20 Da die oberste militärische Führung des »Dritten Reiches« angesichts der großen zahlen mäßigen Überlegenheit der Roten Armee mit deren Vordringen bis nach Innerdeutschland rechnete, plante man, die Elbe von Hamburg bis einschließlich Prag zur letzten deutschen Verteidigungslinie zu machen, wobei, wie dann auch in Dresden geschehen, zahlreiche Brückenköpfe auf dem rechten Elbufer verteidigt werden sollten. Der Generaloberst Adolf Strauß erhielt als »Oberbefehlshaber der Ostbefestigungen« den Auftrag, die Elbe-Linie zur Abwehr einzurichten und den Aufbau der »Verteidigungsbereiche Magdeburg, Dresden und Prag« zu leiten. 5 * Tatsächlich hatte ja die deutsche Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg mehr mals versucht, große Flüsse zu Verteidigungslinien zu machen wie z. B. die Dnepr-, die Weichsel- oder die Oder-Linie, die aber letztlich alle verlorengingen. Nun aber sollte das Wasserhindernis »Elbe« gemäß deutscher militärischer Planung von der Jahreswende 1944/45 an die Panzermassen der Roten Armee stoppen! Zusätzlich erhoffte man im »Füh rerhauptquartier« eine erfolgreiche Verteidigung der deutschen Großstädte und damit auch Dresdens. Die bisherigen Kriegserfahrungen hatten gelehrt, daß ernsthaft verteidigte Groß städte dem Angreifer im Gewirr der für ihn unbekannten Straßen und Plätze erhebliche Verluste bereiteten. Erinnert sei an die erfolgreiche Verteidigung der Russen in Stalingrad und Leningrad, aber auch an die deutsche Verteidigung von Posen, Königsberg und Bres lau. Ebenfalls sei erinnert an die Kämpfe in der Reichshauptstadt Berlin April/Mai 1945, wo die Rote Armee nach eigenen Angaben immerhin über 800 Panzer verlor! 6) Panzer er wiesen sich im Ortskampf immer wieder als leicht verwundbar, und mit dem damals hoch modernen Panzervernichtungsmittel »Panzerfaust« konnten selbst Jugendliche und Greise aus dem Volkssturm die Panzerkolosse aus naher Entfernung mit größter Wahrscheinlich keit vernichten. So erhielten dann auch die Truppen des »Verteidigungsbereiches Dresden« große Mengen »Panzerfäuste«. Neben den rein militärischen Überlegungen des deutschen Generalstabes bei der Planung der Elblinie als letzter Verteidigungslinie gegen den Feind aus dem Osten gab es auch poli tische Erwägungen und Spekulationen, die alle mit der irrealen Hoffnung auf den baldigen Zerfall der Anti-Hitler-Koalition verbunden waren. Gerade auch im Stab des »Verteidigungs bereiches Dresden« haben solche Erwartungen eine große Rolle gespielt. 7 * Zwei Ereignisse im Dezember 1944 nährten diese Hoffnungen der Nazi-Führer wie auch der Militärs: Ein mal waren das die heftigen Kontroversen zwischen Stalin und seinen westlichen Verbünde ten hinsichtlich des von Moskau aus eingesetzten Lubliner Komitees der polnischen KP als künftige Regierung des Landes, die im schroffen Gegensatz zur Exil-Regierung in London stand. Zum anderen kam es im Dezember 1944 in Griechenland, hauptsächlich in Athen, zu heftigen Kämpfen zwischen britischen Truppen (zusammen mit königstreuen griechi schen Einheiten) und Partisanen-Verbänden der KP Griechenlands. Bei allen Planungen zur Verteidigung der »Elb-Linie« ging es der Wehrmachtsführung letzt lich nur noch um Zeitgewinn, bis zum erhofften Zerbrechen der Anti-Hitler-Koalition. Demzufolge lautete der Auftrag für den »Verteidigungsbereich Dresden« als Bestandteil der »Elb-Linie«: Halten bis zum letzten! Dem sollte dann der Aufbau einer Rundumverteidigung um die Stadt mit Panzergräben und Panzersperren, Schützengräben, Artilleriestellungen und