27 Volker Ruhland Der Dresdner Maiaufstand von 1848/49 »Ich hatte mich, wie wohl die meisten Künstler, früher nicht viel mit Politik beschäftigt, ich war unberührt von so mancher Fessel geblieben, die andere drücken mochte, deshalb erschrak ich erst vor dem erwachenden Revolutionsgeist in Deutschland. Als aber die besten deutschen Männer dieser Revolution das Wort redeten, sich an die Spitze stell ten, kam ich zu einem anderen Bewußtsein. Ich fühlte mich, wie wohl alle, auf die liberale Seite gedrängt, als mehr und mehr die Vergehen der Regierungen an den Völkern an die Öffentlichkeit gezogen wurden, als keiner der Fürsten die Zeit verstehen wollte, und immer durch neue Lappen der alte Schlauch geflickt werden sollte ...« (Ernst Rietschel) So viel Zündstoff war im Frühjahr 1849 noch immer in Deutschland aufgehäuft, so viel Lei denschaft für die Sache der Einheit, so viel Wut über den Verrat der Regierungen, daß im Mai tatsächlich etwas wie eine zweite Revolution den rastlosen Volksvertretern der National versammlung zu Hilfe kam. Die revolutionäre Energie, die zugunsten der Reichsverfassung verspätet durchbrach, wurde blutig verzettelt und mit einem gewaltigen Überschuß von militärischer Macht unterdrückt. Zuerst in Dresden, dann im Rheinland, in der Pfalz und Baden. Schön ist weder die Revolu tion noch die Konterrevolution. Die eine hat für sich den Idealismus, die brave, humane Hoffnung, und gegen sich den Dilettantismus, das melodramatische Getue, das Gezänk zwi schen den Führern, die Roheit der Auflösung. Die andere hat für sich die Tatsache, daß sie Ordnung bringt, das, was Hegel die »Wahrheit der Macht« nannte; gegen sich die selbstge rechte Brutalität, die Rachsucht der Sieger, die Sterilität des Sieges. All dies erfuhr das gequälte Sachsen vom Mai bis zum Herbst 1849 und danach. Der genaue Erzähler mußte bei des berichten: wie tapfer die aufständischen Maikämpfer sich gegen die vereinigten preußisch sächsischen Truppen schlugen, und auch, wie zänkisch und kindisch die provisorische Regie rung verfuhr; wie dankbar mancher Dresdner den Preußen für die Wiederherstellung des Ordnungsstaates war und wieder, wie andere den norddeutschen Unterdrücker haßten. Selten erlaubt die Geschichte das eindeutige Schwarzweißurteil. Als am 28. April beide Kammern des Landtages, der sich im Ergebnis der Dezemberwahlen zu »einer Tribüne der äußersten Linken« entwickelt hatte, für die Anerkennung der Reichsverfas sung stimmten, löste sie König Friedrich August II. auf. Die Führung der Opposition fiel dem Ausschuß des Dresdner Vaterlandsvereins zu, der in der Hauptsache von gemäßigten Demo kraten beherrscht wurde. Der Ausschuß verfolgte eine zweischneidige Politik: Zum einen