Suche löschen...
Lichtenstein-Callnberger Tageblatt : 19.07.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-07-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1776437853-189507194
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1776437853-18950719
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1776437853-18950719
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLichtenstein-Callnberger Tageblatt
- Jahr1895
- Monat1895-07
- Tag1895-07-19
- Monat1895-07
- Jahr1895
- Titel
- Lichtenstein-Callnberger Tageblatt : 19.07.1895
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Stambulow 11 Uhr nachts durch ein chiffriertes Telegramm. Der Fürst richtete ein in den wärmsten Ausdrücken abgefatztes Telegramm an die Gattin Stambulow's, in welchem er tiesbewegt über das Unglück seines langjährigen Mitarbeiters klagt. Gleichzeitig gab er strengen Auftrag, die Schuldigen mit dem Aufgebot aller Energie zu ermitteln. Das Gerücht, der Fürst wolle jetzt nach Sofia reisen, ist unbegründet. ** Frau Stambulow ließ den Hofmarschall des Fürsten Ferdinand, der sein Beileid auszudrücken kam, nicht vor, sondern wies jede Bezeugung der Teil- nähme von Seite des Fürsten zurück. ** Sofia, 17. Juli. Das ärztliche Bulletin von gestern nachmittag 5 Uhr sagt, daß der Zustand Stambulow's sich bedeutend gebessert habe. Gegen ein oppositionelles Journal, weiches das Attentat billigte, wurde Anklage erhoben. Man verlangt all gemein die exemplarische Bestrafung der Schuldigen. ** Di« „Agence Balcanique" meldet: Im Laufe des gestrigen Bormittags schlief Stambulow ruhig. Ueber die Möglichkeit, den Verletzten am Leben zu erhalten, sprechen sich die Aerzte fihr reserviert aus. Petkow, der wichtigste Augenzeuge, erklärt, daß er keinen von den Angreifern kenne. Bis mittag wurden etwa 70 Individuen in Haft genommen, aber nach dem Verhör größtenteils wieder entlassen. Die Mi nister traten vorgestern abend zu einer Beratung zu sammen, die bis 2 Uhr morgens währt« und heute vormittag fortgesetzt wurde. Ja Politischen Kreisen wird versichert, daß die Regierung ein« Ehre darein setzs, die Urheber des Attentats ausfindig zu machen, was großen Schwierigkeiten begegnen dürste, da keiner von den Augenzeugen nähere Angaben machen kann. Vier Männer, welche Stambulow in seinem Delirium als Mörder bezeichnete, wurden verhaftet, aber mit Ausnahme von Tüfektschiew wieder in Frei heit geietzt, da sie ihr Alibi nachzuweisen vermochten. Eine Schwadron Kavallerie wurde abgefandt, mn das in der Nähe der Stadt befindliche gebirgige Terrain zu durchsuchen, wohin vorgestern abend das von dem Diener verwundete Individuum entflohen ist. ** Sofia, 17. Juli. Der Zustand Stam- bulows hat sich plötzlich verschlimmert. Die Tem peratur ist gestiegen. Die Umgebung Stambulows befürchtet, derselbe werd« die Nacht nicht überleben. * * Ein Pnvat-Telegramm d. Berl. Tagcbl. schil dert die Auffassung der Wiener politischen Kreise. Es heißt da: Das Attentat auf Stambulow wird hier nicht allein als ein V-rbrechen, sondern auch als ein Stu.mzsichen betrachtet. Die gesamte öffent liche Meinung bringt das Attentat direkt mir der auf das Höchste angeschwollsnen russvphilen Bewe gung in Bulgarien und indirekt mit der russisch- dulgarischen AusMunng in Verbindung. Man sieht in Stambulow allgemein das Sühnopfer. Gegen die bulgarische Regierung werden schwere Vorwürfe erhoben. Auch wird die Bemerkung laut, daß der Aufenthalt des Fürsten Ferdinand in Karlsbad sich wie der Versuch ausnehme, ein Alibi zu schaffen. Ferner fehlt es nicht an Andeutungen, daß das At tentat aus stambulow auch für den Fürsten Ferdi nand selbst eine Menetekel sei. Die politische Welt ist keineswegs geneigt, die bulgarische Regierung und das bulgarische Volk von der Mitverantwortlichkeit an dem Bubenstück sreizufprechen. Es werden die schärfsten Urteile über die zweideutige und abenteuer liche Haltung der gegenwärtig in Sofia Regierenden gefällt. Da nutzt cs den Machlhabern in Sofia wenig, daßsieeineBslohnungvon 10,000Francs ausges-tztfür denjenigen, der die Entdeckung der Personen ermöglicht, welche das Attentat auf Stambulow ausführten. Allge mein herrscht die Ansicht, daß es sich bei dem Attentat um keinen Akt von Privatrache gehandelt habe. Aus Sofia selbst liegt ein Prioat-Telegramm mit folgen, den näheren Einzelheiten über das Verbrechen vor: Noch sind merkwürdigerweise nicht einmal alle äußer lichen Einzelheiten des Attentats festgestellt. Folgen des kann indessen als sicher gelten : Zwischen der Woh nung Stambulows und dem Umonklub, die etwa 500 Schritt von einander entfernt liegen, kamen aus der Richtung der Wohnung Stambulows vier Männer und schritten — zwei rechts, zwei links von der Straße auf dem Trottoir — gegen den Klub. Als gegen 8 Uhr abends Stambulow in einem Miets wagen heimfuhr, begegneten ihm die vier Män ner, w:e zufällig. Neben Stambulow im Wagen saß sein Freund und früherer Ministerkollege Petkow, auf dem Bock neben dem Kutscher der langjährige treue Diener Stambulows, Gunschko. Beim Heran nahen des Wagens fielen zwei der Attenläter den Pferden in dis Zügel, während die beiden anderen mit einem Handschar und brEten türkischen Messern über Stambulow herfielen. ÄS entstand ein Kampf, der jedoch nur einen kurzen Moment währt. Nach dem sie mehrere kräftige und wuchtige Hiebe gegen Stambulow geführt, entliefen die Mörder, während ihre beiden Spießgesellen schon vorher verschwunden waren. Der Diener Gunschko, der einen Revolver bei sich führte, war auch bereits vorher abgesprungen und lief den enteilenden Verbrechern nach; er wurde aber von Polizeimännecn, die ihn angeblich nicht kannten, festgehalten und entwaffnet. Gewiß merk würdige Dinge, die nicht leicht zu enträtseln sind. Großes Staunen erregt auch der Umstand, daß aus dem Publikum Niemand dem Ueberfallenen Hilfe leistete. * * Athen, 17. Juli- Man geht jetzt heim lich mit der Bildung bewaffneter Schaaren um, die nach Macedonien wandern sollen, weniger um Un ruhen gegen die Türken unter den dortigen Griechen heraufzubeschwören, als an die bulgarischen Banditen „heranzukommen". Eine große Anzahl älterer Sol daten und Unteroffiziere sind in diesem heimlichen Bunde und werden sich bald allmählich gruppenweise aus großen Umwegen nach Macedonien begeben. Die Bewegung hat sich derart verbreitet, daß die Regierung sie gesetzlich nicht eindämmen kann, zumal da auch offizielle Kreise mit der Volksaufrsgung sympathisieren. * * Vereinigte Staaten. Das erste na tionale deutsch« Schützenfest in New-Derk ist, wie man von dort unterw 2. d. schreibt, zur Thatsache und somit zu einem großen Erfolg geworden. Es gehörte eine Riesenagiwtion dazu, 52 Schützengesell- schasteu mit 4450 Mitgliedern aus dem ungeheueren Gebiet der Vereinigten Staaten zur Beschickung des Festes zu bewegen. Aber,sie kamen. Ist doch selbst San Francisco durch zwei Schützengescllschasten ver treten. — Das Fest wurde eingeleitet durch einen Empsangs-Kommers im großen, prächtig dekorierten Saale des „Oontral Opsra-Uouso", bei dem die Wogen der Begeisterung sehr hoch schlugen, da auch die Spitzen der „Bereinigten Sänger von New-Jork" anwesend waren. Der Präsident des Schützenbundes, Herr Wm. V. Weber, sowohl wie der geniale Herr Richard Keatzenmeysr, Präsident des Sängerbundes, verstanden cs wohl, auch als Redner ins Schwarze zu treffen, das deutsche Gemüt ihrer Zuhörer sür die Verbrüderung aller Deutschen Amerikas in dem ihnen jetzt aufgezwuugensn Kampfe gegen mittelalter lichen Svnntagszmang za entflammen. * * Als ein Held in seinem Beruf erwies sich ein Weichensteller aus der Station Alpha in Queens land. Als der Mann beim Herannahen eines Zuges di« Weiche hob, kroch aus der Weichenhöhlung eine große Giftschlange und ringelte sich um den rechten Arm. Hätte er die Weiche fallen lassen, so mußte i der Zag entgleisen; starr die Äugen auf das Reptil gerichtet, hielt er fest, bis der Zug vorbei war, dann töteten Hinzuspringende das Tier, ohne daß der brave Mann beschädigt worden wäre. ** Ans unseren Kolonien. Nach einem Bericht des in Lindi (Deutsch-Ostafrika) kommandie renden Kompaniesührers Kielmeysr war die Hungers not im dortigen Hinterlande bereits Ende Mai so gut wie vorüber. Doch machten sich noch einige Heu schreckenschwärme bemerkbar. — Dem amtlichen Kolbl. entnimmt man folgende Personalnachrichten: Dem Oberstleutnant v. Trotha, stellvertretenden Gouverneur von Deutsch-Ostafrika, sind die Funktionen des Kom mandeurs der Schutztruppe übertragen. Major v. Francois, ü la 8uits der Schutztruppe für Deutsch- Südwestasrika, hat das Dienstauszeichnungskreuz er halten. Dem Feldwebel Gillmeister in der ost- afrikanischen Schutztruppe ist das allgemeine Ehren zeichen verliehen. Der Bezirksamtsschreiber Kleine ist in Dar-es-Salaam gestorben, der Unteroffizier Link in Kilimatinde an Perniziöser Malaria. Unsere Militär-Vereine. Ein Mahnwort. Wir Deutsche jeden Stammes werden jetzt und in den kommenden Wochen von einem mächtigen Ge fühl beherrscht: von dem Gefühl der Erinnerung, hervorgerufen durch die 25jährige Wiederkehr jener gewaltigen Tage, in denen die deutschen Stämme den alten Hader begruben and vereint hinauszogen Wider den Erbfeind. Jetzt, nun das erste Vierteljahrhundert seinen Markstein aufrichtet, wird Alles wieder leben dig in uns, was uns damals das Herz durchströmte, was uns gewaltsam fortciß, was unsere ganze Seele füllte mit den Ereignissen und Eindrücken jenes glor reichen Kriegsjahres! Und diese Ecknnerungsfülle sucht und findet Aus druck in pietätvollen Feiern zum Angedenken Jener, die für den Siegeslorbeer ihr Blut und ihr Leben Hingaben; und in patriotischen Festlichkeiten, in denen die Freude über das Errungene sich berechtigte Gel tung verschafft. Und hier sind es, außer der Armee, vor Allem die deutschen Militär- und Kriegerve reine, welche sich anschicken, am ersten Jubiläum des großen Krieges die Erinnerung an denselben aufs Neue zu beleben und zu vertiefen. ES verlohnt sich wahrlich, nicht nur für die große Masse des Volkes, sondern auch ganz beson ders für Diejenigen, welche durch ihrs gesellschaft liche Stellung daraus hervorragen, aus diese Mili tär- und Kriegervereine einmal einen recht aufmerk same» Blick zu werfen. Da sind Hunderttausende einfacher Männer, welche auch im schlichten Rock des Bürgers das blieben, was sie waren, als sie ihres Königs Rock trugen, wackere Soldaten! Das in ihnen lebendig gewordene Gefühl echter Kamerad schaft trieb sie zu einander, ohne allen äußeren Zwang, und in unserer alles zersetzenden Zeit ward zweierlei der Kitt, der sie fest aneinander bindet: Die Treue zum Herrscher und die Liebe zum gemeinsamen Vaterlands. So ist ihre Phalanx entstanden, aus den lautersten Empfindungen heraus, so steht sie vor uns: Die verkörperte Treue in unserer wir- beluden Zeit! Schlichte und einfache Männer, so sagten wir, sind es zumeist. Aber jene große Zeit, derer wir jetzt suf's Neue gedenken, sah sie Alle draußen: den Armen wie den Reichen, den geistig Hochstehen den neben dem Ungebildeten! Und in allen Herzen pulste der eine Gedanke und auf allen Lippen lag der eine Ruf: Mit Gott für König und Vater land ! Warum zeigt sich im Frieden nicht ein ähnliches Bild? Triebe die Kameradschaft nur in den Her „Keine Zärtlichkeiten", rief sie herb über dis Schulter, „ich wiederhole Euch, daß ich den Schritt nicht um des Vaters willen thue!" Wer sie in dem Moment sah, die Lippen fest auf einander gepreßt, die Augen unheimlich flimmernd, hätte niemals geglaubt, daß dieses Mädchen im Be griffe stand, sich einem Manne zu versprechen. Nicht lange darauf trat sie mit Ulo hinaus in den Garten, wo sie völlig allein waren. Seit kurzem hatte sie ihr Benehmen gegen ihn vollständig geän dert, sie war nicht mehr rauh und wortkarg, sondern freundlich und heiter, so daß der verliebte Fischer von neuem zu hoffen begann. Hier draußen im stillen Gärtchen schien ihm di« Zeit gekommen, seine Werbung nochmals zu wiederholen. „Mietje", bat er beweglich, „darf tch in dieser Stunde abermals eine Frage thun, die nur uns beide angeht?" Es war nur eine Sekunde, daß ihr Blick auf loderte und die Zähne zusammenbisien, dann lächelte sie freundlich. „Nun, so sprecht, Ulo, ich meine zu wissen, was Ihr mir sagen wollt." „Mietje," ries er entzückt und erfaßte stehen bleibend ihre Hände. „Jst's denn wahr ? Wollt Ihr nun endlich mein Weib werden?" Sie lächelte noch immer jenes grausame Lächeln und erwiderte seltsam eintönig: „Ja, Ulo, ich will es!« Und nun brach ein Strom des Entzückens bei dem wilden Menschen los, er jubelte laut und schlang beide Arme um die wortlose Braut, welche heimlich schaudernd diese Zärtlichkeiten über sich ergehen ließ. Endlich trat sie einen Schritt zurück und blickte zu ihm auf. „Ulo", sagte sie zögernd, „ich weiß, daß Ihr meines Vaters Gläubiger seid —" „Nicht doch, mein Schatz", gab er lachend zu rück, „laßt die Kleinigkeit, sie ist in dieser Stunde getilgt durch Euren Besitz, ich habe keinen Wunsch mehr". „Keinen Wunsch?" fragte sie, ihn starr ansehend, auch keine— ungetilgt« Schuld aus der Vergangenheit?" Er fuhr zurück, eine dunkle Röte färbte seine Stirn, doch gleich darauf legte er den Arm wieder um das Mädchen. „Du bist so ernst, mein Täubchen; laß die Ge- wissenSfrage und komm, daß wir den anderen unser Glück verkünden". „Unser Glück", dachte Mietje voll unsäglicher Bitterkeit, als sie orin im Gastzimmer all die lauten Glückwünsche der Bauern empfing. „Hurrah!" brüllte Christian, „nun bringt mal Wein her, Gransen, von Eurem besten, ich bezahle alles, denn wir müssen das Brautpaar leben lassen." Eine schwere Prüfung war indeß über die arme Lena gekommen. Kaum hatte sie das Kind in das Bettchen gelegt, als sich hohes Fieber bei demselben einstellte; dunkle Röte lag auf dem Gesichtchen, starr blickten die großen Augen nach der Mutter, doch ohne dieselben zu erkennen, und zuckend langten die kleinen Hände nach dem Halse, worin beim Schlucken ein qualvoller Schmerz sich regte. „Allmächtiger Gott — es ist Diphteritis", murmelte die unglückliche Mutter händeringend und völlig ratlos. Der Arzt war in der ziemlich entfern ten Stadt und sie im Hause augenblicklich ganz allein. Halb sinnlos vor Angst eilte sie hinaus auf die Diele, wo der alte, lahme Knecht saß und Holz spaltete. „Wo ist der Bauer?" fragte sie ängstlich, ob schon eine Stimme drin im Herzen ihr genau sagte, wo ihr Mann sich befinde. „Nun, bei Gransen, wo sonst", lautete dis phleg matische Antwort. „So geht zu ihm, so rasch Ihr könnt und sagt ihm, um Gottes Barmherzigkeit willen, er möge heim» kommen". Sogleich schob der Knecht die Arbeit bei Seite und stand mühsam auf. „Gehen will ich schon, Bäuerin", nickte er gutmütig, „aber daß der Bauer nicht kommt, weiß ich schon im voraus; ist er beim Trinken und Spielen, da bringt ihn der Herrgott selbst nicht von ab". „Sagt ihm, sein Kind sei totkrank — vielleicht im Sterben". Die Stimme versagte der armen Frau und mitleidig blickte der Knecht sie an. „Um Euretwillen, Frau, gehe ich. Für den Svend allein rührte ich keinen Fuß". „O, so eilt Euch, Olaf — ehe es zu spät ist". Kopfschüttelnd ging der Knecht, während Lena wieder an das Bett ihres unglücklichen Kindes eilte, bei dem die entsetzliche Krankheit rasch zunahm; kein Tröpfchen Wein vermochte Kathi mehr hinabzuschlingen, mühsam rang sie nach Luft. «Fortsetzung folgt.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder