20 Heinrich Magirius Das Renaissanceschloß in Dresden als Herrschaftsarchitektur der albertinischen Wettiner Umlagert von großartigen Bauten des Kultus und der Kultur — Hofkirche, Oper, Gemälde galerie und Zwinger - tritt das Residenzschloß der Wettiner seit dem 18. Jahrhundert im Stadtbild Dresdens architektonisch zurück. Daran hat auch die historische Aufwertung seiner Außenfassaden im späten 19. Jahrhundert wenig geändert. Damals schmückte man einen fürstlichen Wohnsitz, der lediglich an der Giebelfront des Georgentores auf Herrschaft in längst vergangenen Tagen verweist. Die Zerstörungen des 13. Februars 1945 hatten schließ lich das Schloß in einen grauen Ruinenkomplex verwandelt. Als Herrschaftsarchitektur fast unkenntlich geworden, überstand das Dresdner als einziges, im Krieg beschädigtes Residenz schloß einer ehemals regierenden Dynastie den Haß der DDR-Funktionäre auf die Vergan genheit, dem in deren Reichweite alle anderen zum Opfer fielen. Erst seit einigen Jahren des Wiederaufbaus treten seine gestalthaften Züge nach und nach wieder hervor. In den Stadtansichten Dresdens aus dem 16. und 17. Jahrhundert hingegen dominierte ein deutig das wettinische Residenzschloß, wie es von Herzog Georg und den Kurfürsten Moritz und Christian I. als den wichtigsten Bauherren in Auftrag gegeben worden war. Als spätes Ausrufezeichen der Herrschaftsarchitekur der albertinischen Kurfürsten von Sachsen kann Wolf Caspar von Klengels Schloßturm aus der Zeit Johann Georgs II. gelten. Er stimmt die Sinfonie der Dresdner Türme des Barocks an. Will man sich die Bedeutung des Dresdner Schlosses der Renaissance vor Augen führen, muß man versuchen, aus Plänen und zeitgenös sischen Ansichten die entsprechenden kunsthistorischen Maßstäbe zu gewinnen. Nachdem sich Herzog Georg, der Sohn Herzog Albrechts, seit 1500 das alte Markgrafen schloß der Wettiner in Dresden zum Hauptwohnsitz erkoren hatte, machte sich 1530 eine Erweiterung für die Hofhaltung seiner Söhne Johann und Friedrich erforderlich. Man wählte das an die Nordostecke des Schlosses angrenzende mittelalterliche Elbtor zur Überbauung mit einem neuen Torbau über stark verzogenem Grundriß. Dieser war bedingt von den Vor gegebenheiten eines achsialen Zugangs von der Elbbrücke in die Schloßgasse im östlichen Teil und einem Torweg im westlichen Teil, der in den Zwingerbereich nördlich des Schlos ses führte. VAnn man mit dem Georgentor eine reich geschmückte Schloßfassade zur Elbe hin ausrichtete, war wohl die Absicht maßgebend, vor dem Georgentor einen Platz zu schaf-