52 Thomas Liebsch q Dresdner Theaterkrise 1929-1933 1. Theaterkrise in Deutschland - Allgemeine Situation * Unter der Schlagzeile »Zuschüsse der großen Theater« berichtete der Dresdner Anzeiger am 9. April 1931: »Die großen Theater befinden sich in einer vielerörterten Krise ... Der in Deutschland besonders theaterfreudige Mittelstand ist jetzt nicht mehr in der Lage, in dem früheren Maße Abonnements zu nehmen oder gar Theaterkarten zum Preise der Abendkasse zu bezahlen.« * Die Hauptursache der Theaterkrise lag in der Tat in der extrem schlechten wirtschaftlichen Situation Deutschlands. Angesichts leerer Haushaltskassen von Ländern und Gemeinden trafen Sparmaßnahmen der öffentlichen Hand Kunst und Kultur in besonderem Maße, so auch die von Subventionen abhängigen Schauspielhäuser. Die finanzielle Zwangs lage verschärfte sich durch die stark rückläufigen Besucherzahlen. Ein Großteil der Bevölke rung konnte oder wollte sich die hohen Eintrittsgelder und somit den Theaterbesuch nicht mehr leisten. Zusätzlich erwuchs den Theatern durch die immer beliebter werdenden Kinos und großen Sportveranstaltungen, aber auch durch den Rundfunk eine harte Konkurrenz. Die Folge war der Zusammenbruch zahlreicher Theater. 11 In Berlin grassierte das »Theatersterben«; hier waren beispielweise Ende 1930 bereits sechs Häuser, das bedeutete zwanzig Prozent aller städtischen Bühnen, geschlossen, weitere vierzig Prozent befanden sich in ernsthaften Schwierigkeiten. Selbst die Staatstheater wiesen solche Defizite auf, daß sie als Privateinrichtungen längst hätten schließen müssen. Die Städtische Oper und die Krolloper waren in ihrer Existenz ebenfalls stark gefährdet, da die Landesregie rung die Ansicht vertrat, daß die Staatsoper Unter den Linden als repräsentative Oper aus reiche. Statt dessen setzte sie sich aufgrund der kulturpolitischen Notwendigkeit für den Er halt der höchst gefährdeten Grenzlandtheater in Breslau, Königsberg und Danzig ein. Frank furt a.M. mußte ein Theaterdefizit von drei Millionen RM ausgleichen. Ähnliche Schwierig keiten gab es auch in Leipzig, Magdeburg, Halle, Nürnberg, Saarbrücken und I rier. Zumeist versuchten die Kulturbehörden, die Theater bevorzugt zu erhalten und eher die Opernhäuser zu schließen. Es mußten dringend Lösungen gefunden werden, um ein allgemeines »Theatersterben« aufzu halten. Überall wurden daher Opernbetriebsgemeinschaften und Interessengemeinschaften ge gründet. Das Land Preußen faßte seine Staatsbühnen Berlin, Kassel und Wiesbaden zusammen, um dadurch erhebliche Kosten zu sparen. Extreme Sparmaßnahmen bei Gagen und in der