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Erzgebirgischer Volksfreund : 20.04.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-04-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735709689-192604200
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735709689-19260420
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735709689-19260420
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungErzgebirgischer Volksfreund
- Jahr1926
- Monat1926-04
- Tag1926-04-20
- Monat1926-04
- Jahr1926
- Titel
- Erzgebirgischer Volksfreund : 20.04.1926
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Womit Zahl der unter- auf 100 Einwohner Polen Großbritannien Frankreich Belgien Niederlande Schweiz Italien Oesterreich 1. November 192b 1. Dezember 1925 1. Januar 1926 1. Februar 1926 1. MÄH 1926 15. März 1926 , ' V, v' , ' ' Aus vorstehenden Zahlen ergibt sich, daß England bereits Ende »origen Jahres unter einer sehr starken Arbeitslosigkeit stützten Erwerbslosen 363 919 673 315 1498 681 2 030 646 2 056807 2 017 461 entfallen 6,1 Erwerbslose 11,4 23,8 32,5 32,9 32,3 Seit diesem Zeitpunkt ist die Zahl der Erwerbslosen un gefähr die gleich« geblieben. Vergleicht man hiermit die Erwerbslosigkeit im Ausland, so ergeben sich nach den Mitteilungen des Neichsarbeitsblattes Mr die Monate November bis Januar folgende Zahlen: Abnehmer von 4-- Monaten styb Heute Lein« Seltenheit enehu» Die Banken teilen mit, daß sich im allgemeinen an der Zu teilung von Krediten nichts oder nur wenig geändert habe. Hier und da konnten besonder» guten Unternehmungen neu« Kredite bewilligt werden. Andererseits mußten verschiebend Ach Kredit« abgedeckt werden. Kredit« werden nach Bericht wieder in größerem Umfange und in allen Formen gewährt; natürlich nur an sicher« Firmen. Leider fehlt es nach wie vor ,an langfristigen Krediten. Di« Rohstofflieferanten sind in ihrer Kreditgewährung im allgemeinen wenig entgegenkom mend, wenn auch vereinzelte Ausnahmen bestehen. Infolge des /getingen Auftragsbestandes arbeiten fast alle Betriebe verkürzt, diejenigen Betriebe, die heut« noch voll arbeiten, haben dies nur durch Personaleinschränkungen erreichen können. Es traten verschiedentlich Wünsche auf Lohn- und Gehaltsobbau hervor, um bei geringerem Lohn ein« Mehr- beschäftigung zu erzielen, da der Lohnanteil am Produkt heute wesentlich höher ist als vor dem Kriege. Im großen ganzen ist hierbei insbesondere seitens der Angestellten ein Entgegen kommen zu verzeichnen. Besonders ist die Lage in der Biirften- und Ptnsel-Industrie recht trübe. Neue Beschästigungsmög- Rchkeiten haben sich in dieser Branche kaum gefunden. Zusammenfassend muß gesagt werden, daß die gesamte Wirtschaftslage der westerzgebirgischen Industrien weiterhin eine recht üngünstige ist, und daß leider noch keine Anhaltspunkte für eine Besserung der Lage Die Arbeitslosigkeit. Infolge der überaus schlechten Wirtschaftslage der deut schen Industrie hat seit Ende vergangenen Jahres die Arbeits losigkeit ganz bedeutend zugenommen. Betrug am 1. November 1925 die Zahl der unterstützten Erwerbslosen in Deutschland 363 S19, so hatten wir am 1. März 1926 die Zahl von 2 056 807 Erwerbslosen zu verzeichnen. Wie die Zahl in den letzten Mo naten angeschwollen ist, zeigt nachstehende Statistik: «urlien, waren sämkkkch Vetekmmnpsllnger, ekner davon nH Verstärker und Lautsprecher. * Der Landesverba»- Sachse» «. v. (Sitz gwickaul r» Reichsbund Deutscher Mieter e. B. (Sitz Berlin) hält am 24. und 25. April 1926 In Zwickau seinen Detbandstag ab. 0 Aue, 1S. April. Oberingenieur Hugo Sarfert, Mitglich des Aufsichtsrates der Firma Ernst Geßner, Aktiengesellschaft, feiert heute sein 25jähriges Dienstjubiläum. Aus diesem Au. laß wurde der Jubilar vom Aufstchtsrat, von der Direktion, so. wie von den Beamten der Firma beglückwünscht und durch G«. schenke erfreut. Schwarzenberg, 19. April. Der letzte Vortragsabend des Wissenschaftlichen Vereins im Realschulsaale bil. dete einen würdigen Abschluß der fesselnden und belehrenden Darbietungen des Winters 1925/2S-. Oberstleutnant a. D. A. Heinicke aus Waldheim sprach über „Persien in alter und neuer Zeit" und illustrierte seinen Vortrag durch eine große Anzahl schwarzer und farbiger Lichtbilder, vielfach eigener Aufnahmen. Ein jahrelanger Aufenthalt im Dienste der dor tigen deutschen Gesandtschaft hat es dem Redner ermöglicht, jenes weltpolitisch so wichtige Land Vorderasiens eingehend zu studieren. Meeresküsten besitzt Persien, welches etwa die 110fache Größe Sachsens hat, nur im Süden, wo es von einer tiefen Einbuchtung des Arabischen Meeres, also des Indischen Ozeans, bespült wird, und im Norden, nämlich die Küste des riesigen Kaspischen Binnenmeeres. Im übrigen ist es inr Norden von Kaukasien und Turan, im Osten von Afghanistan und Belutschistan und im Westen von Mesopotamien begrenzt. Es ist in der Hauptsache ein mächtiges, von teilweise hohen, steilen Gebirgen umgebenes, unwirtliches Hochland (Iran). Zunächst führte der Redner weit ins graue Altertum, in vor christliche Zeit zurück, und zwar zu den Trümmern der alten persischen Königspaläste von Persepolis, das etwa 36 Kilomtr. nördlich von Schiras im südlichen Randgebirge liegt. Voll Bewunderung steht der Beschauer vor den Ruinen, die heute noch von der großartigen Baukunst und dem feinen Geschmack jener alten Bewohner zeugen. Mit den primitivsten Mitteln (schiefe Ebene, Menschenlraft) und ohne Mörtel sind für einen Darius, Tcrxcs und Artaxerxes jene gewaltigen Bauten er richtet worden mit ihren breiten äußeren Treppenanlagen, hochragenden Säulen, spiegelglatt polierten Wänden und wuchtigen Toren, an denen zum Teil riesige Stierfiguren gleichsam als Wächter stehen. Di« altpersische Bildhauerkunst bann noch heute als Vorbild dienen. Große Reliefs mit schrei tenden Soldaten oder Dienern und Sklaven, mit Gestalten von Königen und hohen Würderträgern sind an den Mauern in meisterhafter Kleinkunst ausgehauen. De« Kulturhistoriker er hält hier genaue Auskunft über die damalige gekünstelte Haar- und Barttracht, den geschmackvollen medischen Faltenwurf der Gewänder, die reich geschmückten Waffen Und das kostbare Zaumzeug der Pferde. Ein prachtvolles Relief, das den Kampf eines Stieres mit einein Löwen darstellt, zeigt in seiner kühnen Bewegung die genauen anatomischen Kenntnisse jener antiken Künstler. Die riesigen Stiere, welche die Tore flankieren, haben zum Teil bärtige, tiarengeschmückte Menschenköpfe und Flügel. Auch ein anderes seltsames Fabelwesen weist auf die rege Phantasie seiner Schöpfer hin. Die Entzifferung von Keilschriften an den Mauerflächen hat über die königlichen Erbauer der Paläste Aufschluß gegeben. Der größte Teil all dieser Pracht ist dahingesunken: so stehen z.B. von den 72 herrlichen Säulen einer Halle nur noch. 13. Don einer Er haltung oder gar Rekonstruktion dieser Ruinen durch die heu tigen Perser ist keine Rede, im Gegenteil, rücksichtslos wird ihnen Gesteinsmaterial für moderne Bauten entnommen, und * Neuregelung der Erwerbslosenfürsorge. Der vom Neichs- wirtschaftsrat eingesetzte Unterausschuß für die Arbeitslosen versicherung hat einen Antrag angenommen, der die Beseiti- gung der Dedürftigkeitsprüsung und die Einführung von fünf Lohnklassen fordert. Me Zugehörigkeit zu der Änzdlnen Lohn klasse soll auf Grund des zuletzt bezogenen Arbeitsentgelts er rechnet werden. Die Unterstützung berechnet sich nach dem in Frage kommenden Einheitslohn, und zwar für die Klassen 1 bis 3 auf 50 Prozent des Einheitslohncs, dazu kommen für jeden zuschlagsberechtigten Angehörigen je 5 Prozent des Einheits lohnes bis zum Höchstbetrage von 65 Prozent. * Beschädigung von Telegraphen- und Fernsprechanlage». Der Betrieb der Telegraphen- und Fernsprechleitungen wird oft dadurch gestört, daß die Porzellanglocken, an denen die Drähte befestigt sind, mutwillig durch Steinwürfe zertrümmert werden oder daß Kinder in der Nähe der Leitungen Fußball spielen, an den Stangen oder den Spanndrähten, den soge nannten Ankern, schaukeln oder sonstige Handlungen vor- neWen, durch welche sie die Leitungen miteinander in Be rührung bringen oder sonst beschädigen können. Bei der Auf stellung von Bau- oder Malergerüsten werden häufig die an den Häuserwänden entlang verlaufenen Kabel beschädigt. Jede in einer Telegraphen- oder Fernsprechleitung verursachte Stö rung schädigt wichtige Belange der Allgemeinheit. Abgesehen von den Nachteilen für Handel und Wandel, können durch Leitungsstörungen Unfall- oder Feuermeldungen vereitelt, das rechtzeitige Herbeirufen eines Arztes zu Schwerkranken verhindert werden und dergl. Vorsätzliche oder fahrlässige Beschädigung von Telegraphen- und Fernsprechleitungen wer den von den Gerichten empfindlich bestraft, in schweren Fällen mit Gefängnis. Außerdem muß der Schuldige auch den der Deutschen Reichspost durch die Störungen verursachten Schaden ersetzen. Es können daher alle, die in der Nähe der Leitungen zu schaffen" haben, nicht dringend genug zur Vorsicht gemahnt werden. Eltern und Erzieher werden gebeten, auf das Treiben der Kinder und Jugendlichen zu achten und sie eindringlich vor mutwilliger oder fahrlässiger Beschädigung der Telegraphen- und Fernspreckanlagen zu warnen. * Der Kampf gegen die Schwarzhörer. Zn einer nnttel- deutschen größeren Stadt mit etwa 166000 Einwohnern wurden im letzten Habben Jahr 263 Empfangsstellen aus aurt- lichem Anlaß besichtigt. Dabei wurden in 26 Prozent der Fälle ungenehmigte Empfangsanlagen — insgesamt also 68 Schwarz hörer — ermittelt. Etwa 10 Prozent dieser Schwarzhörer hatten ihre Anlage abgemeldet, aber nicht außer Betrieb gesetzt, 5 Prozent waren Erwerbslose. Im übrigen waren fast alle Be völkerungskreise beteiligt; die verhängten Geldstrafen betrugen 20 bis 160 Mark. Die Vorgefundenen Geräte, die beschlagirahmt. zu k«t-m Latte, Me bamai» bedeutest- größer »ckr al» tu Deutschland und damit weit Uber da» Niveau der Arbeit», losigkett der anderen europäischen Staaten hinausragte. Am wenigsten ist von der Arbeitslosigkeit Frankreich be troffen, was auf den niedrigen Stand de» französischen Fran- ken und den damit verbundenen Inflationserscheinungen zu- rückzuflchren ist. Verhältnismäßig groß ist ebenfalls die Ar- beitslosigkeit in Oesterreich und Polen. Es hat sich weiter gezeigt, daß sich nicht nur die Wirt- schaftslage Deutschlands in den letzten Monaten verschlechtert hat, sondern daß bei fast allen europäischen Staaten seit dem November eine starke Zunahme der Arbeitslosigkeit zu ver- zeichnen tst. November Dezember Januar 261 851 313 709 359 119 1313 908 1 243 087 1317 535 11243 7 952 12 830 43 313 44 255 47 595 23 302 41044 47133 15 760 17 027 20 525 112 059 122 200 156139 159 248 207 832 231361 27 428 44128 34 466 42 485 48 384 — Nieman- weiß wohin. Gin Roman au» Norwegen von Anny Wothe. (Nachdruck verboten.) <21. Forüetzung.) „Fa, das glaubt man immer," gab er kurz zurück, „wenn snunn irgend etwas quer gegangen ist in der Welt. Es gab auch Zeiten, wo ich am liebsten gestorben wäre, und ich habe doch weiter gelebt." Er zog Ulhilds Arm in den seinen und führte sie von dem Bslehügel über die Wiese hin. zu dem Bach, von dem der Weg aufwärts nach dem Belesaeter anhub. Söstrene und Olaf Feddersen folgten im leichten Ge plauder. Ulhild sprach, wie ost, mit dem Onkel vom Vater und von der Heimat und achtete nicht darauf, daß seine Augen immer dunkler und finsterer wurden und er angestrengt zurückhorchte nach Olaf und Söstrene. Es ließ sich jedoch nur einzelnes ver stehen, aber man hörte zuweilen das Helle Lachen Olafs und die frohe Stimme von Söstrene. „Wie gut die beiden zu einander passen," dachte Holger Gudmund und preßte di« Lippen fest aufeinander. Ganz jung schiwwn sie ihm beide, und dabei war doch Söstrene wohl stoch etwa« älter als Olaf Feddersen. Unmutig über sich selbst, daß er nicht loskam von Söstrene und Olaf Feddersen, wandte «r sich wieder Ulhild zu, die jetzt zaudwmd vor dem brausenden Dache stehen blieb und ängstlich rief: „U«b«r den Bach kommen wir nicht, da werden uns die Schuhe naß und wir können dann nicht weiter zu den Ehe sie ausgesprochen, hatte Olaf Feddersen sie schon mit kräftigem Arn: emporgehoben und über den Dach getragen. Holger Gudmund lacht« auf und sah auf die unschlüssige Söstrene, die verfrühte, «inen Uebergang über den Bach zu er spähen. - „Da wirst du dich wohl bequemen müsse, dich meinen starken Armen anzuvertrauen," spöttelte er, „denn mit dem dünnen Schuhwerr kommst du nicht hinüber." „Es geht auch ohne dich," antwortete sie scharf und sprang mit einem kühnen Satz auf einen großen Stein, der mitten im Dach lag und den die Wellen überspülten. Das Wasser spritzte hoch auf und sie stand nun, von den Wellen umbrandet, und sah die Unmöglichkeit ein, das andere Ufer zu gewinnen, wenn sie nicht den Bach durchwaten wollte. Da schwang sich Holger mit elastischer Kraft über den rauschenden Bach, an Söstrene vorbei und stand nun am an dern Ufer und streckte ihr lachend die Hände entgegen. . „Spring nur," sagte er gutmütig, „ich fange dich auf." Söstven« stand unschlüssig, und Trotz sprühte aus ihren stahlblauen Augen. F „Geh da weg," gebot sie, „ich springe auch ohne deine Hilft' „Ja. ab« nicht an» sondern tu» Way«," lachte „Das werden wir ja sehen," entgegnete Söstrene und schickte sich zu dem kühnen Unternehmen an. Aber Holger Gudmund hatte sich schnell etwas zur Seite gewandt, und ehe es Söstrene hindern konnte, fing er sie lachend in seinen Armen auf. „Was bist du bloß Mr ein eigensinniges Frauenzimmer geworden, Söstrene," tadelte er, indem er sie einen Augenblick fest in seinen Armen hielt. „Was habe ich dir eigentlich getan, oaß du so unwirsch zu mir bist und nicht mal meine Hilfe an- nehmen willst? Siehst du, das hast du nun davon. Durch dein -Zögern bist du nun um die Gesellschaft deines liebsten Freundes gekommen, und Ulhild hat nun den Vorzug, mit ihm hinan zu den Saetern zu steigen." Söstrene sah ihren Stiefbruder ganz erstaunt an. „Ich verstehe wirklich nicht, was du meinst," sagte sie, sich die Wassertropfen vom Rock klopfend — auch sie trug heute die Landestracht — „es macht mir doch Freude, wenn Olaf Feddersen mit Ulhild' zusammen ist und sie sich gut unter halten." „Freude?" sagte Holger spöttisch. „Nun, davon habe ich noch nichts bemerkt, aber wenn du es behauptest, so muß es ja wohl wahr sein. Im übrigen kann ich meine Verwunderung nicht unterdrücken, daß du heute an Bord tanzen willst." „Du doch auch," lachte Söstrene leis« auf, „du hast es doch vorhin selbst gesagt." „Natürlich, ich tue es aber doch Ulhilds wegen," antwortete er, „dos Kind muß los von den trüben Gedanken." „Und warum glaubst du, daß ich auf meine alten Tage zum Tanz gehe, Holger?" „Weil es dir Spaß macht, dich mit Olaf Feddersen im Reigen zu schwingen." „Ich," lachte Söstrene ganz hell aus. Wie Geläute klang ihr Lachen, und die weißen Zähne blitzten unter den roten Lippen. „Mit Olaf Feddersen," rief sie fröhlich, „nein, mein guter Holger, seinetwegen begebe ich mich nicht auf den Tanz boden. Aber ich gehe Ulhild zuliebe." Auch Holger lachte. „Nun, da ist alles gut. Ich weiß eigentlich nicht, Söstrene, weshalb wir uns gegenseitig in der letzten Zeit das Leben so schwer gemacht haben. Du wolltest immer anders als ich und ich anders als du, und zuletzt sahen wir immer «in, daß wir beide dasselbe gewollt haben. Wie kommt das nur?" Söstrene senkte einen Augenblick die Augen und nahm, weil es ihr zu heiß wurde, die rote Koppe von dem brounen Haar. „Ja, ich habe auch schon darüber nachgedacht, Holger," sagte sie sinnend. „Ich meine doch, wir haben schon zu lange miteinander auf dem Gudmundshof gehaust, und es tut not, daß «in frisches Element dort hinein kommt. Du mußt eben heiraten, es wird für dich die höchste Zeit. Und wenn ich weiß, daß du eine gute Frau hast, dann kann ich getrost den Gud mundshof verlassen, auf dem es dann gewiß fröhlicher her gehn wird als mit mir. Ich fühle eben, daß ich alt werde, Holger." „Du, alt?" Holger sah Söstrene ehrlich erstaunt an. „Du bist doch ganz jung! Wie kannst du nur von Alter reden? Und beuxäen soll ich, damit du fort kannst. Ja, gefällt es dir denn nicht mehr bei uns? Ist der Gudmundshof nicht auch deine Heimat? Bist du hier nicht zu Hause? Gehört er dir nicht so gut wie mir?" , Söstrene schüttelte ernst den Kopf, fast zuckte es wie Trauer um ihren Mund, als sie langsam an der Seite ihres Bruders den Weg aufwärts schritt. Beschwerlich kam er ihr heute vor, der steinige Pfad, den inan zu dem „Toten" hinauf- steigt. Der Toten! Dieser Berg, hoch über dem Sognefjord, hatte für sie immer etwas unheimlich Schauerliches gehabt, und jedesmal, wenn sie diesen Weg ging, war ihr Herz voll Trauer, trotzdem zu ihren Füßen der schimmernde Fjord und die wundersame Landschaft im hellsten Sonnenlicht lag, und sie, soweit das Auge reichte, nichts als schimmernde Farbenpracht und Licht und Glanz rings umgab. „Nein, Holger," sagte sie dann nach einer langen Pause, „meine Heimat ist nicht hier. Ich habe es auch oft gedacht, aber nun fühle ich doch, es war «in Irrtum. Du mußt nicht böse sein und mich nicht so finster ansehen. Das tut mir weh/ und ich möchte dich doch nicht erzürnen. Und glaube mir, es ist besser, daß ich meine eigene Straß« ziehe, sobald es angeht." „Aber wo willst du denn hin?" fragte er erschrocken, mit klopfendem Herzen. „Willst du zurück in dein Vaterhaus, in den Bordesholm? Willst du mit Godelind zusammen schaffen und wirken, oder von dieser Frau, di« du nicht magst, nur geduldet sein? Du siehst doch, daß sogar Ulhild, das Kind, vor Godelind flieht, und du willst zurück auf den Bordesholm, den du als Kind verlassen? Ich muß dir sagen, ich verstehe dich nicht, Söstrene." „Ich gehe nicht nach dem Bordesholm," antwortete das Mädchen und sah weltverloren in Lie Ferne. „Ich weiß nicht, wohin ich gehe, denn ich habe keine Heimat, aber ich muß mir eine suchen, und du, Holger, darfst mich daran nicht hindern." Holger war ganz blaß geworden. Was war nur mit Söstrene, mit ihr, der immer Gleich mütigen, die in allen Lebenslagen stets den rechten Weg und das rechte Wort fand? Sie, die ihn sonst, wie er nur zögernd eingestand, ost mit energischer Hand geleitet hatte, erschien ihm zum ersten Mals hilflos und unselbständig, völlig unsicher in ihrem Wesen. „Ich glaube, du bist krank, Schwester," sagte er und ein warmer Ton war in seiner Stimme, ,^s ist doch mehr als töricht, was du da sprichst. Wenn du auf meine Heirat wartest, so wartest du vergebens. Ich werde niemals heiraten, damit du es weißt. Und du wirst den Gudmundshof nicht verlassen, und es wird alles so bleiben, wie es gewesen." Söstrene hob stolz den Kopf. „Du glaubst also, mich zwingen zu können. Und solltest doch wissen, daß ich, wenn ich je irgend etwas gewollt, es auch ausführte. Aber das sind Zukunftspläne, und ich hätte darüber gar nicht gesprochen, wenn du mich nicht gewissermaßen heraus gefordert hättest. Vorläufig aber wollen wir unserm Kind da zu verhelfen, daß es wieder Freude an der Welt Hat und froh wird. Dann erst, Holger, wollen wir an uns denken." Er lachte bitter auf. LFortsetzuua kolatt
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