Erzgebirgischer Volksfreund : 10.10.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-10-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungErzgebirgischer Volksfreund
- Jahr1932
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- Erzgebirgischer Volksfreund : 10.10.1932
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Karlsruhe, 9. Okt. Die neugewählte Evangelische Kirchen synode Badens, eine Versammlung von 20 Positiven, 14 Na tionalsozialisten, 12 Liberalen und 8 religiösen Sozialisten, hat ihre Kirchenregierung unter Ausschluß der Liberalen und religiösen Sozialisten gewählt. Breslau, 9. Okt. Dom 6.—8. Oktober sind in Nieder- und Oberschlesien in 19 Betrieben 285 Arbeitskräfte neu eingestellt worden. Die Gesamtzahl der Neueinstellungen seit dem 15. September beträgt jetzt in 104 Betrieben 2641. * Münchs«, 9. Okt. Die Belegschaft der Bayerischen Mo- toren-Werke ist in den Streik getreten. Die Betriebsleitung des Werkes erklärte, daß alle Arbeiter entlassen seien, die am Montag früh die Arbeit nicht wieder aufnähmen. Am Konflikt sind etwa 900 Arbeiter beteiligt. Eine neue Konferenz -er Vünderfinanzmlnifler? Rostock, 8. Okt. Der Ministerpräsident von Mecklenburg- Schwerin, Granzow, hat den Finanzministern der Länder schriftlich den Vorschlag unterbreitet, am 15. Oktober in Ber lin zu einer Besprechung zusammenzutreten, um über Sparmaßnahmen zu beraten, die die Haushalts- und Kassen lage aller Lander dringend erfordere. Was wird ans -am Völkerbund? Deutschland vor -er Entscheidung. Goering über die ,Würzburger Front". Braunschweig, 9. Okt. Auf einer Kundgebung der NSDAP, führte Reichstagspräsident Goering aus, die Deutsch nationalen seien manchmal mit der NSDAP, marschiert. Sie seien aber als Partei gesehen immer ihre erbittertsten Gegner gewesen. Heute sei der Jahrestag der Harzburger Front. Die Harzburger Front habe zerbrechen müssen, weil sie unauf richtig gegen die Parteien gewesen sei. Indem man sage, die Nationalsozialisten hätten ihre Front nach links ver schoben, wolle man dem Bürger Angst machen. Die Natio nalsozialisten seien dem Reichskanzler dankbar, baß er noch einmal die Möglichkeit gegeben habe, -die Bewegung zu prüfen und daß alle ;ene sie verlassen könnten, die nur aus Kon- junktur gekommen seien. Die NSDAP, bekämpfe nicht den „Stahlhelm" als solchen und werde ihn auch niemals be kämpfen, aber seine Führung zwinge zum Kampf solange, als diese sich hinter die Regierung Papen stelle. Leipzig, 9. Okt. In der größten Halle der Technischen Messe sprach heute abend Reichstagspräsident Goering in einer Massenkundgebung der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei. Unter stürmischem Beifall führte er aus, der Nationalsozialismus fordere die Macht, nicht um Minister sessel zu erhalten, sondern um Deutschland zu retten. Dor dem Namen Adolf Hitlers dürfe nie das Wort „Dize" stehen. Ls sei aber nicht wahr, daß Hitler die Stellung Mussolinis gefordert habe. Der Nationalsozialismus rufe zum Kampf auf, nicht gegen den Adel, sondern gegen Unfähigkeit und Mangel an sozialem Empfinden der Aermsten im Volk gegen über. Der Nationalsozialismus kämpfe dafür, daß es in Deutschland keine Proleten mehr gibt und daß Deutschland nicht länger der Prolet der übrigen Welt ist. Selbst wenn bei der bevorstehenden Wahl etwas politisches Treib holz verloren gehen sollte, so würde das an dem Kampf- willen des Nationalsozialismus nichts ändern. Eine Zeit der Prüfung und Verfolgung würde, die Konjunkturmitläufcr und die Parasiten der Bewegung erkennen lassen, und das sei für die Bewegung nur gut. Zum Schluß erklärte Goering, die nationalsoz. Bewegung werde es nicht dulden, daß in einem „Klassenkampf von rechts" das Rad der Geschichte zuriickgs- dreht werde. Ihre Parole sei: „Mit dem deutschen Volke für seine nationale und soziale Freiheit!" Berlin, 8. Okt. Wie wir erfahren, soll der Bau des neuen Segelschulschiffes so beschleunigt werden, daß bereits der nächste Kadettenjahrgang, der April 1933 eintritt, im Juli an Bord gehen kann. Friedrichshafen, 9. Okt. „Graf Zeppelin ist heute abend 10.44 Uhr unter Führung von Kapitän Lehmann zu seiner 8. SUdamerikafahrt nach Pernambuco gestartet. An Bord befinden sich 12 Passagiere, darunter Ministerialdirektor Brandenburg vom Reichsverkehrsministerium und Reichsbahn- Generaldirektor Dorpmüller. Don Pernambuco geht die Fahrt nach Rio de Janeiro. Aeber 2V0VV0 Teilnehmer am Freiwilligen Arbeils-iensl, Halle, 9. Okt. Bei einer Besichtigung des Freiwilligen Arbeitsdienstes des „Stahlhelms" führte Reichsarbeitsminister Schäffer aus, die Reichsregierung sei sich selbstverständlich klar darüber, daß der Freiwillige Arbeitsdienst, Notstands arbeiten und Kreditmaßnahmen nur Palliativmittel seien. Die Hauptsache bleibe die Anregung des Unternehmergeistes. Es' möge sein, daß die eine oder andere der von der Regierung in diesem Sinne getroffenen Maßnahmen nicht den erhofften Erfolg hätten, aber im ganzen lasse sich doch erkennen, daß das Programm wohl erfolgreich sei. Der Reichskommissar für den Freiwilligen Arbeitsdienst, Präsident Syrup, teilte mit, daß heute die Zahl der Teilnehmer am Freiwilligen Arbeits dienst bereits 200 000 überschritten hätte. Dies dürfte dis Iahresdurchschnittszahl bleiben. LanSral a. D. Dr. Gerecke, Vorsitzender des deutschen Landgemeindetages, ha! einen Arbeilsbeschaffungsplan der Regierung vorgelegt, nach dem etwa 2 Millionen Erwerbslose wieder Arbeit und Brot finden sollen. Die Senkung der Sledlerrenten. Berlin, 9. Okt. Der Präsident des Reichslandbundes Graf v. Kalckreuth hat an den Reichsernährungsminister ein Telegramm gerichtet, in dem er u. a. die beabsichtigte Sen- kung der Siedlerrenten auf 3k Prozent als unzu reichend bezeichnet und eine Halbierung der Rentenlast, wie sie bereits 1931/32 erfolgt ist, auch für die jetzige Notzeit for- dert mit der Begründung, daß die Verhältnisse sich nicht ver bessert, sondern tatsächlich verschlechtert hätten. Ein großer Teil der Siedler sei bisher nicht einmal imstande gewesen, selbst die 50 Prozent der Rente für 1931/32 aufzubringen. Die gegenwärtige Notlage der angesetzten Siedler gefährde die Zukunft des Siedlungswerks, Der Plan des Iungdo. Halberstadt, 9. Okt. Auf dem Reichsschwesterntag des Iungdeutschen Ordens äußerte sich Arthur Mahraun über die Zukunftsaufgaben des Iungdo. Es sei, so führte er aus, ein großer Plan ausgearbeitet worden mit dem Ziele der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und des Parteiismus. Dieser „große" Plan solle durch ein Symbol gekennzeichnet werden, durch die Notzange. Diese Zange solle andeuten, daß es dem Jungdeutschen Orden gelungen sei, die Nuß zu knacken, die andere nicht meistern könnten. Die vier Pfeile der Zange sollten folgende Punkte kennzeichnen: 1. Sied- lungsplan auf eine Million Dauerstellen, 2. Beschäftigung von einer halben Million Arbeiter, Angestellten und Be amter nach Durchführung dieses Siedlungsplanes, 3. Unter- bringung von 800000 Mann in einem zweijährigen Dolls- dienst, 4. Lasten- und Steuersenkung nach Unterbringung von etwa 3 Millionen Arbeitsloser auf dem angegebenen Wege. Gegen -en Bolschewismus. Berlin, 9. Okt. Vie SS. der Nationalsozialistischen Deut- schen Arbeiterpartei veranstaltete heute im Konzerthaus „Clou" «in« Kundgebung Hegen den Bolschewismus. Landtagsabg. Lenze hielt «in« Ansprache über die Entwick lung der NSDAP, und ihre Kämpfe gegen den Bolschewismus und Marxismus. Al« er mitteilte, daß die Uraufführung des Dokumenknfilms au» dem sowjetrussischen Hungergebiet „SOS." nicht stattfinden könne, da er.verboten worden sei, er- hob sich «in Sturm der Entrüstung. Bad Neuenahr, 9. Okt. In der vergangenen Nacht ereig- nete sich in Lohrsdorf eine schwere politische Schlägerei zwischen Anhängern der NSDAP, und Bewohnern des Ortes, in deren Verlauf ein 20jähriger Mann getötet, ein an derer schwer und zwei leichter verletzt wurden. Düsseldorf, 9. Okt. Die nationalsoz. Zeitung „Volks- parole" wurde wegen eines Artikels, der sich in beleidi- gender Form gegen die Regierung wendet, bis 19. Oktober verboten. Allenstein, 8. Okt. Nachdem bereits am Donnerstag vier SA.-Leute unter dem Verdacht des Handgranatenattentais auf ein jüdisches Geschäftshaus verhaftet worden waren, ist jetzr auch der Sturmführer der Allensteiner SA., Hellwig, in Haft genommen worden. Gerdauen, 9. Okt. Bei der heute hier abgehaltenen Stadtverordnetenwahl entfielen auf NSDAP. 483 Stimmen (bei der letzten Reichstagswahl 1074), SPD. 593 (898), Bürgerliche Einheitspartei (Deutschnationale, Deutsche Volkspartei und Wirtschaftspartei) 464 (213), KPD. 170 (217), Lhristlichsoziale 151 (101). Französisch-tschechische Verbrü-erung. Eine Herrlot-Rede. Paris, 9. Okt. Bei der Einweihung des Kraftwasserwerkes in Kembs, der Gedenkfeier für die Gefallenen am Hart mannsweiler Kopf und derjenigen auf dem tschechoslo wakischen Ehrenfriedhof in Cernay, wurden eine Reihe von Reden gehalten, voll denen die Rede Herriots besonderes Interesse verdient. Die französischen Ostprovinzen seien französisch und blieben es, führte der Ministerpräsident aus. Frankreich würde sich freuen, wenn es seine Bemühungen mit denje^«m eines anderen arbeitsamen Volkes verbinden könnte, das ebensolches Interesse an der Wiederaufrichtung der europäischen und der Weltwirtschaft habe. In Genf sei die französische Regierung damit beschäftigt, einen Plan zur Organisierung des Friedens und der Abrüstung aufzustellen, der sofort nach der Annahme durch den obersten französischen Verteidigungsrat und den Ministerrat den Mäch ten unterbreitet werden solle. Auf dem tschechoslowakischen Ehrenfriedhof ergriff Außen minister Benesch das Wort. Er erinnerte an die Dienste, die die tschechoslowakischen Truppen Frankreich während des Krieges geleistet hätten. Das Oesterreichisch-Ungarische Reich, das durch die unterirdisch« Arbeit (!) der Tschechen in seiner ganzen inneren Organisation und in seiner Wehrmacht schwer erschüttert worden sei, habe schon damals die Stunde des endgültigen Zusammenbruches schlagen hören. Die Toten, die in elsässischer Erde ruhten, ruhten'in Muttererde, denn für sie sei Frankreich, dem die Tschechoslowakei die Wie dervereinigung verdanke, ein zweites Vaterland. Der Würdenträger. Seit Jahren bemüht sich der Bücherrevisor Lachmann, den von Bracht abgesetzten Staatssekretär Dr. Weismann zur Klage zu zwingen. Die Vorwürfe waren ziemlich massiv: aktive und passive Bestechung, sowie Meineid. Weismann hat sich um diese Klage herumgedrückt, wurde aber schließlich durch Vas Parlament gezwungen, den peinlichen Weg zu beschreiten. Am 16. Oktober sollte der lanaerwartete Termin stattfinden. Jetzt hat Weismann, wie der „E. V." bereits am Sonnabend mitteilte, die Klage zurückgezogen, weil er angeblich nach seiner Entlassung kein Interesse mehr daran habe. Ein hoher preußischer Staatsbeamter läßt also den Vorwurf der Be- stechung und des Meineids auf sich sitzen. Das war die Elite des Systems Braun-Severing in Preußen. Hoffentlich inter essiert sich die Regierung Bracht für diesen seltsamen Vorfall. Vielleicht findet nunmehr auch der Staatsanwalt Anlaß zum Einschreiten, nachdem in früheren Jahren kein Vertreter dieser Behörde Anlaß genommen hat, gegen den ehemaligen Kolle- gen Weismann vorzugehen. Wenn es noch irgend eines po litischen Beweises bedurft hätte, daß die Beseitigung oes Systems Braun-Severing in Preußen durch das Kabinett von Papen eine zwingende Notwendigkeit war, — hier ist er geliefert. Die Sozialdemokratie kann sich für den Wahlkampf dazu beglückwünschen, daß ihr großer Führer Braun in Preu ßen einen Mann diesen Schlages trotz aller Warnungen jahre lang gehalten hat. Wilhelmshaven, 9. Okt. Der neue Polizeidirektor bat auf Verlangen der Rechtsmehrheit der Stadtvertretung die vom früheren SPD.-Polizeiprändenten verfügte Umbenen nung der Königstraße in Friedrich-Ebert-Straße wieder rückgängig gemacht. Passau, 9. Okt. In der österreichischen Döckla-Ebene wurde die Leiche eines unbekannten Mannes mit einem Strick um den Hals aufgefunden. Die Untersuchung ergab, daß der Tote der bulgarische Direktionsrat Korum Dimitra ff aus Sofia war, der auf der Flucht das Opfer einer politischen Blutrache der Komitatschir geworden zu sein scheint. Dem „E. V." wird geschriebenr In Genf treibt man Postenpolitik wie in den alten schönen Tagen unmittelbar nach Versailles. Sir Crie Drum- mond wird schon wissen, weshalb er das immerhin beachtliche Einkommen von 600 000 Mark al» Generalsekretär de« Völker bundes im Stich läßt. Der echte Dölkerbundsgebanke, wie ihn die Völker und vielleicht auch zahlreiche Staatsmänner in ihrem Herzen tragen, empört sich heute gegen den falschen, den man in Genf bislang pflegte. Sir Eric Drummonds Stärke ist das Repräsentieren. Der Kampf liegt ihm nicht. Der Engländer geht. Und nun fällt die letzte geschickt ge- tuschte Maske von: eigentlichen Gesicht des Völkerbundes. Man wird sehr bald ohne Beschönigung sehen, daß Genf in Wirklichkeit Paris ist. Der Franzose Avenol, der bisherige stellvertretende Generalsekretär, soll Sir Erics Nachfolger werden. Den italienischen Widerstand gegen eine derartige Lösung besiegt man mit dem italienischen Ehrgeiz. Ein Ita liener gelangt auf den Posten des stellv. Generalsekretärs und erhalt ausdrücklich die Leitung der Finanz- und Wirt schaftsabteilung des Völkerbundes. Damit erfüllt sich uner- wartet für Rom «ine Hoffnung, mit der man in Berlin ge. spielt hat. England richt sich derweil aus der Genfer Spitzen- gruppe zurück ^und schickt einen gewandten, auf keinen Fall deutschfreundlichen Mann nach Danzig. Das sind die Pläne, die von der Dölkerbundsbürokratie ausgeheckt worden sind. So stellt sich Paris die Lösung der Fragen vor, die mit dem Ausscheiden Drummonds auf geworfen worden sind; denn die Franzosen geben in dem riesigen Derwaltungsapparat zu Genf -en massenmäßigen Ausschlag. Sie nutzen ihn noch in dem Augenblick, in dem Deutschland aller Welt zeigt, daß es sich nicht mehr als ein Staat von untergeordneter Bedeutung, nicht mehr als Ge- duldeter mit einer anrüchigen Vergangenheit in der Genfer Völkerfamilie behandeln lassen will, einer Familie, deren Mit- glieder sich sämtlich spinnefeind sind. Paris geht auch jetzt, wie immer, aufs Ganze, weil sich ihm in Genf unter Aus wertung der Machtgier der bisher führenden Ratsmächte die glänzende Gelegenheit zur Zusammenfllgung der alten Entente bietet. Frankreich, England und Italien verteilen die Macht- Positionen unter sich. Die Heranziehung Italiens erweist sich als besonders geschickter Streich, weil sie die rüstige Oppo- sition Mussolinis gegen den Genfer Mutwillen und die Genfer Unfähigkeit in der Lösung der ausschlaggebenden Probleme lähmt und außerdem die Deutschen in eine etwas schiefe Lage bringt. Entweder begrüßen sie die Machtverstürkung Italiens in der Hoffnung auf einen Freund in der ausschlaggebenden Völkerbundsleitung oder sie sehen sich gezwungen, gerade um den Platz Italiens, des Schildhalters in der Gleichberech tigungsfrage, vom Leder zu ziehen. Der von Deutschland nunmehr «ln-uschlagend« Weg ist gerade und klar. Italien treibt italienische Politik, und wir müssen deutsche machen. Trotz der Wehrfragel Denn auch dabei nimmt Mussolini selbstverständlich seine uns Künftige Haltung um Italiens und nicht um Deutschland» willen «in. Wir haben die Waffe in der Hand, al» Rat»macht jeden Generalsekretär abzulehnen, der uns nicht genehm ist. Da heißt, daß wir den französischen Generalsekretär verhindern können und ihm also auch den Weg verlegen müssen, do die Generalsekretäre im Völkerbund praktisch alles und die angeschlossenen Mächte praktisch nichts zu sagen haben. Die jetzt beabsichtigte Verteilung der leitenden Posten würde Deutschland zwangsläufig sogar noch um die paar wichtigeren Stellen bringen, die es bisher noch hatte. Herr Dufour-FSronce, der deutsche Untersekretär zu Genf, der jetzt auf den Gesandtenposten nach Lissabon geschickt wird, mag ein gewandter Diplomat sein. Für Genf hätte man ihn wegen seiner Weichheit nie bestimmen dürfen; denn dem hier üblichen Intrigenspiel sind nur höchst robuste Naturen ge- wachsen. Aber unser Hauptvertreter dort gehörte eben zu dem System der Geduld und Nachgiebigkeit, mit der man das Ausland an Deutschland gewöhnen und für uns allmählich erwärmen wollte. Das konnte sich auf dem Genfer Boden nur als hilfloser Unfug auswirken; denn jeder Fortschritt Deutschlands muß ja dort irgend einem hochbezahlten Be- amten, und dazu einem Franzosen, den Kragen kosten. Rücksichtslosigkeit heißt die erste Lebensregel in diesem Genfer politischen Kränzchen. Daran fehlte es Deutschland, und darin hat es viel nachzuholen, wenn es überhaupt in Genf bleibt. Frankreich besitzt dort die ganze Macht, aber Deutsch land finanziert sie. Wir bezahlen den höchsten Mit gliedsbeitrag aller angeschlossenen Völker, in unserer Armut sogar mehr als Frankreich in seinem Ueberfluß, und nährten damit bisher nichts anderes als einen Apparat zu unserer Knechtung und Niederhaltung. Das deutsche Volk, das jetzt darüber aufgeklärt ist, wird einen solchen Widersinn keine Stunde länger geduldet sehen wollen. Die Folgerungen liegen auf der Hand. Entweder macht man in Genf einen echten Völkerbund und räumt Deutschland einen entscheidenden Ein fluß' auf seine Politik ein, oder Deutschland singt dort Genf das Schwanenlied. Es gibt ja jetzt ein Massenangebot in Völ kerbünden, England und Italien — trotz der Beteiligung an den Genfer Intrigen — tragen sich ebenso wie Rußland schon lange mit dem Gedanken, und nun kommt auch noch Japan mit seinem asiatischen Völkerbund und rechnet auch Berlin zu Asien, ließ jedenfalls bei uns Fühlung nehmen. Wir kämen also so leicht nicht in Verlegenheit. Das Genfer Band war bisher nur fest im Wirken gegen Deutschland. Ziehen wir uns von Genf zurück. Dann wird sich ja zeigen, wem die Genfer Luft noch behaglich erscheint.
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