidet, ob rin Todesurteil vollstreckt werden soll oder nicht, so tut er das unter einem ganz bestimmten Zeremoniell. Vor eini gen Tagen sollte König Alfons wieder über Leben und Tod zweier Mörder entscheiden. Während er in der Hofkapelle vor dem Altar kniete und betete, trat der päpstliche Nunzius zu ihm und legte ihm ein Begnadigungsgesuch für die beiden Verbrecher vor. Das Dokument war mit schwarzen ' Ländern geziert und lag auf einem silbernen Tablett. Der Nunzius sprach: „Majestät, die irdische Gerechtigkeit hat - bisse Männer zum Tode verurteilt. Wollen Sie ihnen ver zeihen?" Der König erwiderte nach den Vorsckniften des Hofzeremoniells und der Bibel: „Ich vergebe ihnen, damit ruck mir vergeben werde." -- Am Hexekmes. Roman von F. Klinck-Lütetsburg. (Nachdruck verboten.) (Alte Rechte Vorbehalten.) „Friederike, manchmal denke ich, wir hätten uns mit den Garretts doch nicht mehr einlassen sollen. Sie sind nun einmal unten durch und das hängt nach. Wenn's nicht anders wäre — hm, du hast ja was gelernt und kannst auch in der Stadt fortkommen. Man hat's dir damals gar nicht ange sehen, daß du vom Lande warst. Hm — jetzt hat er zwar noch nichts, aber er steht doch immer im Anzeigenblatt — unü die Leute sagen, daß er ein Heller Kopf ist. Er allein hat auch das mit Oltmanns herausgebracht." Hier machte Harm Steenhuus eine Pause. Ihm ging so mancherlei durch den Kopf, auch der Gedanke, wer wohl später einmal auf seiner „Plaatze" regieren würde. Aber bis dahin, daß er selber nicht mehr den Platz ausfüllen konnte, war es noch weit, und „Esel und Treiber mochten lange ge storben sein". Friederike aber wurde aus diese Art zu alt. „Ihr meint wohl Kantzius, Pater? Was soll's mit ihm?" fragte Friederike plötzlich sehr lebhaft. „Ja, ich meine, der wäre am Ende doch noch besser für dich als Garrelt". „Ihr denkt doch wohl nicht, daß ich den überhaupt noch nehme?" fragte Friederike hochmütig. Steenhuus sah seine Tochter verwundert an. Ja, freilich hatte er es gedacht; sie mußte sehr plötzlich anderen Sinnes geworden sein, um so zu sprechen. „Da redest du vernünftig, Friederike! Was meinst du also mit Kantzius?" „Ich will's mir einmal überlegen, Vater. Windig ist er za und in Emden haben die Mädchen viel über ihn gelacht, weil er so viel von sich meinte, sind aber doch auch hinter ihm hergelaufen. Er soll von gutem Herkommen sein". „Sein Vater ist Bürgermeister in Erlte, und er ist der einzige Sohn. Ich habe schon damals nach ihm gefragt, als er um dich angehalten hat. Er kann auch ein paar tausend Mark kriegen, wenn der Alte, der ihn knapp hält, erst tot ist. Sich mal zu, daß du ihn wieder ans Haus gewöhnst." Am Abend, als Friederike allein war, uni sich zum Schla fen niederzulegen, kam sie erst zur Ueberlegung. An Ruhe konnte sie nicht denken, sie war vielmehr in einer Aufregung, die sie vergebens niederzukämpfen suchte. Ihre Wangen brannten fieberheiß und sie zitterte am ganzen Leibe, indem sie sich vergegenwärtigte, was daraus entstehen würde, wenn sie jetzt bekennen mußte, daß sie Heinz Garrelt am Hexenweg nachts ein Stelldichein gegeben. Dann — sie täuschte sich nicht darüber — dann war es auch mit der Aussicht vorbei, Peter Kantzius zu gewinnen. Wenn sie aber nicht bekannte? Als ihr zum ersten Male diese Vorstellung kam, dünkte sie ihr unausführbar. Alsbald begann sie aber, dieselbe zu verfolgen. Heinz Garrelt hatte bis zu guter letzt geleugnet, mit ihr am Hexenweg gewesen zu sein, er würde auch dabei bleiben, uni sich nicht selbst zum Lügner zu machen. Seines Schweigens glaubte sie sicher sein und auch den anderen hatte sie nicht zu fürchten — sie mußte einmal sehen, vielleicht kam sie durch, wenn sie alles bestritt. Es wurde ihr leichter gemacht, als sie dachte. Als Amtsrichter Heber das schöne, stolze Mädchen vor sich sah, war er von vornherein überzeugt, daß dieses nicht einem Heinrich Garrelt am Hexenweg eine Zusammenkunft gewährt haben würde. Aus Theda Oltmanns hatte offenbar der Neid gesprochen. Er mußte sich zwar gestehen, daß diese einen günstigen Eindruck auf ihn gemacht hatte und er sehr geneigt gewesen war, ihren Worten unbedingten Glauben zu schenken, aber in ihrer Aussage ließen sich Widersprüche nicht verkennen. Dor allen Dingen wußte sie keinen triftigen Grund anzugeben, der sie veranlaßt hatte, an jenem Abend dem Vater entgegenzugehen, der über den Zeitpunkt seiner Rückkehr nichts bestimmt und jedenfalls auch einen anderen Weg hatte nehmen können. Ihre Aussagen machten hier durchaus den Eindruck der Unwahrscheinlichkeit und legten die Vermutung nahe, daß ihr nur daran lag, den Verdacht von dem Vater ab und wieder auf andere zu lenken, wohl gar mit auf Friederike Steenhuus, ihre glückliche Nebenbuhlerin. Das mit Friederike Steenhuus angestellte Verhör erwies sich als höchst bedeutungslos. Sie war bald wieder entlassen worden, da sie nichts zur Aufklärung hatte beitragen können; in der verhängnisvollen Nacht war sie eben „nicht" am Hexenwege, sondern ruhig im Hause gewesen. Unter diesen Umständen konnte auch bei der öffentlichen Verhandlung von ihrem Zeugnis Abstand genommen werden und damit war sie einer drohenden Gefahr glücklich ent gangen. In froher Stimmung kehrte Friederike mit dem Vater, der sie in die Stadt begleitet hatte, nach Hause zurück, die noch durch die Mitteilung desselben, daß er den Rechtsanwalt Kantzius getroffen und für den Sonntag nach Hetkum einge laden habe, erhöht wurde. Sie war entschlossen, ihm ihr Ja wort zu geben, und damit aller Sorge und Unruhe auf ein mal ein Ende zu machen. Heinz Garrelt sollte sehen, daß sie ihn zu ihrem Fortkommen in der Welt wahrlich nicht nötig hatte. Schon zu Weihnachten wurde die Verlobung veröffent licht, und beide Teile schienen durchaus befriedigt. Daß Peter Kantzius eine sehr große Liebe für seine Braut hegte offen barte sich in seinem Benehmen ihr gegenüber gerade nicht. Friederike aber war eine kühle Natur, die auf Zärtlichkeiten keinen Anspruch erhob. Eine schöne Uhr mit schwerer gol dener Kette, die Peter Kantzius ihr als Verlobungsgeschenk überreichte, gab ihr den deutlichsten Beweis, daß sie ihm viel wert war. Ury Weihnachten herum kam auch noch eine andere Neuigkeit zu Tage: daß Bruno Oltmanns Verbrechen bei der nächsten Schwurgerichtsfitzung zur Verhandlung kommen werde. Die Kinder wurden sehr bedauert, da sah das eine noch niedergedrückter aus als das andere, nnd Theda bekam man gar nicht mehr zu Gesicht. Knechte und Mägde wußten aber genug von ihr zu berichten, wie sie in Trauer und Tränen ihre Tage verbringe und es sich dabei doch so sauer werden lasse, sich nicht Ruhe noch Rast gönne. Einmal sollte sie auch bei ihrem Vater gewesen sein, sie hatte dann tagelang mit niemandem ein Wort geredet, so daß ihrer Umgebung angst und bange geworden war. Eine vollständige Regelung der Oltmannschen Verhältnisse war inzwischen durch Diek-Ohm aus Detern erfolgt. Sie hat ten sich keineswegs so verwickelt erwiesen, wie man im allge meinen wohl angenommen. Bei einer vernünftigen Bewirt schaftung der Plaatze würde sich noch viel machen lassen. Olt manns hatte allem Anschein nach nur den Kopf verloren. Dre Kündigung der Hypothek, Mangel an barem Gelbe — der ihn gezwungen, nicht sehr erhebliche, aber drückende Schulden zu machen — mußten seinen Verstand verwirrt haben, denn nur in momentaner geistiger Umnachtung konnte das Verbrechen von ihm begangen worden sein. (Forts, folgt.)
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