58 meinem Herrn ja allergnädigsten Creditore dergleichen nicht verlanget worden, mithin auch nicht dergleichen Staat vor meinem Zimmer befürchten darf. So gehet mir jedoch nicht wenig zu Herzen, dass ich mein bürgermeisterliches hohes Wort nicht halten und mich mitsamt dem Dar lehne meinem allervornehmsten Herrn Gläubiger zu Füßen werfen können, inmassen mir dann der Kummer dermassen zusetzet, dass, da ich sonsten täglich mit vier Kannen Wein mich habe beholfen, ich jetzo mit sechs Mass kaum auskommen kann, zu geschweigen, dass meine Magd täglich acht Groschen mehr Marktgeld vor die Küche fordert und haben will. Weil dann nun dieser mein Kummer daher rühret, indem mir an der letzten Leipzigischen Messe meine Marchandirung^ dermassen schlecht ausgefallen, dass ich mich mit einem, obwohl ohne mein Verschulden in Abfall seiner Nahrung gekommenen Banqueroutirer nicht unbillig vergleichen mag, da mir nichts von meinen aussenstehenden Schulden einge gangen, sondern vielmehr die Vögel reine ausgeflogen, so dass ich nöthig habe, solche mit Dransetzung zweihundert Gulden aufzusuchen und solche wieder ins Gebauer zu bringen. Dahero komme ich armer Schelm an die Banco meines, einmal wie das andere, freundlichen Herrn Creditoris und klopfe mit dem Hammer meines Elendes an das Contoir meines aller gütigsten Herrn Banquiers mit mehr als fussfälliger, mit mehr als barmherziger, ja mit mehr als miserabler Bitte, E. M. geruhen, mich bärenhäuterischen Debitoren mit eben einem sol chen Geldsacke, wie der vorige mit dem Darlehne gewesen, nur schon vollends zu Boden zu werfen, dass ich das Aufstehen, bis auf die Leipzigische Neujahrsmesse vergessen möge, da ich dann, ehender aber nicht, verspreche, dass ich mich wieder werde erholet haben, und will ich sodann alle beide Geldsäcke, den vorigen und den jetzigen, wieder bringen und, trotz einem Bürgermeister, jedweden ehrlichen Kerl unter die Augen gehen. Ich bitte ja gar zu ent setzlich sehr, E. M. gewähren mich doch meine Bitte, wenn es möglich ist, denn ich bin ärger, als mein kleiner Prinz: wenn der was haben will, so zerrt er solange, bis ich s ihm gebe. Adieu de tout mon coeur 4) ich ersterbe Ew. K. M. allerunterthänigster, von Kummer und Schulden wie ein Häring und Hase ausgemergelter, armer, doch hochweiser Bürgermeister von Narrendorf Dresden, den 12. November 1727 J ose P h Fröhlich. A propos umb das längst versprochene Pferd (es wird aber doch wohl ein hübsches sein) hätte ich bald in der Angst zu bitten vergessen. Ja, die Schuldenlast, eine schwere Last, sie macht mich bald zum Narren; ich wollte doch auch nicht gerne immer, wie ein Schneider, zu Fusse laufen. Anmerkungen 0 (lat.) Kreditgeber 2) (lat.) Schuldner 3) (abgew. franz.) sinngem.: Bewirtschaftung 4) (franz.) ganz der Ihre Quelle: Neues Archiv für sächsische Geschichte und Altertumskunde, Bd. 14, Dresden 1893, S. 340