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Ottendorfer Zeitung : 04.03.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-03-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191403043
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19140304
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19140304
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungOttendorfer Zeitung
- Jahr1914
- Monat1914-03
- Tag1914-03-04
- Monat1914-03
- Jahr1914
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 04.03.1914
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politische Kundlcbau. Deutschland. * Wie nunmehr bestimmt worden ist. wird Kaiser Wilhelm die Frühjahrsreise nach Korfu am 22. März von Venedig aus an treten. "Aus Anlaß des Besuches des deutschen Linienschiffsgeschwaders in Rio de Janeiro bat ein Depeschenwechsel zwischen Kaiser Wilhelm und dem Präsidenten von Brasilien Hermes da Fonseca statt- gesunden. Der Kaiser hat in seinem Tele gramm in liebenswürdigen Worten die Hoff nung ausgedrückt, daß der Besuch des deut schen Geschwaders zur Entwicklung der guten Beziehungen beider Länder beitragen werde. "Nach verschiedenen Blättermeldungen sollten dem Bundesrat bis spätestens Herbst dieses Jahres Gesetzentwürfe zugehen, die eine wesentliche Verschärfung der Be stimmungen gegenüber deutschfeindlichen Be strebungen aus dem Gebiete des Vereins- und Presserechts bezwecken. Angeblich sollte der Kaiser den allergrößten Wert darauf legen, daß die Vorlagen verabschiedet werden, wobei gegebenenfalls eine Reichstagsauf lösung in Frage käme. Halbamtlich wird demgegenüber erklärt, daß von der Einbringung derartiger Vorlagen an den leitenden Stellen nichts bekannt ist. * Die Zabernkommission Les Reichstages hat nunmehr ihre entschei dende Sitzung abgehalten. Dabei wurde 8 1 des fortschrittlichen Entwurfs, wonach die be- wasfneteMacht zur Unterdrückung innerer Unruhen nur auf Ersuchen der zuständigen Zivilbehörden verwendet werden kann, mit 11 gegen 10 Stimmen abgelehnt, ebenso Satz 2, wonach der Bundesrat die Fälle für Zulässigkeit eines solchen Ersuchens und die Formen, in Lenen es zu erfolgen hat, be stimmen soll. Darauf zogen die Antragsteller den Entwurf zurück. Ebenso wurde der An trag der Sozialdemokraten betr. Aufhebung der Militärgerichtsbarkeit abgelehnt. Nach kurzer Debatte wurden schließlich auch alle anderen Anträge hinsichtlich Begrenzung der militärischen Machtbefugnis abgelehnt. "Der preußische Minister für Handel und Gewerbe hat nunmehr sein im Landtag ge gebenes Versprechen, auf die Beseitigung von Härten beim Vollzug der Dienstboten- Krankenversicherung hinzuwirken, ein gelöst. In einem Erlaß legt er den Ober versicherungsämtern insbesondere die Bil dung von Landkrankenkassen, denen ausschließlich Dienstboten als Mitglieder zu zuteilen wären, und die Ansetzung mäßiger Beiträge mit zahlreichen Abstufungen nahe. "In derZweitensächsischenKam- mer erklärte Finanzminister v. Seydewitz zur Haltung Sachsens in den Steuerfragen: „Die Regierung muß den Gedanken ablehnen, daß sie aus Rücksichtnahme auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der Bundesstaaten der Wehrvorlage Schwierigkeiten gemacht hatte. Die Reichserbschaftssteuer wurde von der Re gierung nicht als ein so erhebliches Übel an gesehen: denn sie ist eine indirekte Steuer, und mit ihr hätten sich die Einzelstaaten ab- gefunden. Aber die Vermögenszu wachssteuer ist eine direkte Steuer, sie be deutet einen schweren Eingriff des Reiches in die Finanzhoheit der Einzelstaaten. Bei den indirekten Steuern sind wir noch keineswegs an der Grenze der Möglichkeiten angelangt, es gibt noch eine Anzahl entbehrlicher Genuß mittel, die eine Mehrbelastung recht wohl ver tragen könnten. In dem Maße, in dem die Einzelstaaten an direkten Steuern verlieren, verlieren auch die einzelstaatlichen Parlamente an Einfluß und Bedeutung/' England. * Der deutsche Botschafter Fü rst Lich - nowsky, der als Ehrengast bei einem ihm von der Londoner Handelskammer gegebenen Festmahl anwesend war. erklärt ein Erwiderung aus den auk ihn ausgebrachten Trinkspruch: bei seiner Überzeugung, daß der Handel zum gegenseitigen Vorteil beider Länder gereiche, freue er sich über das Anwachsen des Handelsverkehrs zwischen England und Deutschland. Deutschland sei der beste europäische Kunde von England. Schorr deshalb ständen sich beide Länder gegenseitig bei. Der Handel bringe beiden gegenseitigen Nutzen und entwickle gemeinsame Interessen. Dies fördere ein gutes Einverständnis und die gegenseitige Freundschaft. Er hoffe, daß der Handel zwischen England und Deutschland sortiahren werde, zu wachsen und zu gedeihen zum Vorteile beider Länder und des Welt friedens. "In London fand dieser Tage eine große Versammlung von Geschäftsleuten statt, an der Vertreter des englischen Kriegsministe riums und anderer Regierungsömter t-ilnahmen. Die Versammlung nahm einstimmig einen Beschluß zugunsten des Baues eines Kanaltunnels nach Frankreich an und gab der Ansicht Aus druck, daß der Tunnel die herzlichen Beziehun gen Englands zu Frankreich und zu anderen Festlanomächten steigern werde. Von zahl reichen bedeutenden Persönlichkeiten wurden Zuschriften verlesen, in Lenen der Bau des Tunnels befürwortet wurde. Es wurde be tont, daß Ler Tunnel für Englands Handel von großem Nutzen sein würde, während er in Kriegszeiten leicht mit Dynamit zer stört werden könne. Rußland. "In einem Ministerrat erklärte der Zar erneut, daß er unter allen Umständen dem Lande diejenigen Freiheiten erhalten wissen wolle, die ihm durch die Verfassung gewährt worden sind. Das Ministerium sei lediglich dazu da, die Verfassung in allen Teilen auszuführen. Die Rede des Zaren hat im Ministerrat gewaltigen Eindruck gemacht. Amerika. "Im Hinblick auf die ungeheure Auf regung, die die Ermordung des englischen Plantagenbesitzers Benton in Mexiko in ganz England hervorgerufen hat, ist eine Erklärung nicht ganz ohne Interesse, die der Cüef des Generalstabs der amerikanischen Armee, General Wood, abgab. Er sagte, daß die Ver. Staaten nicht mehr als 30 000 Mann zur sofortigen Verfügung hätten, wenn es zu einem Kriege mit einer anderen Nation kommen sollte, 60000 Soldaten seien in den Philippinen und in anderen Gegenden. Ver schiedene hunderttausend Mann könnten jedoch unter die Miliz einberufen werden, aber um diese kriegsmäßig auszurüsten, würde längere Zeit nötig sein. Mit andern Worten, die Ver. Staaten sind nickt in Ler Lage, mit Mexiko einen Krieg zu führen, und man kann jetzt begreifen, aus welchem Grunde Präsident Wilson das schon so häufig angekündigte militärische Eingreifen in Mexiko immer wieder verzögert hat. Veuticker Keickstag. (Original-Bericht.) Berlin, 28. Februar. Der Reichstag setzte am Donnerstag die allgemeine Erörterung über den Etat des Retchseisenbahnamts fort. Abg. Stolle (soz.) bezeichnete die Tätigkeit des Reichseisenbahn amts für die Vereinheitlichung als unzu reichend. Abg. L i st - Eßlingen (nat.-lib.) trat für die Vereinheitlichung ein. Abg. Sieben bürger (kons.) Mrte erneut Beschwerde über die Schädigung der Viehtransporte durch un zweckmäßige Fütterung. Abg. Dr. Pfeiffer (Zentr.) wünschte die Einführung von Schlaf wagen 3. Klasse, wahrend Abg. Fischer- Hannover (soz.) eine Beseitigung der 1. und 4. Wagenklasse verlangte. Prä sident Wackerzapp betonte, daß die Anforderungen an den Wagenpark fast ganz gedeckt wurden. Wer dis deutschen Eisenbahnen kenne, müsse zugeben, daß mit Energie an der stetigen Vervollkommnung ge arbeitet werde. Das deutsche Eisenbahnwesen sei gesund und in günstiger Vorwärtsbe wegung begriffen. Abg. Dr. Oertel (kons.) gab zu, daß hier und da Mängel bestehen, je doch das Eisenbahnwesen fick sehen lassen könne. Seine Freunde lehnen Reichseisenbahnen immer noch ad, ebenso eine Finanzgemeinschaft. Darauf wurde das Gehalt des Präsidenten bewilligt und das Haus wandte sich dem Etat der Reichseisenbahnverwaltung zu. Abg. Fuchs (soz.) meinte, Wünsche aus den Reichslanden erfahren durch die Verwaltung eine schnoddrige Ablehnung. Nach einer längeren Rede des Ministers v. Breitenbach, der den Vor redner widerlegte, vertagte sich das Haus. Im Reichstage wurde heute die allgemeine Erörterung des Etats der Reichseisenbahnver waltung bei dem Etatstitel ihres Chefs fort gesetzt. Sicher ist dies sür den Reichsschatz sekretär die angenehmste Position im ganzen Etat, denn sie führt den bedeutungs vollen Vermerk „ohne Besoldung". Herr von Breitenbach muß eben mit seinem preußischen Ministergehalt zugleich auch als Chef Ler Reichseisenbahnen auskommen. Natürlich bleibt auch das auf die Beschleunigung der Verhandlungen ohne jeden Einfluß. Keines wegs neu, aber doch in dieser Ver handlung seltener vorgebracht war die Forde rung des heutigen Zentrumsredners Coß - mann, die Bahnüberschüsse nur zu Verkehrs verbesserungen und zur Erhöhung Ler Arbeiter löhne zu verwenden. Der Fortschrittler Röser trat noch ein mal für die Schlafwagen dritter Klasse ein und befürwortete die Gewährung von Ar beiterfahrkarten für längere Strecken. Minister v. Breitenbach will über SO Kilometer nicht hinausgehen. Er wieder holte dann, daß auch bei geringerem Verkehr möglichst keine Arbeiter entlassen werden, daß die Industrie der Reichslande mit Aufträgen ausreichend berücksichtigt werde usw. Neu war die Forderung des Vertreters der wirtschaftlichen Vereinigung Dr. Werner- Gießen, das .Berliner Tageblatt' vom Bahn hofsverkehr auszuschließen. Der Elsässer Dr. Hagy betonte im Gegen satz zu Len früheren Darlegungen des Mi nisters, daß Elsatz-Lothringen auch mit eigenen Landesbahnen ein sehr gutes Geschäft machen würde. Es würde sparsamer wirtschaften und nicht nur nach strategischen Rücksichten bauen. Nach dem Redner, der zum Schluß be merkt hatte, daß in den Reichslanden das Gerücht verbreitet sei, die Eifenbahn verwaltung wolle aus Gründe« der Landesverteidignng keine Elsasser einstellen, erklärte Minister v. Breitenbach, daß dieses Gerücht unzutreffend sei: denn 60 Prozent aller Eisenbahnbeamten in den Reichslanden stammen von dort. Der Minister versickerte, daß die Verwaltung dauernd das Wohl ihrer Angestellten im Auge habe und bat bei der Kritik der Verwaltungsmaßnahmen auch die guten Seiten zu berücksichtigen. Abg. Per rotes (soz.) sprach von einer Verpreußung der reichsländischen Bahnen. Dann forderte er Sonntagsfahrkarten vom Lande in die Städte und weitere Preisermäßigungen für Schüler fahrten. Dem vom Abg. Schirmer (Ztr.) ge forderten Staatsarbeiterrecht brachte der Mi nister lebhafte Bedenken entgegen. Die Ar- beiterausschüsfe hätten im allgemeinen nützlich gearbeitet. Unwahren Vorwürfen der Ange stellten habe die Verwaltung allerdings die Maßregelung entgegengestellt. Abg. Jckler (Zentr.) erkannte die Für sorge Ler Verwaltung für die Arbeiter an, präsentierte aber gleichwohl einen bunten Strauß neuer Wünsche. An Ler weiteren Aus sprache, die neues nicht ergab, beteiligten sich die Abgg. Kiel (fortfchr. Vp.), Windeck (Lothr.). Dann vertagte sich das Haus. f)eer und fione. — Das Linienschiff „Deutschland" ist von Kiel nach Wilhelmshaven ausgelaufen, wo sich der Kaiser am 4. März einschiffen wird. „Deutsch land" wird dem Kaiser während seines Aufent haltes in Wilhelmshaven zur Vereidigung der Marinerekruten als Wohnschiff dienen und auch für die daran sich anschließenden Fahrten benutzt werden. — Die Flieger-Abteilungen sind jetzt bezüglich der Mannsmaftszahl vervollständigt worden. Zu diesem Zweck wurde eine Anzahl Mannschaften von den Fußtruppen ausgehoben, in der Haupt sache Handwerker in der Metall-Industrie, die in den Werkstätten der Flieger-Abteilungen ausge bildet werden sollen. Auch eine Anzahl Unter offiziere werden zu den Flieger-Abteilungen kom mandiert. Explofiomkatastrophe bei Berlin. Viele Arbeiter unter Trümmern verschüttet. Eine folgenschwere Explosion ereignete sich Donnerstag mittag in der Fabrik sür Anilin farben in Rummelsburg bei Berlin. Des näheren wird darüber berichtet: Bei der Abnahme eines Kessels in der Anilmfabrik in Rummelsbura er eignete sich eine furchtbare Explosion. Nach den ersten Feststellungen haben zehn Mannden Todgefunden, während acht schwer verletzt wurden. Durch welche Exvlosionsstoffe die Katastrophe herbeigeführt wurde, konnte noch nicht festgestellt werden. In ganz Rummelsburg herrschte unmittel bar nach der Katastrophe eine furchtbare Ver wirrung, da die ganze Ünglücksstelle in Qualm eingehüllt war und die Feuerwehr schwere Mühe hatte, infolge der Entwicklung giftiger Gase bis zum Explosionsherd vorzudringen. Einzelheiten der Katastrophe. In der Nitro-Benzolfabrik, einem allein stehenden Gebäude, das sich weit hinten auf dem Gelände der Anilinfabrik befindet, war vormittags ein neuer offener Rührkessel aus gestellt worden, der von dem Ersten Ingenieur geprüft und abgenommen werden sollte. Kurz vor 11 Uhr ertönte eine furchtbare Explosion, die weithin gehört wurde. In demselben Augenblick barsten in der Umgebung der Fabrik und in dieser selbst sämtliche Fensterscheiben. Das Nitro-Benzol- gebäude wurde total zerstört, so daß nur noch Mauerreste aus der Erbe hervorragen. Gleich zeitig schossen gewaltige Flammen aus dem brennenden Chaos empor Und setzten die Trümmsrstätte in Brand. Die Feuerwehren aus der ganzen Umgebung waren bald zur Stelle, und ihrem vereinten Vorgehen gelang es, des Feuers Herr zu werden. Bericht eines Augenzeugen. Ein Augenzeuge, der im Augenblick der Explosion auf dem Gelände der Fabrik weilte und wie durch ein Wunder unverletzt blieb, berichtet: Unmittelbar nach der Explosion er füllte den ganzen Raum, in dem Ler arg zer störte Kessel gearbeitet hatte, ein Gemisch von giftigen Gasen, von Flammen und Qualm, dessen ätzender, vernichtender Wirkung sämt liche dort Befchästigten erlagen, soweit sie nicht durch die Fenster und sonstige Öffnungen von der Gewalt der Gase davongeschleuLert worden waren. Auch sämtliche übrigen Baü- lickkeiten der Fabrik und ihrer näheren Um gebung wurden durch den furchtbaren Stoß der Explosion erdbebenartig erschüttert, und alles, was nicht niet- und nagelfest in ihnen war, wurde durcheinandergestürzt. Sämtliche Fensterscheiben der Fabrik und der ihr gegenüberliegenden Häuser wurden zertrüm mert, darunter zentimeterstarke Schaufenster scheiben. Aus Lem von der Explosion be troffenen Gebäude wälzte sich undurchdring licher Qualm zum Himmel empor. Inmitten Ler furchtbaren Verwüstung wälzten fick unter Entsetzensrufen die mit dem Tode Ringenden und Schwerverletzten. Von den rund 400 Arbeitern und Angestellten des Betriebes stürzten diejenigen, die nicht direkt oder indirekt von dem Unglück betroffen oder ver letzt wurden, den Ausgängen zu und suchten unter Hilferufen das Freie zu erreichen. Wie erklärlich, liefen viele hinaus, ohne zurückzu kehren, wodurch die Feststellung der bei dem Unglück tödlich Verunglückten natürlich sehr erschwert ist. Die Ursache der Explosion zu ermitteln, wird sehr schwer sein. Die Zeugen sind sämtlich tot, unL die Unfallstelle selbst ist so zertrümmert, daß man sich kein Bild machen kann, was zu der fürchterlichen Katastrophe geführt haben mag. Die chemischen Sach verständigen, denen es wahrscheinlich erst nach langwierigen Untersuchungen möglich sein wird, sich bündig zu äußern, nehmen an, daß irgendein unglücklicher Zufall die Katastrophe herbeigeführt hat. Offenes Feuer oder heiße Wärmeleitungen sind in dem Naum angeblich nicht vorhanden. Tu feig! l4j Roman von Reinhold Ortmann. (Fortphuna.) „Ich werde glücklich sein, wenn ich Ihre Erwartungen zu rechtfertigen vermag." „Mein Mann erwähnte gestern in Ihrem Beifein den Namen eines Herrn von Lettow, dessen Bekanntschaft er auf seiner Heimreise gemacht. Und er nannte die en Herrn von Lettow Ihren Freund. Trotz Ihres gestrigen Protestes muß ich darum wohl annehmen, daß sie einigen Einfluß auf ihn besitzen." „Ich zweifle, ob ich diese Vermutung be stätigen kann. Vor mehreren Jahren habe ich mich allerdings ein paar Wochen hindurch in einer Gesellschaft bewegt, der auch Herr von Lettow angehörte. Aber ich bin ihm niemals näher getreten. Seine Persönlichkeit und sein Wesen waren mir von Anfang an sehr wenig sympathisch." Die Enttäuschung spiegelte sich deutlich auf ihrem Gesicht, und er gewahrte eigentlich erst jetzt, wie elend und angegriffen sie aussah. Ihre Wangen schienen ihm seit gestern schmaler und hagerer geworden: tiefe dunkle Schatten unter ihren Augen deuteten aus eine schlaflos verbrachte Nacht. Und wenn es nicht seine schlummernden Sinne waren, die diese Wahr nehmung von neuem aufzustacheln vermochte, so weckte sie doch sein Mitleid mit dem armen, ohne alle Zweifel sehr unglücklichen und von einer geheimen Seelenangst gefolter ten Weibe. Wärmer als es eigentlich seinen in der ver- flüssen n Nacht gefaßten Entschlüssen entsprach. sagte er, nachdem er ein paar S-kunden ohne Antwort geblieben war: „Möchten Sie mir nickt ganz frei und un umwunden mitteilen, was Sie von mir er warten? Die Ersüllbarkeit Ihres Wunsches ist doch wohl nicht von dem Grade der Freund schaft abhängig, die mich mit Herrn von Lettow verbindet?" „In einem gewissen Sinne doch," erwiderte sie in hastigen, wie mit schwerer Selbstüber windung hervorgestoßenen Worten, „denn ich wollte Sie bitten, Ihren Einfluß auf ihn dahin geltend zu machen, daß er der Ein ladung meines Mannes nicht Foige leistet — daß er seinen Fuß niemals über die Schwelle unseres Hauses setzt." Helmut zweiselte fast, ob er sie richtig ver standen habe. „Ich sollte ihn dazu veranlassen — ich? Und hinter dem Rücken Ihres Mannes, der auf die neue Bekanntschaft ersichtlich so großes Gewicht legt?" „Ja — hinter seinem Rücken!" bestätigte sie mit einem seltsam harten und entschlossenen Tone. „Denn, wenn Herr von Lettow zu uns kommt, ist es um meine Ruhe, um den Frieden meiner Ehe, vielleicht um meine ganze Zukunft geschehen. Und ich habe niemanden, den ich um diesen Dienst angehen könnte, als Sie." „Ja, wenn ich nur verstände -! Herr von Lettow ist also auch Ihnen kein Fremder mehr? Sie haben ihn schon vor Ihrer Ver heiratung gekannt?" Fanny nickte, während ihre feinen Lipven sich fest wammenpreßten. Ihre Nasenflügel bebten und ihre Augen waren mit starrem, leerem Blick ins Weite gerichtet. Die AnzeiL n eines schweren Seelenkampfes auf ihrem schönen Gesicht mußten Helmut jeden Zweifel nehmen, daß es sich hier um Anderes und Gewichtigeres handle als um eine bloße Laune. „Ich will ja gerne tun. was in meinen Kräiten steht." versickerte er. „Aber Sie be greifen, daß ich vorerst noch vollkommen rat los bin. Ich kann Herrn von Lettow doch nicht ohne weiteres das Betreten eines fremden Hauses mrbie'en, in das man ihn gastlich ge laden hat. Er würde selbstverständlich Er klärungen und Gründe von mir verlangen, die ich ihm nicht zu geoen vermöchte." „Sie weroen ein Mittel finden, wenn ich Ihnen alles sage. Vielleicht erinnern Sie sich noch an das, was ich Ihnen gestern Abend aus meinem Leben erzählte. Die unerwartete Ankunft meiner Schwester hatte mich ge zwungen, Rudolf über meine Vergangenheit aufzuklären. Natürlich mußte mir in jener Stunde daran gelegen sein, seine Verzeihung zu erlangen, wenn ich mich nicht zu dem Ent schlusse aufraffen wo'ste. fein Haus als eine Versio'ene, mit dem Brandmal der Schande BeLastete zu verlassen. UnL ich durfte ihm desha b nicht alles sagen. Wenigstens nicht sogleich. Außer sich vor Erregung über mein Geständnis forderte er die Erklärung, daß ich während meiner Bühnenlaufbahn keineHerzens« beziehungen zu einem Manne unterhalten habe. Und in meiner Anost vor einer Katastrophe versicherte ich ihm, was er zu hören wünschte. Es war keine Unwahrheit — wenigstens nicht vor meinem eigenen Gewissen. Aber er würde mir in seiner damaligen Gemütsverfassung nickt geglaubt haben. Das Bekenntnis, daß ich als blutjunges, unerfahrenes Ding meine erste Neigung einem Manne geschenkt batte, dessen Absichten ich sür die edelsten und ehren haftesten halten mußte — es würde ihm ge nügt haben, eine Unwürdige in mir zu sehen. Vielleicht hätte ich es daraus ankommen lassen sollen. Es war eine klägliche Feigheit, das gebe ich Ihnen bereitwillig zu. Aber ich habe es nun einmal getan, und jetzt ist es unter allen Umständen zu spät, das damals Ver säumte nachzuholen. Niemals darf Rudolf er fahren, daß ich ihn - buchstäblich genommen — in jener Stunde belog. Um seiner selbst willen sollen Sie mir helfen, es ihm zu ver bergen." Bei den letzten Worten kehrte sie ihm ihr marmorbleiches Gesicht wieder zu. Er sah die Tränen, die in ihren Augen glänzten, und Lie heiße flehentliche Bitte, die aus dem Blick dieser herrlichen Augen zu ihm sprach. „Ich bitte Sie: kein Wort weiter!" sagte er. „Was Sie mir mitgeteilt haben, ist voll kommen ausreichend, mich zur Erfüllung Ihres Wunsches zu bestimmen. Ich begreife, daß Ihnen daran gelegen sein muß, diesen Herrn van Lettow Ihrem Hause sern zu halten. Und ich werde tun. was ich vermag, ihn dazu zu bewegen. Aber vielleicht wäre es doch ein noch ein acherer und sicherer Weg, wenn Sie selbst ihn brieflich darum ersuchten. Soweit tch ihn kenne, zweifle ich nicht, daß er die herkömm lichen Gesetze der Ritterlichkeit als bindend für sich ansieht. Als er die Einladung Jores Gatten annahm, wußte er doch wohl nicht, wessen Haus er da betreten sollte." „Ich kann Ihnen darauf weder mit ja noch mit nein antworten. Als tch Rudolf
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