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Sächsische Elbzeitung : 15.09.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-09-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787841065-188809153
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787841065-18880915
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787841065-18880915
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Elbzeitung
- Jahr1888
- Monat1888-09
- Tag1888-09-15
- Monat1888-09
- Jahr1888
- Titel
- Sächsische Elbzeitung : 15.09.1888
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Alle freuten sich mit mir, das; ich einen alten lieben Freund wiedergefnndcn hatte, ich eilte »ach der Straße. Unterwegs denke ich daran, daß wir ja einen Tag »ar dein Gagctag leben, wo ich natürlich keine» Pfeimiq mehr hatte. Wozu brauchte ich aber auch Geld, ich war ja geladen bei einem alten Schulkameraden, und der wird sich dach die etwaige Zeche nicht bezahle» lasse». Die Thür fliegt auf, wir liege» »»S i» de» Arme» »nd ei» Bruderkllß schallt vrde»tlich durch die ganze Konditorei, sv herzhaft war er. Jetzt sah ich mir dcu Bruder erst einmal ordentlich an, er kam mir nicht einmal sehr wenig bekannt, svndcrn sehr fremd vor. Wir sehe» n»S »nd trinke» einem Schoppen, der »ngemüthlichste, den ich in meinen, Leben genossen. Endlich mußte ich doch mal das lange Schweigen brechen, denn er seinerseits beschränkte sich mir darauf, mich liebevoll »ud schmuuzclnd auzusehcn, was mir sehr miaugeuehm war. „Anu sage einmal in drei Teufels Namen, alter Junge, wie bist Du Konditor geworden?" — — „Ha, ha, ha! D» weißt doch, daß ich cS schon lange bin!" - „Ich?" Allewetter, mir wurde sehr unheimlich, denn »mi war es mir klar, daß es ein Fremder ist. — WaS zn thuu? Gott sei Dank! , Geistesgegenwart habe ich in,wer gehabt. Hier gab es nur zwei Fälle, entweder ich gehe ans den Jrrthnm ein, oder ich kläre ihn ans, bezahle als Fremder mein Bier und gehe. Da ich, wie vorhin bemerkt, keinen Pfennig in der Tasche hatte, so zog ich das erstere vor und antwortete nach einer kleinen Panse: „Allerdings, es ist ja eine alte Geschichte, doch ich meinte Deine Selbständigkeit." „Ach sv! Ha, ha, ha!" Ha, ha, ha, ha! lachte» wir Beide herzhaft. Jetzt wurde der Jrrthum gauz begründet, denn er sprach mich nun weiter mit Her mann au, vermuthlich deö Perkauuten Valcruame; während er meinen Namen P. für eine» angenommene» Thcaternamcn hielt „Aber Herma»», das war nicht hübsch von Dir, daß Tn thatest, als wenn Dii mich mit meiner Fran am AuSgangc des Theaters nicht bemerktest." „Ich in? „Ja Dn spieltest an dem Abend den, den schlechten Kerl, den Spiegelberg in „Die Räuber"." „Ach so! au dem Tag wart Ihr in —?" „Dn niußt inis doch erkannt haben, meine Fran hat eö Dir sehr übel genommen." „Das thut mir unendlich leid; aber ich versichere Dich, daß ich ! Euch nicht gesehen, ich hätte ja mit großem Vergnügen den Abend in Eurer Gesellschaft verbracht." „Sage mal," unterbrach er mich dann schnell, „was ist denn eigentlich ans dem alte» Mack geworden?" Dieser Name ließ mich einen Augenblick aus meiner Nolle fallen, dem, wir hatten zn Hanse einen alten Schlosser, Namens ! Mack, nnd ich war nicht wenig erschreckt über meine Unvorsichtigkeit; als ich darauf hi» heransplatzte: „Ach der Dicke!" „Dicke?" erwiderte mein Gastgeber verdutzt,, „der ist doch nicht i dicke!" „Nein dicke ist er nicht, ich ineine, er thut mau immer so dicke." „Ja, da hast Dn Recht, das thut er," erwiderte er glaubwürdig, lachte und ich stiumite mit ein. „Warst Du lauge nicht zu Hause?" „Wo denn?" platzte ich heraus. „Na in Konitz!" erwiderte er erstaunt. Aha! ans Konitz ist er also. Gut, dachte ich mir, daü ist uett, daß Du auch vier Monate als Schauspieler da warst, und besänftigte meinen weiß geschürzten Konditor, der doch schon etwas mißtrauisch wurde, mit folgender Ortskenntnis! nnd mit Allein ! waS ich von K. wnßtc. „Weißt Du schon, wir wohnen jetzt in der Danzigersiraße bei der Wittwe Frank, Eichstedt hat ein wunderhübsches Theater ge baut, der Kürschner am Schweinemarkt ist abgebrannt und Robert Bock ist jeyt in Schlvchau als Geschäftsführer. Dn kennst doch Robert Bock." „Natürlich, wir sind ja zusammen in eine Klasse gegangen." „Ach ja, richtig!" Nnn war jeder Zweifel bei meinem süßen Frennd geschwunden nnd ans seinen Angen konnte ich nnn lesen, daß er jetzt einen feierlichen Eid darauf geleistet Hütte, daß ich der sei, für den er mich hielt, zumal ich noch hinznsetzte, daß ich bei der Marie B. zur Hochzeit gewesen sei. Freudig aufspringend, wollte er mit dem Rufe: „Aber mm muß ich mal meine Fran holen, die wird sich mal freuen, Dich wiederznseheii," davon eilen. War die ganze Situation bis dahin schon sehr peinlich, so wurde mir jetzt brühwarm zn Muthe. Mit einer Hand ergriff ich seine Rvckschvße, mit der ander» meinen Schoppen, den» ich war so gewähnt, nichts stehen z» lasse». „Nein, ich habe jetzt keine Zeit, ich muß zur Probe; aber wen» Du er laubst, komme ich Nachmittag mit meiner Brant wieder." „Na ja, aber Du mußt auch Wort halten." „Natürlich!" versicherte ich, während ich die zum Abschied gereichte Zigarre iu Braud setzte. „Apropos," begann mein Freund, noch einmal die Unterhaltung zu meinem Verdruß aufnehiueud. „Ist denn die alte Miuka noch zu Hause bei meinen Eltern!" „Die alte Minka," wiederholte ich, „natürlich, warum soll die denn nicht mehr da sein?" „Das ist auch recht, daß sie der Alten das Giiadeiibrvd geben," meinte ziisrieden mein Kondex. Ich dachte auch unr, weil Theodor schrieb, August habe sie iiu Jähzorn beinahe einmal nmgebracht. „Umgebracht? Hore mal," sagte ich ernst, „das finde ich nicht hübsch von Angnst nnd hätte eö ihm nicht zugetrant, daß Dein Bruder —" „Mein Kousiu," fiel der Dicke ein. „Dein Kvnsin wollte ich sagen," fuhr ich ruhig fort, „im Staude sei, einen Mord zu begehen." „Eine» Mord," lachte der Dicke wieder, „»»», das kau» ma» doch eigentlich nicht als Mord ansehen;" — eine iiette Familie, dachte ich bei mir nnd sügte etwas erregt la»t hinzu: „Ach, Du denkst, weil er eS im Jähzorn gcthan? Allerdings würden ja dadurch mildernde Umstände zulässig sein, aber immerhin " „Aber," unterbrach mich hier Gott sei Dank der Dicke, aber sag' mal, Herrmann, mauste sie denn immer noch?" Bis hierher hatte ich im Stillen kombinirt: Die Mmka ist eine alte Dienstperson, die nim das Gnadcu- brod bekommt, nnd ans seiner letzten Frage kvmbinirte ich weiter, sie habe gestohlen nnd have deswegen von ihrem Kvnsin eine Züchtigung bekommen, der sie beinahe unterlegen wäre. Ich schien meiner Sache ganz sicher, denn ganz erstannt fragte ich: „Mauste sic denn früher?" — und machte hierbei gleichzeitig die Pantviuime des Stehlens, da mein Freund sehr begriffsstutzig schien! — „Wen meinst Dn denn eigentlich?" polterte er nnn mit emeni furchtbar dummen Gesicht heraus. „Nun, die alte Mmka!" „Die Katze?" „Die Katze?" fragte ich entsetzt. „Na ja, natürlich! WaS dachtest Dn denn?" „Ich," stammelte ich, „ich — weißt Dn — ich habe sie immer für einen Kater angesehen!" — Sv, so, so. Ha, ha, ha, lachten wir Beide nochmals um die Wette und dcmn riß ich mich gewaltsam los, denn mir wurde es jetzt un heimlich. Noch einmal schallte ein kräftiger Kuß, den er mir gewalt sam mit seinen großen aufgeworfenen Lippen anfdrückte, durch die leere Konditorei, noch ein Händedruck und ich durfte mit einem „Gvtt sei Dank" wieder freie Luft schnappen. Der schöne Spaziergang, de» ich bis dahin mit meiner Brant täglich unternahm und der mich dort vvrbeiführte, fiel natürlich weg. In meinem Hotel bat ich, wenn der Konditor käme, denn er hatte mir den Besuch mit seiner Fran angezcigt, ein für alle Mal zu sagen, ich sei nicht zn Hanse. Die zwei Wochen noch, die ich in P. war, waren mir vrdeut- lich unheimlich; trotzdem mir ein solang ersehntes Glück bevvrstand, nnd zwar meine Verheirathnng, so wurde ich doch meines Lebens nicht froh, denn überall sah ich weiße Gespenster, ja selbst bei meiner so geinüthlichen Hvchzeitsfeicr sah ich ost ängstlich nach der Thür hin und dachte mit Schiller: „Vielleicht speit mir daö doppelt geöffnete Thor zwei Leoparden ans eimnal hervor." Aber Gott sei Dank, die Abschiedsstunde schlug und sie kamen nicht, sie fühlten sich verletzt, daß sic keine Einladung znr Hochzeit erhalten. Denke ich aber öfters an diese Stunde zurück, so muß ich wie meine Fran stets recht herzhaft lachen, ja unser kleiner Liebling stimmt jetzt eben anch noch mit, gerade als begriffe er anch schon daS Kölnische jener Situation. Das umß ich jedoch gestehe» vo» all de» viele» Schoppe», die ich seit meinem vierzehnte» Jahre bis heilte tapfer geleert, war jenes doch daS »ngemüthlichste Seidel!
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