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Lichtenstein-Callnberger Tageblatt : 22.04.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-04-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1776437853-190304226
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1776437853-19030422
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1776437853-19030422
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLichtenstein-Callnberger Tageblatt
- Jahr1903
- Monat1903-04
- Tag1903-04-22
- Monat1903-04
- Jahr1903
- Titel
- Lichtenstein-Callnberger Tageblatt : 22.04.1903
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Ein übereifriger Landbriefträger in Zwickau hielt unlängst vier Zweimarkstücke für falsch und zerschnitt und entwertete sie. Auf seine Meldung erstattete der Vorgesetzte Postbeamte Anzeige, und nun fahndete die Polizei in jenem Geschäft, wo die Summe gezahlt worden war, nach dem verborgenen Falschmünzernest. Der In haber wurde streng vernommen, seine Frau verhört und die Haussuchung ergab — nichts. Nun erst schenkte man den vernichteten Zweimarkstücken Beachtung, prüfte sie, und siehe, sie waren echt! Den Schaden von acht Mark trägt vorläufig der Briefträger. » Zwickau Dem Heizhausmann Völkel hier sind am Freitag Zwillinge (Knaben) geboren worden, die nach Art der siamesischen Zwillinge zusammengewachsen sind. Fast zur nämlichen Zeit sind dem Schwager Völkels Drillinge, ebenfalls Knaben, geboren worden. Niedermülsen. Ein dankbares Rind besitzt der Gutsbesitzer M. hier. Am Sonntag früh gegen 2 Uhr entledigte sich das edle Tier feiner Fessel, um seiner guten Pflegerin, welche im oberen Geschosse schlief, für ihre liebevolle Pflege einen Besuch abzu statten. Nachdem das Tier die steile Holztreppe er klommen hatte, gab es seinem Unwillen über schlechte Beleuchtung vor der Türe der Pflegerin-Kemenate durch kräftiges Muh, Muh, gebühreud Ausdruck, was große freudige Aufregnng der Hausbewohner, welche auf den gehörnten Besuch in hohen Regionen nicht vorbereitet waren, zur Folge hatte. Und nun war guter Nat teuer! Denn wer sollte dem edlen Vierfüßler die Wege nach seiner heimischen Stätte ebnen? Die Nachbarn, die eben in Morpheus Armen sanft entschlummert waren und denen das liebliche Bild der vier Wenzel noch vorschwebte, hielten die Mär von dem nächtlichen Vorstoß nach der Magd- kammer für einen Aprilscherz und es bedurfte wieder holter Bekräftigung, ehe sie dem Schauplatz der sündhaften Tat zusteuerten. Dann Verwunderung nach Gebühr, worauf man zur Beratung der Materie schritt. Alle Hände einten sich zu hilfreicher Tat, die Treppe wurde dick mit Stroh belegt, das Tier an den Hörnern gefesselt und — nachdem es inzwischen seine Visitenkarte abgegeben — von seinem hohen Standpunkte hinunter und — nach seiner stillen Klause geleitet. Gegen 5 Uhr trotteten die Nachbarn wieder den heimischen Penaten zu, noch angenehm erregt über das nächtliche Abenteuer. Scheibenberg. Die bedauerliche gespannte Stellung hiesiger Gemeindeglieder zu Pfarrer Otto besteht leider noch immer. Infolge des Zwistes sind von einigen 70 Konfirmanden über die Hälfte noch immer nicht zur kirchlichen Einsegnung und Bestä tigung des Taufbundes erschienen. Eine Deputation hat von der Kircheninspektion um die Ausstellung einer Bescheinigung gebeten, daß diese jungen Leute den geordneten Konfirmationsuuterricht besucht haben, damit auf Grund dieses Zeugnisses die Konfirmation in einer auswärtigen Kirche vollzogen werden könnte. Da die Angelegenheit aber dem Landeskonsistorium vorliegt, so ist dessen Entscheidung zunächst abzu warten. Die Kinder durch den hiesigen Geistlichen konfirmieren zu lassen, ist bisher von den in Frage kommenden Eltern verweigert worden, weil man den Grund zur Aufschiebung der Konfirmation vom Palmsonntage auf den Gründonnerstag nicht in einer Erkrankung des hiesigen Pfarrers vermutete, sondern die Aufschiebung als einen Akt der Strafe betrachtete, trotzsem die Erkrankung ärztlich fest gestellt worden ist. Einen beklagenswerten Eindruck muß das gespannte Verhältnis natürlich auf die Konfirmanden machen, welche infolge der Stellung nahme ihrer Eltern noch immer nicht in den Bund christlicher Gemeinschaft ausgenommen werden konnten. Irr goldenen Ketten Roman von F. Sutau. (Nachdruck verboten.) (6. Fortsetzung.) So lange Zeit brauchte doch Leska sonst nicht zu ihrer Toilette. Wollte siesich ganz besonders schön heute machen. Aber das arme Kind besaß ja leider kaum ein modernes Gewand. Bis jetzt hatte die gute Frau nur dafür gesorgt, daß ihre beiden ältesten Töchter elegant und modern gekleidet auftreten konnten, und nun war über Nacht Leska zur Hauptperson geworden. Endlich tat sich die Tür auf, aber nicht Valeska, sondern Klara trat über die Schwelle. Sie hatte ihrbestes Kleid angelegt, das Haar sorgfältig gebrannt. Leider aber entbehrte ihr Teint aller Frische und sah besonders heute nach der durchschwärmten Nacht sehr fahl und grau aus. Sehr enttäuscht, fast finster schaute Brandhorst sie an, indem er sich erhob, um sie zu begrüßen. „Ist denn Valeska noch nicht fertig mit ihrer Toilette?" fragte die Frau Rat jetzt etwas ungeduldig. „Valeska! Ja, wo ist sie denn? Ist sie noch nicht hier?" frug Klara erstaunt. „Wie Du siehst, fehlt sie noch," antwortete die Frau Rat. „Wo steckt sie denn in aller Welt. Im Schlaf zimmer ist sie nicht und hier auch nicht!" „Vielleicht ist sie in der Küche," sagte die Frau Rat in ihrer Verlegenheit. Klara lächelte höhnisch, indem sie sagte: „Das wäre ja eine ganz neue Passion unserer Jüngsten, will sie sich jetzt schon zur Hausfrau ausbilden." „Geh und suche sie," sagte die Frau Rat ärger lich, „sie soll sofort kommen!" Klara verließ das Zimmer und Brandhorst, der immer ungeduldiger wurde, erschien jede Minute In Waldkirchen mußten dem Waldarbeiter Felber seine beiden Stiefkinder (zwei Knaben im Alter von 10 Jahren) weggenommen werden, um sie vor der unbarmherzigen Behandlung durch den Stiefvater zu schützen. Die Kinder wurden von demselben furchtbar mißhandelt, namentlich der ältere Knabe zeigte zahlreiche Wunden und Schwielen am Rücken. Die armen Kinder haben im Friedrich August-Stift in Augustusburg liebe volle Aufnahme gefunden. Am Donnerstag stürzten in Niederschlema zwei auf einem Neubau beschäftigte Schieferdecker herab, nämlich Heinrich Horn aus Schönbrunn und Adolf Schmidt aus Saaldorf. Der letztere war sofort tot; Horn hat schwere Verletzungen erlitten, doch hofft man, ihn am Leben zu erhalten. Aus Thüringen In einem Hause in Greiz war ein Kassenbote auf der Treppe über Kartoffelschalen ausgeglitten und hatte dabei das Rückgrat gebrochen, sodaß er starb. Da die Verliererin der Kartoffelschalen nicht zu ermitteln ist, wird jetzt die Besitzerin jenes Hauses verklagt, der Witwe des Kaffenboten 900 M. Jahres rente zu zahlen. Allerlei f Köln. Der Referendar Camphausen, der im 59. Artillerieregiment dient, hat sich erschossen. Ueber die Beweggründe der Tat kursieren die verschiedensten Gerüchte. ff Aus Kiel wird unterm 20. d. M. geschrieben : Ein Großfeuer wütet in dem benachbarten Kirchdorfe Elmschenhagen. Mehrere Gebäude, Be sitzungen der Landleute Arp und Wörbel, sind nieder gebrannt, andere Gehöfte stehen in Flammen. Flug feuer erfaßte Kirche und Schulhaus. Das stattliche Gotteshaus brennt seit 11^ Uhr lichterloh. Infolge des orkanartigen Nordweststurmes drohte dem größten Teile des Dorfes Gefahr, doch wurde durch Eingreifen der Kieler Feuerwehr eine weitere Aus- Ausbreitung verhütet. Ein Teil des Dachstuhles der Kirche ist ausgebrannt. f Konitz- Zur Könitzer Mordaffäre wird noch gemeldet: Irgend weiche Folge hat die Auffindung der Knochen und der Stiefel bis jetzt nicht gehabt. Eine Handhabe, gegen irgend jemand vorzugehen, bietet sich jetzt der Staatsanwaltschaft ebenfalls nicht. ch Ein ganz besonders gescherter Nckrut war der Naze von Schonneutz, der bei der Infanterie in Ulm diente. Der Feldwebel hatte Instruktion erteilt und über das Benehmen beim Schildwach stehen. „Wenn jemand kommt, so hat die Schild wache zu rufen dreimal: Wer da? — Erfolgt keine Antwort, so hat dieSchildwache Feuer zu gebe n." — Als am anderen Abend der Feld webel sich von dec pünktlichen Erfüllung des Dienstes überzeugen wollte, ging er an der Wache, die obiger Naze bezogen, vorbei, und Naze rief mit Aufgebot beider Lungenflügel: „Dreimal wer da?" Der Feldwebel gab keine Antwort. Sofort zündete Naze ein Zündhölzchen an und übergab es instruktions gemäß dem verblüfften Feldwebel. ch Eine niedliche Episode soll sich vor einigen Tagen in einer belebten Straße des Londoner Westens abgespielt haben. Einer der „unnahbaren" englischen Gentlcmcn war auf dem Wege nach seinem Klub, als er plötzlich merkte, daß ein Taschendieb bei ihm auf Entdeckungsreisen ging. Er ergriff den Spitzbuben bei der Hand und wollte ihn ursprünglich so lange festhalten, bis ein Schutzmann herbeigeholt war. Als er aber die Hände seines Gegners sah, ließ er entrüstet los und rief entrüstet aus: „W a i ch e n S i e s i ch e r st d i e dieses Harrens und Sehnens eine kleine Ewigkeit. Zerstreut hörte er auf das lebhafte Plaudern der Frau Rat. Sie sprach davon, wie ihr Gatte, der Amtsgerichtsrat, so früh gestorben, wie schwer sie es gehabt, sich standesgemäß mit ihren Kindern durch zubringen. Sehr standesgemäß sieht es ja allerdings hier nicht aus, dachte Brandhorst, alles machte den Ein druck des Mangels, des Vernachlässigten, Herabge kommenen. Valeska mußte so bald wie möglich diesen traurigen Verhältnissen entrissen werden; so begann er daun von seinen Wünschen, seinem Hoffen zu reden. Er hoffe verstanden zu werden, meinte er, und wenn er etwas überstürzt handele, so läge es daran, daß seine Zeit nur knapp bemessen sei. Dann sprach er von seinen Vermögensverhältnissen. Der kleinen Frau Nat schwindelte förmlich vor diesem großen Vermögen. Welch ein Reichtum, welch ein glänzendes Los harrte da Valeskas, wenn sie Brandhorsts Frau wurde. Und auch ihr, der Frau Rat Dasein und Ernas und Klaras Leben würde sich sicher durch diese Heirat um vieles sorg loser gestalten, und sie würde endlich einmal aus den Kalamitäten ihrer Schulden herauskommen. Wenn Valeska ihr nur keinen Strich'durch die Rechnung machte. Sie in ihrer unerfahrenen Jugend konnte natürlich noch kein Einsehen haben. Der Frau Nat ahnte nichts Gutes, als jetzt Klara wieder erschien, und verkündete, die Gesuchte sei nirgends zu finden, Erna aber vermisst ihren Mantel. Jeden falls trage Leska denselben spazieren, sie liebte es ja, sich die Sachen ihrer Schwester airzueignen, und heute hatte sie es wahrscheinlich getan, um rasch und unbemerkt aus dem Hause zu schlüpfen. Brandhorst erhob sich verstimmt. Was sollte er hier noch? Natürlich war der Racker vor ihm ge- Hände, ehe sie in die Taschen eines Gentleman:, greifen." ch Newyork. Der Schnellzug der Eriebahn, welcher von Chicago nach Newyork abging, fuhr bei Redhouse im Staate Newyork mit voller Geschwindig keit in einen Güterzug. Drei Schlafwagen und zwei andere Wagen des Schnellzuges gerieten in Brand. Zwei Frauen und ein Kind kamen in den Flammen um. Gerichtszeitung Dresden. Der bekannte Rechtsanwalt Dr. Bern hardt wurde gestern nach cktägiger Verhandlung wegen Betrugs zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt. Das Gericht nahm an, Bernhard habe einer Kientin rechtswidrige Vermögensvorteile verschaffen wollen. Hanan. Die hiesige Strafkammer verurteilte den Bankier Leopold Lilienfeld wegen Wechsel fälschung unter Zubilligung mildernder Umstände zu 1sts Jahren Gefängnis. Arbeiterbewegung Crimmitschau. In eine Lohnbewegung sind die Arbeiter der Eisengießerei und Maschinenfabrik von Paul Söhne hier eingetreten. Plauen i. V. Fast sämtliche Tischler, einige hundert, haben am 18. d. M. gekündigt. Sie glauben, infolge der gegenwärtigen flotten Bautätigkeit ihre Forderung von 20 Prozent Lohnerhöhung erzwingen zu können. Die Meister wollen aus Leipzig, Dresden und Chemnitz Tischler engagieren Aus dew Leben. Zeitskizze von Ernst Warlitz. Nachdruck verboten. Draußen stürmte der Herbst über die Fluren. Der Regen schlug prasselnd gegen die Fenster, deren Risse mit Papierstreifen dürftig verklebt waren, welche durch die Nässe losgelöst, den Regenspritzern und Windstößen Einlaß gewährten. Kurz, ein Wetter, in dem man, wie der Volksmund sich ausdrückt, keinen Hund vor die Türe stößt. Halbangekleidet hockten die drei Kleinen am wackligen Tisch in der Ecke des Zimmers, um das kärgliche Abendbrot ein zunehmen, während sich die noch junge Mutter um das verglimmende Feuer am Ofen zu schaffen machte. Sie mußte vor Jahren sehr schön gewesen sein; denn der erste Blick ließ trotz ärmlicher Kleidung erkennen, daß sie in Haltung, Gestalt, besonders durch das auffallend reine, klassische Oval, nochj eine Schönheit war, die in großstädtischen Salons gefeiert und umworben worden wäre. Schauen wir fünf Jahre zurück. Als einzige Tochter des angeblich sehr reichen Gutsbesitzers Hornung, hatte sie auf dem letzten dörf lichen Pfingsitanze den noch jungen, aber armen Häuer Hans Walden kennen gelernt, der mit seiner Hände Arbeit seine erst kürzlich verstorbene alte Mutter ernährt hatte und sich in weitester Umgebung des Ortes besten Leumundes erfreute. Der Bauer Hornung hatte erst grollend chen Verlauf des Verhältnisses beobachtet, da er jedoch den harten Kopf seiner Toni kannte, ließ er alles seinen Weg gehen. Er hatte zwar einen Bräutigam für feine Tochter, aber „der lange Heinrich", wie er überall seiner herkulischen Gestalt wegen genannt wurde, der Sohn eines steinreichen Grundbesitzers im Nachbardorfe, hatte trotz wiederholt mündlichen An trages den Korb von Toni erhalten. Ihr letztes Wort war nach solchen Unterredungen stets: Hans Walden ! oder — keinen. Und so war es geblieben. Sie sahen sich auf dem Tanz des öfteren, lernten sich kennen — wahr und tiefinnig lieben. Er, der flohen. Die Mutter aber würde ihr schon den Kopf zurecht setzen, darauf rechnete er sicher, denn sie wußte ja nun seine Absichten und billigte sie. „O bitte, bleiben Sie doch noch", sagte diese jetzt in sehr begreiflicher Angst und Sorge. Sie fürchtete, daß er aufs Tiefste empört über das un verzeihliche kindische Benehmen Leskas war. Wer konnte wissen, ob er nun nicht den Plan aufgab und für immer ging. „Sie ist noch so jung, ein halbes Kind," mit diesen Worten suchtesie Valeskas Flucht zuentschuldigen. „Ja und ich — ich bin wohl zu stürmisch vor gegangen", sich zu einenr Lächeln zwingend. „Nun, ich hoffe aber, meine Sache liegt in guten Händen, und meine Geduld wird nicht allzulange auf die Probe gestellt werden, denn wenn ich warte und wiederkomme, dann will ich auch an mein Ziel gelangen." ^Verlassen Sie sich ganz auf mich," erklärte die Frau Rat, erleichtert aufatmend. Pauline begann jetzt nebenan mit den Tellern zu klappern, und Brandhorst verabschiedete sich von den Damen auf baldiges Wiedersehen. ,',Ec will sie also wirklich heiraten?" fragte Klara, als seine Schritte draußen verhallt waren. „Ja, er hat die reellsten Absichten, und wir müssen alles tun, um Valeska Vernunft beizubringen. Ein solches Glück! Dieser Reichtum!" rief die Frau Nat verzückt. „Und welch ein Mann. So schön, io interessant!" rief Klaras böse Zunge. „Spotte nur, Du würdest sehr zufrieden sein, wenn er sich um Dich bewürbe," gab ihr die Mutter scharf .zurück. (Fortsetzung folgt.)
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