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Ottendorfer Zeitung : 28.06.1931
- Erscheinungsdatum
- 1931-06-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-193106288
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19310628
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19310628
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungOttendorfer Zeitung
- Jahr1931
- Monat1931-06
- Tag1931-06-28
- Monat1931-06
- Jahr1931
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 28.06.1931
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England macht Ernst mttdemZahlungsaufschub London, 26. Juki. Im Anschluß an die Entscheidung der englischen Regierung, die Vorschläge des Präsidenten Hoover anzunehmen, sind, wie die „Times" meldet, die Re gierungen, die auf Grund der bestehendem Abkommen ihre Kriegsschulden an England in jährlichen Zahlungen leisten, davon verständigt, daß in diesem Zahre keine weiteren Zah lungen mehr erwartet werden. Auch Italien trifft seine Mahnahmen. Rom, 25. Juni. „Agenzia Stefani" meldet: Die ita lienische Regierung teilte der englischen, der französischen und der deutschen Regierung offiziell mit, daß Italien den Hoover-Plan annimmt. Auf Veranlassung des Regierungs chefs fand heute morgen im Ministerium des Auswärtigen eine Zusammenkunft der Minister des Auswärtigen, der Finanzen und des Gouverneurs der Bank von Italien statt mit dem Zweck, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um eine rasche und genaue Ausführung -es Hoover-Vor schlages ab L. Juli sicherzustellen. Ne eiste WreWM Mm mit dem smzWen UMWiMn. Paris, 26. Juni. Schatzsekretär Mellon stattete noch in den Abendstunden des Donnerstags Finanzminister Flandin einen Besuch ab, der etwa zwei Stunden dauert. Dabei wurden, wie die Blätter mitteilen, sämtliche Fragen erörtert, die den Hooverschen Plan betreffen. Finanzminister Flandin habe dabei dem Schatzsekretär die wirtschaftlichen und finanziellen Gründe auseinandergesetzt, die neben den politischen die französische Regierung zu ihrer Stellungnahme veranlaßt hätten. Mellon soll diesen Aus führungen viel Verständnis entgegengebracht haben, so daß man hofft, ein Kompromiß werde nicht allz» große Schwierigkeiten bereiten. Washington weiter optimistisch. Neuyork, 26. Juni. Die Regierung in Washington ist sichtlich bemüht, alles zu vermeiden, was eine Verwirk- KmzWe WmmW mid WW. Paris, 26. Juni. Das Hauptaugenmerk der Pariser Presse ist heute auf die geplante deutsch-französische Zu sammenkunft gerichtet. So sehr die Blätter diese Zusam menkunft, die man für Ende nächster Woche erwartet, auch begrüßen, so warnen sie doch vor übertriebenem Optimis mus und vor allem davor, dem spontanen deutschen An gebot rückhaltloses Vertrauen zu schenken. — Pertinax er klärt im „Echo de Paris", daß der Hooverplan bereits in die zweite Linie gerückt sei. Die große Angelegenheit sei jetzt der Besuch Brünings und Curtius' in Paris. Es stehe jedoch zu befürchten, daß die liebens würdige Haltung, die man drei Monate nach dem Anschluß versuch und in der gegenwärtigen Offensive gegen den Poungplan gegenüber Berlin an den Tag lege, deutscher seits als eine Schwäche ausgelegt würde und zu neuen For derungen führe. Der außenpolitische Berichterstatter des „Journal" betont, daß man die deutsche Haltung sehr wohl verstehe. Die Neichsregierung wisse, daß der Erfolg der Hooverschen Initiative von Frankreich abhänge und man erhoffe von einer deutsch-französischen Zusammen arbeit noch viel mehr als die bloße Stundung der Re parationen. Jeder Mensch verstehe, daß die zeitweise Aufhebung der Reparationszahlungen nur dazu diene, eine günstige Atmo sphäre zu schaffen und um Zeit für wirklich posi tive Hilfsmaßnahmen zu gewinnen. In Berlin dürfe man sich jedoch nicht einbilden, daß Frankreich blindlings seine finanzielle Macht in ein Abenteuer stürze. Die französische Haltung gegenüber der österreichischen Krise sei hierfür der beste Beweis. Jeder Versuch der Zusam menarbeit sei gewissen Bedingungen unter geordnet, die zunächst einmal verwirklicht werden mußten. Die deutsche Finanzwirtschaft müsse wieder in lichung des Hooverplanes als zweifelhaft erscheinen lassen könnte. Sie verzichtet daher auf eine schriftliche Beant wortung des französischen Gegenvorschlages, der übrigens nach wie vor strengstensgeheim gehal ten wird. Was über die BesprechungenStimsons mit Claudel durchsickert, klingt zwar recht optimi stisch, doch macht man sich schon auf eine längere Dauer der Verhandlungen gefaßt. Die französische Forderung, daß die Neichsregierung den ungeschützten Teil der nächsten Poung-Jahreszahlungen als Sicherheit für eine ent sprechende Anleihe bei der BIZ. hinterlegt, wird von der amerikanischen Regierung wenigstens in der von Frankreich vorgelegten Fassung abgelehnt. Wie das Kompromiß aus fallen wird, ist völlig ungewiß, doch erwartet man in Was hington, daß die Pariser Regierung letzten Endes nachgeben und sich von Mellon und Stimson überzeugen las-, sen wird, daß der H o o v e r - V o r s ch l a g k e i n e s w e g s eine Bedrohung des Poungplanes darstelle Gleicher Auffassung sind die Finanzkreise. Die republika nische Presse tut ihr möglichstes, um Frankreich zu beruhigen. Lenkt Frankreich ein? Washington, 26. Juni. Die letzten Nachrichten aus Paris haben den Optimismus, der im Weißen Haus gezeigt wird, erneut verstärkt. Auf Grund einer eingehenden Aus sprache, die Mellon sofort nach seinem Eintreffen in Paris mit dem amerikanischen Botschafter Edge in Paris hatte, wird angenommen, daß Frankreich seinen Gegenvorschlag, der Hoovers Vorschläge zum Teil außer Kraft setzen würde, zurückziehen wird. Sämtliche amtlichen Persönlichkeiten be tonen ihre Zuversicht, daß die französischen Einwände gegen die Einbeziehung der ungeschützten Zahlungen in das Ab- ! kommen zurückgenommen werden dürften. Es wird dabei ! betont, daß Frankreich es sich nicht leisten kann, allein der allgemeinen Zustimmung zum Plan des Präsidenten Hoover zu widerstehen. geordnete Bahnen gebracht werden. Deutschland müsse z V. auf die Zollunion verzichten und die Pläne für Erenz- revisionen aufheben. Der nationalistische „Figaro" warnt ebenfalls vor über triebenen Hoffnungen. Das Blatt sieht in dem Wunsche des Reichskanzlers, in direkte Beziehungen zu den fran zösischen Ministern zu treten, lediglich einen Versuch, die französische Beunruhigung einzuschläfern, die über die Ver wendung der durch das Moratorium freiwerdenden zwei Milliarden Reichsmark bestehe. Das „Oeuvre" erinnert an die Beteiligung der Bank von Frankreich an den 100- Millionen-Dollar-Kredit für die Neichsbank und betont, daß Frankreich mehr getan habe, als es seine Pflicht ge wesen wäre. Reichskanzler Brüning und Außenminister Curtius müßten nunmehr auch verstehen, daß Frankreich sich lediglich weigere, die Rolle des Uebervorteilten zu spielen. Das Pariser Treffen erst nach Stimsons Besuch in Berlin. Paris, 26. Juni. In französischen politischen Kreisen wird der bevorstehende Besuch Dr. Brünings und Dr. Curtius' in Paris, der gegen Ende der nächsten Woche erwartet wird, nach wie vor eingehend besprochen. Gegen über französischen Wünschen, wonach dieser Besuch bereits Anfang Juli stattfinden soll, soll der Reichskanzler nach französischen Miteilungen angeblich den Wunsch geäußert haben, daß die Reise nicht vor dem Besuch des Staatssekre tärs Stimson sowie des englischen Ministerpräsidenten und Außenministers in Berlin stattfinden soll. Begrüßung der dänischen Ozeanflieger. Bremen, 26. Juni. Die beiden dänischen Flieger Hoi- ris und Hillig wurden heute Freitag bei ihrem Erscheinen auf dem Flugplatz gegen 8.30 Uhr von einer großen Men schenmenge lebhaft begrüßt. Zahlreiche Schulklassen usw. umlagerten das Gelände und begrüßten die Flieger sehr lebhaft. Dem Vertreter der Telegraphenunion erklärte Hoiris, er fühle sich derart frisch, daß er bald nach der An kunft in Kopenhagen gegen 12.50 bis 13 Uhr nach Amerika zurückfliegen könne. Es dürfte übrigens wenig bekannt sein, daß Hillig deutscher Herkunft ist. Er ist 50 Jahre alt und in Stcinbrücken bei Gera (Thüringen) geboren. Das Flug zeug ist sein Eigentum. Hillig lebt seit etwa 40 Jahren in Neuyork als Photograph. Die Flieger erklärten, daß sich der Ozeanflug infolge ungünstiger Winde außerordent lich schwierig gestaltet habe. Sie seien nach Spanien ab getrieben worden und hätten etwa 10 Stunden über Frank reich gekreuzt. Die dänischen Ozeanflieger nach Kopenhagen gestartet. Bremen, 26. Juni. Am Freitag früh fand auf dem Flughafen noch die offizielle Begrüßung der dänischen Ozeanflieger durch den Senat statt. Staatsrat Tacke über reichte den Fliegern einen Lorbeerkranz mit einer Schleife in den Bremischen rotweißen Farben sowie die Bremische Flagge. Ihm schloß sich vom Norddeutschen Lloyd Geheim rat Stimmig an, der der Verbundenheit der älteren Schwe ster des Verkehrs mit dem modernen Flugzeug Ausdruck gab. Um 11.36 Uhr wurde das Startzeichen gegeben und nach kurzem Anlauf startete die Maschine nach Kopenhagen * Post und Gatty in Moskau. Moskau, 25. Juni. Die amerikanischen Flieger Post und Gatty landeten am Donnerstag gegen 19 Uhr MEZ. auf dem Flugplatz in Moskau. Zu ihrem Empfang waren erschienen die Vertreter des Außenkommissariats, der Führer der Luftflotte, Baranow, der Generalsekretär der Ossoaviachim und die Vertreter der britischen und amerikanischen Presse. Die Flieger erklärten in ihrer ersten Unterredung, daß sie ihren Flug Berlin—Moskau trotz ungünstigen Wetters gut hinter sich gebracht hätten. Die Ossoaviachim hat den beiden Fliegern einen Nachtflug über Sibirien abgeraten. Zugunglück im Korridor. Berlin, 25. Juni. Der in Berlin planmäßig 19.04 Uhr eintreffende D-Zug D 56 hatte Donnerstag abend eine etwa einstündige Verspätung. Auf der polnischen Strecke Warschau—Kalisch—Posen war kurz vor Posen ein pol nischer D-Zug mit einem polnischen Arbeiterzug zusammen- geftoßen. Der aus Königsberg kommende deutsche D-Zug 56 an den der polnische D-Zug Anschluß hat, erlitt dadurch eine erhebliche Verspätung. In Posen nahm er einige Leichtverletzte auf, die sofort nach ihrem Eintreffen in Berlin in Krankenhäuser überführt wurden. Welches Aus maß das Zugunglück vor Posen hatte, ließ sich bisher nicht feststellen. Drei Leichtverletzte. Warschau, 26. Juni. Nach den hier bis jetzt vor liegenden Nachrichten aus Posen ereignete sich das Zug unglück im Korridor am Donnerstag nachmittag in der Nähe der Eisenbahnstation Kostschin auf der Strecke Wie schen—Posen. Der fahrplanmäßig aus Warschau um 9 Uhr Vormittags nach Paris über Posen und Berlin abgehende internationale D-Zug fuhr kurz nach der Eisenbahnstation Kostschin auf den letzten Wagen eines von einem Neben gleise kommenden und nach Wreschen rollenden Güter zuges auf. Der Güterwagen wurde zum Teil zertrümmert. Drei Passagiere des D-Zuges erlitten infolge des Zusam menstoßes leichtere Verletzungen, konnten jedoch nach An legung eines Notverbandes ihre Reise fortsetzen. Fünf Streckenarbeiter tödlich verunglückt, neun lebens gefährlich verletzt. Rom, 25. Juni. Aus der Bahnstrecke Savona—Turin verursachte ein schweres Unglück den Tod von fünf Streckenarbeitern, während neun weitere Arbeiter zum Teil lebensgefährliche Verletzungen erlitten. 15 Arbeiter hatten in einem Tunnel einen Materialwagen mit Elsen- teilen geladen und ihn nach der nächsten Station in Be wegung gesetzt. Der Wagen geriet auf der abschüssigen Strecke bald ins Rollen und konnte nicht mehr aufgehalten werden. Die Insassen wurden unterwegs herabgeschleudert und in einer Kurve überschlug sich schließlich der Wagen. Roman von Eddy Beuth. Wj (Nachdruck verboten.) Still und ruhig lag das Meer wie etn blauer Spiegel, als Erna das letztemal am Strand entlang ging, um Von der Schönheit hier Abschied zu nehmen Heute nacht ging's wieder fort, der Heimat zu Mit wie anderen Ge fühlen würde sie Berlin wieder betreten. Wie entsetzlich war das, was man ihnen beiden angetan hatte. Und Wie hoffnungslos war das alles. Was mochte man ihm wohl gesagt haben? Wußte er wohl schon, daß sie die Frau des Generalkonsuls geworden war? Gab es noch eine Gerechtigkeit? Sie hatte nur den einen Gedanken, ihn noch einmal wiederzusehen, um ihm zu sagen, daß sie ihn heute noch liebe, genau wie am ersten Tage. Vielleicht war das alles töricht, vielleicht hatte auch er sie schon längst vergessen und wollte an jene Zeit niemals mehr er innert sein. Auf dem Wege zum Kasino traf sie Enrico Er wartete Wohl auf sie, wie er sie jeden Tag an dieser Stelle erwartet hatte. Komisch, daß sie das schon vergessen hatte. Jahrelang war das her, daß sie mit diesem da ein ver trautes Wort gewechselt hatte. Er ging ihr entgegen, einen Arm voll gelber Rosen ihr darbietend, seine Augen leuchteten aus bei dem Anblick der geliebten Frau. Als sie ihm sagte, daß sie noch in derselben Nacht nach Deutsch land zurück müsse, wurde er totenblaß und seine dunklen Augen feuchteten sich. .Warum, Madonna, gerade jetzt, wo es so schön werden sollte?- fragte er leise. .Niemals mehr darf es schön werden zwischen mir und einem fremden Mann,- flüsterte sie und ergriff doch tröstend seine Hand, welche die gelben Rosen achtlos fallen ließ. Und dann weiter. Es war, als käme ihre Stimme aus weiter Ferne: .Verzeih' mir. Enrico, aber ich muß zu dem zurück, den ich liebe.- Verständntslos sah der Junge sie an. Niemals hatte er das Gefühl gehabt, daß diese Frau an ihrem Gatten hing. Run fühlte sie die Pflicht, bei ihm zu bleiben, denn wen sollte sie sonst wohl meinen, wenn sie von jenem lvrach. den sie liebte? Eine Bank stand da, dicht von Palmen und Agaven umgeben, einen kleinen Ausblick auf das Meer bietend. Kleine weiße Segelboote schaukelten draußen, Lachen und heitere Worte klangen über das Wasser zu ihnen herüber. War das gestern, war das eine Ewigkeit her, vaß sie beide, Hand in Hand, dasselbe beob achtet hatten? Wie anders war die Madonna heute, die gestern in seinen Armen ruhte und seine Lippen geküßt hatte. Wie gestorben saß sie neben ihm, dicht neben ihm und doch meilenweit entfernt. Hörte sie überhaupt, was er sprach? Leise ergriff er ihre Hand: .Ich liebe dich! Ich liebe dich so sehr und werde dich immer lieben!- Seine Sprache klang wie Musik, sie ver stand seine Worte, ohne diese Sprache zu kennen. Und ein tiefes Mitleid mit dem Jungen ergriff sie, dem sie diesen Schmerz zufügen mußte. Leise strich ihre Hand über seine dunklen Haare. Wie weich sie waren. Un^ ihre Finger glitten liebkosend über sein Gesicht. Es war das Gesicht eines Knaben, das sie streichelte, eines Knaben, dem das Leben noch sehr wehe tat. „Es wird dir noch vieles wehe tun, »mico mio,- flüsterte sie; .werde stark und lerne dich wehren.- Noch einmal berührten die Lippen die seinen, noch einmal fühlte er die zarte Gestalt an seinem Herzen. Als er die Arme von ihr löste, ging sie leise von ihm fort, ohne noch ein Wort zu sprechen, immer kleiner und kleiner wurde die weiße Silhouette und es schien ihm, als wäre die Sonne plötzlich untergegangen. Da warf sich der wilde, ungebärdige Junge in den Sand, dicht am Meere, und die Wellen langten, wie die Arme einer Mutter, nach ihm und sangen ihm ein leises Schlummerlied. Lange noch lag er dort, kein Mensch kam an dieser Stelle vorbei, sie alle gingen in die Spielsäle oder bevölkerten die Holel terrassen, wo das Leben nach ihnen rief. Endlich blinkten am Bahnhof die Lichter ans und der Expreß entführte ihm die süße Madonna mit den Veilchenaugen nach dem kalten Norden, über den Mandelbäumchen lag ein Nauhreif, denn das heiße Herz eines Knaben erlitt seinen ersten großen Schmerz. Achtes Kapitel. Und das Leben in Berlin ging seinen ewigen, gleichen Gang. Drüben bei Behnekens am Tegeler Weg sah es dank der Großzügigkeit Ernas ganz erträglich aus. Mutter Behneken saß am Küchenfenster, diesmal sah sie aber nicht nur auf graue Mauern und auf einen lichtleeren Hof, son dern Bäume standen ringsumher und begannen eben zu grünen. Der Frühling machte sich bereit, einmal wieder die Stadt zu beglücken, er war noch nicht ganz wach und die grünen Blättchen sahen noch recht erfroren aus. Von hier aus brauchten die gehetzten Großstadtmenschen nicht mehr so weit zu gehen, um den, Frühling etwas abzn- lauschen, er kam früher zu ihnen als in die große graue Stadt. Schon ganz dick saßen vie Kastanien in den Knospen, ein paar warme Sonnentage noch und sie steck ten ihre grünen Blaitfinger in vie Lust, der lieben Sonne entgegen. Das kleine Mädel, das mit dem Einholkörbchen eben flink über ven Damm huschte, sah sich verstohlen nach allen Seiten um. Ob sie wieder Glück hatte? Drüben an der Straßenecke, vo an ver Berliner Straße, pflegte da« Motorrad jeden Morgen um dieselbe Zeit etwas zu stoppen, zwei junge Menschen saben sich lächelnd an. vier leuchtende junge Augen tauchten ineinander und hu«! sauste das Motorrad wieder um die Ecke Der junge Mann mußte eilen, ei mar Techniker in den Borsigwerken, und der Vorgesetzte sab vor allem auf Pünktlichkeit. Kläre aber ging weiter, sie sprang über den Damm, aus dem noch der Stäub wirbelte, welchen der junge Mensch mit seinem Motorrad verursacht hatte Das Mädchen mußte ordentlich husten, aber das schadete nichts, so be kam sie ihn doch wenigstens zu sehen Nun schnell die Einkäufe erledigt Ein halbes Pfund Margarine, nun die Rosinen und Mandeln, fix ein paar aus der Tüte gemaust, zum Kuchen reichten sie immer noch, denn Mutter wollte backen. Morgen kam die Erna zum Kaffee heraus zu ihnen. Wie fein, eine so reiche Schwester zu haben. Was sie ihr wohl von der großen Reise mitgebrachl hatte? Sie war wenigstens gut zu ihr, während Isa, .das Biest-, dachte sie respektlos, überhaupt nichts von sich hören ließ. Die war ja nun eine Kanone. Die Mädchen in der ganzen Gegend schworen auf sie und fanden sie einfach süß. „Puppe.- Aber sie würde sich hüten, denen zu erzählen, daß sie ihre Schwester war Geglaubt hätten sie es ihr doch nicht. Sie sagten alle sowieso schon, daß sie kohlte, wenn sie von der anderen Schwester sprach Morgen kam die mit ihrer Benzinkiste nach draußen gegondelt, der Chauffeur vorne drauf, da würden „die- aber Augen machen Jetzt sagte sie ihnen gar nichts mehr, nun gerade nicht, und wenn sie vor Neugierde platzten. Dem Kauf mann drüben an der Ecke erzählte sie es aber doch. Das Gesicht von dem! Großartig! So ungläubig und gleich zeitig so neugierig! „Jawohl Frau Generalkonsul Moldenhauer aus der Tiergartenstraße! Sie habe» ganz recht gehört, die hat die Ehre, meine große Schwester zu sein!" «Fortsetzung folgt.)
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