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Sächsische Elbzeitung : 20.02.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-02-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787841065-192502205
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787841065-19250220
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787841065-19250220
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Elbzeitung
- Jahr1925
- Monat1925-02
- Tag1925-02-20
- Monat1925-02
- Jahr1925
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- Sächsische Elbzeitung : 20.02.1925
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Horrido! Die 3. Deutsche JagdauSstellung. Berlin, 18. Februar. »ES lebe, was aus Erden stolziert in grüner Tracht, Die Felder und die Wälder, die Jäger und die Jagd!" Wieder kränzt Tannengrun die Pforte des Muse ums für Naturkunde und das Gewimmel von Menschen, das sich durch die hohen Säle mit den Nicsc»- Iciberu und Gerippe» einstiger Tiere der Vorwclt zum Eingang in die Ausstellung des deutschen Meidwcrkes drängt, riecht nach Wald und Jagd. Aber, was ist aus der einstigen Trophäeuschau der deutschen Jagdausstcllu»g gewordenI Da erstreckt sicy eine Nicscnflächc von 17 gcwal- tigen Sälen vor den Augen ocs verblüfften Beschauers und erinnert ihn daran, das; Berlin Messestadt geworden ist nnd sich alles ins Große answächst. Zum erstenmal bietet diese Ausstellung, mit der die Feier des 50 jährigen Bestehend des Deutschen Jagdschuhvereins zusammenfällt, einen wohl lückenlosen Überblick über die Bedeutung der deutschen Jagd nicht nur für den sic ausübenden Weidmann, sondern sür das ganze Land und Volk. Und wenn man vielleicht zunächst etwas kopf schüttelnd vor Massageapparaten, Pcrscrtcppichcn und Fa brikaten der Andcnkcnindnstric steht, so sagt doch bald die rnhige Überlegung einem, das; dies doch alles von dem großen Nahmen umschlossen wird, der einen eindrucksvollen Ausschnitt aus dem Frcskogcmälde unserer Volkswirt schaft cinfaßt. Das Juwel freilich bleibt der rein jagdliche Teil, nicht nur wegen der prächtigen Bentcschan, sondern wegen der sinnvollen Heransarbeitung der volkscr- ziehenden Arbeit unserer wahren Jäger und Heger zur Erhaltung der Schönheit unserer Heimat nnd ihres Tier- nnd Pflanzcnlebenö. Deshalb ist diese Ausstellung auch keine Fach angelegen heil, sondern ungezählte, namentlich anch arme natnrberaubte Ttadlmcnschcn eilen hin, um sich wenigstens im Bilde den farbigen Abglanz des Lebens wieder einmal zn Gemüte führen. Und was gibt es nicht alles zu schauenl Schou am Eingang stoßen wir auf die wundervollen Dioramen von den so wenig Sterblichen zugänglichen Gefilden seltensten Wildes. Aber auch aus unserer heimischen Gegend finden sich wundervolle überaus lebenswahre Ausschnitte anS dem Tierreich. Wildkahcn in der Bergklamm, Rehbock und Nicke im hohen Korn, über den Schnee hoppelnde Mitglieder der Familie Mümmelmann und als ncnc Errungenschaft ein Fuchs- bau, vor dem sich die Jungen um eiuen Fasancnhahn balgen, während die alte Fähe mit demselben Stolz wie die Menschcnmutter dem Spiel der lieben Kleinen zuschaut. Hier müssen unsere Kinder hin! Es ist tausendmal schöner und lehrreicher als der gruseligste Kriminalfilm. Auch die wunderbaren Präparate der Fährten, Losungen nnd anderen Dinge, die uns mit dem Leben unserer Tierwelt vertraut machen und Verständnis nnd Liebe zur Kreatur wecken, sind wertvolles Anschauungsmaterial für jeder mann. Diese biologische Sammlung verdient besondere Beachtung. Durch den Saal der Jagdlite- ratur, die uns recht vor Augen führt, welche Aufbau arbeit schon in diesen, wichtigen nnd durch Zeiten langer schwerster Not arg zerstörten Bereiche wieder geleistet worden ist, gelangt man zn einer K u n st a n s - st e l l n n g, die in Gemälden, Plastiken, Schnitzereien und allen Formen der Kunstübung ein überwältigendes Bild bietet von dem Reichtum iu Wald und Feld, trotzdem doch schon so manche Art unwiederbringlich geschwunden ist. Das Nechi der Jugend. Roman von Olga Wohlbrück. 18) Nachdruck verboten! Dorner kam aus die kleine, zitternde Gestalt zu und löste mit sanfter Gewalt ihre Hände vom Gesicht: „Was soll das, Johanna, wie kommst du hierher?" Aber sie bog ihren Oberkörper weit zurück und heftete ihre Angcii voll Angst und Granen auf sein Hemd. „Ich bitt' dich, OUchcn, nicht jetzt . . . ich weiß von nichts ... es ist so schrecklich, das Blut da . . ." Eine Ader schwoll aus seiner Stirn an, und unwillig ließ er die kleinen, eiskalten Hände fallen. „Durch Zauberei kann ich die Flecke jetzt nicht weg- schaffen, aber wenn ich dir ein gar so schrecklicher Anblick bin, so will ich ihn dir ersparen. Bitte, Lore, bringe meine Frau hinauf und gehe dann rasch zu Bett — du vor allem brauchst Ruhe." Er schritt in sein Arbeitszimmer und warf die Tür hinter sich ins Schloß. „Komm, Tante, ich will dir helfen!" Ohne Widerrede ließ sich die gebrechliche Frau durch eine niedere Seitcntür hinausfnhren. Ihre Zähne klapperten an einander, und ihr kleiner, dürrer Körper zuckte mehrmals erschauernd zusammen. Lore hatte noch immer Ihren dunklen Regenmantel au, aber sie dachte nicht mehr an sich. Wie schon einmal, kleidete sic die kleine Frau ans nnd brachte sie ins Bett, dann zählte sie ein paar beruhigende Tropfen ab, die sie mit Wasser ver mischte. Nnr weil es gar so warm hier oben war, knöpfte sie ihren Mantel auf. „Du auch, Lorchcn, du auch . . .," klang es auf einmal wimmernd aus dem Bett. Frau Johanna hatte einen breiten, roten Streifen er blickt, der sich der Länge nach über Lores weißes, duftiges Kleid hiuzog. Lore schlug den Mantel wieder zusammen nnd bot der Frau das Getränk. „Das ist nun einmal nicht anders in unserem Verus, Tante Johanna." „Unserem Berns" halte sie gesagt. Frau Johanna grub ihren Kopf tief in die Kissen; sie hätte so gern geweint, aber cs gelang ihr nicht, sich das Herz durch Tränen zn erleichtern. Dann später, als sie einschlief, sah sie immer nur ihren Mann nnd Lore nebeneinander am Tische des Labora- wrinms sitzen, so nahe, daß ihre Ellbogen sich berührten; in der Hand hielten sie blutige Messer, und Lore lächelte und wiederholte immer wieder: „Unser Beruf." Am anderen Morgen hatte sich bei ihr ein heftiges Fieber erklärt. In der Trophäcnsammlung. Da sitzt der grobe Keiler und um ihn an der Wand hängen so viele prachtvolle Häupter seiner Sippe mit den blanken Gewehren. Ein stattlicher Wolfsrüdc, im Herbst bei Groß- Wartenberg in Schlesien erlegt, zieht jeden Blick ans sich nnd dann das wändebcdcckendc Filigran ungezählter Rch- kroncn und Hirschgeweihe, deren mächtigstes ein vor 100 Jahren erlegter 26-E»dcr ist. Mit welcher Liebe nnd welchem Sammeleifer alles dies znsammengclragen ist, zeigt beispielsweise eine Tafel, ans der ein Nchgehör» von 20 kleinen Geweihen des Hirschkäfers umgeben ist. Die hohe Bedeutung dieses Teils der Ausstellung gerade für die Hege des Wildes veranschaulicht eine Sammluug eines Kümmercrabschnsses. In diesem Znsammcnhange sei anch gleich auf die mannigfachen Ausstellungsgegenstände zur Fütterung und Pflege des Wildes, zur Nanbtiervcrtilgung, zur Beachtung der Schonzeiten und der Entwicklnngsbc- dingnngcn einer guten Jagd hingcwicscn. Aber es gibt noch so vieles andere zn sehen. Die I n d n st r i c umfaßt allein eine Grundfläche von 1000 Quadratmetern. Selbst verständlich steht im Vordergrund die Waffen- und Munitionöindustrie, die ja durch das Versailler Diktat mehr als je der Her stellung nichtkriegerischcr Artikel zugcwandt worden ist. So findet man anch ganz wundervolle Erzeugnisse, die jedes Jägerhcrz höher schlagen lassen. Dann kommt die ! Znbehörindttstrie, wie man sagen könnte, die der blutigste Laie als harmloser Passaut betreten und, wenn er das nötige Geld hat, als fertig gerüsteter Jägersmann — wc- i nigstcns äußerlich — verlassen könnte. Als historischer Teil gliedert sich an ein Überblick über die Entwicklung der Jagdwassen von dem Faustkeil unserer Altvorderen bis zum Drilling dieser Tage. Sehr begrüßen wird man ' die diesjährige Schau der Khnologic, der Wissenschaft ? von unsern I a g d h n n d r a s s e n, die znm erstenmal § sich findet. Schließlich schancn wir uns noch die Sclte u- , heilen au, die vor allem eine Ausbeute unserer einstigen Kolonien, aber auch Nicsenticre der Vorzeit umfassen. Zu ihnen kann man auch schon den Ur rechnen nnd den Wisent, der j in seinem größten Schutzrevier, dem Urwald von Bialo- wics, im Zusammenbruch des Kriegsendes ansgcrottct wurde, nachdem die deutsche Verwaltung die Bestände durch Sorgsamkeit noch einmal zu retten verstanden hatte. In j den Filmvorführungen, die ja neuerdings zu dein Inventar jeder Ausstellung gehören, wird dies seltene Wild vom internationalen Verein zur Erhaltuug des Wisents wenigstens in geschlossener Bahn gezeigt. Höchstes Lob verdienen aber auch die anderen Filme vom Hirsch, Reb, ja sogar der Gemse, dessen Aufnahme allein drei Jahre beanspruchte, und, kaum glaublich, voni Murmeltier iu den bayerischen Alpen. Es ist keine Selbstüberhebung, wciyt man der Meinung Ausdruck verleiht, daß solche wisseuschaftliche Kleinarbeit nur unserem Volke mit seinem idealen Sinn möglich ist. F. Bertka u. Sport. Wer ist der beste Sportoma»» der Welt? Diese Frage stellte kürzlich eine große amerikanische Zeitung ihren Lesern. Die »leisten Stimme», nämlich 117917b, bekam der Schwergewichtsmeister im Boxen, Jack Dempsey, der damit de» ersten Plaß in der Liste cinnimmt. Die nächstgrößtc Stim- menzayl erhielt das amerikanische Schwimmwnndcr Johnny Weismiiller. Der finnische Meistcrläufer Paavo Nurmi folgt als Fünfter, während der Tcnnisweltmeister William Tilden an achter Stelle steht. Siebentes Kapitel. Nach zwei Wochen war Frau Johanna wiedcrhcrgcstellt. Lore hatte sie aufopfernd gepflegt, und Ottchcn kam dreimal täglich zu ihr herauf. Er war nicht gesprächig, fühlte ihr nnr den Puls, strich ihr mit der Hand über die eingefallenen Wangen nnd sagte: „Es wird schon wieder gehen!" Viel war das nicht. Aber daß er dreimal täglich kam, anch an Tagen, an denen er sich kaum Zeit zu dcu Mahl zeiten gönnte, das war mehr, als sie je gehofft hätte. Seltsam nahm sich seine hohe, kraftvolle Gestalt in dem niederen Stübchen aus. Fran Johanna empfand dabei etwas, was Arme empfinden, wenn vornehmer Besuch zufällig in ihre armselige Bchausnng gerät. Sie hätte gern »och mit dem Staubwedel das letzte Stäubchen wcggcfcgt, den leisesten Hauch vom Fenster wcggcwischt . . . aber nein, sie mußte im Bett liegen, durfte sich nicht rühren. Sie zitterte nur, wenn seine Blicke im Stübchen umherschweif- ten . . . wie, wenn ihm etwas mißfiele! Doch er sagte nie etwas. Nur das eine: „Es wird schon wieder gehen." Und es ging auch wieder. Lore traf uun ihre Vorbereitungen sür die Abreise, obwohl ihr Dorner nicht mehr davon sprach, daß sie fort sollte. Nur wenn manchmal ein Wort fiel, das ans die nächste Zukunft deutete, daun wurde cs plötzlich still zwi schen beiden, und sie blieben lange stumm, ohne sich a»zu- sehen. Mittlerweile rückte der Tag des Jubiläums immer näher. Mary kam öfters zu ihrer Mutter und plauderte davon, was für glänzende Veranstaltungen znr Feier dieses Tages geplant wären. „Es ist doch hübsch, einen so berühmten Vater zu haben," sagte sic. Dann erzählte sic weiter, sie hätte sich drei Toiletten zu dem Tage machen lassen, eine für den Empfang im Hanse des Vaters, die zweite sür das Frühstück, das der Arzteverei» ihm gäbe, dann die dritte, eine pompöse Ball robe, für das öffentliche Bankett. Sie fragte auch Lore, was sic anziehcn würde. Lore hatte au so etwas gar nicht gedacht. Sie wäre am liebsten in ihrem Arbeitskittel geblieben. Aber die Frau Professor wollte sich schön machen, schöner noch als zu Marys Hochzeit. Sie bekam ordentlich rote Wangen, wenn sic von ihrem Staat redete. Kirschroter Sammet mußte cs sein, mit schweren, echten Spitzen: Und den italienischen Goldschmuck wollte sie anlcgeu, den ihr Ottchen auf der Hochzeitsreise in Ve nedig geschenkt; und sie ließ sich auch Stiefel machen mit besonders hohen Absätzen, damit sie nicht gar so klein aus sähe. wenn sie an seinem Arm in den Saal träte. Ganz heimlich, wie eine Mutter manches einer ver heirateten Tochter aestchen maa. sagte sie. daß es wohl Oer Streit um den Alkohol. Die einen nennen es Hiinmelssreud' Die andern nennen es Höllenleid... Diese Hciucschcu Verse kann man, anßcr ans die Liebe, wie es der Dichter meint, auch aus den — Alko hol anweudcu. Im Reichstag wenigstens hat man sich bei der Debatte über das S ch a n k st ä t < e n g c s e tz ungefähr in dem oben angedeutetcn Sinne geäußert. Mau nimmt diese Sache freilich nicht allzu crust. Iu diesem Hause am Vcrliuer KömgSplatz, dcu spöttischer Witz das Wallot-Bräu nennt. Weil nämlich dort ganz erheblich ge trunken wird. Wir Deutschen sind nicht für die Trockenlegung, d. h. für das absolute Verbot aller Getränke, die wenig oder mehr Alkohol enthalten. Gesetzt den Fall, daß das, was sich nun seit Jahren in Amerika, auch iu einigen Ländern des enropäischcu Kontinents abspielt, sich nur gegen den Alkohol als ein Gist am Volkskdrpcr richten würde, so könnte man es vielleicht noch verstehen. Aber der Nus nach der Trockenlegung entspringt meistens an deren Beweggrund, u vUl oie verheerenden Wirkungen, die ein A l k o h o l m i ß b r a u ch haben kann, werden als Deckmantel genommen für einen absprechcndcn Geist, der der eigentliche Beweggrund sür den Kamps gegen den Alkohol ist. Es ist der Geist der Uusreudc, der Wcltver- neinung, des Kampfes gegen das „Fleisch", der englisch- sprechende Länder durchdrungen hat. Das ist nicht Christentum, sondern vielfach Henchlerlum. wie cs nament lich in England und Amerika seinen Ausdruck findet. Das ist ein äußeres Christentum, dem ein inneres nicht entspricht, das ist jener „Cant", der sich mit der Erfüllung äußerer Formen begnügt, aber innerlich mit Pharisäer tum verzweifelte Ähnlichkeit bat. Im übrigen hat die Trockenlegung auch gewisse gute Wirkungen gehabt, aber auch ganz verheerende. Richt bloß, daß der Schmuggel von Alkohol in die trockenen Länder hinein die fabelhaftesten Formen angenommen hat, man greift vor allen Dingen zu Ersatzmitteln gesnnd- heitsschädlicher Art. Der Mensch der Gegenwart, dessen Nerven in einer Weise in Anspruch genommen werden, die seine Väter sich nie haben träumen lassen, verlangt, wie es übrigens auch seine Vorväter genugsam taten, nach BcsänstignngSmittclp, sei es auch uur sür Stunde«, braucht aber auch allzubänsig eine Nervcnpeitschc. Darum hat gerade in den trockcngelegtcn Ländern der Kokainis- mus die furchtbarsten Formen angenommen. Wir Deutschen sind ja die Leute, von denen schon der alte Tacitus sagte, daß sic zu beide» Ufern des Rheins lagen nnd immer noch eins tranken. Nicht notwendig ist es zu sagen, wie unerträglich der Mißbrauch des Alkohols im Interesse der Volksgesundheit, auch der Wirtschaft, aber ebenso wie vom sozialen wie vom ethischen Gesichtspunkt aus wirken kann. Es erübrigt, dem Staat die Pflicht einzuschürsen, von dem Heranwachsenden Geschlecht diesen Mißbrauch feruzuhalteu; ein deutsch nationaler Antrag im Reichstag geht in dieser Richtung nnd ist angenommen worden. Überflüssig ist zu betonen, daß die jetzige Generation nicht bloß durch die Not der Zeit gezwungen längst nicht mehr dem Alkohol derart frönt, wie das früher der Fall war. Hier ist auch der Sport eine wohltätige Ablenkung. Und auf dicsenoWege liegt auch das Ziel, zu dem wir kommen können: nicht durch Zwang, nicht durch eine Trockeulegung, die doch uur Widerspruch und Umgehuug Hervorrufen würde, kommt man vorwärts, sondern nur durch freiwillige Entschließung des einzelnen. ihr größter Fehler von jeher gewesen wäre, daß sie nt« Staat gemacht, sich nie vorgedrängt hätte. Aber jetzt wollte sie zeigen, wie sie ansschcn konnte! „Paß ans, Mary, Papa wird Augen machen! Uno Lore soll anch nichts sehen vorher. Die werden überrascht sein!" Mary lackste und freute sich auf den Spaß. Es war der Vorabend des Festes. Lore ging hinüber ins Laboratorium. Noch ein Stündchen wollte sie hier arbeiten, dann ihre Sachen, ihre Papiere znsammcnsuchcn, um alles einznpackcn. Morgen würde sie ja keine Zeit dazu mehr finden, und übermorgen mit dem frühesten sollte sie fort. Jetzt stand sie da an ihrem üblichen Platz, aber Tränen verdunkelten ihren Blick. Sic setzte sich auf den Stuhl nieder, verbarg den Kopf in dcu Händen und schluchzte leise vor sich hin. Unsagbares Weh schnürte ihr das Herz zusammen, und es war ihr dabei, als ob sie nicht bloß um sich selbst weinte, sondern als gälten ihre Tränen noch einem anderen Schick sal, einem anderen McnsclM, der frierend auf einsamer Höhe stand. Dann war ihr wieder, als dürfte sie nicht fort . . . Was lag ihr an ihrem Wissen, an ihrem Beruf, wenn sic das Wissen nicht von ihm erlangte, ihrem Bcruse nicht unter seinen Augen nachgchcn konnte?! Was sollte sie dort dranßen? Leerer Schall würden dort die Worte fremder Lehrer für sie sein, und ihr Stre ben würde ihr eitel und nichtig dünken . . . Nein, nein, sie konnte nicht fort . . . jetzt nicht. Und sophistisch suchte sie alle Gründe zusammen. Noch war sie nicht genügend vorbereitet, noch war sie mitten im Stndinm von Fragen, auf die uur er allciu die richti gen Antworten geben konnte . . . Und dann, was be durfte cs der Gründe — sie wollte nicht sort. Hier wollte sie bleiben, hier noch lernen und dienen. Sie brauchte cS ihm ja nur zu sagen — er würde glücklich sein über ihren Beschluß, denn sie fühlte es in jeder Stunde, wie unentbehrlich sic ihm geworden war. Ja, sie m ußtc sogar bleiben ans — Dankbarkeit. Ja, das war ein zwingender Grund . . . sie durste ein fach nicht sort. Und sie lächelte beinahe, noch unter Tränen, aber doch von neuem Lebensmut und neuer Lcbensfreudigkeit beseelt. Eiupacken? Unsiuu. Sie wollte die unterbrochene Arbeit wieder ausnehmeu, und zwar gleich ... so! . . . Lore . . ." Eine Hand legte sich auf ihre Schulter ... Es war ihr, als ob ein ganzer Berg ans sie gestürzt wäre, um sie zu verschütte». Kei» Glied konnte sie rühre». Forlfetzung folgt.
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