Suche löschen...
Erzgebirgischer Volksfreund : 14.04.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929-04-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735709689-192904142
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735709689-19290414
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735709689-19290414
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungErzgebirgischer Volksfreund
- Jahr1929
- Monat1929-04
- Tag1929-04-14
- Monat1929-04
- Jahr1929
- Titel
- Erzgebirgischer Volksfreund : 14.04.1929
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
0ur<H oes Kwitterstocks das Gute, daß der Bergmann noch heute dort in den zerbröckelnden Schuttmassen sein Zinnerz gewinnen kann, ohne den festen Fels erst sprengen zu müssen. Schon 1470 Katte man vom Geisingbachtale aus einen tiefen Erbstollen in den Zwitterstock zu treiben begonnen, aber erst 1553 kam er tn die Altenberger Gruben «in. Bor dem Dreißigjährigen Kriege konnte die Gewerkschaft des Erbstollen 500 Zentner Zinn im Jahre liefern. Lin weiterer Vorteil, den der große Einbruch brachte, war die Zusammenlegung der vielen kleinen Gruben, etwa 90, di« im Zwitterstock angefangen worden waren. So entstand die Gewerkschaft „Vereinigt Feld im Zwitterstock". Sie konnte bei ungestörtem Abbau rund 1500 Zentner Zinn im Jahre liefern. Ende des 19. Jahrhunderts stand freilich auch diese Gewerkschaft vor dem Ruin. Mit Staatshilfe wurde bis 1898 durchgehalten. Dann brachte das langsame Wiederanziehen der Zinnpreise allmüh- Uch den Mederaufstieg. 1923 ist die Gewerkschaft zur Aktien, gesellschaft geworden. In Altenbergs Umgebung ging Berg bau um auf „Hottes Gnade" in Schellerhau und „Segen Gottes" in Löwenhain. Meist standen diese Gruben in Beziehung zu dem Altenberger Betrieb. Der Zinnwalder Bergbau wurde bereits im 16. Jahrhundert auf der Grube „Gnade Gottes" in der allen Schneeschuhfahrern des Osterz gebirges wohlbekannten „Langen Gasse" ausgeübt. Meist waren es hier und drüben auf böhmischer Seite ganz kleine Gewerkschaften sehr armer Bergleute, die als Eigenlehner nebenher Viehzucht und Feldbau trieben und oftmals ihre Echurfstellen liegen ließen, wenn sie keinen unmittelbaren Ertrag brachten. 1728 verjagte Graf Elary die evangelischen Bewohner Zinnwalds von der heimischen Scholle. Sie grün deten die durch den Erzgebirgsmaler Buchwald-Zinnwald in herrlichen Holzschnitten geschilderte Streusiedlung Säch- fisch-ginnwald und schürften diesseits der Grenze neue Erzlagerstätten. Vorübergehend half die Kontinentalsperre den kleinen Gruben auf, dann aber kam mit dem Einströmen «nglischen Zinns «ine schwere Zeit, bis 1851 auch hier ein Zu sammenschluß der Gewerkschaften zu „Vereinigt Zwitterfeld" stattfand. Als nach Eröffnung des Suezkanals billiges Zinn aus Hinlerindien und Australien den europäischen Markt Überschwemmte, scheiterten natürlich die Versuche, mit Wiener Kapital den. Zinnwalder Bergbau zu halten. Die Neuentwick lung der Bergbautechnik und der Weltkrieg, der die Zinnwal- der Wolftamlager erschloß, haben den Zinnwalder Bergbau gänzlich umgestaltet. Das Altenberg-Zinnwalder Gebiet hat in höchst geschickter Weise die Wasserwirtschaft der Bergwerke ausgebildet. Schon im 15. Jahrhundert wurde der bekannte Aschergraben angelegt. Auch der große Galgenteich diente dem Bergbau, und neuerdings setzt man die Wasserkraft auf der Sohle des Stollens in Elektrizität um. Verfolgen wir den erzgebirgi scheu Bergbau »etter nach Westen, so ist zunächst Niederpöbel zu nen nen, das im 16. Jahrhundert etwas Zinnbergbau betrieb und seine Erze im nahen Dippoldiswalde verhütten ließ. Der Epielzeugort Eeiffen ist gekennzeichnet durch «ine Pinge, «ntstanden durch den Einbruch von Zinngruben. Während 1686 hier 200 Zentner Zinn gewonnen wurden, hatte das Rachbardorf Heidelberg 10 Zechen in Gang und brachte 1730 Lier 500 Zentner aus. Marienberg lieferte neben seinem reichen Silberertrag bisweilen Zinn. Zur Zeit des tüchtigen Bergmeisters von Trebra, 1773, wurden 105 Zent ner Zinn ausgebracht. Die besten Iinnfunde machte man auf Paulus Fundgrube. 1843 übertraf der Ertrag an Zinn mit 1070 Talern den an Silber und Blei im Werte von 3000 Ta- kern. Weiter wiesen Herold und Drebach, Elterlein, Ehrenfriedersdorf, Geyer und Thum starken Zinnbergbau auf. Die letztgenannten Greifensteinstädte sind ja durch Granitvorkommen charakterisiert. Besonders Geyer, dessen Granitstock von Bergleuten ähnlich dem Altenberger Zwitterstock so unterwühlt wurde, daß 1704 und 1803 gewal tige Einstürze erfolgten, hatte außergewöhnlich reich« Zinn es. Schon 1293 wird der Zinnzehnte für das Greifen- lteingebiet urkundlich erwähnt, und 1407 erhält Ehren friedersdorf Marktrechte als Bergbauort. Der Sauberg mit seinen mächtigen Halden erinnert noch eindringlich an die bergmännische Blütezeit der Stadt. Waren 1771 doch 800 Bergleute dort tätig. Daneben hat es im Greifenbachtale und an anderen Stellen noch Zinnseifen gegeben. Das größte ist zweifellos das um Eibenstock herum, iver Eibenstockei^Granit, mit dem das Zinnvorkommen ver- schwistert ist, reicht ja bis Aue und Platten nach Osten, bis ins Dogüanb nach Westen hin. Ebenstock selber hat um 1700 eine ginnproduktton von 600 Zentner besessen. In seiner Schmelz- Fritt« rvurSen auch gwtttererze aus der Umgebung verhUb» ret. Bis in die halbe Höhe des Auersberges reichten die Berg werke und Wäschhalden hinauf, und jenseits in der Sau. schwennye und bei Steinbach wurde bis weit ins 19. Jahr« hundert nach Zinn gesucht. In Erinnerung an seine große Vergangenheit als Bergstadt hat Eibenstoß einen Bergmann als Wächter vor seinem Rathaus errichtet. In der Gegend von Platten ging der Bergbau auf Silber um, aber auch Zinn wurde viel ausgebracht. So hat Zwitter» mühl, dessen Name schon darauf hinweist, Abertham, Bärrin gen, Hirschenstand, Sauersack, Friebus, auch Gottesgab Zinn geliefert. Eigenartig verlief die Entwicklung des Zinn- Le rg baue s in Aue. Nachdem früher dort nur Eisenerz gefunden worden war, entdeckte man 1661 bei den Ausschach tungsarbeiten für einen Vierkeller einen Zwittergang. Sofort strömten Bergleute herbei, auch reiche Schneeberger Berg- Herren steckten, zumal der Schneeberger Bergbau darnieder lag, Kapital in die neu gegründeten Gewerkschaften, und bald entstanden zahlreiche Gruben am Heidelsberge, dessen Stadt- parkanlagen noch heute deutliche Spuren der Rösche n und Halden erkennen lassen. Am Fuß des Heidelberges aber siedelten sich die Zinngrubner auf der Dergfreiheit an. Die Ausbeute war so gut und lieferte solch geschmeidiges, durch einen schönen Spiegel ausgezeichnetes Zinn, daß man eine eigene Schmelzhütte errichtete. Doch bald erschöpften sich die Gänge. Immerhin hat der Auer Zinnbergbau bis ins 19. Jahrhundert bestanden. Gleichzeitig mit den Auer Zwitter« gruben wurden auch im benachbarten Bockau Schächte an gelegt, während Sosa, das auch eine bemerkenswerte Pinge besitzt, 1682 sechs Zinnseifen betrieb und Burk har dts- grün bei Eibenstock Seifenzinn am Steinberg gewann. Das erzgebirgische Zinn wurde in den größeren Städten unseres Gebietes von Zinngießern weiterverarbeitet. Abgesehen da von, daß die nahen Hammerwerke einen großen Teil des Zin- nes zur Herstellung des Weißblechs verbrauchten, weshalb oftmals die Hammerherren zugleich Zinnvorkommen besaßen, wurde einfaches Gebrauchszinn an Tellern, Haus- und Tisch geräten gegossen. Aber auch prachtvolles Edelzinn ver standen die Schneeberger, Freiberger und Annaberger Iinn- gießer anzufertigen. Herrliche Bergmannsleuchter für die Kirchen (der schönste aus Geising von 1685), Schützenteller, Zunftkannen, Salzfässer, Leuchter, Krüge und Schüsseln sind aus erzgebirgischem Zinn kunstvoll gestaltet worden. Die er wähnten Städte sowie Marienberg hatten eigene Stadtmar ken dafür, um den Wert des bei ihnen gegossenen Zinns zu garantieren. Wahrhaft vornehme Zinnarbeiten verkünden selbst im Kunstgewerbemuseum in Berlin, im Louvre in Paris oder dem Ferdinandeum in Innsbruck den Ruhm des erzgebirgischen Zinns. Gehört denn wirklich dieser Berg bau, der so hochwertiges Metall hervorbrachte, rettungslos der Vergangenheit an, so daß man nach seinen Spuren in Museen suchen möchte? Keineswegs. Erstens ist ja der Al tenberger Zwitterstock noch heute Lieferant für Deutschland, das allerdings seinen sonstigen großen Bedarf aus Bangka und Biliton, England oder Australien decken muß. Bei den Versuchen, Deutschland vom Ausland wirtschaft lich unabhängiger zu machen, verspricht die Zinnge- winnung deshalb viel Erfolg, weil der Zinnpreis im Steigen begriffen ist. Seit kurzem wird Zinn an der neugegründeten Metallbörse in Newyork gehandelt, und die Londoner Börse zeigt gleichfalls Interesse am Zinnmarkt. Gelingt es, den Zinnpreis etwas zu stabilisieren, so wird das Erzgebirge seine noch vorhandenen Zinnschätze wieder mit Erfolg aus- nutzen können. Der s ä ch s i sch e S t a a t hat deshalb in den letzten Jahren stark auf Zinnfelder gemutet. Seine Unter- suchungen galten besonders dem Zinnerzvorkommen bei M a - rienberg. Auch ist die Neue sächsische Erzbergbaugesell schaft in Aue seit langem mit Vorbereitungen zur Wiederauf, nähme des Zinnbergbaues in den Bergrevieren Earlsfeld- Wilden th al, Schneckenstein-Gottesberg nebst Tannenbergsthal und Brunndöbra beschäftigt. Vor allem kommt für diese Gesellschaft das Gebiet Platten- Goldenhöhe in Frage, wo sowohl Zinngruben als auch Zinnseifenwerke der Aufnahme harren. Die Aussichten für diese erzgebirgischen Iinnunternehmungcn sind außerordent lich günstig. Während die überseeischen Zinnlieferungen meist weit von Kohlen, Wasserkräften und den Stätten der Zinn verarbeitung entfernt sind, ja während dort sogar der Trans port von der Grube zur Bahn oder dem Schiff Schwierigkeiten bereitet, z. B. in Bolivia, liegen die erzgebirgischen Erzvor kommen besonders des Eibenstock-Carlsfelder Reviers nahe den Stein- und Braunkohlengruben, haben Eisenbahnvcrbin. dnng u«d Wasserkräfte oder Llektrizttät in nnmittetbar Nähe, f vor allem, sie haben Abnehmer in unserer Industrie in der Nachbarschaft, z. B. in der Argentanindustrie von Aue. Da- bei gilt das sächsische Zinnerz, da ihm meist Kupfer und Arsen fehlen, als reinstes Zinn. Es bildet als „Sachsentyp" die erste Klaffe im Welthandel. Der Versuche, die gemacht werden, un seren Zinnbergbau wieder zu beleben, versprechen also gute Erfolge. Z. T. ist wohl der Kapitalmangel schuld, daß noch nicht mehr auf diesem Gebiete geschehen ist. Bezeichnend ist übrigens, daß die Interessen des sächsischen wie des böhmischen Anteils am Erzgebirge auch in diesem Punkte wie in so vielen anderen die gleichen sind. Wir dürfen jedenfalls hoffen, daß unser altberühmter Bergbau, wenn auch nicht in der Form des Silberbergbaues, seine Auferstehung feiern wird. Möge der noch immer vorhandene Gehalt an Zinnerzen dazu füh ren, daß im Erzgebirge bald wieder zur Schicht eingefahren werden kann und der schöne Bergmannsgruß neuen Klang bekommt: „GliickaufI" j Mckara »erüer, orettenbraaa I jugemierwoeruaS so SrrllrnLvl vor 10« isbreo. Wie soll man sagen? Entweder der reine Zufall oder glückliche Umstände spielten mir kürzlich das mehrbändige Werk „Mein Leben und ein Stück Zeitgeschichte" von dem ver storbenen ehemaligen Leipziger Honorarprofessor Karl Bie- oermann in die Hände, welches 1886 in Breslau bei Schott länder verlegt wurde. Im 1. Band, der die Zeit von seiner Geburt (25. Sept. 1812 in Leipzig) bis zum Jahre 1849 behandelt, finden wir «ine recht ausführliche Behandlung der Breitenhofer Verhält nisse, indem sich Biedermann an seine Iugendjahre, die er hier verbrachte, lebhaft erinnert. Sie sind ausgezeichnet im ersten Kapitel auf Seite 4 bis 11. Jedem, der das ehemalige Hammerwerk mit seiner ent schwundenen Poesie und den Ort Breitenhof in seiner heuti gen Schwarzwassertalromantik kennt, wird sich dieser Zeilen erfreuen. Sie bringen dem Alter entschwundene Tage in Er- inncrung und der Jugend geben sie Kenntnis der Geschichte und Verständnis für die Entwicklung ihrer Heimat. „Durch die Heirat meiner Mutter mit einem Beamten auf den, Hammer zu Breitenhof, namens Martin, wurde ich, etwa sechs Jahre alt, dorthin zurückversetzt. Der kleine Ort, aus dem „Herrenhaus", den dazugehörigen Wirtschaftsgebäuden und Beamtenwohnungen, einem Hochofen und mehreren Eisenhütten, endlich einer Anzahl ärmlicher Wohnungen der Hammerschmiede bestehend, war damals von allem größeren Tagesverkehr weit entfernt (jetzt führt die Eisenbahn von Schwarzenberg nach Johanngeorgenstadt daran vorbei), lag aber ziemlich romantisch, rings von bewaldeten Höhen um geben, an einem rasch dahinrauschenden kleinen Flüßchen, dem Schwarzwasser. Das Haus, in dem wir wohnten, grenzte dicht an einen weitausgedehnten düsteren Forst. Anfangs machte mir dies einen schauerlichen Eindruck; allmählich fand ich mich in meinen neuen Umgebungen zurecht, umso leichter, als es mir an muntern Spielgefährten nicht fehlte. Da ward dann lustig durch die Wälder gestreift und auf die Höhen ge klettert, nach Vogelnestern gespäht oder dem muntern Sprin- gcü der Eichhörnchen zugeschaut, auch wohl um den Weg zu kürzen, mit hoch aufgeschürzten Hosen mitten durch das Cchwarzwaffer gewatet. Besonders mit einem Kameraden, dem Sohne des Einnehmers in dem benachbarten Breiten brunn („Einnehmer Ernst" nach volkstümlichen Sprach gebrauch), trieb ich mich viel umher. Zwar war mir von mei-- nem, mit der Oertlichkeit vertrauten Stiefvater ausdrücklich Vorsicht empfohlen, speziell das Ersteigen eines steilen Fel sens (des sogenannten Kammersteines) verboten worden. Allein, wann hätten derartige Mahnungen Stich gehalten gegen die jugendliche Lust gerade am Gefährlichen? So hatte ich denn auch wieder, trotz des Verbots, in Gesellschaft meines Kameraden diesen Felsen erklommen, als mir plötzlich auf dem glatten Moosboden die Füße ausglitten und ich von einer ziemlich hohen Felswand kopfüber hinabstürzte. Merkwürdig war dabei, daß während des Fallens sich eine ganze Reihe Gedanken in meinem Kopfe abspann, deren ich mich hinterher ganz deutlich erinnerte und daß darunter der Gedanke an eine Lebensgefahr nicht war, wohl aber der an das väterliche Verbot und einen durch dessen Uebertretung verdienten Ver weis. Ein iunacs Fichtengebüsch fing mich glücklicherweise «af, yemmke vve ves <ZaU«s und nnä, undr^ädvgz, nur nn Gesicht tüchtig zerkratzt, aus dem weichen Raten rneder- gleiten. Daheim hatte ich natürlich wegen der Schrammen Red« zu stehen. Ich suchte die Höhe, von der ich herabgestürzt, in der Darstellung möglichst zu ermäßigen, als ich andern Tages meinen Vater an die Unglücksstelle führen mußte, erkannt« dieser mit Schrecken, in welcher Gefahr ich geschwebt. Ein großes Vergnügen war es auch für mich, in den Hütten un- dem Hochofen mich herumzutreiben, dem Gebühren der, halb nackt vor dem glühenden Ofen hantierenden Hammerschmiede, dem Sprühen der Funken, die von den unter die gewaltigen Hämmer gebrachten feurigen Eisenmasscn nach allen Seiten nmherflogen, dem lnvaartigen Fließen des geschmolzenen Erzes beim Gießen zuzusehen. Es machte mir daher nicht geringe Freude, als mein Pater mir ein kleines Pochwerk au» Holz mit eigner Hand fertigte, welches dann von einem un weit unseres Hauses vorüberfließendcn Wässerchen (Rothen- bächel) betrieben ward. Ich brachte manche Stunde angenehm damit zu. Ein älterer Bursche aus dem Orte erbot sich, mir nahe dabei, als Schutz gegen die Sonne, eine kleine Hütte aus Fichtenreis zu bauen und nahm mich sofort mit in den Wald, wo er ohne viel Umstände mit einem kleinen Handbeil ein« junge Fichte zu seinem Vorhaben fällte. Ich machte ihm wohl Vorstellungen, ob das auch erlaubt sei, er jedoch beruhigte mich darüber. In der Nacht aber ließen mich Gewissenbisse nicht schlafen, es ahnte mir so etwas wie Diebstahl, den wir began- gen und von schwerer Strafe, deren wir uns schuldig gemacht. Ich erinnere mich der entsetzlichen Beängstigung, die ich da mals litt. Dennoch wagte ich nicht, dieselbe Jemandem mit zuteilen, mehr wohl aus Furcht, meinen gefälligen Freund, als mich selbst dadurch in Verlegenheit zu bringen. Der letzte Sinn der Jugend vielleicht auch, die damals in jenen Gegen den noch ziemlich allgemein verbreitete Vorstellung, daß eine derartige Mitbenutzung der ausgedehnten und reichbcstan- denen königlichen Forsten nichts Strafbares sei, half mir zu- letzt doch glücklich über diesen Skrupel hinweg. Unschuldiger verlief ein anderer kindlicher Streich, der nur meine Umgebungen viel auf meine Kosten lachen machte. Ich hatte von früh auf einen gewissen merkanttlen-industriel- len Zug: wiederholt beschäftigte mich der Gedanke an aller hand Erfindungen und deren Verwertung. Damals war es die Herstellung einer roten Tinte, die mir im Kopfe lag. Die rote Farbe des Eisensteins machte mich glauben, daraus müsse das Gewünschte leicht zu gewinnen sein, ich füllte daher meine Taschen mit verschiedenen Stücken dieses Minerals, vergaß jedoch, als ich nicht sogleich zu dessen Verwendung kam, dieselben wieder hcrauszunehmen, da denn beim näch sten Wechsel der Leibwäsche sich zeigte, wie die rote Farbe des Steins sich ätzend nicht bloß dieser, sondern auch dem Körper mitgeteilt hatte. Einen ebenso wenig günstigen Erfolg er zielte ich ein paar Jahre später mit einer anderen Erfindung, an die ich mich in Gemeinschaft mit meinen Spielgefährten wagte, die Herstellung von Iasminöl, zu welchem Zwecke wir eine Menge blühenden Jasmins in ein Wasserbad brachten. Die Wirkung war ein sehr übler Geruch des faulenden Jas mins und ein Verweis, den wir erhielten. Seitdem Labe ich' auf den Ehrgeiz, praktische Erfindungen zu machen verzichtet, obschon ich mich noch hellte nicht enthalten kann, immer mit einem gewissen Neid auf die glücklichen Urheber solcher hinzu blicken. Mit dem Bedarf an roter Tinte hatte es übrigens in dem erzählten Falle folgende Bewandtnis. Ich war der Jugend des Ortes an Kenntnissen überlegen, wurde daher vom Lehrer in der Schule öfters zur Aushilfe beim Buchstabieren- und Lesenlernen der Jungen benutzt, die um Vieles älter waren, als ich. Mein Trieb des Lehrens war aber damit nicht be friedigt; ich sammelte um mich eine Anzahl meiner Schulge nossen und unterwies sie auf eigene Hand im Schreibe» und Rechtschreiben. Um das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden, sollten allerhand bunte Tinten dazu verwendet werden. Das Schulwesen befand sich damals an solchen kleinen Orten wie Breitenhof noch in einem äußerst primitiven Zu stand. In dem Hause, das meine Eltern bewohnten, war auch die Schule. Der alte Schulmeister war seines Zeichens ein Schneider, der Schulstube zugleich seine Werkstatt und di« Wohnstube für ihn und sein zänkisches Weib. Bald darauf trat indes eine Aenderung zum Bessern ein. Ich wriß nicht, starb der alte Schulmeister oder wurde er beseitigt, genug, an feine Stelle kam ein pädagogisch geschulter junger Seminarist, Herr Weise, durch welchen der aanre Unterricht aus eine Höker«
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Nächste Seite
10 Seiten weiter
Letzte Seite