Marlies Koch / Ulrich Kluge Q Dresdner Frauen unter dem Druck der Arbeitslosigkeit 1929-1933 Auf der Hauptversammlung des Landesverbandes sächsischer Frauenvereine im Herbst 1931 m Dresden* also auf dem ersten Höhepunkt der Arbeitslosigkeit in Deutschland, wurden drei Ziele formuliert: 1. die Erhaltung von Arbeitsstellen von Lehrerinnen, 2. eine Unterschriften- sammlung zur Abrüstung und 3. die Unterstützung des deutschen »Volkstumsgedankens«. 11 Ehe Dresdner Frauen in der politischen Öffentlichkeit ihre Interessen in dieser Weise vertraten, war viel Zeit vergangen. Auffallenderweise existiert bis heute noch keine Spezialuntersuchung über Dresdner Ehefrauen in ihrer privaten, öffentlichen und beruflichen Umgebung des 20. Jahrhunderts. Die wenigen Informationen über die Situation der Frau in dieser Stadt sind hier deshalb in das generelle Bild von der Frauenarbeit seit Beginn unseres Jahrhun derts eingebettet worden. Punktuelle Überprüfungen ergaben, daß die auf Frauen in Deutsch land zutreffende Charakterisierung von Ehe, Familie, Beruf und Freizeit auch auf Frauen in Dresden zutrifft. Um die besondere Situation der Frauen in der Weltwirtschaftskrise zu ver stehen, wird ein kurzer Blick zurück an den Anfang einer Entwicklung nötig, die auch die Rahmenbedingungen weiblicher Erwerbstätigkeit in den späten zwanziger und frühen drei ßiger Jahren in Deutschland bestimmte. 1. Zur Einführung: Wandel der Frauenrolle zu Beginn des 20. Jahrhunderts Bereits vor dem Weltkrieg 1914-1918 veränderten sich die politischen und beruflichen Rahmenbedingungen für die Frauen in Deutschland. Frauen durften sich in politischen ereinen und Parteien organisieren, und seit dem Wintersemester 1908/09 gab es bereits über 1 000 Studentinnen an deutschen Universitäten und Hochschulen. Im Königreich Sachsen waren die Frauen zum Hochschulstudium seit 1906 zugelassen. Das soll nun nicht bedeuten, Frauen hätten im intellektuellen Bereich nichts zu sagen gehabt: bürger lichen Frauen stand seit dem frühen 19. Jahrhundert der Zugang zum Lehramt offen. Die Frauenbewegung, die vor dem Weltkrieg nahezu 500 000 Mitglieder zählte, gab sich bei ihrer Forderung nach größerem Frauenanteil am Berufsleben jedoch auffallend zurückhal tend. »Mit wenigen Ausnahmen hielt die große Mehrheit der bürgerlich-bewegten Frauen daran fest, daß das weibliche Geschlecht ausnahmslos zur Mutterschaft bestimmt und liebevolle, ausgleichende, aufopfernde Mütterlichkeit die bedeutendste Eigenschaft aller Frauen sei«. 2 ’