34 Jana Englovä Johann Rittig — Mann der Revolution von 1848/49 Johann Rittig gehört zu den ausgeprägten Persönlichkeiten aus den Reihen der Studenten in den revolutionären Jahren 1848/49. Es war die Zeit eines schnellen politischen Reifens junger Leute, die vom Durchsetzen studentischer Rechte zur Idee eines Kampfes für die gesamtgesell schaftliche Freiheit fortgeschritten sind. Im Laufe des politischen Geschehens kam es unter den Studenten zur Radikalisierung ihrer Ansichten, und eine Reihe von ihnen identifizierte sich mit dem Programm der revolutionären Demokraten. Das gilt vor allem für Johann Rittig. Die revolutionäre Gärung des Jahres 1848 hat ihren Ausdruck auch an der Prager Universität gefunden. Am 15. März 1848 wurde bei einer stürmischen Versammlung Prager Studenten- tums in Carolinum eine selbständige studentische Petition an den Kaiser ausgearbeitet, die auch das Recht, Studentenvereine zu gründen, beinhaltete. Daß diese Forderung in die endgül tige Formulierung der Petition eingegliedert wurde, war Verdienst des später sehr bekannten deutschen Schriftstellers und Dichters aus Böhmen, Uffo Horns. Per Ministererlaß vom 31. März 1848 wurden die studentischen Forderungen genehmigt. Im Laufe des Jahres 1848 entstanden auf dieser Basis etwa 20 Vereine, von denen einige ihre frühere halbgeheime Tätigkeit legalisierten. Vom Gesichtspunkt der Volkszugehörigkeit aus betrachtet, können wir sie in ausschließlich tschechische oder deutsche und in nationalgemischte Vereine aufgliedern. Bedeutsame tschechische Vereine waren beispielsweise Slavia, Moldavia und Cesko- moravske bratrstvo (Böhmisch-mährische Brüderschaft). Zu den gemischten gehörte die Libera- lia, die in ihrer Satzung sagte: »Verbrüderung beider Nationalitäten unseres Vaterlandes unter Studierenden.« !) Weitere bedeutende nationalgemischte Vereine waren Praga, Hilaria, Bohemia. Als rein deutsche können wir die Vereine Fidelia, Wingolf (auch Wingolfia), Arminia, Germania und Alemannia bezeichnen. Die bedeutendste Rolle in den Reihen des deutschen Studenten- tums spielten zwei Burschenschaften, und zwar Teutonia und Markomannia. Teutonia entfaltete ihre Tätigkeit vom Frühling 1848 bis November desselben Jahres. Johann Rittig, unter Studenten Hans genannt, war zuerst in der Teutonia organisiert. Da war er schon zwanzig Jahre alt. Er wohnte in Prag bei seinen Eltern in der Altstadt am Uhelny Trh (Kohlenmarkt) Nr. 427 gemeinsam mit den Geschwistern Adolf und Gustav. Der Vater war Goldschmied. Er gab seinen Söhnen eine gute Ausbildung. Hans besuchte zuerst die Piaristen- schule, und nach dem Philosophieabsolutorium wurde er Student der Juristischen Fakultät. Schon vor 1848 arbeitete er in einem Studentenkreis, wo sich die jungen Leute literarisch bilde ten und sogar eine kleine Zeitschrift herausgaben. Hans Rittig war durchschnittlich groß, er hatte ein langes schmales Gesicht ohne den bei den damaligen Studenten so beliebten verschieden