95 den Bereich Schulwesen bis 1951 geleitet und sich dabei besonders bei der Unterdrückung von Schülerprotesten gegen die Verherrlichung Stalins anläßlich seines 70. Geburtstags am 21. Dezember 1949 hervorgetan. 7) Riesner war zunächst im Stadtrat von Chemnitz für die Volksbildung zuständig. Er wurde 1951 letzter sächsischer Volksbildungsminister vor der Auflösung des Landes Sachsens und anschließend Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED in Dresden. Das Ziel dieser Kommunisten war die nahezu totale Auswechslung der Lehrerschaft. Schnel ler formulierte das in Döbeln so: »Jeder Nazi ist zu entlassen, ganz gleich, ob er in der Partei war oder nicht, und ebenso soll man die Frage stellen bei denen, die den Militarismus in jeder Beziehung vertreten haben«. Nach seinen Vorstellungen hatten praktisch fast alle bishe rigen Lehrerinnen und Lehrer aus dem Schuldienst zu verschwinden. Wer sich darüber be klage, daß er »rücksichtslos herausfliegt« und »keine Pension« bekommen werde, dem sei zu sagen: »Ihr seid ja alle mitverantwortlich dafür«. 8) Riesner wollte sogar erst dann wieder mit dem Schulunterricht beginnen, wenn eine völlig von Nazis gesäuberte Lehrerschaft zur Ver- fügung stünde. 9 ’ Von den 28 000 Lehrern in der Sowjetischen Besatzungszone hatten aber fast 72% direkt der NSDAP und gar 97% dem Nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLB) angehört. Es gab zwar im Dritten Reich keine Zwangsmitgliedschaft, es wurde jedoch späte stens ab 1938 von Beamten - und das waren die Lehrer - ganz selbstverständlich erwartet, daß sie wenigstens in einer NS-Organisation vertreten waren. Riesner hoffte naiverweise, junge Leute zu finden, die im KZ gesessen und sich dort »gut ge bildet« hätten 10 ’, womit er bestenfalls antifaschistische Gesinnung und proletarisches Klas senbewußtsein gemeint haben könnte. Er übersah gänzlich, daß gerade junge Menschen völ lig im NS-Sinne erzogen wurden. Rückblickend haben mir viele - auch im Rahmen dieses Kolloquiums - meine eigene Beobachtung bestätigt, daß die Neulehrer, die zumeist Soldaten oder gar Offiziere waren, oftmals der NS-Vergangenheit mehr verhaftet blieben als die Alt lehrer, mit denen der Unterricht am 1. Oktober 1945 aufgenommen wurde, weil letztere immerhin noch über Erfahrungen und Kenntnisse aus den Jahren der Weimarer Republik verfügten. Das ist keine Kritik an den vielen sogenannten »Laienlehrern«, die nach meist ganz kurzer Ausbildung mit der Verpflichtung zu einem kräftezehrenden Weiterstudium vor die Klassen gestellt wurden. Die meisten haben sich redlich gemüht und sind gute Lehrer geworden. Es ist lediglich ein Beweis mehr, daß die Spuren des NS-Regimes überall zu fin den waren und fast das ganze deutsche Volk deformiert hatten. Man muß sich fragen, woher der extreme und rücksichtslose Radikalismus der leitenden Kommunisten kam, der sich deutlich vom Verhalten der allermeisten Sozialdemokraten und sogar manches eigenen Parteigenossen abhob. Sowohl Schneller als auch Riesner ist zugute zu halten, daß sie selbst 1933 von den Nazis als Lehrer von der Schule gejagt wurden. Sie waren jedoch auch Anhänger der linksradikalen Thälmann-Schule, für die der Stalinismus die Krönung des Marxismus-Leninismus darstellte. Es handelte sich bei ihnen um typische Fundamentalisten, denen das Verständnis für Rosa Luxemburgs »Andersdenken« völlig ab ging und für die Toleranz ein Fremdwort blieb. Riesner, der auf ein Jahr »Schutzhaft« in einem KZ verweisen konnte, machte zudem aus seinen Vorbehalten gegen die Intellektuellen