22 der Erkenntnisfindung. Realphilosoph sei “nur, wer sich auf die Kunst des Entdeckers wohl versteht Daraus leitet er die Nützlichkeit seiner Philosophie her, die Wahrheit selbständig zu finden bei gleichzeitiger Mäßigung der Leidenschaften, Bewah rung der Gesundheit und guter Lebensweise. Das ist für Tschirn- haus auch Grundlage einer ordentlichen Erziehung der Kinder. Tschirnhaus ist, wie die meisten Denker seiner Zeit von Descartes beeinflußt worden. Er erwähnt ihn bereits in seiner Vorrede zur “Medicina mentis", Im Werk selbst befinden sich häufige Verweise auf Descartes und Würdigungen von dessen Person. Doch Tschirnhaus geht über Descartes hinaus. Er ist aber wie Descartes und Spinoza von der mathematischen Methode überzeugt, von ihrer Evidenz und der Schlüssigkeit ihrer Beweisverfahren. Das stand im schroffen Gegensatz zur damaligen protestantischen Schulphilosophie. E.W. v. Tschirnhaus fordert dabei stets die Hinwendung zur Praxis, gerichtet auf die bessere Beherrschung der Natur. Die Durch setzung der mathematischen Methode in allen Wissenschaftsge bieten sollte neue wissenschaftliche Erkenntnisse ermöglichen. In der "Medicina mentis” verweist E.W. v. Tschirnhaus auf eine Reihe bedeutender Denker seiner Zeit, z. B. auf Huygens und Male branche. In philosophischer Hinsicht verdankt Tschirnhaus aber Spinoza weit mähr. Seinen holländischen Freund erwähnt Tschirn haus aber nie. An einigen Stellen spricht er vorsichtig von einem “gewissen”. Die meisten Ansatzpunkte der Überlegungen von Tschirnhaus und Spinoza stimmen weitgehend überein. "Fragen der Ethik wie die nach dem wahren Glück, nach der Befreiung von den Leidenschaften bilden Hauptthemen sowohl der Medicina mentis wie 21 ) der Ethik.“ ’ z. B. findet man wahres Glück laut Spinoza und Tschirnhaus nur im Streben nach Erkenntnis und Wahrheit. Im Mittelpunkt von Tschirnhaus Ethik steht die Einteilung der Güter in wirkliche und Scheingüter. Weisheit und Tugend benötigt der Mensch, um innere Ruhe zu erlangen. Es sind dies die wirklichen Güter. Dagegen sind Reichtum, Ehre und sinnliche Genüsse Schein güter dieser Welt. Für Spinoza, wie für Tschirnhaus ist Genuß statthaft, wenn die Menschen dadurch geneigter werden die Wahr heit zu erforschen. Damit gerieten beide Denker in Widerspruch zur herrschenden klerikalen orthodoxen Ideologie.