55 Dr. Matthias Lienert 0 Die Studenten der Technischen Hochschule Dresden unter dem Nationalsozialismus Die Technische Hochschule Dresden hatte sich bis 1933 in ihrer mehr als einhundertjäh rigen Geschichte einen national und international hervorragenden Ruf erworben. Neben den technischen und naturwissenschaftlichen Disziplinen war seit 1929 auch die Forstwis senschaft vertreten, geistes- und sozialwissenschaftliche Fachrichtungen erlangten wie die Erziehungswissenschaft an der Hochschule seit den zwanziger Jahren eine nicht zu unter schätzende Bedeutung. An der TH Dresden waren im Wintersemester 1919/20 rund 2150 Studenten eingeschrieben. Elf Jahre später, im Sommersemester 1931, waren es etwa 4 000 Studierende. Der prozentuale Anteil ausländischer Studenten war stets relativ hoch. Er betrug beispielsweise im Sommersemester 1926 über 16 Prozent. Neben den deutschstämmigen Studenten aus den Nachfolgestaaten der Habsburger Monarchie und den baltischen Staaten waren es vor allem Bulgaren, Griechen und Norweger, die in Dres den studierten.” Für die aus dem 1. Weltkrieg heimgekehrten, aber auch für die neuimmatrikulierten Stu denten gestalteten sich die Lebensverhältnisse sehr kompliziert. Ein großer Teil der Stu denten lebte unter dem Existenzminimum, viele hatten 1 uberkulose oder litten unter den Folgen von Kriegsverwundungen. Unter diesen Bedingungen entwickelten sich verschie dene Formen der studentischen Selbsthilfe in Zusammenarbeit mit Hochschullehrern und Förderern. Stärker als in der Vorkriegszeit politisiert, standen sich die Studenten der TH Dresden gegenüber, wobei die auf dem äußerst rechten Flügel stehenden Studiosi sich innerhalb der Studentenschaft zunehmend durchsetzten und sich bereits während der Novemberrevolution unter anderem gegen linke Studenten der Kunstakademie artikulier ten. Auch Dresdener Studenten dienten in Freikoprs, die in Mittteldeutschland und im Baltikum operierten. Im Frühjahr 1919 gründeten Dresdner Studenten einen ASTA (Allgemeiner Studentenaus schuß). Für deutsche Studenten bestand Zwangsmitgliedschaft, Beitragspflicht sowie allge meines und direktes Wahlrecht. Als Dachorganisation gründeten die ASTA der Universi täten und Hochschulen im Juli 1919 in Würzburg ein Studentenparlament, die Deutsche Studentenschaft, innerhalb derer es zu scharfen politischen Auseinandersetzungen zwischen prorepublikanischen und völkisch orientierten Studenten kam. Bereits Anfang der zwanzi-