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Sächsische Elbzeitung : 24.10.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-10-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787841065-190810240
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787841065-19081024
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787841065-19081024
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Fehlende Seiten in der Vorlage.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Elbzeitung
- Jahr1908
- Monat1908-10
- Tag1908-10-24
- Monat1908-10
- Jahr1908
- Titel
- Sächsische Elbzeitung : 24.10.1908
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„Kurt," sagte sie leise mit vor Bewegung zitternder Stiiniue, „du hast uns durch deinen Leichtsinn scheu uiauche trübe Stunde gemacht, Anna und mir die Jugend verbittert, aber was du seht tuu willst, das ist das Aergste veu allein —uud ich dulde es nicht!" „Herrgott, Herta, nimm doch nicht alles se tragisch," antwortete Kurt ärgerlich. „(5s war nur ein Scherz . . „Aus dem aber bittrer Ernst werdcu kann, wen» Ilse es für Wahrheit nimmt oder Willinghausen es erfährt. Die Frau, die ciu täglicher Gast iu deinem Elteruhausc, deren Gälte uns allen ein wahrer Freund ist, die sollte dir doch wohl heilig sein, uud ist sie es nicht, io schwöre ich dir, daß ich an Wittinghausen selbst schreibe; kann ich ihm die Liebe seiner Fran nicht bewahren, über seine Ehre wenigstens werde ich wachen!" „Ich glanbe, du bist verrückt geworden, Herta!" lachte Kurt. „Wittinghausen willst du schreiben, dast ich seiner Fran einen Fustfall gemacht habe? Nun, Ilse wird dir wenig danlbar sein, wenn du ihren gestrengen Eheherrn Herzit icrst." „Schlimm genng!" schaltete Herta ein. „Jin übrigen gebe ich dir mein Wort," snhr Knrt ernster fort, „dast ich ihr keine Licbeserllärnug gemacht habe, nahe daran war es — das gebe ich zu; warum hat sie auch so berauschende Augen? Aber da du so sehr ü propos hercinkamst, ist kein Wort gefalle», was nicht alle Welt hören könnte. Weil dn cs aber gar so tragisch auffastt, verspreche ich dir, Fran von Witlmghausen von nnu aii aus der Entfernung nnzubeteu — wunschlos — glücklos! wie irgendein Dichter singt, Heine oder ein anderer sentimentaler Lhriker, für den ihr Mädels alle schwärmt. Bist dn nnn znsriedeu? Heute abend im Bilde freilich must ich ihr uoch einmal zu Füsteu sinke» — aller gute» Dinge sind drei! Wie nernc dir zn Ftihcn Säug' ich mein schvnsles Liedl" Lustig pfeifend ging er damit hinaus, Herta etwas beruhigter zurücklassend. Herr von Wittinghauseu verlebte, während seine Frau sich so in jeder Beziehung ausgezeichnet amüsierte, schwere Wochen. Der Onkel war sehr leidend, und da er in gesunden Tagen alles selbst auordnete, waren seine Untergebenen völlig ratlos. Sein Neffe, der ebenso energisch wie praktisch war, ordnete bald alles zur allgemeinen Zufriedenheit. Der Onkel sagte oft, dast er Tresenberg iu keineu andern Händen als den seinen einst wissen möge. Er teilte den: Neffen mit, dast er ihn zu seinem Universalerben ernannt, Trejenberg n»d sein bedcnteudes Kapital, ab gerechnet einige Legate, ihm vermacht habe. Herr von Willinghausen konnte somit aunchmen, in wenigen Mcmatcn Bescher eines wnndervollcu Gutes und grossen Vermögens zn sein, da der Arzt ihm offen erklärte, dast sein Onkel, tröst der anscheinenden Besserung, nur uoch kurze Zeit lebe» köuute. Da Wittiughauseu eiu ebenso tüchtiger, wie passionierter Offizier Ivar, dem eine gute Karriere sicher schien, so war ihm der Gedanke schmerzlich, früh seinen Abschied nehmen zn sollen; anderseits liest es seine Gewissenhaftigkeit nicht zu, einen so grossen Vesist wie Treseubcrg fremden Händen anznvertranen. Er kam vorläufig zu keinem Entschluss; da der Urlaub bald abgclaufeu uud der Oukcl besser schien, nahm er von diesem herzlichen Abschied, um nach Hause zurückzukehreu. Er sehnte sich unbeschreiblich, Ilse, von der er noch nie so lauge getrennt war, wiederzusehen. In der Eriunernng schwebte sie ihm nur hold und liebreizend vor, alle sonstigen Disharmonien waren ausgeglichen uud vergessen. Ihre kurzen, kalten Briefe berührten ihn sehr schmerzlich, aber er hoffte doch, wenn er erst wieder in ihre süßen Augen sehen würde, die alte Liebe darin zu lesen. Er schrieb ihr genau Tag uud Stunde seiner An kunft, bat sie dringend, für deu Abcud jede Einladung ab- zulehuen, da er gern mit ihr allein sein möchte, ihr viel zu erzähle» habe. Er freute sich so unbeschreiblich aus das Wiedersehen, dast ihm recht klar wurde, wie leidenschaft lich sein Herz an ihr hing. Es Ivar schon ganz dnnkel, als er endlich nach sehr kalter Fahrt, müde und hungrig, vor seinem Hause vvrfuhr; dast Peter ihn nicht vor der Tür erwartete, frappierte ihn zwar, aber ohne sich »veiler deu Kopf zu zerbrechen, eilte er die Treppe hinauf, die Korridortür mit seinem Drücker öffnend. Er hörte Pitti als wachsames Tier laut bellen und ging dem Ton nach direkt iu seiu Zimmer, das aber ebenso öde und dunkel schien, wie dec Hausflur und die übrigen Räume. „Ilse!" rief er laut, „wo bist du deuu eigentlich?" Aber niemand antwortete; nur Pitti knurrte und kläffte ans seiner Sofaecke hervor. Da er glücklicherweise stets Streichhölzer bei sich trug, so zündete er Licht au und ging damit iu die hiutereu Räume, laut nach Peter rufend, der denn auch verschlafen mit struppigem Kopf uud unordentlicher Jacke zur Küchentür herausschvst. „Wo ist die gnädige Frau?" herrschte Herr vou Wittiug hauseu ihu an. „Warum bist du nicht vor der Tür, wenn ich ankomme? Wo steckst du beim eigentlich? Was?" „Die gnädige Fran ist vor einer Stunde ausgefnhren!" stotterte Peter ganz verwirrt, au seiner Jacke knöpfend. „Wir haben ja gar nicht gewusst, dast der Herr Hnuptmauu heute kommen; die gnädige Frau hat nichts gesagt." „Ein nettes Heimkounnen!" dachte Herr von Witting- Hansen; wie anders Hatto er cs sich ausgemalt. Alles dunkel, kalt, kein Abendbrot, und die Frau fort . . . „Eigentlich konnte ich es mir deuten, wann nähme sie je Rücksicht auf meine Wünsche? Aber ich will nicht ungerecht sein, vielleicht ist der Brief verloren gegangen." Es war zwar sehr unwahrscheinlich, aber er klammerte sich au diese Hoffnung uud ging in jein Ankleidezimmer, um Uniform anzulegeu uud auch uoch auf die Soiree zu Röders zu fahren. Dort war Ilse, wie Peter versicherte. Sehen musste er sie, höre», wie-es kam, dast sie, ohne auch mir einige aufkläreude Worte zu hinterlassen, ohne für irgend etwas zu sorgen, einfach fvrtfuhr! Bei Röders waren die lebenden Bilder im vollen Gange, als Herr von Wittiughausen ganz leise, um nicht zu störe», eintrat und sich unter die Zuschauer mischte. Der Vorhang rollte gerade auf, uud er sah seine Frau, die in einem kostbare», hellblauen Damastlleid, mit Rosen gerafft, eine Rose im gepuderten Haar, sich zu ihrem Kavalier, Herrn von Bohlen, herabbcugte, der ihr zu Füsteu lag und mit unbeschreiblich naturgetreuem Ausdruck von Leiden schaft und Entzücken in ihr reizendes Gesicht sah. Das Bild fand so ungeteilten Beifall, daß der Vorhang fich dreimal heben mustte und Herr vou Wittinghauseu sich dies anziehende Bild recht genau einprägen koimte. Er hatte zwar im Geiste auf der ganzen Reise ein recht anderes gesehen . . . Ilse in ihrem dunkelblauen Hauskleid, ihm vin-li-vi» am Teetisch, ihm eiuscheukeud, ihu aulächelnd und, später auf seinem Schoß fistend, ihr Köpfchen an ihn gelehnt, ihm alles erzählend, was in seiner Abwesenheit passiert, nnd gestehend, warum sie so dumme, kurze Briefchen geschrieben. Bei ihrem Anblick indessen ging ein so warmer Strom von Liebe durch seiu Herz, dast er ihr alles vergab, seine ungemütliche Heimkehr, ihren Mangel an Rücksicht — alles, wenn sie sich nur auch ein bißchen freuen wollte, ihn wiederzusehen! Da dies das lestte Bild war uud die Künstler sich um zogen, konnte Herr von Wittinghausen seine Wirte und alle Bekannten begrüßen, ehe Ilse kam. Sie schwebte am Arm von Herrn vou Bohle« herein. Die Darsteller er schienen alle paarweise. Ihr weißes Krepptleid mit dem goldenen Gürtel uud den frischen Veilchen war wieder eiu Wunder von Geschmack und Eleganz. Ihre lachenden Augen überflogen die Menge, plötzlich blieben sie ans dem Gesicht ihres Mannes hängen, der ihr lächelnd zunickie. Sie wurde ganz blaß, ihr Mündchen zitterte nervös, als ob sic in Tränen ausbrechen wollte. Aeußcrt Freude sich so? Eiu namenloser Schmerz durchzuckte seiu Lierz — also dahin war
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