20 Zdenka Pilkovä Böhmische Musiker am Dresdner Hof zwischen 1710 und 1845 Das Wirken der böhmischen Musiker im 18. und 19. Jahrhundert im Ausland ist ein schein bar schon gründlich erforschtes Phänomen, allgemein bekannt und anerkannt. Die musik wissenschaftlichen Reflexionen haben jedoch große Lücken. Bisher schenkte man manchem berühmten Komponisten Aufmerksamkeit, jedoch nicht allen, die es verdient hätten. Ebenso wurde im gewissen Maße der Anteil der böhmischen Musiker am Musikleben mancher Kultur zentren untersucht. Es gibt z. B. Studien über ihr Wirken in Wien, München, Esterhaza, Berlin und in den süddeutschen Kapellen. Viele andere Zentren gilt es unter diesem Gesichtspunkt noch zu untersuchen. Dazu gehören so wichtige Metropolen des Musiklebens wie Paris, Lon don und Dresden. Im folgenden sollen einige neue Erkenntnisse zum Wirken böhmischer Musiker am sächsi schen Hof zu Dresden in der Zeitspanne 1710-1845 vorgestellt werden. 0 Dieses Zentrum ist aus der Sicht des Musiklebens der böhmischen Länder besonders interessant. Dresden und Wien stellten für Böhmen, Mähren und Schlesien die zwei wichtigsten Musikzentren dar. In den Jahren 1697-1763 war Dresden nicht nur kurfürstliche, sondern auch königliche Residenz mit entsprechenden Bedingungen für die Musikpflege. Besonders anziehend wirkte diese Stadt auf das mittel- und nordböhmische Gebiet, das Dresden geographisch viel näher lag als Wien. Obendrein spielten konfessionelle Gründe eine Rolle: Im Unterschied zu den anderen Residenzen Nord- und Mitteldeutschlands war seit dem Jahre 1697 ein Teil des Hof staates in Dresden katholisch — Voraussetzung für die Verbindung mit der katholisch orien tierten Musikpraxis der böhmischen Länder. Auf diese Weise wurde Dresden durch seine Unterschiede in der Struktur des Musiklebens und im kompositorischen Stil für die sonst überwiegend auf Italien, Wien und Süddeutschland orientierten böhmischen Länder zu einem gesunden Gegengewicht. Das Musikleben in Böhmen und Dresden manifestierte sich besonders auf drei Gebieten: Vor allem war es der Anteil der Vokalisten aus den böhmischen Ländern, die als Sänger im Chor der katholischen Dresdner Hofkirche wirkten. Als im Jahre 1697 Friedrich August I. aus diplomatischen Gründen zum Katholizismus konvertierte, mußte er allmählich eine entspre chende katholische Liturgie in Dresden sichern. Damit wurden Jesuiten beauftragt, die zur böhmischen Ordensprovinz gehörten. Der erste Pater Superior, Georg Klein, kam im Jahre 1710 aus Prag. 2) Mit der Zusammenstellung eines katholischen Knabenchors wurde im Jahre 1708 Pater Elias Broggio aus Litomerice (Leitmeritz) beauftragt. Nach erhaltenen Dokumenten