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Sächsische Elbzeitung : 31.08.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-08-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787841065-192508316
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787841065-19250831
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787841065-19250831
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Elbzeitung
- Jahr1925
- Monat1925-08
- Tag1925-08-31
- Monat1925-08
- Jahr1925
- Titel
- Sächsische Elbzeitung : 31.08.1925
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AM Beilage zur Sächsischen Elbzeitung " i Stockholmer Stimmungen. O r I g i u a l v r i c s eines K o n s c r c n z 1 e i l u c h m c r S. Slockyolui, 29. August. Du Schweden bleibst unsere Muller in Kumps und Frieden, Du Land, wo einst unsere Kinder wohnen werden, Wo unsere Väter schlafen in der Erde Svcrige, Svcrigc, Vatcrlandl Gibt oieses Lied nicht zu liesst ein Bild von dem Charakter ocö Landes, in dessen Hauptstadt nun schon seit vielen Tagen die Vertreter der gesamten orthodoxen nnd evangelischen Christenheit zu der Internationalen W e l t k o n f c r e nz für praktisches Christen tum weilte»? Vor wenigen Jahren erst entstanden, hat sich dieses Lied Werner von Heidcnstams über das ganze Laud verbreitet uud Hal Wohuung im Herzen des Volkes gesunden. Heute ist cs die wahre Nationalhymne des neuen Schwedens. Es ist kein Zufall, dah gerade Stockholm der Tagungs- ort dieses seit laugen Jahren vorbereiteten Wcltkonzils war. Vereinigt doch kein Land in so gliicklichcr Form in sich beides: große, reine Menschenliebe nnd ein wcit- sassendes Denken, das ans dem Boden eines befriedeten Nationalstaates nnd der Bejahung aller geschichtlichen Tradition erwachsen ist. Eine lebendige Verkörperung dieses Geistes ist nns in Deutschland ganz besonders die Person des allvcrehrtcn nnd größten lebenden schwedi schen Forschers Sven Hedin. Auf der Konferenz trat dieser Geist nns aber in der Gestalt der wohl bedeutend- sten Frauen entgegen, der Dichterin Selma Lager löf und der Schwester Elsa V r a n d st r ö m. Ebenso ,wic zn Anfang der Konferenz Hunderte von Einwohnern Stockholms vergeblich vor der Kirche Santa Clara harrten, in der der Patriarch von Alexandrien predigte, warteten schon zwei Stunden vor Eröffnung der B l a s i e- holmskirche am 26. Augnst abends lange Menschcu- reihcn, um an der öffentlichen Versammlung teilnehmc» zn können, die, von Erzbischof von Upsala Dr. Söder- blom persönlich geleitet, ein Bild des heutigen christ lichen Schwedens geben sollte. Nach der Ansprache des Prinzen Carl von Schweden, der als Präsident des Noten Kreuzes darauf hiuwies, daß nur der mit ganzer Liebe die Well umfangen kann, der mit allen Ge fühlen in dem Lande seiner Heimat verwurzelt ist, trat zunächst Schwester Elsa B r a n d st r ö m hervor. Sic gab in kurzen Zügen ein Bild der für Schweden ganz be sonders typischen Licbcsarbcit, die in allen Ländern ge leistet wurde, wo Krieg und Hungersnot der Bevölkerung schwere Bedrängnis brachte. — Wir haben ia auch in Deutschland viel von dieser Arbeit empfangen, die als Licbcswcrk eines höheren Menschentums in die Welt ausstrahlte. — Der Höhepunkt aber war die Nede der im schwedischen Volksleben tiefst verwurzelte» Dichterin Selma Lagerlöf. Ganz große Güte widerspiegelnd. Roman von Harr» Scheff Lo^ri^bt 192b bz» Oskar tUeister, Werclau. ' i (Nachdruck verboten I I. Die violettsamtene Gardine rauschte langsam zur Seite und gab den Blick ans die Bühne frei. Der vierte Ak, des Dramas, dessen Menaufsübrnng sür die gresiberzogliche Nesidenz seit Wochen eine Sensation bildete, begann. Den ersten drei Akten war ein voller, rauschender Erfolg beschiedcn gewesen, sse hatten Beifallsstürme bervorgerufen, wie sie das grosse, im vornehmsten künstlerischen Stil erbaute und auögestattele Bühnenhaus wohl noch niemals durchtost. Wieder und immer wieder musste sich der Autor des Stückes, Noland Banner, dankend vor dem tansendkövsiaen Publikum verneigen, besonders tief und ehrerbietig, besonders dankerfüllt natürlich vor der Herrscherloge, über deren Brüstung das gütige, grau- bärtige Antlitz des KrossberzogS ihm ermunternd znläcbelte. Obwohl noch nicht zu Ende gespielt, schien das Schicksal des Dramas „Der Totentanz" bereits im günstigsten Sinne ent schieden zu sein. In der lebten Panse hatten die Tbeaterkritiker der gelesensten Zeitungen und ihre ans Berlin eigens um dieser Premiere wissen nach der norddeutschen Nessdenz geeilten .Kossegen die Köpfe zusammengesteckt und die Ausrufe, die man ans diesen, Cercle vernommen, batten die Sichcrbeit gegeben, dass man in den Morgenblättern begeisterte Besprechungen über das Werk des Autors lesen werde. „Unser Noland Banner ist nun einmal ein Glückskind", hatte Doktor Wernicke, der Chefredakteur des „Tagcebolen" gewisser massen als Rcsmnö der sournakistischen Erörterungen gesagt, er, der in der Stadt nicht anders als das „alte Orakel" genannt wurde, „muss entschieden an einem Frühlingssonntag geboren sein. Bedenken Sie. meine Herren Kollegen; kommi als blutarmer, immer Hauslehrer mit einem federleichten Kösser- cben und einem Bändchen wrischer Gedichte in die Ressdenz. schlägt sich mit e'nem Dutzend unartiger Rangen herum, vcr dient ssch mit ihrer Dressur ein schmales Stück Brot, verfass, aber in schlaflosen Nächten ein Theaterstück, sein guter Geist gibt ihm den Gedanken ein, cS mir zu bringen und ich - das miss ich mir keineswegs etwa zu besonderem Ruhme an- rechnen - erkenne aus den ersten Blick, dass die Sache Hand und Fuss hat, und dass wir eg hier mit einer ganz ungewöhn lichen Begabung zu tun haben. Nun. Sie wissen sa, meine Herren, ich habe bei Sr. Erzessenz Grafen Wolkenstein, den, Intendanten unseres HostbeatcrS Sitz und Stimme. Bei passen- der Gelegenheit breche ich für Roland Banners Stück eine Lanze, überwinde ässe Schwierigkeiten, die man dem unbekannten Autor entgegenstellt, und setze die Anfsübrmm durch. Grosser Erfolg, den auch Berlin durch mehr als hundert Aufsührunaeu bestätigt, und Banner ist aus assen Wassern. Er besitzt plöb- lich einen Namen, mehr Geld, als er iemals in seinem Leben zusammen gesehen hat, und das höchste Interesse unserer, Gesell schaft. Man entdeckt, dass er nicht nur ein geistreicher Dichter, sonder» auch ein schöner Mann ist, dass sein feines, nervöses jpracy sic voii einer jiingcu Amerikanerin, die bei einem Schiffbruch -- de» Tod vor Ange» — das Erlebnis Halle, den Nnf zn einem höheren Geincinschasislcbcn zu ver nehmen. Wie dies der Ursprung einer großen Kolonie wnrdc, die, in Jerusalem wohnend, die Menschen der verschieden ste» Völker z»m uncigeinmhigcn Dienst verband, so zeigte Frau Lagerlöf die Parallele zwischen de» Erfahrungen jener Gemeinschaftsarbeit und dem Ziel dieser Konferenz, die der Anfang einer ucncu Verständigung zwischen den Völkern sein soll. „Einigkeit zwischen Nesormicrt und Lutherisch, Einigkeit zwischen Protestant und Grieche, zwischen Grieche und Katholik, Einigkeit zwischen Christen uns Nichtchrisicu, Einigkeit, Einigkeit, Einigkeit zwischen allen Völkern der Erde!" Wenn man auch im einzelne» über die Möglichkeit ver baldigen Verwirklichung dieses heißen Wunsches ver schiedener Meinung sein kann, so empfanden doch alle die Reinheit dieses Strebens von Schwedens größter Fran, die mehr oder minder dennoch dem ganzen national einheitlich empfindenden Volke innewohnend der einzig mögliche Boden für die Arben dieser jetzt zu Ende gehen den Konferenz fein konnte. Dr. Harmsen. Proicpor Nvoi, von .yarnacl lmi anmpttch vcs Stockholmer Kirchcnkcmzilö an den Erzbischof von Upsala, Söderblom, ein Schreiben gerichtet, ln dem er seine Segens- Wünsche für den Geist und das Ergebnis der Verhandlungen ansspricht. Was der Kongreß erreichen wird, sagt Harnacks Schreiben, kann noch niemand voransschcn, aber gewiß ist er nicht zu früh gekommen nnd gewiß kann er kein Fehlschlag sein. Denn hier gilt Gottes Wille. Golt will es, das christ liche Gewissen verlangt cs, und die Not der Zeil fordert cs. * Botschaft der Stockholmer Wellkonserenz. Stockholm, 3b August. Die Weltkonscrcn; sür praktisches Christentum vcrösscnt- lichl folgende BolschnK: Die allgemeine Konfceenz vcr Kirche Christi für prak tisches Christentum richtet hierdurch eine brüderliche Botschaft an alle Nachfolger Christi mit der herzlichen Bille, sich im Gebet, Bekenntnis und Dank, in Denkarbeit und Dienst mit der Konferenz zu Vereinen. Wir bedauern, daß nicht alle christlichen Kirchen cs für nölig hicllcn, die Einladung an zunchmcn. Durch Arbeit und Gebet christlicher Männer nnd Frauen ist unsere Konferenz seit süns Jahren vorbereitet worden. Sie hat sich als der bisher umsassendsle Ausdruck der Gemeinschaft und Zusammenarbeit der Kirche über die Grenzen von Nation und Kvnscssion hinaus erwiesen. Die Sorgen, Kämpfe und Verluste der christlichen Kirche in und nach dem Kriege haben sie zu der beschämenden Erkenntnis geführt, daß einer in sich uneinigen Christenheit gegenüber die Welt die Übermacht hat. Unter Beiseitelassung aller Fragen des Bckcnnlnisstandcs nnd der Kirchcnvcrsassung Hai die Kon ferenz sich das Ziel gesetzt, sich in gemeinsamer praktischer Arbeit zu betätigen. Tic Konscrcn; ist bci alledem, so weithin sichtbar sie auch in die Erscheinung Irak, ein erster Anfang. Es erfüllt nns mil Nessler Danlbarleu, daß wir lroh vcut- lich vorhandener starker Verschiedenheit des Standpunktes im stände gewesen sind, uns über so viele schwere Fragen in Wahrheit und Liebe anöeinandcr'nsetzcn und dabei auch jene Rücksichtnahme ans jeden anderen zu üben, wie sie nur der Geist schenken kann. Die Konferenz hat die Pflicht anerkann- dar- Evangelium aus allen Gcöirwn deS menschlichen Lebens zu der eucfchcivcn: n e.>c >a,t zu machen im industriellen, sozialen, politischen und internationalen Leben. So haben wir ans dem Gebiete des Wirtschaftslebens uns dazu bekannt, daß die Seele der höchste Werl ist, der den Rechten des Gesetzes oder dem Mechanismus der Industrie nicht unlcrgcordnct werden darf, und daß die Seele das Recht ans ihre Rettung hat. Wir kämpsen deshalb für eine srcie nnd vollkommene Entwicklung der menschlichen Persönlichkeit. Im Namen des Evangeliums haben wir von neuem betont, daß die Industrie sich nicht münden dars ans dem bloßen Wi i sch nach persönlichem C-cwinn, sondern daß sie als ein Dienst an vcr Gemcinschast das Eigentum als ein anverlrauteS Gul anschcn muß. sür das wir Gott Rechenschaft schuldig sind. Wir haben alsdann die moralischen und sozialen Fragen behandelt: Wohnungsnot, Arbeitslosigkeit, Unsittlichkeit. Aiko- holmißbranch nno verbrechen Wir sind da zn ver Erkennlntt. gcsühn worcum, daß diese schweren Probleme nicht aus der Kraft vcs einzelnen wirklich gelöst werden können, sondern daß ole Gesamtheit die Verantwortung hierfür übernehmen und eine soziale Kontrolle über die individuellen Handlungen insoweit ausübcn muß, als sie in jedem einzelnen Teile sür das Allgemeinwohl notwendig ist. Wir haben die sür die internationalen Beziehungen niaßgcbeudcu christlichen Gedanken dnrchberatcn, die von völkischer Sclbstvcrhcrrlichung ebenso weil cnlscrnt sind, wie von einem Masscnlosmopolitismtis jedes beliebigen Landes gleichviel welcher Bedeutung. Wir bitten die Kirche, ein Gefühl zu haben sür die Schrecken des Krieges wie auch sür seine Unzulänglichkeit für die wirk liche Lösung internationaler Streitfragen. Wir haben nicht versucht, genau sormulierlc Lösungen zn geben, wir haben auch nicht durch Abstimmungen die Ergebnisse unserer freundschaft lichen Aussprache fcslgelcgt. Hierzu Hal uns nicht nur die tiefe Achtnng vor den Überzeugungen anderer Menschen nnd Grup pen veranlaßt, sondern eher noch vas Bewußtsein, vaß die Kirche Grimosntzc und Ideale ansstellt, cs aber dem einzelnen sind den Gemeinschaften überläßt, mit Liebe. Weisheit nnd Mut nach den Anwendungen jener Grundsätze zu suchen. Wir richten diesen Aufruf in erster Linie an alle Christen. Jedermann soll seinem eigenen Gewissen iolgcn, seine volle Vcrantworllichkcft sür das Tun des Willens Gottes aus Erden und sür die Arbeit an Gottes Reich einsctzcn. Unsere Konferenz ist nur ein Ansang, aber wir können nicht anscinandcrgchcn, ohne irgendwelche Vorkehrungen sür die Fortführung des so glücklich begonnenen Werkes zn lrcs- scn. Wir haben nns deshalb entschieden, einen Forlsctzuiigs- ansschuß zu bilden, der das begonnene Werk wcilersührcn soll, Die Schlußsitzung In der Schlußsitzung wurde die Frage der Fortsetzung der Wcltkonsercnz erörtert. Noch einmal crgrisfen die führenden Männer der Kouscrcuz das Wort. Für England sprach der Domprobsl von Canlcrbnrv, siir Deutschland Dr. Kap ier. Für den ständige» Ausschuß der Konicrcnz sind als Vcr- Gesicht an Lord Bvron erinnert, unsere beste Gesellschaft bemäch ligt sich seiner. Ein Roman mit einer stattlichen Serie von Auflage», zwei weitere dramatische Arbeite» schliessen seine» R»bm immer Höber empor. Damit nicht genug, meine Herren. Das Glück beanügt sich nicht damit, halbes sür ein ScmntagS- kmd zu tun. Roland Banner kömmt in das Hans des Missionen, reichen Reeders Johansen, unseres königlichen Kaufmanns, mn mit Shakespeare zu rede». Erringt im Sturm die Liebe Maria«, des einzige» Kindes des , Ueberseeischen" und zieht als Gatte Marias im Triumph in die „Villa Johansen" ein. Dass die Genüsse und Freude» des Lebe»« nicht sedem dichterischen Schasse» verhängnisvoll werden, bat miS Banner heute Abend bewiesen. In den fünf Rosemuonden seiner Ebe hat er den „Totentanz" geschrieben — eine bedcMendc Arbeit, meine Herren, ein Merk, das seinen Schöpfer lange überleben wird." Allaemeine, beisälli'ae Zustimmung. Nur der junge Kritiker der „Volksstimme" alaubte bemerken zu müssen: „Der Erfolg deS Stückes ist natürlich nicht zu bestreiten, und er ist berechtigt. Aber Banner bat auch treue werktätige Helfer, die sei» Stück zum Siege führten. Ma» bat die männliche Hauptrosse in die Hände unseres göttlichen Ludwig Satander gelegt, eines Küiist- lerS, um den Berlin uns beneidet. Er bat sich beute mal wieder selbst übertroffen. Na, und die Vilma Hcllboru — ein rassiges Frauenzimmer. Welches Feuer, welche Leidenschaft bei so viel Jugend und Schönheit!" „Na, da warten Sie nur jetzt noch die grosse Szene im vierten Akt ab", lächelte Doktor Wernicke überlegen. „Aus der gestrigen Generalprobe, der äusser Prinz Egon nur ich bei- zuwohnen die Ehre hatten, war ich einfach baff. Wie die Hellborn da vor dem Grafen, der sie verführt und betrogen hat, noch einmal ihre Kunst als Tänzerin zeigt und wie sie plötzlich ein Dolchmcsscr aus dem Busen zieht und den Ver führer niedersticht — meine Herren, ich habe noch den berühmten Wolterschrei gehört, aber das bat die Hellborn unübertrefflich gemacht. Sie bat eine grosse Karriere vor sich." „Die Prinz Egon, der Neffe unseres GrossberzogS und präsumtiver Thronfolger' abzukürzcn bereit sein soll," bemerkte ei» anderer. „Man spricht da allerlei, sogar von einer morga natischen Ebe, welche aeplant ist." Aber Doktor Wernicke wehrte ab. Die Hessborn sei das anständigste Frauenzimmer, daö ibm jemals an der Bübne über den Weg gelaufen. „Die will rechts und links nicht geheiratet sein — und nur geheiratet." Die Glocke, die den Beginn deS vierten Aktes verkündete, unterbrach das Gespräch der Journalisten. Alles strömte wieder in den Zuschanerraum Der zeigte jetzt »och einmal vor Beginn deS letzten Auszugs die interessante Pbvsiognomic, welche mehr einem gesellschaftlichen Ereignis ersten Ranges, als einem Theaterabend ihren Reiz zu verleihen schien. In der grossherzoglichen Loge der greise Monarch, der be geisterte Förderer aller ehrlichen, künstlerische» Bestrebungen, neben ihm sein Nesse, Prinz Egon, den er, der stets mwermäbft geblieben, gewissermassen an Kindesstatt angenommen batte, hinter den beiden Fürstlichkeiten ein paar Hobe Würdenträger des Hofes und die Adjutanten i» ihren ordcmSgeschmückten Uniformen. In den Logen die allerbeste Gesellschaft der Residenz und Umgebung, der adlige Grossgrundbesitz, die Grossindustrie, die Wissenschaft, vertreten durch den Rektor der Universität und eine Anzahl Professoren. Dann Kapazitäten aller Gattungen, auf welche die Residenz mit Stolz blickte und im Parkett die Elite deS Bürgertums. Wie zum höchsten Fest hatten sich Frauen und Mädchen geschmückt. Die Erregung, welche dir Ereignisse des Dramas bisher in ihr Blnt gegossen, verriet sich in der feinen Nöte ihrer Mangen, im Glanz ihrer ungewöhn lichen Eindrücke widerstrahlenden Augen. Aber Entzücken und Begeisterung, die sich auf den Gesichtern der Schönen der Residenz widerspiegelten, waren doch nicht ganz und nicht allein aus das Konto Roland Banners flammersülfter Dichtung zu setze». Wen» Ludwig Satander, die alles überragende und tragende Säule deS HoftbeaterS die Bübne betrat, daun ging ein leises Rausche» durch de» Saal, ei» säst börbareS Aline», da»» weitete» sich die Pupille» schöner, in verborgener Sebnsmbt schimmernder Frauen- und Mädchenaugen, dann neigte sich mancher schlanke Leib ein wenig vor. uud kleine, rosige Obren liessen sich vor der geheimm'w'oll süssen, doch männlich kraftvollen Stimme dort oben ans der Bübne umschmeicheln, betören. Sie entführte die Herzen in das Reich verbotener Träume. Denn das war Satanders ureigenste Kunst. Sie umstrickte, machte willenlos, unterwarf sich die weibliche Psucbe aus Gnade und Ungnade. Mochten Kunstkeimer auch von Ludwig Satander behaupte», er sei zwar der glänzendste Virtuose deutscher Bühnen, aber doch kein tiesschöpsender Künstler - eines musste ibm selbst der Neid seiner Gegner uneingeschränkt lassen' Er verfügte über das herrlichste Rüstzeug, das die Natur jemals einem darstellenden Künstler aus seine» Meg mitgegebe». Der stolze Muchs, das edle Haupt mit dem ausgeprägte» Römera»tlitz, die ei» wenig sinnlich geformten Lippen, die grosse», ausdrucksvolle» Auge», deren Blicke stumm z» flehen, machtvoll zu gebieten verstanden, die Grazie seiner Bewegungen, - wie hätte diese Harmonie männlicher Schönheit und Kraft nicht jedes weibliche Wesen tick durchdringen, machtvoll erschüttern sollen. Und dabei genossen die Besucher des HoftbeaterS der Nessdenz eigentlich nur noch den sonnigen Herbst des Künstlers, allerdings auch dessen Neise und künstlerische Abgeklärtheit. Ludwig Sa'ander war, wenn man dem Tbealerlerikon glauben durfte, zweinndvierzig Jahre alt. Da man diesem Nachschlagswerk aber lieb mswürdige, nachsichtige Ungenauiakeit zMrauen und verzeihen dars. stand der Künstler ganz gewiss in der Mitte der Vierziger. Aber was. bedeuten frostige IabreSrablen, wo die Gottheit eS sich in de» Kops gesetz' bat ewiae Jugend zn verleiben? Lud wig Satander nam,l< sie sein eigen - » der Kunst wie im Leben, in letzterem vielleicht noch in erhöhtem Masse. Welche Romane erzählte man sich nicht von ihm und keinem unersätt lichen Liebesbednrnu'S Einem andern hätte die Gesellschaft der mittel-rosseu Nessdenz so tolle Streiche, so romantische Irr- fabrten, so verwegene Einbrüche in die Nechte anderer ganz gewiss verargt, dem göttliche» Ludwig hatte sie für allemal Pardon gegeben. Im Gegenteil, seine von Liebesabenteuern erfüllte Vergangenheit büllte ibn in den Augen seiner weiblichen Bewunderer in einen Strahlenmantel, dessen schillernde Farbe» seinen Neiz als Mensch und Man» »och erhöhten. (Fortsetzung folgt.)
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