Norbert Oelsner Das Wiederaufbaugebiet Dresdner Neumarkt im Mittelalter und in der frühen Neuzeit Wenn gegenwärtig intensiv über Grundsätze eines Wiederaufbaus des Gebietes um den Dresd ner Neumarkt diskutiert wird, gilt dies einem städtebaulichen Raum, der als einer der letzten im Bereich der 1945 zerstörten Altstadt großflächig unbebaut geblieben ist. Begrenzt wird dieser Raum durch die Schloßstraße im Westen und den Tzschirnerplatz im Osten sowie die Brühlsche Terrasse im Norden und die Wilsdruffer Straße im Süden. Mit dem eigentlichen Neumarkt und der Frauenkirche im Mittelpunkt umfaßt er damit ein Gesamtareal von ca. 450 m X 300 m. Stadt- und siedlungsgeschichtlich handelt es sich dabei allerdings um ein aus unterschiedlichen Wurzeln hervorgegangenes und erst nach jahrhundertelanger Entwicklung zusammengewachse nes Gefüge, das unmittelbar mit den Anfängen Dresdens und der stufenweisen Herausbildung der Stadt verbunden ist. Auf der Grundlage der hieraus resultierenden besonderen strukturellen Gegebenheiten konnte gerade dieser Teil der Altstadt jene einzigartige städtebaulich-architekto nische Gestalt ausformen, die das Bild vom »alten Dresden« wohl am nachhaltigsten prägte. Diesen mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Grundlagen und Strukturen sei im folgenden nachgegangen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß insbesondere zur Frühgeschichte Dresdens in der Forschung sehr unterschiedliche Auffassungen bestehen und neue archäologische und bau archäologische Erkenntnisse noch eingeordnet werden müssen. Das Gebiet um die Frauenkirche stellt die älteste Keimzelle Dresdens dar. Hier, inmitten der seit dem 7. Jahrhundert slawisch besiedelten Elbniederung, die nach 928/929 unter deutsche Herrschaft gelangte und am Ende des 10. Jahrhunderts als Gau Nisan in den Schriftquellen faßbar wird, entstand etwa um diese Zeit eine erste präurbane Ansiedlung. 11 Wenn auch nur in wenigen Spuren archäologisch nachweisbar, erstreckte sie sich auf einem hochwasserfreien Gelände, das mit bis zu 113 m über NN die höchste Erhebung im späteren Altstadtterrain umfaßte. 2 ’ Sowohl aus historischer als auch archäologischer Sicht wurde die Vermutung geäußert, diese Siedlung mit jenem Hafenplatz Nisani zu verbinden, bei dem im Jahre 1004 König Heinrich II. Schiffe zusammenzog. 3i Argumente gibt es auch dafür, hier den Königshof Nisana zu lokalisieren, der im Tafelgüterverzeichnis Friedrich Barbarossas aus der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts erwähnt ist. 4) Es scheint deshalb sehr wohl möglich, daß mit Nisan nicht nur Landschaft oder Gau, sondern auch deren zentraler Ort bezeichnet wurde, wie dies in ver gleichbaren Fällen anderwärts festgestellt werden kann, z. B. Plisne (Altenburg) oder Budessin