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Hohensteiner Tageblatt : 09.07.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-07-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id184110793X-189207093
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id184110793X-18920709
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-184110793X-18920709
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungHohensteiner Tageblatt
- Jahr1892
- Monat1892-07
- Tag1892-07-09
- Monat1892-07
- Jahr1892
- Titel
- Hohensteiner Tageblatt : 09.07.1892
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wcjc». Nachbar Gerhard Hcistcr crklärt: Am Tage »ach dem Morde um 9 Uhr ging ich bei Buschhoff vorbei. Wir redeten von dein Morde und ich sagte: Das war aber doch ein großer Schnitt. Da sagte Bnsch- hoff gar nichts mehr, sondern bekam eine» dicken Kopf und zitterte. Buschhoff, der dicht vor dem Zeugen am Richtertische steht: Ich habe nicht gezittert. Heute kann es wohl sein, daß ich zittere, aber vor einem Jahre chatte ich noch keine Veranlassung dazu. - Zeuge Hcistcr aus ciue Frage des BcrtheidigerS: Ueber die Art, wie das Kind in die Scheune gebracht sein kann, habe ich nur Muthmaßungcn gehabt. Als aber bei Bnschhoff später das erste mal Scheiben eiugcschlagc» worden sind, hörte ich die Frau Buschhoff sagen: Um so ein Kind schlägt man uns die Scheiben ein. Da antwortete Buschhoff darauf: Tas habe ich Dir ja gleich gesagt, daß cs so kommcn wird. Buschhoff ist auch nicht ciit einziges Mal bei der Leiche in der Scheune gewesen. Präsident zn Bnschhoff: den Leuten ist cs ausgcsallen, daß Ihr nicht in dcr Scheune bei der Leiche gewesen seid. Bnschhoff: Wir dürfen zu keinerlei Leichen treten außer bei Vater und Muller, Bruder und Schwester, so lange sie nicht vcrhcirathet ist. Das war dcr Grand, wcshalb ich nicht in die Scheune gegangen bin. Ich wünschte jetzt, ich hätte es gethan. Zeuge Heister ist auch manchmal betrunken. Heister: ich bin um neun Uhr früh nicht betrunken gewesen. Zeugin Fran: Heinrich Kernder, geborene Knippenberg hat Mittags zwischen 12 und l am Mordtage bei Buschhoff ciu Geschrei gehört. Die Haushälterin von Wcsendrup war da und sagte, Bnschhoff solle doch die Kleinigkeit an dem Stein von Wcsendrup jertig machen lassen. Bnschhoff sagte: Rein: cs ist heut Euer Feiertag und ich will auf Euren Sonntag nicht gearbeitet haben. Während der PumpenkirmcS kam Jakob Arndts und ich sagte zn ihm, er solle mal sehen, ob daS Kind in das Loch neben dcr Scheune gefallen sei. Da sprang B. auf und sagte: Ach, ach, das Kind kann doch nicht über die Mauer springen. Auch sagte B. zu seinem Sohne Siegmund, er solle mal ranSgchen zum Gerichtsvollzieher, die seien immer den ganzen Tag fort; vielleicht sei das Schänchen bei ihnen. Sodann theilt Frau Kernder folgende Aussagen ihres wegen Masern vom Selbsterscheincn entbundenen Sohnes Stephan unter ihrem Eide mit! Acht Tage nach dem Morde, als frühmorgens in dcr Slubc dic Rcdc davon war, sagte der kleine Stephan: „Bnschhoff! Auch Fran B. hat ja das kleine Schänchen in den Laden gezogen. Sic hat zu ihm gesagt: Sollst mal eben für mich auSgchcn. Komm, Tu kriegst auch Kirschen. Zu uns sagte sie: „Geht ihr nur wieder spielen." Ich (die Mutter) sagte gleich: Stephan, das glaube ich ja nicht. Da sagte er: „Mama, D» weißt cs ja nicht. Du hast cS ja nicht gcschcu. Ich habe es aber gesehen." Das war am 7. Jnli. Wir wollten es nicht glan- bcn, daß Buschhoff das gethau hätte, und glaubten auch dem Stephan deshalb nicht. Mein Mann legte gar kein Gewicht darauf, was unser Kleiner gesagt hatte. Als der aber angezogen war, sagte er zn mir: Mama, ich will Dir mal zeigen, wie Fran Bnschhoff cs gemacht hat." Und er zeigte cs mir. Präs.: Ist Ihr Klcincr dcn» wahrhcitSUcbcnd'? Zeugin: Wenn er lügt, sieht man es ihm an. Präs.: Haben Sie ihm nicht vorgchalten, daß er das hätte sagen sollen, als am Nachmittag das Schänchen gesucht wurde, und daß er da ja etwas anderes gesagt hatte. Zengin: Am Nachmittage des Pcter-Panllagcs, als Schänchen gesucht wurde, sagte ich zu Stephan: Hast Du Sch. nicht gesehen ?" Er sagte: „Er wird wohl in den Kirschen jein." AIS ich ihm das nun später vorhiclt und sagte: „Stephan, wie kannst Tu so. lügen'?" da weinte er und sagte: „Ach Mama, das habe ich nur so gesagt." Zeugin fortsahrend: „Es war eine gewöhnliche Rede unter den Kindern: der wird wohl in die Kirschen gegangen sein." Vierzehn Tage vor dem Morde kam mein kleiner Stephan nach Hanse gelaufen und sagte: Ich habe ein kleines Stückchen aus dem großen Stein geschlagen. Ta kam mir Herr Bnschhoff nachgclaufcn und hat gesagt: „Warte nur, Tir schneid' ich den Hals ab." Präsident zn den Geschworenen: Tie ver schiedensten Beamten haben sich dic größte Mühe gegeben, aus dem Stephan etwas heranSznbringcn; es ist ihnen aber nicht gelnngcn. Zengin: Toch Herr Präsident. Dem Bürgermeister hat er alles haar klein erzählt. Er hat auch erzählt, daß er den nackten Arm der Fran Bnschhoff gesehen hat. Bnschhoff: Hat Ihr Manu nicht zu dem Knaben gesagt: „So mußt Tu jagen." Daranj haben Sie gejagt: So kann er nicht jagen. Zeuge: Ja der Manu war böse, daß ich überhaupt nicht wollte, der Junge soll etwas sagen. Präs.: Wie jagte er zu Ihnen. Zengin: „Halt's Mnl dumm Wib." Hierauf werden einige Kinder ver nommen, die auf der Tenne in der Frnchlschcnnc Küppers mit Schän chen bis '/z10 Uhr gespielt haben. Gerhard Hcistcr scn. war Nachmittags mit Bnschhoff an der Pumpe. Präs.: Wie Hal sich Bnschhoff benommen'? Zeuge: Nicht so wie sonst. Er hat nicht so viel diSpnlirt wie sonst. TaS ist uns erst später ausgefallen. Die Pumpenkirmes dauerte eine halbe Stunde. Jeder muß dort etwas bezahlen. Dann gingen wir kegeln und B. kegelte mit, was er sonst nie lhat, und that sehr wild dabei. Präs.: Wie meinen Sie das ? Zeuge: Nun, er warf so viel Kegel und sprang so herum und that sehr munter. Damit wird die heutige Sitzung um 8'/^ Uhr geschlossen. Ter Angeklagte, der seinen schwarzen Feiertags- Anzng trägt, wird von drei Gendarmen in seine Zelle geführt, wo er sich früher den ganzen Tag über, wie wir hören, mit dem Lesen israe litisch religiöser Bücher beschäftigt hat. Cleve, 6. Jnli. (Dritter VcrhandlnngStag.) Landcsgerichtsdircctor Klnth eröffnet nm 9 Uhr die Sitzung. Ter Znhörcrranm ist wieder dicht gefüllt. Zunächst wird auf Antrag deS Ersten Staatsanwaltes dic Vor- sührung des Trechlcrs Knippenberg ans Freitag beschlossen. Er ist trotz wiederholter Ladung bisher nicht erschienen. ES folgt dic Fortsetzung der Beweisaufnahme zunächst über die Ereignisse, welche sich am Mon tag dem 29. Juni vorige» Jahres früh abgespielt haben, nm zu cr- mittel», unter welchen Umständen dcr kleine Hegmann verschwunden ist. Heinrich Keeters hat die Mädchen und das Schänchen gesehen, wie sic zusammen ungefähr bis 10—15 Minuten vor 10 Uhr gespielt haben. Auch zwei nudle Knaben waren nach seiner Anssage dabei : der Stephan Kcrndc und Pererchen Fcllhoff. Dieser Zeuge hat auch die erste Nach richt vom Tode des Kindes zn Hegmann gebracht. Vcrtheidiger R.-A. Fleischhauer: Was haben Sie als Todes ursache angegeben? Zeuge: Ich habe nicht gleich gesagt, das Kind ist todl, sondern ich habe erst gesagt, es ist verletzt, nm dre Eltern zn schonen. Ich habe gesagt: es sei aus die Wanumühlc gefallen. Lehrer Gottschalk (ein junger jüdischer Mann) wird über Sieg münd Bnschhoff befragt, wie er sich in seiner Schule benommen habe. Gottschalk sagt: ich war zufrieden mit ihm. Siegmnnd ist ein gnl an gelegter Knabe. Er hat sich an dem fraglichen Morgen von 8—12 Uhr in dcr Schule befunden. Zeuge Hal das Schächteramt Buschhoffs seit dem l. Mai vorige» Jahres milüberuvmmen. Es wurde ihm zmzc- wieseu, um ihm eine kleine Gehalts-Erhöhnng znkvmmcn zu lassen. Bürgermeister Schleß ans Xanten sagt über den Charakter Busch hoffs aus: Klagen habe er noch nicht über ihn gehört, jähzornig und nachtragend sei er auch nicht gewesen. Wenigstens hat Zeuge davon nichts gehört. Erster Staatsanwalt: Hat sich dcr Bnschhoff bei Ihnen selbst gemeldet znr Verhaftung'? Bürgermeister: Er kam einige Tage nach dem Morde zu mir und bat um seine Verhaftung, da er es vor Verfolgung nicht mehr anshalten könne. Ich sagte: da müsse er znm Herrn Amtsrichter gehen, ich habe nichts mehr damit zn Ihnn. Präsident: Machte der Bnschhoff den Eindruck eines bösen Gewissens? Zeuge: Nein, durchaus »ichl; »»r den Eindrnck eines verfolgten ManncS. Erster Staatsanwalt Banmgard: Mau hat behauptet, Buschoss habe mit seiner Selbstanzeigc nur de» Schlauen spielen wollen, um sich als den Unschuldigen hinznstcllen. Ist dem so ? Bürgermeister Schleß: Nein, dcr Mann wurde wirklich verfolgt und suchte wirklich Schutz. Rechts anwalt Fleischhauer: Wann ist Junkermann zu ihnen gekommen und was hat er zu Ihne» gesagt ? Zeuge: Am Tage nach dem Morde kam Jnilkcrmann zu mir früh um '^7 Uhr uud sagte: „Herr Bürgermeister, das Hal kein anderer gelha», als ein Jude. Ich kenne das, und mein Sohu, dcr Mediziner, weiß, daß die Juden Christcnblut brauchen." Ich wies ihn an den Amtsrichter. Zeuge Junkermann: Ich habe bei dem Bürgermeister gesagt, daß ich zwei Personen im Verdacht habe. In erster Linie den geisteskranken Knippenberg und dann den Metzger Bnschhoff. Ter Bürgermeister Hal daraus geanlwortet: Knippenberg ist ja nnjchuldig. Aber auf den Andern haben wir auch schon Verdacht. Ich habe nicht etwa Jemandem etwas anhabcn wollen, und ich habe auch gar nichts gegen das Judenthum thnn wollen; mir lag nur der Mord im Siim. Bürgermeister Schleß: Ich halte meine Aussagen voll ständig aufrecht. Ter Gärtucreiarbeiter Mölders ist kein Trunkenbold, es ist ihm auch kein falscher Eid znzntranen, sondern er ist ein harm loser Arbeiter. Tie Familie Ullenboom war mit Bnschhoff bcsreundet. Der Steinhauer Wejendrup, dcr sich gcrn Bildhauer nennt, ist ein tüch tiger Arbeiter, aber er hat sein Geschäft vernachlässigt, seine Lieferungen nicht pünktlich besorgt uud darum ist er zurückgckommen, sodaß jetzt sein Hans subhastiri werden mußte. Von seiner Glaubwürdigkeit ist nicht viel zu halten. Rechtsanwalt Fleischhauer: Ist cs richtig, daß Weslmdrup sciue Frau durch Mißhandlung nach ihrcr Niedcrknnft unter die Erde gebracht hat ? Bürgermeister Schleß: Es wurde im Publikum gesagt, er habe (eine Frau mißhandelt. Zuletzt arbeitete Wcsendrup im Schächthanse Buschhoffs. Wcsendrup war streitsüchtig. Ich würde seinen Aussage» nicht viel Glauben bcimessen. Präsident: Kann Wcsendrup einen Einfluß auf Mölders ausgcübt haben? Bürgermeister Schleß: Wenn Wescndrup gewollt hätte, würde er wohl dazu im Staude ge wesen sein, denn Wcsendrup ist dem Mölders an Intelligenz überlegen. Zwischen ihm und Junkermann herrschte vor dem Morde ein seindlichcs Verhältnis;. Nach dem Morde scheinen sie aber wieder befrenndet ge wesen zn sei», denn ich habe wahrgenommcn, daß sie sich lauge auf der Straße unterhielten. R.-A. Fleischhauer: Ist es wahr, daß Junkermann zu den eifrigsten Verfolgern des Buschhoff gehörte? Bürgermeister Schleß: Junkermann hat sich auffallend viel um die Sache gekümmert uud in den Bierhänsern viel davon gesprochen. Vcrtheidiger: Hat Junkermann antisemitische Schriften in Xanten verbreitet? Bürgermeister Schleß: Das weiß ich nicht. Jedenfalls sind antisemitische Schriften in Xanten verbreitet worden. Ans Befragen erklärt dcr Bürgermeister, daß Mallmann, dcr demnächst als Zeuge vernommeu werden soll, ein eifrigster Verfolger Buschhoffs gewesen sein sott. JedeSmal, wenn die Juden um Schutz baten, und er (Schieß) als Obrigkeit auf dic Straßc gehe» mußtc, um dcn Streit zu schlichten, war Mallmann dabei und hat sich auch wiederholt den An ordnungen der Behörde widersetzt. Präs.: Mallmann spielte also eine agitatorische Rolle gegen die Israeliten? Bürgermeister Schleß: Jawohl. R.-A. Fleischhauer konstatirt auS den Akten, daß Mallmann zuerst gesagt habe, cS ginge das Gerücht, daß das Kind in einem Sack ans dem Schächthanse BnschhoffS znr Scheune herüber getragen worden sei. lO Tage später habe er aber schon gesagt, er habe cs selbst von seinem Fenster gesehen, daß das Kind hinüber getragen worden sei. Mallmann wohnt in der Klcverstraße neben Küpper nnd seine Fenster gehen zum Theil auf den freien Platz zwischen dem Schüchthans nnd der Scheune. Ter Bürgermeister bekundet sodann seine Beobachtungen bei dcr Auffindung der Leiche. Er war um 8 llhr Abends vom Schützenhause geholt worden und hat mit dem Assessor Bnchwaldt und dem Tr. Steiner den Thatbestand ausgenommen. Bürgermeister Schleß sagt: Dcr An blick deS Durchschnittenen Halses war surchlbar. Mein erster Eindrnck war, unr ein gewandter und geschickter Mann kann daS gethan haben, nnd nur mit einem sehr großen Messer kann die Thal vvllsührt worden sein. Ich dars nicht verschweigen, daß ich von Ansang an den Verdacht haue, daß vielleicht einer der in der Nähe wohnenden jüdischen Schächter den Mord begangen haben könnte. Auch die anderen Herren waren er staunt über dcn furchtbaren Schnitt. Da nun das Thor nach Bnschhoff hin verschlossen gewesen sein soll, richtete sich unsere Ansmcrksamkeil mehr nach der Gartenseite hin, wo ein anderer Schächter in der Nähe wohnt. Es war von da ans eine kleine Hecke zu überschreiten, dieselbe hatte aber eine kleine Lücke uud war leicht vasstrbar. Wir saudeu unu eine« Fußtapsen, iu der Ecke selbst keine Spur vor. Ter Zenge Jnnkermann erbittet sich nochmals das Ätzort und erklärt, nach dem Morde mit Wescndrup nicht srcundlich vcrkchrl, sondern ihm im Gegenthei! gemieden habe. Polizeidicner Schlür: Ich sragle gleich »ach dem Morde den Küppers: wie ist das möglich? Er sagte, cs ist im cin Räthscl, da beide Thore geschlossen waren. Ich selbst bin durchs HauS gegangen. Tas Stroh habe ich später durchsucht, aber nirgends Blutspurcu gesunden. Dem Tr. Steiner habe ich bei seiner Untersuch ung geleuchtet. Tie Hecke im Garten ist nnr so hoch, wie ein öjährigcS Kind. Man kann mit einem Schritt darüber. AIS wir die Fußspur im Garten sanden, waren schon viele Leute an den Thalort geeilt. Zeuge beschreibt nun dic Ocrtlichkeit und wird dann über dic Knaben befragt, die am Morgen des Mordlages den Johann zuletzt gesehen haben. Während Stephan Krcude, durch den Mnnd seiner Mutter auS gesagt hat, daß er dabei war, wie Schänchen von dcr Frau Bnschhoff hincingezogen wurde, sagt Zeuge Schlür, der Zeuge MölderS habe den Stephan dabei nicht gesehen. Zeuge Gärtucreiarbeiter Mölders erzählt vom Peter-Pauls-Tage: Um nach neun Uhr kam ich aus meinem Garten zu Kluge in die Wirthschasl, Küppers gegenüber, und trank einen kleinen Korn. Knrz nach 10 Uhr ging ich ans der Klever- in' dic Kirchstraßc nnd sah 2 Kindcr etwa 14 Schritt vor mir. Als wir bei Buschhoffs vorbcikamcn, Iain cin Arm heraus, ein weißer Arm, ich sah ihn bis in dic Mitlc, cr zog eins der Kinder, das größere, hinein in dcn Laden bei Bnschhoff. TaS sage ich mit aller Bestimmtheit. Präs.: Wie viel hatten Sie den Morgen schon getrunken? Zeuge: Ten einen Korn für füns Psennige nnd srüh morgens meinen Kaffee. Ich hatte meinen vollen Verstand. Tic Kinder kannte ich nicht. Ich habe auch nicht dcn kleiucn Jcan gckanm. Damals Halle ich kein Arg und ging rnhig vorüber. Ob dcr Slcphan Kerndcr dabei war und ob daS hcr- eingezegenc Kind größer war, als Srepßan, kann ich nicht sagen. Präs.: Sie haben zuerst gesagt: ES hatte mich jo gesrem, Laß jich die Kindcr jo schön an der Hand hatten. Zenge: Tas weiß ich jetzt nicht mehr. Tem Zeugen, der 68 Jahre alt ist, wird das Schürzchcn des kleinen Jean vorgelcgt. Er sagt: „Nach meinen Gedanken ist das das Schürz- chen, welches dcr kleine auhaltc, dcr zu Bnschhoff hincingezogen wvrdcn ist." Rcchtsanwall Siapper: Können Sie das scsi behaupten? Zenge: Fest behaupten kann ich nicht, daß eS daS Kleidchen war. Bei der Erwähnung des Schnapses srägt der Präsident: Haben Sie heut auch schon einen gewunken '? Zeuge: Nein zwei! Präj.: Hat Nie mand ans dem Prellstein gesessen'? iltzar er leer? Zeuge: Ich habe nicht daraus geachtet. Bei Küppers und bei Hegmann bin ich den Morgen nicht gewesen. Der lOjährigc Knabe Gerhard Heister jun. wird hcreingeführt. Er erzählt: Am Pcter-Panl Tage saß ich ans dem Stein an der Ecke dcr Klcverstraßc. Ta sah ich drei Knaben auS dem Küpperschcn Thor- Weg kommen. ES waren Schänchen Hegmann, Peter Fennhos und Stephan Kernder. Schänchen wurde vou einer Hand in den Bnschhvsf- schen Laden gezogen. Es war ei» nackender Arm, dcn ich bis an dic Schulter sah. Dcr Arm kam ans dcr Hans- nnd Ladenlhür in Busch hoffs Haus, dic beiden anderen Knaben trcunlen sich dann nnd gingen nach Hanse. Präs.: Kennst Dn dcn Mölders? Zeuge: Ganz gut. Präs.: Woher kam der? Zeuge: Von dcr Klcvcrstraße. Präs.: Bis wohin ging cr ? Zcuge: Bis zu nns! (zwei Häuser von Bnschhoff). Erster Staatsauwall: Ist cr nicht »och weiicr gegangen? Knabc: Tas weiß ich nicht. Erster Staatsanwalt: Wie weit bist Tn daun gegangen? Knabe: Ich bin bis an den dritten Pildcr (Pfeiler) gegangen und dann nach Hause. Bei Bnjchoffs biu ich noch vorbeigckvmmeu. Präs.: Halte cs ichou gelcntet, als Du aus dem Stein saßest? Knabc: Ja. Präs.: Zum ersten oder znm zweiten Mnl'? Knabc: Zum zweiten Mal. Es halte gerade ansgehört als Schänchen hincingezogen wurde. Präs.: Es war also sllnf Minute» vor zehn Uhr. Knabe: MölderS war schon an mir vorbcigegangcn, als daS Schänchen hincingezogen wnrdc. Ta wat er gerade bei Knippenberg, Mölders ging mitten ans der Straße. Präs.: Zuerst hast Tu es doch dem Kommissar anders erzählt, als wenn Möl ders iu umgekehrter Richtung gegangen wäre. Knabe: Ja! Präs. - Und dann Hal Tir der Valer gejagl, das war nicht richtig. Knabe: Ja! Präs.: Und da seid Ihr wieder zum Kommijsar gegangen und habt eS richtig gestellt. Knabe: Ja! Präs.: Warnm hast Tn eS nicht eher ge sagt. Knabe: Ich dachte, ich käme ans dell Thnrm. Zenge, Polizei kommissar Vorhülsding, der einen Theil der Unlersuchnng geführt, be- stäligl, daß das, was der Knabe Henie (übrigens sehr bestimmt nnd deutlich) ausgejagt hat, schon srühcr von ihm ebenso bekundet worden sei. Erster Staatsanwalt: Hat dcr Knabe nicht auch gesagt, cr habe die Thür offen gesehen, was von seinem Standpunkt aus doch nicht möglich war? Präs.: Tas erklärt sich daraus, daß ungebildete Leute Schlüsse mil Beobachtungen verwechseln. Wenn cin Arm znr Thür hcrausgreisl, mnß sie anch offen sein. Zenge Vorhülsding: Ten Jrrthnm, dcn der Knabe in Bezug auf die Richtung des Weges des Mölders zuerst gc- machl, Hal er uuaufgesorderl in Begleimug seines Balers berichtigt, lieber die Aussage Mölders vor ihm jagt der Zenge, daß die anjäng- lichcn Widersprüche in einzelnen Acußerlichkeitcn sich durch Lokalinspektioucn und Bcrichtigungcn dann aufklärten. Im Ganzen hat er einen sehr qlanbwürdigen Eindruck gemacht. Tic Widersprüche lassen jich znm Theil daranj znrückführcn, daß Mölders bei seiner ersten Vernehmung einen Schnaps mehr als sonst gelrnnkcn hatte und daß dem vernehmen dcn Amtsrichter einige Jrrthümer nutcrgelausen waren. Derselbe halte für „Menschenarm Mannesarm" geschrieben, was Mölders nicht gesagt hatte. Ueber den Zeugen Mallmann sagt Kommissar Vvrhülsding, daß derselbe nach drei Wochen mit einer Meldung zn ihm kam, weil ihm sein Gewissen drei Tage lang keine Rnhe lasse. Von Mcllmanns Hinter- fcnstern kann man den Küppersschen Hof vor dcr Frnchtschenne über- sehcn. Mallmann will nm 3'Z Ehr am Mordtage die Hermine Bnsch- hosf gesehen haben, wie sie etwas in dic Scheune trug. Damit schlicht dic VormittagSsitzung. In der NachmittagSsitznng löst dcr Präsidcni zunächst dcn Wider spruch des kleinen Zeugen Gerhard Heister, der einmal gesagt hat: er sei in die Messe gegangen, ein andermal: er sei nicht in die Messe ge gangen. Am Peter Paultage jindeu mehrere Messe» statt. Die erste hat der Jnnge besucht, die zweite, die eigentlich eine Strasmesse für ihn jein sollte, nicht. Er hatte dies nicht jedesmal bekundet. Der Erste Staatsanwalt richtet an den Zeugen Mölders, den kleinen Heister, den Zengen Schlör noch einige aufklärende Fragen. Sodann werden einige Aktenstücke ans dcr Bornntcrsuchung über dic Wahrnehmungen Mölder's verlesen. Tann folgt die Vernehmung des Zeugen Stadtverordneten und Besitzers Wilhelm Küppers (64 Jahre). Er sagt aus: Als ich Morgens 6 oder 7 Minnien vor 10 Uhr am Peter Panltage durch mciueu Thorwcg nach der Kirchstraßc ging, sah ich das Thor dcrFrncht- Schcune offen stehen und zwar nur den oberen Theil der Thüre, der öfter offen steht. Auch hörte ich im Schlachthausc Buschhoffs laut sprechen. Ein Fenster bei Buschhoffs war geöffnet. Den Charakter Buschhoffs beurtheilt dieser Zeuge ebenso, wie alle ander» danach bc- sragtcn Zeugen: daß er eher gutmüthip, als bösartig sei: er habe ihn auch immer ehrlich befunden. Amtsrichter Riesbröck: Am 60. Juni waren Hegmann nnd Küppers übereinstimmend der Meinung, daß Knippenberg oder Siegmund B. cs gcwesen seien. Küppers sagte noch, cr halte B. für zn brav und ehrlich. Am folgenden Tage äußerte Küppers, cs würdc sich leicht feststcllen lassen, ob Mehl oder Steinstaub au dem Kleidchen wäre. Wenn eS Stemschlag sei, dann sage cr, Bnsch hoff habe es gethan. Küppers erzählt nun, wie das Kind gefunden und wie es untersucht worden ist, was schon andere Zeugen bekundet haben. Die Aerztc, welche das Kind zuerst gesehen, haben gleich gesagt, das Müsse von sehr geschickter Hand mit einem großen und scharfen Messer geschnitten sein. R.-A. Fleischhauer: Dr. Steiner hat gestern Abend in einem Re staurant erklärt, daß cr nach Anhörung dcs Sachverständigen-Gntachteu vollständig von scinem anfänglichen Jrrthnm überzeugt sei. Ich würde evcnt den Herrn, zu dem cr die Acußerung gethau, zu laden bitten. Zenge Küppers erklärt, daß cr zn dcm anfänglich gcäußcrten Verdacht gegcn Siegmnnd keine besondere Ursache gehabt habe. R.-A. Fleisch hauer: Haben Sic ctwas Schriftliches in dieser Angelegenheit an eine Behörde berichtet? Zenge nein. R.-N. Fleischhauer: Dann möchte ich den Zeugen fragen, ob er nicht soeben in einer Restauration geäußert hat, daß cr an die Staatsanwaltschaft einen Bericht gesendet hat? Zeuge: Aber nicht in dieser Angelegenheit; das bezieht sich aus etwas anderes, ans ein Gutachten. Eine längere Verhandlung verursacht die Frage, ob an den Höschen dcs klcincn Ermordeten schon Mehlstanb ge wesen sei, noch ehe dcr Mehlsack daraus gelegen hat. Zeuge Küppers behauptet daS, während in den Akten nichts davon steht. Man hält den Widerspruch nicht mehr für aufklarbar. ES erscheint Wittwc Leuckstcgen als Zeugin: Wir hatten ein Kalb zn verkaufen. Bnschhoff kam am Tage nach Peter und Paul, es zu kaufen. Als ich nach dcm getödtcten Kinde sragtc, antwortctc cr mir nicht. Ich hatlc abcr nur leise gesprochen. Mein Schwiegervater fragte dann sehr laut, da erzählte Bnschhoff nnd wurde roth dabei. Präs.: Wissen Sic das genau, daß er roth wurde. Zeugin: Nein genau nicht. Es war auch heiß au dem Tage. Zeugin Elise Kluge: Die Tochter des Restaurateurs iu dcr Kirchstraßc bekundet nichts Wesentlichcs. Dcr MöldcrS kam ihr nicht bctrnnkcn vor. Marie Gries, eine Stiefschwester dcr vorigen, weiß noch weniger. Fräulein Marie Küppers war am Peter PaulStage Nachmittags allein zn Hans. Zwischen '/z3 nnd '/.,4 llhr kam Siegmund Buschhoff in den von Küppers unterhaltenen Klcinladen nnd kaufte etwas. Er blieb wohl eine Viertelstunde da. Präsident: Hatten Sic dcn Eindrnck, daß cr Sie besonders lange anf- haltcn wollte? Zengin: Eigentlich habe ich ihn warten lassen. Am nämlichen Tage ist mir nichts an ihm ausgcsallen. Mölders kam am anderen Tage nnd erzählte seine Wahrnehmungen, dic ich für so wichtig hiclt, daß ich Vatcr nnd Mutter dazu holte. Zeugin erzählt nun genau, was Mölders schon am Morgen bekundet hat, daß er das Hercinziehen des Kindes in dcn Laden gesehen hat. Am Mordtagc kam gegen 10 oder 1O'/z Uhr Hermine Bnschoff uud holte einen Viertelliter Korn; sie kam von hinten durch dcn Thorwcg und ging anch dahin zurück. Sächsisches. Hobenstein, 8. Juli. In Chemnitz wurde gestern cin vom Stadtrath Hohenstein steckbrieflich verfolgtes Frauenzimmer polizeilich ausgegriffen. Eine veränderte Behandlung der telegraphischen Post anweisungen ist vom 1. Juli ab im deutschen Postverkehr nach einer Veriügung des ReichrpostamtcS eingeführt worden. Von diesem Zeitpunkte ab soll, übereinstimmend mit dem Verfahren im Weltpostverein, auch bei telegraphischen Anweisungen nach Orten innerhalb Deutschlands der BestimmungS-Postanstalt nur eine Einzahlungs-Meldung unter Briefumschlag mit der Ausschrüt „Einzahlungs-Meldung über eine telegraphische Postanweisung nach . . übersandt, die Postanweisung selbst abcr, auf welcher die Anweisungsgebühr in Freimarken zu ver einnahmen ist, dem Annahmebuche für Postanweisungen halt bar beigefügt werden. Zu den Einzahlungs-Meldungen über telegraphische Postanweisungen für den inneren deutschen Ver kehr kommt gleichzeitig ein neues Formular in Anwendung. Unfallmeldestellen. Um die Telcphonanlagen in Landorten, welche bei Unglücksfällen, insbesondere bei Feuers oder Wassersgefahr und bei Erkrankungen auf die Mithülfe benachbarter Octe angewiesen sind, zu sofortigen Meldungen nach auswärts auch außerhalb der Telegraphendienststunden, besonders während der Nacht, nutzbar zu machen, werden von dcr Reichs-Post- und Telegraphenverwaltung die Tele graphenanstalten unter Verwendung geeigneter Wcckvorricht- ungen als Unfallmeldestellen eingerichtet. Im Leipziger Ober- Postdirectionsbezirk ist die erste Unfallmeldestelle im Jahre 1887 eingerichtet worden; jetzt bestehen solche Unfallmelde- stcllcn bereits an 86 Stellen. Die baldige Einrichtung noch weiterer Unfallmeldestelleu wird beabsichtigt. Wegen bedeutender Unterschlagungen ist am Montag Abend in Leipzig dcr Buchhalter eines dortigen größeren Ge schäfts von der Kriminalpolizei verhaftet und an die Staats anwaltschaft abgegeben worden. Der Verhaftete, ein 32 Jahre alter, wegen Diebstahls bereits vorbestrafter Mensch, war seit dem Jahre 1881 in dem von ihm benachtheiligten Geschäfte ungefüllt und genoß das größte Vertrauen seiner Prinzipals. Die Unterschlagungen, die er durch falsche Buchungen zu ver decken gewußt hat, beginnen im Jahre 1883, sind ununter brochen fortgesetzt worden und belaufen sich auf 10000 Mark. Nach einer anderen Mittheilung soll die unterschlagene Summe sogar 25 000 Mk. betragen. Aus Meißen wird unterm 6. Juli geschrieben: DaS Hagel wetter am Montag Abend gegen 8 Uhr hat die Fluren von Krögis, Gorna, Luga, Löthain bis nach Korbitz schwer heim- aesucht, und besonders ist am erstgenannten Ort der größte Theil dcr Feldsrüchte vernichtet worden. Auch in Löthain soll dcr Schaden ganz bedeutend sein und etwa zwei Drittel der anstehenden Ernte betroffen haben. Dcn Obstbäumcn haben die hasselnußgroßcn Schloßen ebenfalls übel mitgespielt und nicht nur die Früchte, sondern auch die Blätter der Bäume hcrabgeschlagen. Zu derselben Zeit schlug der Blitz in daS Fiedler'sche Gut in Seeligstadt ein und bald darauf standen die Gebäude in Flammen. Wie hoch sich hier der Schaden beläuft, läßt sich noch nicht sicher fcststellen. Von einem schweren Unfälle ist die Familie des Herrn Gemeindevorstand Hauffe in Trauchau am Mittwoch dadurch betroffen worden, daß dessen 12 Jahre alte Tochter Clara, die häufig an krampfhaften Anfällen litt, in Abwesenheit ihrer Eltern auf dem Hofe des väterlichen HauSgrundstückeS von einem derartigen Anfalle ergriffen wurde und hinstürzte. Un glücklicher Weise fiel daS Mädchen mit dem Gesicht in eine infolge des starken RegenS tiefe Wasserplütze und ertrank. Am Mittwoch verbreitete sich daS Gerücht m Zittau, daß am Dienstag Abend an der LandeSgrcnze ein Mord verübt worden sei. Glücklicherweise bestätigte es sich nicht im vollen Umfange; jedoch konnte ein Mordversuch fcstgcstellt werden. Dcr Sachverhalt ist kurz folgender: Der Arbeiter Müller auS Olbersdorf besuchte am Dienstag mit seiner Geliebten, einem an der Grenze in Dienst befindlichen Mädchen, daS in Zittau statlfindende Schießfest. Dort wandte das Mädchen wohl seine Aufmerksamkeit anderen Männern mehr zu, als cs seinem Liebhaber angenehm war. Der letztere veranlaßte dann das Mädchen, mit ihm dcn Heimweg onzutreten. An der Grenze versuchte er dann nach vorausgegangenem Wortwechsel seine Geliebte zu erschießen. Sie wurde zwar getroffen, jedoch nnr
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