Naunhofer Nachrichten : 05.10.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-10-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787848183-190410054
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787848183-19041005
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787848183-19041005
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungNaunhofer Nachrichten
- Jahr1904
- Monat1904-10
- Tag1904-10-05
- Monat1904-10
- Jahr1904
-
-
-
-
-
-
-
-
- Titel
- Naunhofer Nachrichten : 05.10.1904
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Uaunhoser Nachrichten 10rtsblatt für Albrechtshain, An nelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Eicha, Erdmannshain, FDHW,"KWeinberzMeinsteinberg, Klinga, Köhra, Ltndhardt, Pomtzen, Ztaudnitz, Threna und Umgegend Be»«ssprei» r j Frei inS HauS durch Austräger ; Rk. 1.20 vierteljährlich. Frei inS HauS durch die Post Mk. 1.30 vierteljährlich. Mit zwei «eiblittru: Illustrierte- SonntagSblutt und Landwirtschaftliche Beilage. L-tztere «»« II Lage. Verlag «ud Druck: Sünz Sr Gale, Naanhaf. Redaktion: Robert Günz, Raunhof. AukSu-l-mtgeut Für Inserenten der AmtShauptmann« schuft Grimma 10 Pfg. di« fünfge spaltene Zeile, au erster Stelle und für Auswärtig« 12 Pfg. Bei Wiederholungen Rabatt. Die Naunhofer Nachrichtm erscheine.» jedm Dienstag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag 8 Uhr mit dem Datum deS nachfolgenden TageS. Schluß der Anzeigmannahme: Vormittags 11 Uhr am Tage deS Erscheinens Nr. 120. Mittwoch, den 5. Oktober 1904. 15. Jahrgang. — ! ,» ! >> ——— > — » , Mittwoch, den 5. Oktober, Vormittags Uhr sollen in Naunhof t Dttticm, t KWerschrM, 8 KM nchtne md 2 Mik birkeitt Klsktt öffentlich an den Meistbietenden versteigert werden. Bieter sammeln sich in „Stadt Dresden". Der Gerichtsvollzieher des Kgl. Amtsgerichts. Kühne, Arresthausinspektor. Lagetmchblätter aus Rußland. Von E. Sft. Reise nach Saratow. — Der Kreml i« Moskau. — Saratow. (Nachdruck verb.) Ueber keinen Staat des europäischen Fest, iandes wird in unserem deutschen Vaterlande so stiefmütterlich gesprochen, gedacht und ge urteilt, als über unsere östlichen Nachbarn und ihr Reich, Rußland, jenem gewaltigen Riesen, der wie einst Heine sagte, schlafend die Füße weit ausstreckt in die duftigen Blumengärten des Morgenlandes und mit dem Haupte anstößt an den Nordpol. — Rußland, buh, der Name klingt schon so finster. Unwillkürlich denkt man an schmutzige, ärmliche Dörfer, in denen der Reisende beim Uebernachten viel ungebetene kleine Gäste vorfindet, die dem ermüdeten Wanderer keine Ruhe gönnen, oder man glaubt das unheim liche Heulen der hungrigen Wölfe zu hören, welche in der kalten stürmischen Winternacht den aus der Stadt im Schlitten heimfahrenden Bauer verfolgen. Weiter noch verbindet sich dann gewöhnlich der Gedankenflug mit den Worten Schnaps, dumme Bauern, Anarchisten, Sträflinge, Knute, Sibirien und ähnliche schmeichelhafte Substantiven, und unser deut sches Urteil ist im Allgemeinen fertig. — Doch ohne Licht keine Schatten. — Auch Rußland hat seine Sonnenseiten und die russische Litteratur weist bedeutende Schrift steller auf, die ihr Vaterland in angenehmen, sympathischen Farben malen und die eigen artigen, landschaftlichen Reize, die Tugenden des russischen NationalkarakterS, bunte, in teressante Momente aus dem Volksleben und aus der Geschichte des Zarenreiches mit fesselndem und anschaulichem Erzählertalent schildern. Jetzt durch den Krieg mit Japan richten sich die Augen ganz Europas auf das Zaren reich und erlaube ich mir deshalb jetzt in dieser Zeit des allgemeinen Interesses, für die geehrten Leser der „Naunhofer Nachrichten" einige meiner in Rußland gemachten Be- obachtungen und Erlebnisse zu veröffentlichen. Keine spannenden, selbsterdachten Abenteuer sind es, die ich hier präsentieren will, sondern nur kleine, einfache Skizzen über Personen und Landschaften, die ich in Rußland kennen lernte, schlichte Erlebnisse, Tagebuchblätter eines an den Wolgastrand verschlagenen Naunhofers. In fünf Tagen hatte mich das eilende Dampfroß aus den waldigen Stadtmauern meiner Heimat hinausgetragen weit ostwärts an den Wolgastrom, wo mir bei meiner Tante in Saratow günstige Gelegenheit ge boten wird, die russische Sprache zu er lernen. Es war im Anfang Mai 1902 al» ich meine Reise antrat. Bei uns grünte und blühte alles, im Walde duftete nach dem Frühlingsregen der frische Maiwuchs der Nadelhölzer, die Obstbäume hatten schon ihr blütenweises Kleid mit einer hellgrünen Robe vertauscht und auf den Feldern versprach eine üppige Saat die Arbeit de» emsigen Land- manneS reichlich zu lohnen. Die ganze Natur atmete und lebte neu auf und der schone, deutsche Frühling zeigte überall sein lieblich lächelndes Gesicht. Umso schroffer empfand ich den Gegensatz jenseits der russischen Grenzstation Alexandrowa, wo die Zollrevision stattfand. — Ein melancholisches Bild, —- braune von vielem Regen und dem getauten Schnee überschwemmte oder aufge weichte Aecker wechselten ab mit kleinen ver krüppelten Ftchtenwaldungen, in deren Schatten noch der hohe Schnee lag. Von Zeit zu Zeit sah man abseits der Strecke schwärzliche, strohgedeckte Bauernhütten hinter denen sich die lange Stange des Ziehbrunnens und die noch blattlosen Aeste unv Zweige vereinzelter Erlen und Weidenbäume skelettorttg von dem niedrigen, regengrauen Himmel abhoben. Außer auf den verhältnismäßig wenigen Stationen die ortsüblichen, polnischen Juden im dunklen, schmierigen Kaftan, die mit Schafpelz, Fellmützen und Filzstiefeln be kleideten Bauern, die sauber uniformierten Gisenbahnbeamten und den die Front des Zuges spornkltrrend abschreitenden Gensdarm in seiner schmucken, blauen rotverschnürten Uniform, den Czako mit weißem Stutz auf dem Kopfe, außer jenen auf jedem Bahnhofe regelmäßig sichtbaren Figuren zeigten sich selten lebende Wesen im Rahmen des Waggon- fensterS. Nur noch die graue Gestalt eines Hirten, »er seine mageren Kühe und Pferdchen weidend, stumpfsinnig unserem dahinsausenden Zuge nachblickte, krächzende, durch den dumpfen Pfiff der Lokomontive aus ihren Nestern auf gescheuchte Rabenscharen, oder ein einsamer Storch, der im braunen Schilfe des Sumpfes herumstolziert, belebten die Gegend, sonst schien alles ausgestorben, — tot. — Eine passende Staffage zu jener weltgeschichtlichen Tragödie, die sich auf diesem Boden im Winter 1812 abspielte. Unser Zug durch eilte den Schauplatz de« Napoleonischen Schiff bruches. Raffelnd überfuhren wir die eiserne Beresinabrücke, Smolensk und Moskau zu. Hier in diesem Boden liegen die Trümmer der großen Armee, jene Krieger, deren Kriegs ruhm unter der heißen Sonne Afrikas ge gründet, vor denen Europa zitterte, die jeder zeit mutig und furchtlos für ihren Kaiser in offener Schlacht dem Tode ins Auge sahen, sie liegen hier, weit von der Heimat, in den öden Feldern Rußlands, geschlagen durch Hunger und Kälte auf der Flucht vor dem Feinde. Sie schlafen bis sie einst Trommel wirbel zum Appell, zur großen Parade vor ihrem Kaiser, erwecken wird. Gegen Mittag des dritten Reisetages hält der Zug häufiger und füllt sich mit neuen Paffagieren. Aus dem hohen Walde an beiden Seiten des Schienenweges sehen oft schmucke im Vtllenstile erbaute Holzhäuser heraus an denen Zimmerleute die Schäden des Winters ausbeffern. Der Verkehr auf den Landstraßen wird lebhafter. Die» alles kündigt die baldige Ankunft in Moskau an. Meine Reisegenoffen, übrigens eine teilweise sehr angenehme, internationale Gesellschaft, beendigten ihre mehr oder minder interessanten Beschäftigungen, wie Lesen, Kartespielen, Schlafen, begannen ihr Gepäck zu ordnen, machten Toilette oder stürzten unruhig von einem Fenster zum anderen. — Da plötzlich leuchtete uns bet einer Biegung, vorläufig noch einzig sichtbar von der Stadt, im blendenden Sonnenlichte die goldene, mächtige Kuppel eines großen Domes, der Erlöserkirche, entgegen. Moskau! Die Fahrgeschwindig keit vermindert sich, zwischen kleinen niedrigen Häusern der Moskauer Vorstadt hindurch schütteln und rütteln uns die Wagen über die vielen Weichen und Schicnenstränge, und nach wenigen Minuten zieht uns die schnaubende und keuchende Maschine langsam in den Moskauer Bahnhof. Mit welcher Schnelligkeit doch heutzu tage im Zeitalter des Dampfes und der Elektrizität große Entfernungen zurückgelegt werden können. 52 Stunden Fahrtdauer von Berlin bis nach Moskau. Montag morgen saß ich noch in Naunhof, trank als guter sächsischer Patriot, meinen Kaffee und ver schluckte tapfer, schwermütigen Herzens eine — Butlersemmel nach der andern. Zwe Tage später am Mittwoch Nachmittag aß ich mein Mittagsmahl in Moskau, der Metro pole des echten RuffentumS. Ich hatte hier mehrstündigen Aufenthalt und beschloß den selben zu einem Besuche des Kreml, der Residenz des alten Zaren, zu verwenden. Im Hotel mietete ich einen Fremdenführer und schlenderte mit ihm durch die holprigen Straßen dem nahen Kreml zu. Wir überschritten den berüchtigten großen roten Platz, der seinen Namen von dem vielen Opferblute, einstiger despotischer Willkür und Tyrannengrausam- keit führt. In altmoSkowitischen Zeiten wurden auf ihm alle öffentlichen Vorgänge im Volks leben vollzogen. Er war das Forum Moskaus. Das Lärmen und Toben der bei rohem Trinkgelage versammelten Moskowiter und das Stöhnen und Schreien der zum Richt block Geführten hat der Platz gehört. Viel Wein, doch noch mehr Blut haben feinen Boden getränkt. Auf der noch heute sicht baren, erhöhten, runden, steinernen Rtchtstätte wurden die Erlasse und Befehle der Zaren verlesen unv die blutigen Urteile ausgeführt. Iwan der Grausame (1533—1584), jene unheimliche Gestalt in der russischen Ge schichte, hat hier fast täglich Hinrichtungen vollziehen lassen. Auch Peter der Große ließ auf dem roten Platze alle Mitglieder de» Streichen- (Leibwachen) Aufstandes an in langen Reihen ausgestellten Galgen in seiner Gegenwart erhängen. — Doch der freundliche Sonnenschein, der heute über Moskau leuchtet, verscheucht die Nebelbilver der düsteren Ver gangenheit. — Die eine Seite de» roten Platzes wird von schönen neueren Gebäuden eingefaßt, darunter den sogenannten „Oberen Handelsreihen", einem riesigen im russischen Stile gehaltenen Kaufhause, in welchem die reichen Moskauer Kaufleute ihre Kontors und Niederlagen, gefüllt mit den herrlichsten und kostbarsten Erzeugnissen Europas und Asien», hiben. In den hohen, Hellen mit Glas gedeckten Gängen herrscht von früh bis spät reges Leben. Fast am Ende des sich langhinstreckenden Platzes fällt eine Kirche, die Wassily Blajenny, durch ihre eigenartige, bizarre Bauart auf. Viele kleine und größere Türme mit verschieden geformten, bunten Zwiebelkuppeln, dis um einen großen mit Bogen verzierten Turme herunterstehen, welcher in einer spitzen, achteckigen Pyramide mit goldener Kuppel abschließt, krönen die Kirche, deren Inneres aus elf abgeteilten Räumen besteht. Die Kirche ist eins der ältesten Moskauer Bauwerke, aus der Zeit Iwans des Grausamen stammend. 1812 diente sie den Franzosen als Pferdestall. Die andere Seite des Platzes begrenzt die hohe, steinerne Kremlmauer, hinter der sich die Paläste, Kirchen, Klöster, die alten Ver waltungsgebäude und Arsenale der ehemaligen Residenz auf einem Hügel am Ufer des Moskwafluffes erheben. (Schluß folgt.) Ein Skandalprozetz gegen den Major v. Sydow. Vor dem Oberkriegsgericht der 20. Division, da» in Hannover seinen Sitz hat, steht der Major und Bataillons-Kommandeur im Braun schweigischen Regiment Nr. 92 unter der An klage, seine 12jährige Tochter Anne-Marie v. Sydow in Gemeinschaft mit seiner Gattin fortgesetzt in grausamster Weise körperlich miß handelt zu haben. Der aufsehenerregende Prozeß bildet das Nachspiel zu dem am 11. Juli d. I. vor der Strafkammer in Braun schweig verhandelten Prozeß gegen Frau v. Sydow wegen Ueberschreitung des Züchtigungs rechte», der mit der Verurteilung der Ange schuldigten zu 4 Monaten Gefängnis endete. In diesem Verfahre» kam es zur Sprache, daß an den 5 der Frau v. Sydow zur Last gelegten Mißhandlungen de» kleinen Mädchen» in einem Falle auch der Major v. Sydow sich beteiligt hatte, indem er auf Veranlassung seiner Frau da» zu spät au» der Schule heimgekommene Kind am Zopf ergriff, in die Höhe hob und, nachdem er e» eine Weile in der Schwebe gehalten hatte, zur Erde warf und ihm einen Fußtritt mit seinem schweren Reitstiefel versetzte. Da» kleine Mädchen muß überhaupt daheim ein wahres Martyrium durchgemacht haben. Seine Mutter scheint eine hochgradig nervöse Person zu sein, denn sie hat sich wiederholt in einer Heilanstalt aufgehalten und befindet sich auch jetzt auf Veranlassung ihrer Verwanden dort, nachdem sie nur gegen Hinterlegung einer Kaution in Höhe von 15 000 Mk. ihrer sofortigen Ver haftung auf das von der Braunschweiger Strafkamer erlasseue Urteil hin entgangen war. Nach dem Erkenntnis de« Braun- schweizer Gerichts hat sie da» Kind, das nach ihrer eigenen Angabe körperlich zurückgeblieben ünd schief gewachsen war, auch so schwache Augen hatte, daß e» eine Brille tragen mußte, in der niederträchtigsten Weis« mißhandelt. Sie benützte dazu eine alte au» Leder ge flochtene Reitpeitsche ihres Manne», mit der sie unbarmherzig auch bei den geringfügigsten Anlässen, auf da» Kind einschlug. Dabei riß sie e» an den Haaren, stieß e» gegen Tische und Wände, oder warf e» zu Boden, um e» dann mit dem Kopfe gegen den Fußboden zu stoßen. Ein anderes Mal jagte sie das Kind im Hemd in den Garten und ließ e» dort frierend stehen. Auch würgte sie es wiederholt an der Kehle. Da» Kind, dem der Arzt wegen seiner Rückenverkrümmung häufiges Geradeliegen auf der Ehaiselongue oder auf einem Teppich verordnet hatte, mußte auf Geheiß der Angeklagten unter der Treppe auf dem bloßen Fußboden liegen. Einige weitere Zeugen sagten damals aus, daß da« Kind auch nur mangelhaft ernährt worden sei und viele Spuren von erltttenen Miß handlungen aufgewiesen habe. Der Vater soll sich nur widerwillig an den Züchtigungen des Kindes beteiligt Haden, die nach seiner Be hauptung notwendig waren weil die Anne- Marie faul und verlogen war. Zum Be weise dieser Behauptung hat Major v. Sydow zu der Verhandlung den Schuldirektor Pro fessor Krüger Braunschweig und die Lehrerin Dummes an der Braunschweiger höheren Mädchenschule laden lassen. Ferner find als Zeugen benannt: Major Zaengel vom 92. Regiment, Hauptmann v. Heinitz, eine Frau v. Wuthenow und verschiedene Burschen, Kindergärtnerinnen und sonstige Angestellte des v. Sydowschev Hause». Das mißhandelte Kind ist inzwischen seiner Großmutter in Wernigerode zur Erziehung übergeben worden. Vom Kriegsschauplatz in Ostafien. Nach einer Meldung des „Dily Chronicle" wurde am Sonnabend vor Port Arthur ein kurzer Waffenstillstand zur Beerdigung der Toten abgeschlossen, nach dessen Beendigung das Bombardement mit aller Heftigkeit wieder ausgenommen wurde. Die Lage der beiden Gegner sei ziemlich unverändert. Die Land- »wohner würden schon tu ziemlich großer Entfernung von Mukden durch die Japaner ortgewtesen, da diese befürchten, daß sie für sie Russen in Mukden al» Spione tätig sein könnten.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Keine Volltexte in der Vorschau-Ansicht.
- Einzelseitenansicht
- Ansicht nach links drehen Ansicht nach rechts drehen Drehung zurücksetzen
- Ansicht vergrößern Ansicht verkleinern Vollansicht