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Wilsdruffer Tageblatt : 06.02.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-02-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192402068
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19240206
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19240206
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWilsdruffer Tageblatt
- Jahr1924
- Monat1924-02
- Tag1924-02-06
- Monat1924-02
- Jahr1924
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 06.02.1924
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und lieb ihnen durch Gauvertreter -Fischer, Bischofswerda, den Ehrendrief der Deutschen Turnerschaft überreichen. Z -- SAr> Far/s llllö S^aM/e -- j Käuzttche Urbett einst untl jem. Die Aufgabe der Hausfrau war es seit jeher, das Heim behaglich zu machen, es blank und sauber zu halten und lür die Bedürfnisse des Magens in guter Weise zu sorgen. Mit welchen Mitteln und Kosten sie das fertig brachte, war ganz verschieden und eine Sache, die nur die eigene Familie an ging und sich nach dem vorhandenen Einkommen richtete. Heute ist das aber ganz anders geworden, denn um diese ihre Pflichten zu erfüllen, muß die Hausfrau ganz neue und un gewohnte Bahnen einschlagen, sie arbeitet nicht mehr für sich und ihren Haushalt allein, sondern sie ist ein Teil der Volkswirtschaft, die das ganze Land umfaßt und die Voraussetzungen ihrer Tätigkeit sind genau die selben wie die aller anderen Hausfrauen ihres Volkes. Die Frau muß mit der Veränderung des Geldwertes rechnen, der Materialverbrauch geht unter ganz anderen Be dingungen vor sich und sie mutz sich eine ausgedehnte Waren kenntnis aneignen, die früher, wo alles zu haben war, für überflüssig galt. Der Nahrungsmittelbeüarf erfordert ihre größte Arbeit und Umsicht, früher wurde eben einfach alles Nötige zurzeit des Verbrauches gekauft, heute geht das nicht mehr, da mutz Lie Hausfrau selbst Vorsorge treffen für zu künftige Zeiten, sie muß selbst zur richtigen Zeit Früchte, Gemüse und andere Nahrungsmittel konservieren, ja sogar Liese Sachen selbst im Garten anpflanzen und heranziehen. Will die Hausfrau trotz der erschwerten Bedingungen eine zweckmäßige Lebenshaltung durchführen, dann wird ihre Tätigkeit zu einer wahren Kunst, die in jeder Hinsicht ge waltige Anforderungen an sie stellen wird. Die volks wirtschaftliche Sette der Hausfrauentätigkeit ist aber unbedingt nötig und von größter Wichtigkeit, denn 60 °/° des Volks einkommens gehen durch die Hände der Hausfrau und das macht in unserem Vaterlande jährlich die gewaltige Summe von 16 Milliarden Mark aus. kin i-pferer MäStbe«. Im Jahre 1888 lebte in der arabischen Stadt Dschidda der Konsul Eveillard mit Frau und einer kaum achtzehnjährigen Tochter. Eines Tages brach ein Aufstand der Eingeborenen aus. und eine Bande von Arabern stürmte das Haus des Konsuls. Herr und Frau Eveillard wurden vor den Augen ihrer Tochter ermordet. Das junge Mädchen verlor aber nicht den Mut. Sie versammelte die in den Nachbarhäusern lebenden Christen und das Hausgesinde um sich und verteidigte, Sette an Seite mit dem Dragoman Emerat, zwei Tage lang mit beispielloser Heldenhaftigkeit Las Haus. Schließlich, als von den fünfundzwanzig Verteidigern zweiundzwanzig gefallen waren, der Dragoman mit einer Stirnwunde besinnungslos am Boden lag und das junge Mädchen sich eben töten wollte, um der Gefangennahme zu entgehen, landeten weiße Mattosen und jagten die Araber in die Flucht. DaS junge Mädchen kehrte nach Europa zurück und heiratete später hochgeseiert ihren Leidensgefährten, den Dragoman Emerat. An den Einsender des mit „Mehrere Wvhnungsuchende und Bauluftige" unterschriebenen Briefes. Auf Ihren, in Nr. 28 der „Sachsen-Zeitung" unter „Briefe unserer Leser" ausgenommenen Brief ist es notwendig, einiges richtig zu stellen. Wenn der Schreiber sich schon er laubt, öffentlich in einer Privatbausache, über dessen evtl. Aus masse der Bauende selbst, solange behördlicherseits noch keine Entscheidung gefallen, sich noch keinen festen Plan machen kann, Kritik üben will, so soll er sich erst mal über tatsächliche Verhältnisse erkundigen und nicht auf das, was „man erzählt", einen nicht gerade von fortschrittlichem Geist zeugenden Seelen- erguss loszulassen. Zunächst, lieber Schreiber, zu Ihrer Beruhigung: nicht vier Familien, sondern eine Familie würde obdachlos, die auch noch gern ihre jetzige Wohnung gegen eine andere vertauschen will und für -die das Wohnungsamt vorläufig eine Notwohnung zur Verfügung stellen mühte. Ich wüsste nun nicht, wer die andern drei Familien sein sollten. Oder erstreckt sich Ihr Mit gefühl auf die ungezählten Spahenfamilien im Sperlingsgiebel des historischen Torhauses? Dann allerdings; da wird es schwer halten, einen so günstigen Nistplah wieder zu finden. Das will ich gern Ihre Sorge sein lassen. Nun, lieber Freund des historischen Torhauses, wie denken Sie sich das, wenn eines Tages der hohe Giebel doch, was nicht nur ich, sondern auch jeder Passant der verkehrsreichen Dresdner Strasse befürchten muh, einstürzt, auf mein kleineres Haus oder aus die Strasse? Ihr' schaudürstiges Auge würde sich dann sattsehen an dem Schaden, der angerichtet worden wäre. Oder nicht? And dann weiter, wenn man „erzählt", dass unser Projekt Laden und Ge schäftsräume für ein Bankhaus vorsehe, ist dies zum Teil auch falsch. Zunächst würden wir beiden „Baulustigen" (um bei Ihrer Unterschrift zu bleiben, empfehle Lustbarksitssteuer aufs Bauen) uns die jetzt vorhandenen Geschäftsräume sichern; was da drinnen betrieben wird, braucht nicht Ihre Sorge zu sein, und wenn Sie wünschen, dass vom Stadtrat gefordert wird, daß er unser Proselt nicht genehmigt, so setzt das Ihrerseits eine ge waltige Verkennung der tatsächlich bestehenden Verhältnisse vor aus, indem Sie wollen, dass man behördlicherseits darauf zu kommen soll, an diese -Stelle ein Haus mit acht Wohnungen zu setzen. Ein Achtwohnungs-Gebäude auf diesem Raum würde anmuten wie der im Volksmund so verpönte Karnickelstall, in den Sie, verehrter Schreiber, wohl nicht gern hineinziehen würben. Den Wohnungsuchenden zum Trost seit mitgeteilt, daß, wenn unser Projekt verwirklicht wird, drei weitere Wohnungen zur Verfügung gestellt werden können. Im übrigen, wenn der „baulustige" Einsender noch weiterhin Interesse für unser Vor haben hat, so bin ich gern bereit, ihn jederzeit über den tatsäch lichen Verhalt in dieser Angelegenheit aufzuklären. Otto Knepper, am historischen Torhause. Vertauschte Köpfe. Der Biologe Dr. Walter Finkler be richtet im „Kosmos" -über seine staunenswerten Versuche der Aeberpflanz-ung von Köpfen allerdings nur bei Wasserkäfern. Eigenartig war die Wirkung der Transplantation auf die Fär bung der Tiere. Finkler setzte einem sogen. Oelbran'dläfer den Kopf eines schwarzen Wasserkäfers auf und konnte bald be obachten, dass die früher braunglänzende Färbung des Tieres schwarz wurde und die gelben Streifen bis zur Unsichtbarkeit verblaßten. Eigentümlicher noch war die Wirkung, wenn weib lichen Käfern männliche Köpfe ausgesetzt wurden -und umge kehrt. Weibchen mit Männchenkopf verhielten sich bei der Ko pula wie Männchen, nur daß- sie natürlich zeugungsunfähig blieben, da der Rumpf ja seine -weibliche Konstitution behal ten hatte. Aber in dem weiblichen Körper wurden männliche Triebe wach. Dagegen waren die Männchen mit Weibchen kopf passiv, wie normale Weibchen. Es konnte festgestellt wer den, daß der männliche Körper alle seine Leidenschaften ein gebüßt hatte, seit er den weiblichen Kopf trug. Dass die Ueber- pflanz-ung von Köpfen keine müssige Spielerei ist, sondern klä- i rend auf grosse Probleme ein-wirken, kann, ergibt sich daraus, ! dass es neuerdings sogar gelungen ist, durch Kopftausch etwas I hevorzurufen, dem selbst die ausgesprochensten Materialisten ! praktische Bedeutung zugesteh-en werden: Verjüngung. Der junge Kops am alten Körper macht diesen wieder jung. Freilich vorläufig nur an Würmern Das Gehör -er Reptilien und Amphibien, lieber das bis her noch gar nicht erforschte Gehörvermögen der Reptilien hat Ryo Kurado Untersuchungen angestellt, die K. V. Frisch in den „Naturwissenschaften" mitteilt. Bei den Schildkröten stellte der Lelehrte fest, dass sie auf Töne überhaupt nicht reagieren. Weder der Ton einer Signalpfeife, noch eine elektrische Klingel, noch das Ticken eines Metronoms machte auch nur den allerge ringsten Eindruck aus sie. Dabei zeigte sich, dass die Schild kröten entgegen den Angaben früherer Beobachter für optische und taktile Reize sehr empfänglich sind. Sie zogen beim Ticken des Metronoms sofort den Kopf zurück, wenn dieses auf dem selben Tische stand und so die Unterlage auch nur leise er- schüttet wurde. Schliesslich wurde auch noch versucht, eine Association- Wischen Tönen -und Darreichen von Futter her-b-ei- zuführen, also die Schildkröten auf einen Ton zu dressieren. Aber auch dieser Versuch blieb ergebnislos, und der -Gelehrte kommt daher zu dem Schluß dass die Schöldkröten überhaupt i nicht hören können. Das Gleiche hatte man bisher auch von i Eidechsen behauptet. Kuroda gelang es aber, bei diesen Tieren > den Nachweis eines Hörvermögens zu führen. Lässt man die ! Eidechse ungestört, so schließt sie nach einer Weile die Augen und öffnet sie nur ab und zu; sie öffnet aber die Augen so fort, sobald ein Ton von einer elektrischen Glocke, -einer PfZsc oder dergleichen erklingt. Natürlich war dafür gesorgt, dass der tönende Gegenstand mit der -Unterlage, auf der sich die Eidechse befand, nicht in Berührung kam. Mit einer Galtonpfeife wurde bei zwölf Eidechsen der höchste Ton bestimmt, auf -den sie noch reagierten. Durchschnittlich war dies ein Ton von etwa 10 060 Schwingungen in der -Sekunde. Männer erster, zweiter und dritter Klaffe. Es hänselt sich hier nicht um die Einreihung der Männer in Eisenbakn- waggons, sondern um die Sortierung aller für die Frauen welt in Betracht kommenden Geschöpfe männlichen Ge schlechts. Diese Sortierung nach Klassen hat die englische Romanschriftstellerin Glyn in einem in Boston gehaltenen Vorträge oorgenommen. Die von ihr herausgeschälwn drei Männergruppen sehen so aus: Klasse 1 Streber, die nur Karriere machen oder Geld verdienen wollen, und Liebhaber, Ehemänner oder Väter sozusagen nur im Neben beruf sind. Klasse 2 Frauenverehrer und geborene Liebhaber. Klasse 3 geborene Familienväter. Welche Klasse von den Frauen bevorzugt wird, braucht wohl kaum erst gesagt zu werden: nämlich die Klasse zi. Diese glückliche Klasse gewinnt in dem Rennen um die Gunst sec .. nc.cn Geschlechts mit mehreren Längen gegen die Klasse 6, mit der man nur flirtet, und erst recht gegen die Klasse 0, die unter den Pantoffel gebracht wird und ein fach zu kuschen hat. Wie Zola einen „Beitrag" für eine Kußsammlung lieferte. Eines Tages stellte sich bei dem französischen Roman-dichter Emile Zola ein Engländer in Begleitung seines hübschen Töchterleins vor und erklärte ohne alle Ein leitung: „Es freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen. Das ist meine Tochter, bitte, küssen Sie sie. Sie wurde bereits von Tolstoi, Carducci, Maxim Gorki, Carmen Sylva und Mantegazza geküßt. Anna, reiche Herrn Zola Sie Stirn." Der verblüffte Schriftsteller tat, was man von ihm verlangte, und küßte die Stirn der hübschen Anna, die ihr Vater als lebendes Autographenalbum herumführte. Nach vollzogener Prozedur verzeichnete der Engländer in aller Seelenruhe Tag und Stunde des denkwürdigen Ereignisses in seinem Taschenbuch und ging seiner Wege. Max unb Moritz: Freilich gibts Bögel, die im -Fluge singen! Denken Sie doch nur an unsere Schwalbe! Sie singt fast nur im Fluge! Andere sind dem Onkel nicht bekannt. W. und R. K. in T.: Lin Hustentee, -de: sich vielsach bewährt hat, wird in der üblichen Weise aus 2 Teilen Thymian und 5 Teilen Mistel bereitet; von ihm trinkt man dreimal täglich eine Tasse voll. Fragesteller aus der Aue: Sie irren: nur etwa ein Drittel der gesamten lebenden Menschheit bekennt sich zum Christentum. O jernm, 8. 3. 92;: Nicht alle Sprachen besitzen das gleiche Alphabet bez. die gleichen Buchstaben als die unsrige. So kennen z. B. die Chinesen kein „r". In anderen Sprachen sprechen sie dies wie „l" aus. Bertha W. in KI.-O.: Angeheizte, glasierte Kachelöfen sollte man nie mit nassen Tüchern reinigen. Die Glasur erhält dadurch Sprünge, die namentlich das Aussehen dunkler Oefen in sehr un angenehmer Weise beeinträchtigen, da sich in ihnen der Staub fest setzt. Emil Albert . . . .mann: Ob cs schlangcnfrcie Länder gibt, fragen Sie? Die Iren rühmen sich, daß ihre Insel frei von Schlangen ist. Das entspricht auch der Wahrheit; -denn Irland besitzt auch nicht eine der drei im Vereinigten Königreich heimischen Schlangenarten. Aber es ist darum nicht das einzige Land, das sich dieser Wohltat rühmen kann. Beispielsweise gibt es auch in Neuseeland keine Schlangen und überdies äusser einer giftigen Spinne keine giftigen Insekten. Auch Kanada ist im allgemeinen frei von Schlangen; be sonders fehlen hier vollständig die Giftschlangen, was überraschen muß, da die Klapperschlange in dem ganzen nördlichen Teil der Vereinigten Staaten häufig anzutreffen ist. In Britisch-Kvlumbia trifft man wohl -gelegentlich einmal eine verirrte Klapperschlange; aber die -Grenze zwischen den zwei Ländern -bezeichnet im allge meinen die nördlichste Grenze für das Vorkommen gefährlicher Reptile. Auch Patagonien ist als schlangenloses Land zu nennen, und ebensowenig findet man auf Island Schlangen; in Japan und Tasmanien begegnet man Schlangen nur ausnahmsweise. Kunstfreund in A.: Bartoloms Tstsban Murillo war ein be rühmter italienischer Maler des 17. Jahrhunderts. -Er war der Hauptmeister der Sevillaer Malerschule. Seine Bilder zeichnen sich aus durch Anmut, Innigkeit, Kraft und leidenschaftliche Glut. , Ein Schritt ins Unrecht. ^morittan -OopWiAkt 1920 l-tt. 8ur. N. Innke, Orssäsn-Zl Kriminal-Roman von Arthur Winckler-Tannenberg. Er führte sie zu einem Klubsessel und ließ sie in das Polster gleiten, er selbst zog sich einen Stuhl heran, und nun schmiegte sie sich klammernd an den dicht neben ihr sitzenden Mann. Jetzt erst war es ihr, als empfände sie die ganze grauenvolle Gefahr, ihn verlieren zu sollen, ihn, der ihr ölles auf der Welt erschien, vor dessen Bilde selbst das des Da ers verblich, des Vaters, den sie doch retten sollte und wollte. Endlich konnte sie sprechen. Stockend, zögernd, immer wieder von Tränen gehemmt berichtete sie. Alles rückhaltlos alles! Jedes Fältchen ihres Herzens sollte offen vor ihm lie gen, jede Regung ihrer Seele enthüllt sein. Dann und wann ein ermutigendes Wort einwerfend, auch feiner Verachtung gegen den ruchlosen Erpresser Ausdruck verleihend, hatte er zugehört. Die Stirn gefurcht, den Blick starr ins Weite gerichtet, saß er da, als Klara mit der schick salsentscheidenden, wehen Frage schloß: „Herbert, mein Herbert, was soll ich tun? Du mußt es mir sagen, du mußt mir raten, ich bin ratlos. Mein Leben gebe ich hin, wenn es sein muß, dich nicht!" Eine Weile sprach keiner. Endlich begann er. „Ich habe den Fluch der Armut nie so empfunden, wie in dieser Stunde. Ein Tropfen auf den heißen Stein nur wäre, was ich besitze. Sonst, Lieb gäbe es kein Raten und Suchen, freudig und ohne Zögern böte ich alles an. Den Kopf zermar tere ich mir, ob ich Verwandte, Freunde hätte, die mir Geld zur Verfügung stellten, aber hier handelt es sich um Summen, die mir niemand leiht. Deshalb bin ich so ratlos. Mein Vater war wenig bemittelt, meine Mutter —! Ihre Brüder haben große Besitzungen in Frankeich, aber mit ihnen ist sie zerfallen, da sie den preußischen Offizier heiratete. Trotzdem, Lu darfst nicht geopfert werden. Demütigen will ich mich, wenn es sein muß, und bei jenen betteln —" „Herberti" „Sprich nicht von mir, Lieb, um deinen Vater geht's und um dich, um deine Liebe zu mir —l Du darfst nicht geopfert werden " „Werden sie sich erbitten lassen, diese fremdgewordenen, erzürnten Verwandten, glaubst du es?" Da richtete er sich auf, schüttelte traurig den Kopf und sagte: „Nein, ich glaube es nicht —" — „Ich hab's gewußt", flüsterte sie. „Dort ist also keine Hoffnung. Und ich —? Ich kann nichts tun." — Wieder wurden beide MI und sannen dem gemeinsamen Leide nach. Plötzlich sagte er: „Vielleicht doch, wenn du zu sehr Schwerem stark und willens bist —" „Ich, zu allem was du mich heißt." „Zu undenkbar Schwerem —" -Ja." Nach Worten suchend — scheu vor seinen eigenen, ihm sonst so fremden Gedanken — sprach er. „Sieh, Lieb, jener Nichtswürdige rühmt sich, nichts von allen Tugenden der Welt zu kennen, nicht an Treue, nicht an Opfermut, nicht an edle Regungen zu glauben, er prahlt, daß das seine Uebermacht sei gegenüber den Toren, die ihr Handeln durch solche Tugenden begrenzen lassen. Nun denn, er entbindet uns der Rücksicht, die er selbst verleugnet — List gegen List. Lassen wir ihn glauben, er könne sein Ziel er reichen " Entsetzt riß sich Klara los. „Herbert du wolltest —, du könntest !" Da senkte er den Kopf: „Nein, du hast recht, ich will's und ich kann's nicht, weil du das Schwere nicht kannst —" „Und doch, sprich's ausl Ich will's wissen, Herbert." „Nein. Es ist hoffnungslos. Wir zerstören nur die Ach tung zueinander und er bleibt uns doch überlegen! Ueber- legen an Schlechtigkeit. Die Angst verwirrte mir die Sinne! Wie konnte ich auf solche Gedanken kommen!" Und nun kam sie auf diese Gedanken. So fremd sie ihrem reinem Empfinden blieben, in Notwehr gab sie ihnen Audienz. „Du meinst, ich könnt: - Hoffnung machen, daß er ein griffe. Wenn das Schlim. ..der Zusammenbruch und Papas Lebensgefahr verhindert wäre, müßte man sinnen, ihn für seinen Einsatz schnöden Geldes sicher zu stellen. — Wir hätten Zeit gewonnen, hätten niemanden betrogen und uns doch des infamsten Betruges erwehrt, den je gemeiner Sinn erfunden baden kann. — Das meintest du?" Da kam ein zögerndes, hauchleises „Ja" von seinen Lip pen, dann aber laut und hastig, sagte er: „Und doch, es darf nicht sein, um deinetwillen nicht —" „Wir hätten niemanden betrogen und uns doch in Not wehr gegen den infamsten Betrug gewehrt, den gemeiner Sinn erfinden konnte", wiederholte sie, wie wenn sie sich zwingen wollte, dem abscheulichen Gedanken der Lüge trotz allem und allem vertrauter zu werden. „Wir hatten uns betrogen —", sagte er düster. Sie aber war fertig mit sich. „Herbert, wir vertrauen uns grenzenlos, keiner von uns hält den andern eines Betruges fähig. Nur auf dieser Grund lage dürfen wir jede Probe wagen. Jede! Wir wollen uns mühen und plagen, etwas besseres, unser würdigeres, zu fin den, aber geht es um Leben und Tod meines armen Vaters, dann wag' ich auch dieses letzte. Du magst mich dann richten. Ich werde sehen, wir stark deine Liebe ist." Das traf ihn. „Meine Liebe? Klara, zweifelst du?" „Nein, ich glaube an sie, wie an das Heiligste in der Welt." „Sie wird nie irre werden! Nie! Bei Gott!" Dann nehme ich den Kampf mit der Niedertracht auf untz sie soll mich nicht erniedrigen." Er sprach auf sie ein, beschwor sie, von dem unselige» Wagnis zu lassen, verwünschte sich selbst, diesen Gedanken an geregt zu haben und wußte doch keine andere Rettung. „Glaube an mich", sagte sie, „und laß mich wagen, was ich kann. Er schwur ihr Glauben und ging endlich doch wie ei« Zagender, der nichts glaubt und alles fürchtet. Viertes Kapitel. Margot von Plessenow, die Mutter Herbert's, hatte an der Festlichkeit bei dem Regierungspräsidenten nicht teilge nommen. Ein Migräneanfall zwang sie im letzten Augenblick abzusagen. Auf diese Absage hin war dann Erika von Lent- Heim noch am Mittage des Balltermins bei ihr erschienen, hatte ihr und der Eltern lebhaftes Bedauern ausgesprochen, in aller drei Namen baldige Besserung gewünscht, vor allem aber — und das war der einzige Grund des Besuches ge wesen — sich erkundigt, ob nun Herbert auch fortbliebe. Darüber war Erika beruhigt worden. (Fortsetzung folgt.)
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