Für alle diese krankhaften Erscheinungen trat besonders in unserem Bater« lande eine Zeit der Noth heilend ein. Sie lehrte die Menschen, daß mit ihrer Kraft nichts gethan sei, daß die rechte Kraft, der rechte Geist von Oben kom men müsse. In den Bedrängnissen schwerer Jahre des Krieges und der Unter drückung wurde wohl von Allen erkannt, wie des Menschen letzte Stütze, seine Hoffnung so unkräftig ist, wenn sein Glaube verloren gegangen. Die Kirchen füllten sich — cs traf kein Spott mehr die, welche an Gott glaubten und ihn um Hilfe anriefen, und die herrliche Begeisterung, in welcher die Völker sich erhoben, die sie unter dem Wahlspruche: „Mit Gott, für König und Vater- land!" zum Befreiungskriege führte, war zum guten Theil eine religiöse, ihre Kraft aus dem Glauben schöpfende. Als nun der große Sieg gewonnen war, da vergaß es wohl Niemand, dem Lenker der Schlachten seinen Dank darzu bringen, eine wohlthuende, religiöse Warme durchdrang unser Vaterland und trug wesentlich zu dem Eifer bei, der sich die Heilung der in den Zeiten des Unglücks geschlagenen Wunden zur schönen Aufgabe machte. Doch auch jetzt noch wurde es nach mehreren Seiten hin möglich, daß sich der Mißbrauch jener schönen Regung bemächtigte, indem die größten Anstrcn- gungen gemacht wurden, die Volker in das alte Joch geistiger und kirchlicher Unfreiheit zurückzuführen. Der Papst, kaum wieder in den Besitz seines Lan des gekommen, stellte die Jesuiten her, und begann, durch sie unterstützt, seine Rcactionsversuche nicht ohne Glück, wie die Ereignisse von Köln und Trier beweisen. Männer die der Aufklärung huldigten, die in derKirche Mißbräuche abstellen, in die theologische Wissenschaft geistiges Leben bringen wollten, wie Wessenberg, Theiner, Hermes wurden mit sehr unzeitiger Beihilfe der Staaten beseitigt. In der evangelischen Kirche war zwar ein Stamm freisinniger, ge lehrter Männer, der auf die Bildung der künftigen Geistlichen einen mächtigen Einfluß übte, dem wir viel Gutes verdanken. David Schulz, von Ammon, Brettschneider, Röhr, Wegscheider, Gesenius, Schleiermacher; allein ihnen ge genüber erhob sich eine Partei, die sie verdächtigte, verketzerte und die in Heng stenberg und seiner fälschlich so genannten evangelischen Kirchenzeitung der Sache nach einen förmlichen Papst gefunden ^at. Besonders verlangte sie eine Fesselung des protestantischen Glaubens an die Festsetzungen der symbolischen Bücher, welche, in der reformatorischen Zeit als eine Darlegung des damaligen Glaubens verfaßt, selbst niemals den Anspruch auf unveränderte ewige Geltung gemacht hatten. ' Jene Partei verdächtigte und dcnuncirle die freisinnigen Theologen der Staatsgewalt und den Gemeinden und es gelang ihr durch Mit tel dieser und anderer Art, immer mehr Platz auf den theologischen Lehrstühlen zu gewinnen, wodurch sie natürlich in den Stand gesetzt war, zahlreiche Jün ger zu bilden und sie z» vorzugsweise! Berücksichtigung bei Besetzung von Planstellen nicht ohne Erfolg zu empfehlen. Pietismus und Mystizismus, Oonventikelwesen und Aberglaube traten als Wechselwirkung hervor; Heuche-