Steffen Birkefeld/Thomas Daelen Sachsens Wirtschaft in der Krise 1929-1932 Die sächsische Industrielandschaft war traditionell überwiegend von Klein- und Mittelbetrie ben geprägt*. Sie übertraf mit ihrem Beitrag zur wirtschaftlichen Gesamtleistung die Land wirtschaft bei weitem. Neben dem Ruhr- und dem Saargebiet war Sachsen eines der bedeu tendsten industriellen Zentren des Reiches und somit eine gewichtige Stütze der nationalen Wirtschaft. Die leistungsstarke, exportorientierte Industrie (Fertigteile, Lebensmittel und Rohstoffveredelung) sorgte für volkswirtschaftlich unverzichtbare Deviseneinnahmen. Sach sen stellte für das Deutsche Reich auch angesichts der hohen Reparationsverpflichtungen ein bedeutendes Wirtschaftspotential dar. 1. Die sächsische Industrie während der Weltwirtschaftskrise Mit Ausbruch der Weltwirtschaftskrise ging aufgrund sinkender Auslandsaufträge der Export stark zurück. Die zum Schutz der jeweiligen Volkswirtschaften angehobenen Einfuhrzölle und Einfuhrverbote, die Beschränkung von Warenkontingenten und Devisenmaßnahmen führten zu einem allgemeinen Niedergang des internationalen Handels, der die sächsische Industrie in besonderem Maße beeinträchtigte. Ein Konjunkturrückgang mit steigender Mas senarbeitslosigkeit waren die Folgen dieser Entwicklung, die durch die staatliche Deflations politik in ihrem Ausmaß noch verstärkt wurden. Der Bund Sächsischer Industrieller klagte infolge der sich verschlechternden wirtschaftlichen Lage zunehmend über zu hohe Steuerbe lastungen für die Unternehmen und scharfe Vorschriften der Steuerbehörden. So wurden bei spielsweise Steuern für Vermögensobjekte erhoben, die keinen Gewinn erzielten oder für ge werblich genutzte Grundstücke, bei denen die Besteuerung des Nutzungswertes nicht mehr mit der Realität übereinstimmten. Solche Steuerlasten behinderten die Kapitalbildung. Kreditklemme Insbesondere die sächsischen Klein- und Mittelbetriebe, die in wirtschaftlichen Krisenzeiten durch ihre Flexibilität auf veränderte Marktlagen besonders rasch reagieren konnten, litten unter einer unzureichenden Kapitaldecke. In den meisten Fällen blieb nur die Eigenfinanzie rung auf der Grundlage der üblichen Kapitalformen, die durch die Steuerpolitik des Reiches benachteiligt wurde. Erschwerend kam hinzu, daß die Großbanken kapitalschwachen, mittel ständischen Betrieben nur zurückhaltend und unter zahlreichen Auflagen Kredite gewährten,