49 r geachtet eS eine ungeheure Menge von Bü chern giebt. Die Pagoden (gottesdienstliche Versammlungsorte) allein haben beträchtliche Sammlungen. Ein Sinese, der ein Buch geschrieben, und es herausgeben will, muß die Druckkosten selbst bestreiten, wenn er nicht ein vornehmer Manderin ist. Ein sol cher Manderin - Schriftsteller überreicht sein Werk dem Kaiser, und wenn der Bericht der Gelehrten, des kaiserlichen Collegiums zu Pecking, dem die Schrift zur Prüfung vor gelegt wird, günstig aussällt, trägt die Ne gierung die Kosten der Herausgabe. Warum fruchtet das Neben und Schreiben bei den Deutschen so wenig? Was der Mensch weiß, das soll ihm bei seinen Handlungen nützlich seyn; allein zwi schen dem Verstände, der eine Sache einsieht, und dem Willen, der sie aussührt, ist eine große Kluft, welche durch Antriebe ausge füllt werden muß, die den Menschen zur Ausführung des Nützlichen und Guten auf regen und fortreissen. Die Deutschen wissen erstaunlich viel, aber der größte Theil thres Wissens ist ein müßiger Schatz. Bei keiner Nation giebt es so viele einsichtsvolle und gclehrre Manner, welche entweder un moralisch leben oder sich im Leben nicht zu benehmen wissen. Die größten Denker sind oft Sclaven des Lasters, und viele höchst kenntnisreiche Männer lassen sich Fehler zu Schulden kommen, die man kaum dem ver zeihet, welcher nur einige Gran gesunden Menschenverstand besitzt. Die Deutschen machen viele Erfindungen, aber sie führen sie nicht ins Leben ein; sie 492 werden vergessen, und man erinnert sich der selben erst wieder, wenn sie von einer andern Nation mit dem größten Vortheile benutzt werden. Woher rührt es nun, daß die Deut schen trotz ihrer Einsichten und Kenntnisse wenig von dem ansführen, was sie wissen, und daß sie nicht ßmmer das Nützliche und Gute thnn, von deren Nothwenbigkeit sie doch inniast überzeugt sind? Bei der Menge von Theonen muß man in Zukunft zugleich mehr mit auf das Praktische dringen; was man Heilsames weiß, das muß ausgeführt werden; wer es selbst nicht kann, der rüttle seinen Nachbar aus dem Schlummer, damit . dieser das in der Wirklichkeit darstelle, was der Andere nicht vermag. Wer den Verstand ausbildet und mit Kenntnissen bereichert, der muß zugleich den Willen geneigt machen, sich in großen und herrlichen Thaten zu zeigen. Alle Triebfedern, welche den Willen zu Hand lungen anspornen, müssen aufgesucht wer.- den; der Enthusiasmus für Wahrheit und Recht muß Thaten erzeugen, ,welche für die Menschheit heilsam sind; die Ehrliebe muß jeden beseelen, damit er thue, was seiner Nation, seinem Vaterland und der Mensch heit ersprießlich ist. Die Achtung gegen die Pflicht und das Recht muß in jedem Gemü- the so lebendig seyn, daß jeder sich schämen muß, der nicht jeden Tag etwas Nützliches gelernt und dasselbe auch ausgeführt hat. Was das BegchrungsvLrmöaen aufregt, was den Witten zur That antreibt, das muß kraft voll und lebendig dargestellt werden. Nie mand muß etwas auf Morgen verschieben, was heute gethan werden kann. Den Wil len also muß man bearbeiten, wenn es besser