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Wilsdruffer Tageblatt : 14.07.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-07-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192507143
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19250714
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19250714
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWilsdruffer Tageblatt
- Jahr1925
- Monat1925-07
- Tag1925-07-14
- Monat1925-07
- Jahr1925
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 14.07.1925
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auerneinncn spenoen zujammensetzen. Es ist eine wirk liche Volksspende gedacht, mit der Idee, daß das ganze deutsche Volk das Kulturwerk tragen soll. Es ist beabsichtigt, zunächst eine ganze Anzahl ver schiedener Wege einzuschlagen, um durch solche kleinsten Beiträge jedem Deutschen zu ermöglichen, sich an der Spende zu beteiligen. Erstens sollen die deutschen Stadt- und Landgemeinden zwei Pfennig pro Kopf ihrer Ein wohnerzahl beitragen. Zweitens: die Gewerkschaften werden drei Monate lang zehn Pfennig für Monat und Kopf, zur Sammlung abführen. Die Arbeitgeber ihrer seits werocn dieselbe Summe zahlen. Drittens: auch die Beamten werden drei Monate lang zehn Pfennig auf den Kopf ihrer Organisationen aufbringen. Viertens ist an eine deutsche Jugendspende gedacht, die auch wieder drei Mo nate lang je fünf Pfennig sammeln will. Fünftens werden die Schau- und Lichtspielbühnen versuchen, auf jedes Billett einen Zuschlag von ein paar Pfennigen für den deutschen Zeppelin aufzuschlagen. Endlich werden die Zeitungen ihrerseits auf eine noch zu verabredende Art zur Volksspende beitragen. TürkLsch-ösuische Meistbegünstigung. Mit Wirkung vom 10. Juli d. I. Berlin, 12. Juli. Die Anfang dieses Monats in Angora eingeleiteten deutsch-türkischen Verhandlungen über die Wiederher stellung der gegenseitigen Meistbegünstigung haben zu einer Verständigung geführt. Die deutsche sowohl wie d-e türkische Regierung haben infolgedessen ihre Zollbehörden angewiesen, die Erzeugnisse des anderen Teils bei der Einfuhr mit Wirkung vom 10. Juli 1925 ab wieder meist begünstigt zu behandeln. Oie Aussprache im Höfle-Ausschuß. Bericht über das Untersuchungsergebnis. Im Höfle-Ausschuß des Preußischen Land, tages erstattcie nach Abschluß der Aussprache der Arzt Abg. Dr. Wester (Ztr.) Bericht über das gesamte Untersuchungs ergebnis. Er stellte alle Verfehlungen fest, die bei der Fest nahme Hösles und bei den weiteren Behandlungen des Falles Höfle von Beamten der Staatsanwaltschaft begangen worden seien, bezeichnete die ärztliche Behandlung Hösles durch Dr. Hirsch und Dr. Straßmann als einwandfrei, erklärte aber, daß man es bei Dr. Thiele mit einem Manne zu tun habe, den man nicht definieren könne. Zum Schluß äußerte er sich zur Todesursache und betonte, daß das Gutachten Prof. Lewins, se sehr er es in seinen Schlüssen billigte, auf nur schmaler Basis stehe. Dr. Wester schlug dem Ausschuß einen Antrag vor, in dem es als wahrscheinlich bezeichnet wird, daß der Tod Höfles herbeigeführt worden sei durch Einflüsse unübcrwacht und mißbräuchlich verabreichter narkotischer Stoffe. Ein Selbstmord bei freier Willensbestimmung sei durch nichts erwiesen. Ohne Pflichtversäumnis oder unbillige Härte gewisser Dienststellen wäre Höfle nicht in so trauriger Weise aus dem Leben geschieden. ( Ä-lnrHrlOten ) Haftentlassung Michael Holzmanns. Berlin, 12. Juli. Nachdem vor kurzem das Verfahren gegen Holzmann durch Erhebung der Anklage abgeschlossen ist, haben die Verteidiger nunmehr seine Haftentlassung beantragt, der die Staatsanwaltschaft gegen Stellung einer Kaution von 15 MO Mark zugestimmt hat. Holzmann ist daraus aus bei Haft entlassen worden. Holzmann führt die ganzen gegen ihn erhobenen Anschuldigungen aus die Machenschaften Kutiskers zurück, der ihn habe aus dem Wege räumen müssen, um ungc stört seine Manipulationen fortsetzen zu können. Das Urteil im Bozcnhardt Prozeß. Leipzig, 12. Juli. Im Kommunistenprozeß Bozenhard, und Genossen vor dem Staatsgerichtshos zum Schutze bei Republik wurde das Urteil verkündet. Alle Angeklagten wurdet verurteilt wegen Vorbereitung zum Hochverrat, Verbrecher gegen das Republikschutzgcsetz und Verbrechen gegen tz 7 dei Spreugstosfgesetzes bzw. wegen Beihilfe zu diesen Verbrechen ferner wegen unbefugten Waffenbesitzes, und zwar zu 3 Johr, 6 Monate Zuchthaus bis 5 Monate Gefängnis, Scheidemanns Nachfolger. Kassel, 12. Juli. Nachdem Oberbürgermeister Scheidemanr fein Abschiedsgesuch eingereicht hat, wird die Stadtverordneten Versammlung jedenfalls morgen den Regierungspräsidenter Stadler zum Oberbürgermeister wählen. Stadler ent stammt einer süddeutschen Äeamtenfamilie und ist im Elsas geboren, nach der Besetzung seiner Heimat wurde er aus der Reichslanden ausgewiesen und übernahm die Organisation zm Betreuung der vertriebenen Elsässer, seit 1923 ist er bei der Re gierung in Kassel als Regierungspräsident tätig. Tagung des hessischen Landbundes. Darmstadt, 12. Juli. Heute trat hier der hessische Land bund zu einer großen Tagung zusammen. Der Äorsitzcnd Abg. Glaser-Nordheim hieß die Anwesenden, besonder! den Vorsitzenden des Reichslandbundes, Graf Kalckreuth willkommen. Alsdann sprach Gras Kalckreuth über die Land Wirtschaft als Grundlage der Wirtschaft. Er hob besonders dei führenden Anteil Hessens an der gemeinsamen Organisations arbeit sür die deutsche Landwirtschaft hervor. Die deutsch Landwirtschaft bedürfe eines Mindestschutzzolls auf der ganze: Linie, denn es sei undenkbar, in einer Zeit Freihandel zi treiben, wo die gesamte Kulturwell zum Schutzzoll übergehe. Deutscher Wahlsieg im Memelland. Memel, 12. Juli. Im Memelgebiet fanden die Wahlen zi den drei memelländischen Kreistagen statt. Die Wahlen er gaben einen vollkommenen Sieg des Autonomieblocks, der siö vor einigen Wochen bereits zu den bevorstehenden Seimelis wählen gebildet hat. Die litauische Gruppe hatte eine Ver wirrung anzurickten versucht durch Ausstellung zahlreiche Splitterlisten. Tagung der deuMen Zeitungsverleger. Königsberg, 12. Juli. Die deutschen Zeitungsverleger, di sich zu ihren diesjährigen Beratungen vom 12. bis 14. Jul zusammengefunden haben, wurden am Vortage im Königs berger Tiergarten durch die Stadt Königsberg in Gemeinschaf mit der Albertus-Universität begrüßt. Bürgermeister Di Goerdelerwar der Sprecher sür die Magisträtsglückwünsckc Er betonte, wie sehr sich die Presse ihrer Verantwortung Dienerin der Allgemeinheit zu sein, bewußt wäre. Der Netto, der Universität, Dr. Litten, legte' in kraftvollen Worten dai Geschick des abgeschnürten Ostpreußens dar. Am Schluffe seine, Rede machte er Mitteilung davon, daß die rechts- und staats wissenschaftliche Fakultät der Universität den Chefredakteur Alexander Whneken, den Besitzer der „Königsberger Allg Ztg.", zum vr. rsr. pol. d. o. ernannt hat Für den Bereit Deutscher Zeitungsverleger ergriff Kommer ienrcu Krumnib- haar das Wort. Bei dem sich anschließe, den Frühstück hieb Dr. Eckener eine launige Ansprache. amens der Reichs und Staatsbehörden und im Namen Ostpreußens sprach Ober- präsidem Siehr. Er begründete die Auffassung, daß Ostvreußeu zu den unenidccklesten Ländern Europas gehört, und daß es dis Ruffeneinfälle und der Frieden von Versailles erst zu einem imerejsanlen Laude gemacht haben. Geheimrat Moll freigesprochen. Berlin, 12. Juli. In später Nachtstunde wurde gestern ir Sem Okkultistenprozeß das Urteil gesprochen. Der wegen Be leidigung des Mediums angellagte Geh. Sanitätsrat Dr. Albert Moll wurde freigesprochen. In den Urteils gründen heißt es: Aus allem gehe hervor, daß der Beklagte weniger das Medium, das ihm persönlich völlig gleichgültig sei, als vielmehr die Berliner Okkultiftenkteise mit seiner Kritil habe treffen wollen. Il.e8kn 8ie M likiimkeituiig Häs» „Wsllkuffek iMblstt". ( Au» unlrrer Keimst ) Wilsdruff, am 13. IM 1925. Merkblatt sür den 14. Jult. Sonnenaufgang d'° !! Mondamgang 12'° V. Sonnenuntergang j! Monduntergang 2'° N 1887 Alfred Krupp gest. - 1904 Expräsideut Paul Krüger in Clarens (Sweiz) gest. * Abwärts! Der Höhepunkt des Lahres liegt hinter uns und die Tage werden wieder kürzer. Die Dämmerung, die es bis jetzt nie ganz Nacht hat werden lassen, hält bis zum 20. -Juli an, von da ab wird es aber um Mitternacht wieder vollkommen finster. Am 24. Juli tritt die Sonne in das Zeichen 'des Löwen und bamit beginnen die „Hundstage". Die Bezeichnung „Hunds- tage" schreibt sich von alter Zeit her. Bei den alten Griechen wurde die entsprechende Zeit „Opora" genannt. Sie wird durch den Hundssterns „Sirius" bestimmt. Die „Opora" der Griechen sing nämlich mit dem Aufgang des „Sirius" an, der nahe mit dem Eintritt der Sonne in das Gestirn des Löwen zusammen- fällt, und endigte mit dem Aufgang des „Arcturnus", der frei lich viel später ist als bas Ende unserer Hundstage. Die Zeit der Huiwstage ist in Griechenland durch große Hitze und nach Hippokrates auch durch schwere Gallenkrankheiten ausgezeichnet. Auch bei uns werden die Hundstage als die heißesten Tage des Jahres angesehen. Im Mittelalter ruhte an mehreren Orten selbst der Gottesdienst während dieser Zeit. Am 24. August erreichen die Hundstage ihr Ende. Jeden Tag Regen! Wenn er nur einmal als Landregen auftreten und damit das Erdreich genügend mit Feuchtigkeit an füllen und darauf erhaltend schönes Wetter eintreten würde, so wäre das wühl die denkbar beste Witterung. Der Wettergott möchte Einsehen haben, damit die noch 'liegende Wintergerste bald eingebracht werden 'könnte und schon der Roggenschnitt be- vorstcht. Aebrigens liegt auch in unserem Erzgebirge noch viel Heu, dessen Einbringung sich dringend notwendig macht. Die Hundesperre aufgehoben. Die Hunbesperre, die fett dem 2. bezw. 11 April über den ganzen Bereich der Amtshaupt- mannschaft Meißen und damit auch über den Bezirk Wilsdruff verhängt werden mußte, ist von den zuständigen Behörden nun mehr wieder aufgehoben worden. Der von den Hunden als be sonders lästig empfundene Maulkorb darf wieder verschwinden und auch das Führen an der Leine ist nicht mehr nötig. Monatsversammlung des Turnvereins D. T. Wilsdruff. Nachdem das Lied „'Grün Eichenlaub" verklungen, ging man zur Tagesordnung über. Unter Eingängen waren reichhaltig die Drucksachen von Sporthäusern und dergleichen vertreten, weiter Einladungen zur 50jährigen Jubelfeier des Turnvereins Freital- Deuben am 1. und 2. August, verbunden mit dem Bezirksturn fest. Weiter ladet der Turnverein Grumbach zu seinem am 25. und 26. Juli stattfindenden Vierbundturnen in Grumbach ein. — An- und Abmeldungen wurden erledigt. — Da der Bau des Auskleibsraümes seiner Vollendung entgegengcht, wird die finanzielle Frage nochmals durchgesprochen. Die Anmeldung zur Feuer- und Einbruchsversicherung wurde gutgeheißen. — Turn- wart Süßmann spricht nochmals 'über das kommende 'Bözirks- tt ffest. — Anläßlich des Schützensestes werden die beiden Hand ballmannschaften je ein Kranzwettspiel austragen, ebenso stellt der Verein zu dem Kinderfest seine Kräfte in den Dienst der guten Sache.— SMwart Oesen gibt bekannt, daß Mm BeMs- turnfest eine 1600-Meter-Stasfel von unserem Verein teilnimmt. Spielgruppenangelegenheiten werben erledigt. Weiter ist -für den 19. Juli eine Spielforderung für Handball vom '20. bayrischen Infanterieregiment (zurzeit Königsbrück) eingegangen. Es soll versucht werden, selbige zu einem Freundschaftstreffen sür den 26. Juli zu gewinnen. — Unter Verschiedenem wird das Picknick aus den 15. August festgesetzt. Am 16. August findet aus dem Sportplatz Meißner Straße die Feier des Hermannslauses statt. Hieraus kommen noch Kleinigkeiten zur Sprache. Nächste Ver- samnttung am 8. August. Rheinlandstöchter. 43) Roman von Tiara Biebig * Einen Augenblick sah Nelda nichts als ein Gewirr von Weiß und Rosa; gegenüber das breite Valkoufenstsr blendete sie, es ging hinaus in den Garten. Schwüle Fliederluft kam herein. Sie machte die Augen groß auf — da war Anselma! Die schöne Frau hate sich eben von der Chaiselongue erhoben, noch lagen die seidenen Kissen in Unordnung; ein aufgeschlagenes Buch am Boden, ein elegantes Taschen- tuch daneben. „Fräulein Dallmer — ah — Nelda Dallmer!" Fran Arnheim neigte prüfend den Kopf zur Seite, dann lächelte sie, aber nur der Mund lächelte, die Augen blieben ohne Teilnahme. „Was führt Sie z« mir? Sie sehen mich ganz erstaunt — aber ich freue mich, freue mich sehr!* . , Nelda fand, soweit sie sich erinnern konnte, dis Stimme sehr verändert; der stolze kühle Nachdruck war weg, statt dessen das Organ belegt, wie von innerer Un ruhe durchzittert. „Ich freue mich", sagte Frau Arnheim mit dem ver bindlichsten Lächeln, und es war doch, als fragte sie: „Warum kommst du, was willst du, was weißt du?" „Bitte, nehmen Sie Platz!" Frau Arnheim zog ihren Besuch neben sich auf die schwellende Chaiselongue, die mit Weißer, rosendurchblümter Seide bezogen war. „Ich freue mich, Ihr Gesicht zu sehen, es ist mir wie ein Gruß aus alter Zeit. Sie haben sich gar nicht verändert; so frisch, so rosig! Welch ein guter Einfall, mich aufzusuchen! Ich danke Ihnen, wirklich sehr, sehr liebenswürdig. Sie sind schon lange in Berlin? Wo wohnen Sie? Gefällt es Ihnen hier? Wie das wirbelte und sich hetzte! Neldas Augen wur den immer größer — wie kam sie zu dieser Herzlichkeit? Sie konnte sich keiner freundschaftlichen Beziehungen zu Anselma von Koch erinnern. Frau Arnheim hatte den Ton der Weltdame studiert; sie leierte Phrasen herunter, die man täglich in anderen Varianten wiederholt, von denen die Seele nichts weiß. Diese langbewimperten Augen hatten jetzt nichts Sieghaftes mehr, nein, etwas unendlich Müdes. Nelda rückte sich zurecht: sie mußte sprechen, sowie dis andere sie zu Wort kommen ließ. „Also es gefällt Ihnen gut hier? Was — was — darf ich fragen, verschafft mir eigentlich die Freude Ihres Besuchs?" Halt, da war die unruhige Frage! Nelda wurde blaß und rct. sie fühlte ihr Herz klopfen, es kostete sie einen tav- fern Entschluß: „Ich komme mit einem Anliegen, gnädige Frau. Sie würden es mir ja auch nicht glauben, wenn ich sagte, ich käme aus bloßer Neigung zu Ihnen. Von so etwas war zwischen uns doch Wohl nie die Rede!" Sie mußte lächeln, trotz der inneren Erregung, und um die Lippen von Frau Arnheim spielte auch ein Lächeln; sie ge dachten beide jenes Zusammentreffens in der blumen- durchdufteten Veranda. „Sie trugen damals ein gesticktes Batistkleiv und einen Rosenhut — oh, ich weiß das alles sehr genau!" sagte Nelda. „Aber was Sie nicht wissen können, ist, daß ich eine Erinnerung an Sie mitnahm, als seien Sie auch so stolz, sich eines Unrechts zu schämen!" „Ich?!" Frau Arnheim hob den Kopf. „Wie kom men Sie darauf?" Noch lächelte sie, aber Lächeln und Ton waren Maske. Nelda sah das unruhige Flackern der blauen Augen, aber sie suhr gelassen fort: „Sie werden mich für dreist, ja- unverschämt halten. Sie werden mich vielleicht Hinaus weisen, mag sein, ich muß es eben daraufhin wagen. Ich habe eine Bitte an Sie" — zögernd hielt sie einen Augen blick inne — „an Ihren Edelmut!" Das war's?! Lie reiche Frau atmete erleichtert auf. Man wollte sie anbetteln. Diese Dallmer! Wer Hütte das gedacht? Sie sah einfach aus, aber durchaus nicht dürftig, im Gegenteil, ganz wie eine Dame. „Bitte sprechen Sie nur ohne GSne!" „Frau Arnheim" — Nelda konnte nicht mehr sitzen, sie sprang auf und stand in ihrer vollen schlanken Größe vor der andern — „ich bin die Freundin von Agnes von Osten!" Mit einem unterdrückten Laut fuhr die schöne Frau empor; sie starrte Nelda an, als habe diese etwas Unge heures gesagt. Dann biß sie sich rasch auf die Lippen und ließ sich zurück in die Polster fallen. „Ach ja, eins Freun din der Kleinen! Sie waren schon in Koblenz sehr liiert, soviel ich mich erinnere!" Ein Zug unglaublicher Gering schätzung umspielte ihren Mund. „Ein liebes Ding, dis gute Agnes!" „Gewiß!" Nelda nickte sehr ernst, der geringschätzige Zug um den Mund der anderen empörte sie; es flammte in ihr auf. „Sie sagen „gute Agnes"' — ja, gut ist sie, aber anders gut, als Sie es jetzt meinen! Ich halte es für ein schweres Unrecht, für eine Tat, Ihrer unwürdig, gnädige Frau, für eine Schande, dies edle Herz zu betrügen — es zu berauben, eZ zu — brechen!" Nelda war wieder ruhi ger geworden, kalt und klar klangen ihre letzten Worte: „Ja, es zu brechen — wie Sie es tun, gnädige Frau!" Anselma lachte krampfhaft, sie raffte das seins Spitzen taschentuch vom Boden und zerknäulte es in den Händen. „Wie kommen Sie daM? Sie sagen mir merkwürdige würge: Iw — lw — yaya, es ist zu komisch! Was gehen mich Frau von Ostens Sentimentalitäten an?!" Sie warf den Kopf zurück und fetzte eine eisig hochmütige Miene auf. „Ich muß Sie wirklich bitten, mich mit dergleichen lächerlichen Anschuldigungen zn verschonen!" Als zöge sie einen Kreis von unnahbarer Kühle um sich, so streckte sie abwehrend die Hand aus und raffte dann die Schleppe ihres Kleides zusammen. Nelda ließ sich nicht einschüchtern. Wie eine Rächerin stand sie hochaufgerichtet, die Arme unter der Brust ge kreuzt. Sie wußte selbst nicht, woher ihr die Worte kamen, sie strömten ihr zu, eine grenzenlose Erbitterung war in ihr. Durch einen Schleier sah sie Agnes' blasses Gesicht, ihrs Tränen, ihre vergehende Gestalt. Sie sprach laut: „Agnes war so glücklich, wie man es mit einem Mann wie Osten überhaupt sein kann. Er ist leichtsinnig und unbe ständig. Zucken Sie nicht zusammen, gnädige Frau, Sie möchten mir entgegnen und können es doch nicht. Sie sagen sich im innersten Herzen selbst: wer so rasch seins Pflicht vergißt, kann der treu sein? Oh, gnädige Frau" — die Erbitterung wich mehr und mehr, ihre Stimme wurde eindringlicher, ein sanfteres Zureden mischte sich ein — „glauben Sie nicht, daß Sie Glück mit ihm finden werden! Glück auf den Trümmern eines andren! Ich weiß alles, ich weiß es von, Agnes, ich weiß es von jenem Abend im Theater — entsinnen Sie sich? Tristan und Isolde! Ich habe Sie beobachtet, ich!" „Schweigen Sie! Es ist alles nicht wahr, Lüge, lächerliche Lüge!" Mit dunkler Röte aus den Wangen sprang Anselma auf, hielt sich die Hände an die Ohren und ging erregten Schrittes hin und her. Die Schleppe raschelte hinter ihr drein, man sah, wie die volle Brust arbeitete. Sie erhob die Stimme. „Und wenn es wahr wäre, ich verbitte mir jedes Wort! Was mischen Sie sich ein — mit welchem Recht?" „Ich habe gar kein Recht" — Nelda sprach nicht lauter als vorher, hie andere hörte doch jedes Wort trotz der zu gehaltenen Ohren, man iah es an ihrem Zufammen- Zucken — „und doch das Recht, das jeder Mensch hat, der ehrenhaft denkt. Agnes von Osten verzehrt sich; sie hat den Stolz, nicht weichen zu wollen, sie hält es für Pflicht, zn bleiben. Ich weiß, sie wird das durchführen, bis sie sttrbt; und sie wird sterben — bald — ihr schwacher Körper kann dem Gram nicht standhalten. Um Gottes Willen, gnädige Frau" — Nelda faßte nach dem Kleid der rastlos hm und her Wandernden —„um Gottes Willett, hMü ^i^ mich werden Sie keinEörderin! i (Fortsetzung folgt.)
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