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Ottendorfer Zeitung : 11.02.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-02-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191402115
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19140211
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19140211
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungOttendorfer Zeitung
- Jahr1914
- Monat1914-02
- Tag1914-02-11
- Monat1914-02
- Jahr1914
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 11.02.1914
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frankreick wükit weiter. Nachdem der deutsche General Liman von Sanders auf Drängen des Dreiverbandes seiner Stellung als Kommandant des ersten Armeekorps entboben war, durste man die leise Hoffnung nähren, das, nun die Freunde in Paris, London und Petersburg zunächst zufriedengestellt seien, da ja die Befugnisse der deutschen Militärmission in der Türkei in be deutsamer Weise beschränkt waren. Aber man will keine Ruhe. Besonders in Paris hört man nicht auf zu nörgeln, und wollen auch die amtlichen Stellen wirklich einmal nicht jede Hetze mitmachen, so erhebt die gesamte Presse Geschrei und Gezeter. So ist's auch jetzt wieder. In Konstanti nopel ist das Gerücht aufgetaucht, daß zwischen der Firma Krupp in Esten und der türkischen Regierung ein Abkommen getroffen worden ist. wonach die Türkei 50 Millionen erhält, um auf diese Weise ohne Staatsanleihe ihren dringendsten Verpflichtungen nachkommen zu können. Noch weih man nichts Genaues von dem Pakt, noch ist die geforderte Gegenleistung garnicht bekannt geworden; aber in Frankreich schimpft man schon wacker drauf los, ja man schreckt sogar vor Drohungen gegen die Türkei nicht zurück. Ein halbamtliches Blatt schreibt kurz und bündig, daß die Türkei nach solcher an die Adresse Frankreichs gerichteten Herausforderung die Hoffnung auf den fran zösischen Geldmarkt vorläufig aufgeben müsse. Und wie man sich im Fall Liman von Sanders krampfhaft bemüht hat, die rein mili tärischen Fragen zu einer politischen Ange legenheit ersten Ranges zu machen, so heißt es auch jetzt wieder, die Angelegenheit mit Krupp, der unter dem Einfluß der deutschen Regierung gehandelt habe, sei von höchster politischer Bedeutung. In diesem Falle müsse man sich fragen, ob Deutschland die Kruppschen Interessen höher einschätze als die des Welt friedens. Das ist so ziemlich das stärkste Stück, das sich die amtliche Presse in Frank reich seit einem Jahre erlaubt. Wir wissen doch sehr genau, daß es sich hier um die Tat sache handelt, daß man der französischen Finna Schneider-Creusot das Geschäft auf dem Balkan, besonders aber das Geschäft mit der Türket sichern will. Merkwürdigerweise bleibt Frankreich auch diesmal nicht allein. Aus Konstantinopel kommt zugleich die Meldung, daß die russische Regierung ihr Mißvergnügen mit den bis herigen Vereinbarungen des russischen Bot schafters v. Giers mit der Türkei zum Aus druck gebracht haben soll. Man sei in Peters burg sehr erstaunt, daß Herr v. Giers nicht kräftiger darauf bestand, für die wirtschaftlichen Nachteile, die russische Untertanen während der jüngsten Balkankrise in der Türkei erlitten hatten, Entschädigungen zu verlangen. Es heißt, das Petersburger Kabinett behalte sich eine durchgreifende Revision der Vorschläge des Botschafters vor. Mit anderen Worten, man will die Türkei wieder einmal in die Enge treiben. Man will sie durch Aushungerung und Bedrohung gefügig machen, man will verhindern, daß Deutschland auch nur den allerbescheidensten Einfluß in Konstantinopel behält. Gerade der neue Fall zeigt das in aller Deutlichkeit; denn noch ist nicht feststehend, ob das Gerücht von einem Kruppschen Geldvorschuß an die Türkei auf Wahrheit beruht. Sicher aber ist, daß die deutsche Regierung, wenn ein solches Ab kommen geschloffen worden ist oder wenn darüber verhandelt wird, der Angelegenheit völlig fremd gegenübersteht. Daß in der Auflegung die Logik in die Brüche geht, merken unsere hitzigen Nachbarn nicht; denn wenn in der bloßen Anschaffung von Kriegsmaterial durch die Türkei wirklich eine Bedrohung des Weltfriedens läge, so müßten ja auch Serbien und Griechenland, die in Frankreich neues Artilleriematerial bestellt haben, den Frieden bedrohen. Vliobtsr. l^eer und flone. — Die Linienschiffe des ersten Geschwaders so wie die Turbinenkreuzer nehmen nach Ausführung der Überholungsarbeiten auf der Werst ihre Übungen wieder auf. Bereits vor einigen Tagen hatten zu diesem Zweck „Seydlitz". „Friedrich der Große" und „Nassau" den Wilhelmshavener Hafen Iu feig! s i Roman von Reinhold Ortmann. IFoitiktzunü.) „Komm, ich werde dich in das Fremden zimmer hinaufführen, das wir glücklicherweise immer bereit haben," fuhr Fanny fort. „Aber laß uns leise auftreten! Ich möchte nicht, daß mein Mann dich in dieser Nacht noch einmal sieht." Sie nahm mit der Rechten die Lampe vom Tische auf und bot der Schwester den freien Arm. Willenlos leistete das junge Mädchen ihrer Aufforderung Folge. Und es war gut, daß Frau Fannys elastischer Körper über mehr als weibliche Durchschnittskraft verfügte. Denn schon auf den ersten Stufen der unbequemen Wendeltreppe stützte sich die Schwester so sehr auf ihren Arm, daß sie die zierliche Gestalt mehr tragen als führen mußte. Bis in das zweite Stockwerk des alten Hauses stiegen sie empor, und Fanny machte ihren Arm trei, um eine der auf den Vorplatz ausmündenden Türen zu öffnen. Ein niederes, aber freundlich und anheimelnd ausgestattetes Giebelzimmer war es, das der milde Licht schein der Lampe erhellte. Wie sie gesagt hatte, war hier alles zur Aufnahme eines Gastes bereit. Ein schmales eisernes Bett mit blütenweißen Bezügen stand an der einen Längswand des Zimmers, und auch sonst war alles vorhanden, dessen es zur Bequemlichkeit eines unvermutet erschienenen Besuchers be durfte. Unsicher, sich augenscheinlich nur mit An strengung aufrecht haltend, hatte Eva die weniaen Schritte bis zu dem ihr zunächst Politische Kundschau. Deutschland. * Die Meldungen verschiedener Blätter, daß gelegentlich der Anwesenheit Kaiser Wil helms auf Korfu eine Zusammenkunft zwischen dem Monarchen und den Königen von Italien und Griechenland geplant sei, werden halbamtlich als Erfindung be zeichnet. * Der Divisionskommandeur v. Lindenau in Trier ist zum Gouverneur von Metz ernannt worden. — Generalleutnant v. Lin denau ist aus der Infanterie hervorgegangen, war längere Zeit im Generalstabe, wo er zu letzt die Stelle des Adteilungschefs innehatte. Generalleutnant von Lindenau. Er wurde dann Kommandeur des Infanterie- Regiments Kaiser Wilhelm Nr. 116 in Gießen, der 76. Infanterie - Brigade in Erfurt und schließlich der 16. Division, in welcher Stellung er zum Generalleutnant befördert ist. Er hat sich auch als Miliiärschriftsteller betätigt. Sein Vorgänger in Metz war General der Infan terie v. Oven, ehemaliger Kommandeur der 7. Division, der 16. Infanterie - Brigade und des Grenadierregiments Nr. 12, sowie Chef des Generalstabes des 8. Armeekorps. * Der Bundesrat hat die Vorlage betr. die Prägung von 30 Mill. Mk. in Silber münzen angenommen. *Der Reichstagsabgeordnete v. Halem (Rp.), der 1912 in dem westpreußischen Wahl kreis Schmetz mit geringer Mehrheit gegen einen Polen gewählt worden war, hat noch vor der endgültigen Beschlußfassung des Reichstages über die von der Wahlprüsungs- kommission beantragte Ungültigkeitserklärung sein Mandat niedergetegt. * Im preußischen Abgeordneten hause erhob der Abg. Liebknecht die An klage, daß preußische Richter in ihrer Unabhängigkeit durch Orden und Titel, aber auch von anderen Beeinflussungen erschüttert würden. Der Justizminister wies diese An griffe scharf zurück. Österreich-Ungarn. "Kaiser F'r anz Josef wird im Früh jahr einen mehrwöchigen Aufenthalt in Meran (Südtirol) nehmen. Es heitzt, daß dem Monarchen der Aufenthalt im Süden von den Ärzten empfohlen worden sei. Im übrigen wird versichert, daß das Befinden des greisen Monarchen ausgezeichnet sei. Dänemark. "Prinz Aage, der kürzlich die Gräfin Calvi di Bergolo geheiratet hat, hat sür sich und seine Nachkommen auf das Erbrecht verlaffen. Dann folgten ihnen „Rheinland", „Westfalen" und „Moltke". Am Mittwoch ging. „Ostfriesland" in See. Die Schiffe werden in der Nordsee Einzelübungen abhalten und Mitte Februar nach Wilhelmshaven zurückkehren. „Thü ringen" war schon in voriger Woche von Wil helmshaven nach Kiel abgegangen, während „Prinz regent „Luitpold" und „Kaiserin" sich auf einer von Kiel aus angetretenen Übungsreise in der Nordsee befinden. der dänischen Königskrone, sowie auf den Titel „Prinz von Dänemark" verzichtet. Der Prinz nimmt den Namen Graf v. Roden borg an. Balkanstaaten. * Wie in Athen verlautet, wird sich Kron prinz Georg von Griechenland, der gegenwärtig in Bukarest weilt, mit der Prin zessin Elisabeth von Rumänien ver loben. — Mit dieser Nachricht stehen auch die Gerüchte von einem griechisch-rumä nischen Bündnis in Verbindung. "Die Einrichtung des türkischen Kriegsministeriums ist jetzt nach deutschem Vorbilde erfolgt. Amerika. "Aus Washington wird berichtet, daß die Regierung Einladungen zu einer dritten Friedenskonferenz erlassen hat. Die An regung dazu soll von der Königin Wilhel mina von Holland ausgegangen sein. "Auf eine eigenartige Idee ist der mexi kanische Präsident Huerta gekommen. Er hat an eine große Zahl europäische Zeitungen die Aufforderung gerichtet, ihre Korrespon denten nach Mexiko zu senden, um endlich einmal im Gegensatz zu den amerikanischen Berichten der Welt die Wahrheit über die politische Lage des Landes zu verkünden. Für Unterkunft, Verpflegung und Sicherheit der Berichterstatter will Huerta Sorge tragen lassen. Veutlcker Keickstag. (Original-Bericht.) Berlin, 7. Februar. Bei der fortgesetzten Aussprache über die Handhabung des Reichsvereinsgesetzes meinte Abg. Dr. Junck (nat.-lib.), daß eine Ände rung des Reichsvereinsgesetzes nicht notwendig sei. Abg. Müller-Meiningen (fortschr. Vp.) dagegen wünschte einen weiteren freiheitlichen Ausbau des Gesetzes, nicht aber die Aus schaltung des Jugendparagraphen. Abg. Dr. Landsberg (soz.) versuchte erneut den Beweis widerspruchsvoller Auslegung des Gesetzes, mährend Abg. Gröber (Zentr.) darauf hinwies, daß das alte preußische Ver einsrecht keinen Sprachenparagraphen und keine „Jugendlichen" kannte, sondern den fest umriffenen Begriff „Lehrlinge und Schüler", der eine widerspruchsvolle Auslegung gar nicht zuließ. An alledem seien die Liberalen schuld. Ministerialdirektor Dr. Lewald betonte, daß bei Beratung des Gesetzes die Beseitigung der vielen einzelstaatlichen Bestimmungen als Notwendigkeit angesehen wurde. Deshalb be deute das Reichsgesetz eine Vereinheitlichung. Unter lebhaftem Widerspruche der Sozial demokraten betonte der Redner, daß der Jungdeutschlanübund keine Politik treibe. Nach kurzen Bemerkungen des Abg. v. Tramp- czynski (Pole) wurde die Weiterberatung vertagt. . . Im Reichstage führte eine kurze Anfrage am Freitag zu der bundesrätlichen Mitteilung, daß zur Ausschaltung von Zweifeln über die Invalidenrenten der Auslandarbeiter Er wägungen im Gange seien. Dann kamen Wahlprüsungen zur Verhand lung. Sie führten zur Gültigkeits erklärung der Wahl des Dr. Wern er - Gießen (von der wirtschaftlichen Vereinigung) und nahmen nur wenige Minuten in Anspruch, so daß das dicht besetzte Haus bald zur Ab stimmung über die Entschließungen zum Reichsvercinsgcsctz schreiten konnte. Dabei ergab die Vereinigung von Polen, Sozialdemokraten und Zentrum eine starke Mehrheit, die alle Anträge dieser Parteien, insbesondere auch die Zulassung von Jugendlichen, zum Beschluß erhob. Der nationalliberale Antrag auf Vorlegung einer Denkschrift über die Arbeits- und Rechts verhältnisse der Staatsarbeiter wurde eoen- falls angenommen, während das von den Konservativen geforderte Verbot des Streik postenstehens nur die Antragsteller und die Reichspartei auf sich vereinigte und damit der Ablehnung anheimfiel. Mit der Beteiligung an den Abstimmungen glaubte ein großer Teil des Hauses heute seine Pflicht erfüllt zu haben, die Bänke lichteten sich zusehends, und als der Sozial demokrat Molkenbuhr den dreizehnten Verhandlungstag des inneren Etats mit Betrachtungen über die Witwen- und Waisenversorgung einleitete und einen erhöhten Reichszuschuß forderte, fand er trotz der Wichtigkeit des. Themas nur einige Dutzend Zuhörer. Die vom Abg. Erzberger (Zentr.) ge wünschte frühzeitigere Familienunterstützuug der zum Heeresdienst einberufenen Reservisten wird nach Ministerialdirektor Lewald ver einfacht werden. Nach vielen kleinen Wünschen forderte beim Titel „Reichsschulkommission" Abg. S ivkovich (fortschr. Vp.) die Errichtung eines Reichsschulamts als eine Zentralstelle sür Erziehung und Unter richt. Abg. Dr. Ortmann (nat.-lib.) fragte nach dem Verbleib des Reichsschulmuseums und nahm dann das Einjährigen-Privileg in Schutz, gegen das sich Abg. S chulz -Erfurt(soz-) heftig aussprach. Für die Beibehaltung trat wiederum Abg. Marx (Zentr.) ein. Nach weiterer Debatte wurde die Resolution auf Errichtung eines Reichsschulamts ange nommen. Beim Bundesamt für Heimatwesen be-, gründete Abg. Dr. Schiffer (nat.-lib.) einen Antrag, der die Vorlage eines Gesetzentwurfs über den Ausbau des Bundesamts zu einem Reichsamt für Heimats- und Finanzwesen forderte, behufs letztinstanzlicher Entscheidungen über Fragen, die aus dem Wehrbestrags- und Besitzsteuergesetz hervorgehen. Abg. Dr. Dove (fortschr. Vp.) sprach sich für den Antrag aus, Abg. Graf Westarp (kons.) dagegen, da es die Rechte der Einzel staaten beeinträchtige. Auch Abg. Erz berger (Ztr.) hielt diesen Antrag ebenfalls nicht sür geeignet, die Zweifelsfragen zu be seitigen, dies bejahte dagegen Abg. Frank (soz.). Der Antrag wurde schließlich ange nommen. Dann vertagte sich das Haus. Cnäe äer Ltrafexpeäition m ^eukamerun. " Die Strafexpedition gegen den Häuptling Gabola von Nguku in Neukamerun, in dessen Dorf am 12. Oktober Oberleutnant p. Raven getötet und Bezirksrichter Seger verwundet worden war, ist nach einer aus Kamerun ein- gegangenen Meldung des.Gouverneurs m n- mehr beendet. Der Häuptling ist, nachdem' die Schutztruppe, unterstützt durch eine Abteilung der Polizeitruppe, unter Haupt mann von Puttkamer am 19. Dezember, sein Hauptdorf erobert hatte, geflohen. Durch sofortige Aufnahme der Verfolgung ist es gelungen, die Macht des unbotmäßi gen Häuptlings, dessen die französische Regierung nicht hatte Herr werden können, vollständig zu brechen. Die Mörder des Oberleutnants v. Raven sind gefallen. Alle Häuptlinge, , die sich im Vertrauen auf die Macht des Häuptlings Gabola und er mutigt durch den Tod des Oberleutnants v. Raven der Aufstandsbewegunz angcschlossen hatten, haben um Frieden gebeten'. Oberleutnant v. Raven, ein geborener Ber liner, war Anfang Oktober einem französischen Faktoristen in Nguku, dessen Leben gefährdet war, mit 13 Mann von seinem Posten Nola zu Hilfe geeilt. Als dje Eingeborenen trotzdem auf den Faktoristen schossen, beschloß Ober leutnant v. Raven, das Hauptdorf des Häupt lings Gabola räumen zu lassen. Auf dem Wege dorthin wurde er aus dem Hinterhalt erschossen. Die unter Hauptmann x. .Putt kamer abgegangene Strafexpedition hätte schon im Dezember das Hauptdorf Nguku. erobert, doch war es nötig, gegen die Häuptlinge nördlich und nordwestlich des Ortes weiter vorzugehen, da sie sich zum Teil der Aufstands bewegung angeschlosfen hatten. Jetzt ist es, wie aus dem obigen amtlichen Bericht heroor- geht, erfreulicherweise gelungen, die Unbot mäßigen zur Ruhe zu bringen und den un versöhnlichen Europäerfeind Gabola zu ver treiben. stehenden Stuhl zurückgelegt und war auf demselben niedergeglitten. Mit rückwärts ge sunkenem Kopfe und geschlossenen Augen saß sie da, hastig atmend und offenbar einer Ohnmacht nahe. Fanny ging zum Waschtisch, tauchte eins der Handtücher in das eiskalte Wasser und netzte Evas Stirn. Das Mitleid hatte offenbar über jede andere Regung in ihrem Herzen den Sieg da vongetragen. Und wie sie jetzt auf die Leidende einsprach, hatte ihre vorhin so melallharte Stimme einen ganz veränderten, zärtlichen Klang. Vielleicht war es noch mehr dieser gütige Zuspruch als die lindernde Kühle der Kom presse, was so wohltätig auf Eva wirkte. Die schmerzliche Spannung in ihren Zügen ließ allmählich nach, und als Fanny dann das Tuch von ihrer Stirn entfernte, in der Absicht, es von neuem anzufeuchten, chlang die Schwester plötzlich die Arme um Men Hals und barg das Gesicht an ihrem Busen. Ein paarmal ging es wie eine heftige Erschütterung durch ihren Körper, dann löste sich die furchtbare Erregung, unter Mren Druck sie so lange gestanden, in einen Strom von Tränen. Und Fanny versuchte nicht, diesem herz brechenden Weinen Einhalt zu tun. Sie hatte dem jungen Mädchen schon vorhin den Hut abgenommen, und sie begnügte sich jetzt, sanft über die weichen Haarwellen zu streichen, hier und da ein liebevolles Kosewort sprechend. Minutenlang verharrten sie so in zärtlicher Umschlingung. Dann endlich machte Fanny sich sankt aus den Armen der Schwester frei und begann die noch immer leise weinende wie ein Kind zu entkleiden. Und hilflos wie ein Kind ließ Eva alles mit sich geschehen. Die nervöse Exaltation war einer vollständigen Abspannung gewichen und es schien ihr ganz gleichgültig, was mit ihr geschah. Ein einziges mal nur, als sie schon auf den Kiffen des Lagers ruhte und als Fanny sich über sie heravneigte, um zu fragen, ob sie noch irgend etwas zu ihrer Bequemlichkeit tun könne, ging es wie der Schatten eines Lächelns — eines rührend kindlichen und zugleich wehmütigen Lächelns — über ihr Antlitz und sie bewegte verneinend den Kopf. In der nächsten Sekunde schon aber schloß sie die Augen, und es hatte den Anschein, als ob sie wirklich auf der Stelle eingeschlummert sei. Eine kleine Weile noch blieb Fanny neben dem Bette stehen, um das schöne bleiche Gesicht des regungslo en jungen Mädchens zu be trachten. Dann stellte sie die Lampe so, daß ihr Lichtschein der Schlafenden nicht unbequem werden konnte und verließ auf den Fußspitzen das Zimmer, die Tür leise und vorsichtig hinter sich ins Schloß drückend. ch ch ch Unablässig war Rudolf Eggers seit dem Augenblick, La seine Frau ihn verlaffen hatte, inmitten des Salons auf und nieder ge schritten, eine Beute beunruhigender Vor stellungen und häßlicher Gedanken. Mit un erträglicher Langsamkeit waren ihm die Minuten bis zu Fannys Wiederkehr ver strichen. Seinem schäften Ohr war der Klang der Schritte drarften auf der alten, knarrenden Stieae nickt entgangen. ^xer seine Frau hatte ja den Wunsch ausgesprochen, daß er sie nicht stören möge, und er war trotz seiner Svannung und Ungeduld rücksichtsvoll genug, diesen Wunsch zu respektieren. Nun aber, da er Fannys leichten Schritt nebenan im Eßzimmer hörte, reckte er sich hoch auf und blieb unter dem Kronleuchter mitten im Gemache stehen, das tiefernste Gesicht, das einen Ausdruck fast finsterer Strenge ange nommen hatte, der Eintretenden zugewendet. Aus der Schwelle schien Fanny einen Augenblick zu zaudern, wie wenn sein Aus sehen ihr Furcht eingeflößt hätte. Aber wenn sich wirklich eine derartige Empfindung in ihr geregt hatte, so gelang es ihr doch schnell ge nug, sie zu bemeistern; denn schon in der nächsten Sekunde ging sie erhobenen Hauptes auf ihren Gatten zu. Und ihre berückende Schönheit, das leise Seidenrauschen ihrer _ Gewänder, der süße Duft des Veilchenparfüms, dessen sie sich ihm zu Liebe in fast allzureichem Maße zu be dienen pflegte, hatten seinen Unmut schon zum größten Teil entwaffnet, noch ehe sie das erste Wort gesprochen. War es ihm doch während dieses ganzen Abends gewesen, als hätte er sie niemals holdseliger und bestrickender ge sehen wie gerade heute! Und hatte er doch nur darum keinen Versuch gemacht, den frühzeitigen Ausbruch seiner Gäste zu ver hindern, weil die Sehnsucht, endlich mit seinem schönen Weibe allein zu sein, ihn fast verzehrte. Woher hätte er da die Kraft nehmen sollen, jetzt den gestrengen Richter m spielen. Und Fanny mußte sich der Macht, die sie über um besaß, sehr wohl bewußt sein, da sie
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