17 zu bekommen, gekennzeichnet. Bereits fünf Jahre nach Erlaß der Bauordnung, am 15. 10. 1883, wird die Stelle eines Bauinspectors eingerichtet, der sowohl dem „Bauschwindel“ 16 als auch dem wilden Hochziehen von Mietshäusern durch Hauseigner ohne Mitwirkung von Architekten 17 entgegentreten sollte. Zu diesem Zweck hatte er jedes Bauwerk nach Errichten der Grundmauern und vor dem endgültigen Verputzen zu inspizieren. Auch die Festlegung über eine „angemes sene“ Gestaltung der Hinterfronten oder über die einheitliche architektonische und fassadenmä ßige Gestaltung bei geschlossener Gruppenbebauung gehen in diese Richtung. Erst mit dem Nachtrag vom 17. 7. 1891 ist man allerdings in der Lage, für die innere Struktur der Gebäude allgemeinverbindliche Mindestanforderungen zu stellen. Sie beschränken sich allerdings auf die Übernahme der seit 1877 (!) in Dresden gültigen Festlegung, wonach jede Familienwohnung einen Gesamtflächeninhalt von wenigstens 36 m 2 haben muß. Weiter wird verfügt, daß Aborte, sofern sie im Innern der Gebäude sind, mit einem nach außen führenden Fenster zu versehen sind sowie durch Tür und Vorraum von der Wohnung abgetrennt sein müssen. Da seit 1891 das geschlossen bebaute Gebiet zwischen Leipziger und Bürgerstraße von Dresden aus mit Gas versorgt wird, kann auch schrittweise der Beleuchtungszwang für Flure und Treppen während der Wintermonate durchgesetzt werden. Durch die umfassende Volks-, Wohnraum- und Gebäudezählung von 1895 sind wir über die tatsächliche Struktur des Wohnungsfonds gut unterrichtet. Die Besonderheiten Pieschens gegenüber dem Stadtdurchschnitt Dresdens und im Verhältnis zu einem ihrer „gehobenen“ Stadtviertel macht folgende Übersicht deutlich: Struktur der Wohnungen nach der Zahl der heizbaren Zimmer (Stand 2. 12. 1895) Zahl der Wohnungen Wohnungen mit. . . heizbaren Zimmern in % 1 2 3 4 und mehr Zi. Dresden 81456 47,80 24,78 13,07 14,31 Südvorstadt 5325 26,78 22,31 16,81 34,10 Pieschen u. Trachenberge 4226 80,24 16,07 2,20 1,49 berechnet nach: Adressbuch der Stadt Dresden 1900, Teil I Fügt man dieser Übersicht den Fakt hinzu, daß 90,7 % aller Wohnungen in Pieschen maximal drei Wohnräume (heizbares [Wohnjzimmer, nicht heizbares [Schlafjzimmer, Küche) besa ßen 18 , wird überaus klar, daß die Wohnsubstanz Pieschens in extremer Weise für die junge (weil noch kleine) zuziehende Arbeiterfamilie ausgerichtet war. Dieser Winzigkeitsrekord der Wohnungsgröße wird selbst in den dichtgedrängten historischen Industrievierteln der Stadt wie der Wilsdruffer Vorstadt oder der Friedrichstadt bei weitem nicht erreicht. Bei allen bekannten Problemen ist dort der Anteil von Wohnungen mit mehr als drei Wohnräumen dennoch doppelt bis fast dreimal so hoch wie in Pieschen! Geht man davon aus, daß mit dem Mietpreis einer Wohnung unter kapitalistischen Bedingungen eine aktuelle Bewertung der Ware Wohnung vorgenommen worden ist, wird die ganze Armseligkeit der Gemeinde zu die ser Zeit unterstrichen. Bei einem durchschnittlichen Mietpreis von 380 Mark/Jahr für eine Wohnung in Dresden beträgt dieser Wert in Pieschen ganze 184 Mark. Die wahrlich nicht glänzende Leipziger Vorstadt verzeichnet demgegenüber immerhin 249 Mark/Jahr. 19