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Wilsdruffer Tageblatt : 04.08.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-08-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192508043
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19250804
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19250804
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWilsdruffer Tageblatt
- Jahr1925
- Monat1925-08
- Tag1925-08-04
- Monat1925-08
- Jahr1925
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 04.08.1925
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Gegen das französische Kohleneinfuhr verbot. Im Handelspolitischen Ausschuß des Reichstages fand ein Antrag der Kompromißparteien einstimmige An nahme, der folgendes besagt: Im Hinblick auf die durch das französische Einfuhrverbot für deutsche Kohlen veränderte Lage beschließt der Handelspolitische Ausschuß des Reichstages, dieBeratungdesSaar- abkommens so lange auszusetzen, bis die Re gierung in der Lage ist, Erklärungen zu dem französischen Einfuhrverbot für deutsche Kohlen abzugeben. Von Re gierungsseite wurde mitgeteilt, daß Reichswirtschafts minister Neuhaus de Absicht habe, zum Saarabkommen dem Ausschuß ausführliche Mitteilungen zu machen. Eine Anfrage über den Stinnes-Konzern. Die sozialdemokratische Reichstags fraktion hat eine Interpellation eingebracht, in der sie die Regierung fragt, wie die Stützungsaktion der Reichsbank für den Stinnes-Konzern erfolgt ist. Die Interpellanten fragen ferner, ob für den Fall, daß aus öffentlichen Mitteln Stützungsaktionen ge fördert wurden, von der Reichsregierung oder den Länder regierungen an die Gewährung der Gelder Bedin gungen geknüpft, und ob insbesondere dem Reich und den Ländern Vorkaufsrechte zur Übernahme geeigneter Betriebe in die öffentliche Hand gesichert worden sind. Aus Zn- und Ausland l Berlin. Der Reichspräsident empfing die Leiter Les in Berlin versammelten Deutschen Studenten- 1 a g e s. > Bern. Schweizer Blätter wollen wissen, daß die italie nischen Opposition sblätter „Corriere della Sera", „Stampa" und „Avanti" nach dem Ausland (Schweiz oder Frankreich) auswandern werden, da ein neues italienisches Pressegesetz jede objektive journalistische Arbeit unmöglich machen werde. Haag. Amtlichen Informationen zufolge kann das neue Kabinett vorbehaltlich unerwarteter Veränderungen als zusammengestellt gelten. Colijn ist Ministerpräsident und zugleich Finanzminister und vorläufig auch Minister der Kolonien Außenminister ist van Kaucbeck. Paris. Nach einem Telegramm der „Chicago Tribune" wurde in Tampa in Florida eine anarchistische Ver- kschwörung entdeckt, die daraus abzielte, Präsident Coolidge, Rockefeller, Ford und andere bekannte Persönlichkeiten zu ermorden. Als Haupt der Verschwö rung wurde ein gewisser Norman Klein verhaftet. - London. Nach einer Meldung aus Peking hat in Amoi die Boykottbewegung gegen England sich in den letzten Tagen verschärft. Ein englisches Kanonenboot ist von Hongkong nach Amoi entsandt worden, da man dort Unruhen befürchtet. Peking. In dem Betrieb der internationalen Exportgesell schaften in Nanking entstanden Lohn st r eilig leiten. Es kam zu Zusammenstößen, bei denen ein Engländer getötet wurde. Die Engländer solle!- hierauf geschossen haben, wobei es vier Tote und mehrer: .. wundere gegeben haben soll. v«ue« «ur «Iler weit ) Friedrich-Ebert- und Walter-Rathenau-Straßen in Leipzig. Der Nat der Stadt Leipzig hat beschlossen, di» bisherige Hauptstraße im Vororte Leutzsch in Erinnerung nn den ersten Reichspräsidenten in Friedrich-Ebert-Straß» und die bisherige Bahnhofstraße im gleichen Vorort in Erinnerung an den Reichsminister des Äußern Walter Rathenau in Rathenaustrahe umzubenennen. Die Umbe nennung soll vom 1. Januar 1926 ab in Kraft treten. Ein unglücklicher Hinauswurf. In der Wohnung der vsn ihrem Mann getrennt lebenden Frau Loewisch in Wiesbaden hatte der 57 jährige Schuhmachermeistei Oti einen Wortwechsel mit deren Tochter. Der anwesende Verlobte oer letzteren, der Arbeiter Hahn, nahm für seine Braut Partei und warf Ott zur Tür hinaus. Dabei stürzte dieser so unglücklich, daß er infolge Schädel- bruchs tot liegen blieb. Hahn wurde verhaftet. Durch eine Granate getötet. In Gr. Kosuchen bei Lötzen (Ostpreußen) sand ein 15 jähriger Junge in einem Tümpel eine Granate. Als er versuchte, sie vom Schlamm zu reinigen, explodierte sie und zerstückelte den Jungen vollständig. Die Ursachen des Eisenbahnunglücks bei Tours. Die amtliche Untersuchung über das Eisenbahnunglück bei Tours hat folgendes festgestellt: Der Zug sei statt mit 30 Kilometer Geschwindigkeit 93 Kilo meter gefahren. Die Personenwagen waren falsch zu sammengestellt, zwischen den leichten Wagen haben sich solche schwererer Bauart befunden. Der Zugführer habe in der Kurve plötzlich Gegendampf ge geben, wobei die Dampfbremse nicht funktioniert habe. „ Beschlagnahme eines französischen Schnapsschmuggler- schiffes. An der amerikanischen Küste wurde ein franzö sischer Schoner beschlagnahmt, der 3000 KistenWhisky nachAmerika schmuggeln wollte. Die Besatzung wurde der amerikanischen Gerichtsbehörde übergeben. Erregung über die Brotteuerung in Italien. Die Er höhung des Brotpreises um 35 Centesimi pro Kilogramm und der Teigwaren um 60—65 Centesimi pro Kilogramm hat in der römischen Bevölkerung große Erregung hervor gerufen. Die Gemeindeverwaltung hat diese Preiser höhung nur provisorisch bis zum 9. August bewilligt. Die Gewerkschaften, die sozialistischen wie die faschistischen, haben bereits entsprechende Lohnerhöhungen gefordert. Während in Genua wie in Rom die Brotpreiser höhung bereits in Kraft getreten ist, hat die Gemeindever waltung von Mailand beschlossen, eine Entscheidung über Forderungen der Bäcker auf Erhöhung des Brot- Preises zu vertagen, um von der Regierung Informationen einzuholen. Infolge der Weigerung der Mühlen von Lecce, die Mehlvorräte vor einer Regelung der Preis frage zu verkaufen, hat die Regierung die Mehlvorräte beschlagnahmt. Absturz eines polnischen Flugzeuges. Auf einem Flug zeug brach über Warschau in einer Höhe von etwa 400 Metern Feuer au. Der Führer und sein Begleiter ver brannten lebendig in der Luft. Das Wrack stürzte mitten in der Stadt auf dem Gelände des Hospitals ab. Bunte Tageschromk. Worms. In Xanten am Niederrhein wurde die Frau des Wirtes Baumann von gesunden Vierlingen, drei Knaben und einem Mädchen, entbunden. Mutter und Kinder befinden sich wohl. Stuttgart. Bei Gemmertingen (Hohenzollern) fand ein Nachtwächter aus der Straße ein umgestürztes Automobil, unter dem der Führer tot lag. Es handelt sich um einen Studenten von der Heydt, der von den Opel-Werken den Auf. trag hatte, das Auto nach der Schweiz zu bringen. Königsberg i. Pr. In Insterburg wurden der Land- Wirt Schemschat und der Webergeselle Buttgereit hin-' gerichtet. Sie hatten gemeinsam mit der Frau des Schemschat den Altsitzer Paysan ermordet. Paris. Der bekannte Flieger Taras co beabsichtigt, in einem besonderen Flugzeug von Paris nach Newyork zu fliegen. Bei einem Probeflug legte der Flieger die Strecke Paris—Straßburg in einer Rekordzeit von zwei Stunden rnrück. i Arbeiter uns Angestellte ) uonigsverg r. Pr. tGeiamiausjperrung tm H o l z g e w e rb e.) Nachdem vor einigen Tagen in zwei ost- ureuhischen Städten die Holzarbeiter ausgesperrt worden sind, wird nunmehr die Aussperrung der gesamten in ost preußischen Holzgewerbe tätigen Arbeiter vorgcnommen. Die Aussperrung ist beschlossen, nachdem der Deutsche Holzarbeiterverband die Arbeiter einer Reihe vor Betrieben des Holzgewerbes in Königsberg und in der Provinz zur Niederlegung der Arbeit veranlaßt und dem Arbeitgeber verband mitgeteilt hat, daß er die von Arbeitgeberseile ge machten Einigungsvorschläge ablehnt. Essen. (Kündigung der Lohnordnung tu Ruhrbergbau zum 31. August.) Wie dem Deutscher Handelsdienst gemeldet wird, haben die Bcrgarbeiterverbünd« die zurzeit gültige Lohnordnung zum 31. August d. I. gekün digt. Gleichzeitig wird eine Lohnerhöhung ab 1. September beantragt. Pforzheim. (Der Streik in der Pforzheimer Schmuckwarenindustrie.) Die Arbeitnehmer in der Schmuckwarenindustrie haben bei ihrer Abstimmung der neuesten Schiedsspruch mit großer Mehrheit abgelehnt. Zur weiteren Klärung der Sachlage wird jetzt das Reichsarbeits ministerium angerufen werden. Paris. (Der Generalstreik der französischer Bankbeamten unvermeidlich.) Die Verhandlungen der Pariser Bankbeamten im Finanz- und Arbeitsministeriun haben zu keinem Ergebnis geführt. Die Lage hat sich so ver schärft, daß mit einem allgemeinen Generalstreik der Bank beamten in ganz Frankreich gerechnet wird. (»Sri«' . LllrllGsv Amtliche Berliner Räumungen vom 1. August. Börsenruhetag. Infolge des Börsenruhetages wurden an der Devisen- und Effektenbörse keine amtlichen Kursfeststellun. gen vorgenommen. , Schlachtviehmarkt. Der Auftrieb betrug: 1949 Rinder, darunter 358 Bullen, 540 Ochsen, 1051 Kühe und Färsen. 1893 Kälber, 11435 Schafe, 912« Schweine, 20 Ziegen, 222 Äuslandsschweine. Der Verlauf des Marktes war für Rinder glatt, für Schafe und Schweine ruhig. Preise. Für 1 Pfund Lebendgewicht in Reichspfennigen: Ochsen a) vollfleischig» -nsgemästete 60—64, b) vollfleischige ausgemästete im Alter von 4—7 Jahren 54—58, c) junge, fleischige, nicht ausge- mästete 48—52, d) mäßig genährte jüngere und gut genährre ältere 38-45; Bullen a) 60—63, b) 55—58, c) 48—53; Kühe und Färsen a) 58—64, b) 50—55, c) 40—43, d) 32—37, e) 25 bis, Z0; Fresser 45—50; Kälber a) —, b) 85—90, c) 72—80, d) 58 bis 63, e) 50—55; Schafe a) 52—58, b) 38—48, c) 25—35; Schweine a) —, b) 87—88, c) 85—87, d) 83—85, e) 80—82; Sauen 78—81; Ziegen 20—25. Butterpreise. 1. Qualität 192, 2. Qualität 175, abfallende Ware 155 Reichsmark je Zentner. » Ungünstige Lage der Konservenindustrie. Die diesjährige Kampagne in der Konservenindustrie hat Mitte Mai einge setzt. Die Beschäftigung ist jedoch infolge der geringen Spargel- und Erbsenernte ziemlich schwach geblieben, wenn auch im Mai die Betriebe ihre Belegschaften gegenüber den Wintermonaten auf das vier- und fünffache gesteigert haben. Die Absatzmöglichkeiten waren bei der geringen Ernte normal. Infolge der verminderten Kaufkraft der Konsumenten konnte der Vorkriegsabsatz nicht erreicht werden. Im Juni hat sich das Geschäft allmählich belebt, da die Preise durchweg stetig blieben und von der Kundschaft die Hoffnung, zu billigeren Preisen kaufen zu können, mit Rücksicht auf die schlechten Ernteergebnisse aufgegeben werden mußte. Dabei sind die Rohstoffe verhältnismäßig noch teuer. Spargel zum Beispiel liegt 125?L über den Vorkriegspreisen. . Produktenbörse. An der Produktenbörse bewegte sich das Geschäft in sehr ruhigen Bahnen. Am Lokomarkt ist das An gebot in Weizen neuer Ernte noch nicht erheblich, andererseits aber auch die Nachfrage relativ gering, so daß sich die Preise etwa aus dem letzten Niveau hielten. Dagegen steht Roggen im Markte sehr reichlich zur Verfügung. Das Angebot geht nicht unerheblich über die vorhandenen Kaufaufträge hinaus, so baß die Preise hier abbröckeln. Am Mehlmarkt ist das Ge schäft in Weizenmehl schleppend. Roggenmehl ist stark ange- boten, jedoch kamen angesichts der Zurückhaltung der Käufer Umsätze selbst bei weichenden Preisen nur schwer zustande. Auch in Hafer war das Geschäft ruhig, da der Konsum nicht geneigt ist, die geforderten Preise zu zahlen. Einige Nachfrage zeigte sich in Gerste, die im allgemeinen in reichlichen Quanti- täten am Markt ist, nur für feinste Ware. Getreide und Llsaaten je 1000 Kilogr^ sonst je 100 Kilogr. in Reichsmark. Weiz^ märk. 1. 8 245-248 31. 7 245-248 Weizkl.f.Brl 1. 8 13,8 31. 7 13,8 pommerscher — — Rogkl.f.Brl. 13.8-13.9 13.8-13.9 Rogg., märk. 184-189 187-192 Raps 359-360 350-360 pommerscher —» Leinsaat —— westpreuß. — — Viktor.-Erbs. 27-34 27-34 Futtergcrste 198-212 198-212 ».Speiseerbf 25-27 25-27 Braugerste 187-195 187-195 Futtererbsen 23-25 23-25 Hafer, märk. pommerscher —- — Peluschken Ackerbohnen 23-25 23-25 westpreuß. Weizenmehl — Wicken 26-28 26 -28 Lupin-blaue 11,7-13.2 11.7-13,2 p. 100 KU. fr. Lupin., gelbe 15.0-16,5 15,0-16,5 Bln. br. in». Seriell« — —- Sack (feinst. Mrk. ü. Rot.) S3-SS 33-35 Rapskuchen Leinkuchen 16,8-17 23,6-24 16,8 17 23,6-2^ Roggenmehl Trockenschtzl. 12.2-12.4 12,2-12.4 p. 100 KN. fr. Soya-Schrot 22.4-22,6 22,4-22.6 Berkin br. inll. Sack 26,7-28,7 27-29 Torfml.30/70 Kartoffelsl. 9.8-10 26-26.3 9,8 10 26-26,3 Meitzner Getreidepreise vom 1. August. Weizen hiesiger neu 75 Kilogramm 12,20; do. alt 72 Kilo gramm 12,60; Roggen hiesiger neu 9,80; Sommergerste 10,50 bis 11,50; Wintergerste 9,30—9,80; Hafer unverregnet 12,00; do. verregnet 10,00—11,00; Raps trocken 16,00—17,00; Mais (Mixed und Laplata) 11,30—11,50; Maisschrot 11,40—12,60; Wicken (Gemenge) 14,00; Erbsen 15,00; Trockenschnitzel 16,50; Wiesenheu neu 3,25—4,00; Weizen- und Roggeristroh 1,00; Preßstroh 1,10; Weizenmehl, Qualitätsware 21,25; do. 70^ 19,25; Roggenmchl 70-6 16,25; Roggenkleie 8,00; Weizenkleie 7,60; Speisekartoffeln neu 4,00—4M; Kartoffelstöcken 15,50; Landeier ab Hof 1 Stück 0,14; Landbutter für den Verbraucher Psd. 1,20—1,25; do. Marktpreis Pfd. 1,25—1,30. — Feinste Ware über Notiz. Liebeszauber. Koman von OSwald Bergener» 111 (Nachdruck verboten.) Im stillen Staunen lächelte Elgas bräunliches Gesich. tel zu dem größeren Wolfram auf. Wie sie in seinen Armen hing und mit ihm über den Rasm tanzte, immer fort und fort, geruhig im tiefen Herzen und froh. Könnte die stumme Seligkeit des Sommernachts- «raumes zu ewiger Jugend in den Herzen entzündet wer- 'den und mit ihrem Sonnenglanze darin fortleuchten durch Äle dunklen Wege bis an das letzte Tor des Lebens — ijvte das Brockenfeuer im Brande der untergehenden ,Gönne viele Meilen weit über die Höhen flammt, wenn die Täler schon längst im tiefsten Schatten schlafen! > > AlS der bunte Schimmer der Papierlaternen eine nach der andern auszubrennen und auszulöschen begann, als die Alten, die sich in erinnerungsreichem, behaglichem Zu- Mauen in der Allee gesammelt hatten, durch die lauen Lindenlüfte und die schweigsam glimmenden Laternchen der Johanniswürmchen heimwärts schlenderten und die Hungen mit sich nach Hause nahmen, — als auch das letzte Geplauder und Lachen an den nächsten dunklen Straßen» ecken und hinter der Kirche unter den finsteren Bäumen der Terrasse zu entlegenen Straßenlaternen sich verloren hatte, — huschte noch einmal ein Hellschimmemdes Geister» chen von dem dunklen Hause des Dozenten Doktor Schütze her an den Lindenstämmen der Allee entlang zum Jo hannisbaum, nm ihm in seliger Wonne und Trauer Gute Nacht zu sagen. Ganz sachte flüstert« es in den blumen» und ketten» geschmückten Nadelzweigen in Geisterstimme herunter: Blumen will ich dir über die Seele streuen, Ketten werd' ich dir einstmals reichen, wenn die Blumen längst ver» welkten! Mit gefalteten Händen stand sie unter dem Baum und horchte hinauf. Leise, alS habe das der gute, getreue, viel- hundertjährige Gefährt« viel tausend versibwieaener Liebestreue wirklich so herabgeslüstert, hauchten ihre jungen Kinderlippea: Blumen willst du mir über die Seele streuen, Ketten wirst du mir einstmals reichen, wenn die Blumen längst verwelkten! — Aber wie erschrak sie, als aus der grauen Johannis finsternis plötzlich ein Schatten vor ihr auftauchte. „Elgal" „Wolfram!" Aber betroffen und regungslos blieben sie voreinander stehen. Sie waren nicht allein. Unter den dunklen Linden erschien plötzlich eine heftige Bewegung — ein rascher stürmischer Schritt, wie ein Gespenst tauchte «s aus, war bet ihnen, kaum, daß sie sich seiner bewußt wurden, sprang stracks auf sie zu, so hoch, als wolle es sie überrennen, — sprang mitten zwischen sie hinein, schien sich drohend zu recken, stürzte eilig weiter und war alsbald jenseits unter tiefen Schatten wieder verschwunden. Wolfram hatte die starke, untersetzte Jünglingsgestalt Georg Waldhausens wie beim Aufleuchten eines Blitzes auch mi kirn in der Schattenwelt des Johanntsbaumes erkanin Ei nelte ein Wort des Zornes und der haßer füllten ^rung. Das lcije, erschrockene Lachen, das sie ihm nachsandte, verriet, daß es ihr nur als ein sonderbarer Zufall er schien. St« schien nur verwundert, daß er zuvörderst noch in einer stummen, finsteren Verschlossenheit verharrte, um dann um so ungestümer in einer trotzigen Leidenschaft nach ihren Händen zu greisen und sie zärtlich umklammert zu halten. „Elga — tch lasse dich niemals wieder los!' — -Du sollst mich immer sesthalten — Wolfram!' In der Dunkelheit suchten sie den Glanz ihrer Augen zu erkennen. Ihre Arme legten sich einer um des andern Hals — sie umschlangen sich in stummer seliger Innigkeit. Im blaffen Rosenlicht stand der Juntmorgen hinter den schwarzen Bäumen und Häusern und fernen finsteren Bergen. In den schlanken Spttzbogenfenstern der Kirche ruble ein seltsames Schimmern, als scbritten Leister durch das dunkle Säulenschtff, um dl« Lichter anzuzünden füc den Bergmannschor der Johannisnacht. Die Johannislieder Wolsram Brockenschmieds trugen ihren Nachhall auch in das Arbeitszimmer des Dozenten Dr. Schütze, und er, der Schatzgräber in den tausendjähri gen Erinnerungen der Harzwälder, hörte in ihnen alte, halbvergessene Sagen der Heimat neu aufklingen, als wenn der schlafende Wind sich plötzlich erhebt und rauschend durch die Wipfel zieht. Elga stand vor ihm am Schreibtisch, und ihre Wangen glühten vom Kuß des warmen Blutes und ihre Äugen glänzten wie aus Metalleuchten der Bergtiefe, als sie ihm aus dem Gedächtnis di« Lieder des Brockenschmieds vortrug. In einem gewaltigen Glasschrank an der gegenüber- liegenden Wand funkelten Kristalle und Edelerze einer reichen Mineralsammlung; es spiegelten sich die urvor- denNichen Geheimnisse aus dem Herzen der Berge darin. In den gewaltigen Flügeln ausgestopfter Raubvögel, die auf dem Schranke auf knorrigem Astwerk thronten, lag das Wind- und Sonnenrauschen aus steiler, blauer Bergluft. . - . Dr. Schütz« stützte den scharfgeschnittenen Kopf mit dem eisenfarbenen Bart und Haar in die Hand und guckte seinem Töchterlein nachdenklich in das rosenblühende Gesicht. „Du stehst ihn vielleicht einmal,' sagte er lächelnd, „wenn du in die Schule hinüberwanderst. Dann bestell ihm ' »Ich seh' ihn selten.' Dabei errötete der liebliche Schalk und es blitzte seltsam froh in den braunen Augen, als guckten sie in den unsichtbaren Sounenglanz des Zell« bachS hinauf. „Bestell ihm, daß er bald zu mir kommen soll, tch muß diesem jungen Sagendichter einmal nahe in Herz und Augen sehen.' „Wenn ich ihn sehe, Vater." „Versuch's nur, es wird schon gehen.' — (Fortsetzung folg!.)
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