25 Siegfried Wollgast Philosophie und Theologie in Dresden unter Johann Georg II. Im protestantischen Bereich Deutschlands herrschte im 17. Jahrhundert die sogenannte protestantische Schulphilosophie. Sie ist ein Gemisch von Aristotelismus, Neuplatonismus und Neustoizismus. Die Art der Anknüpfung an Aristoteles bestimmte vornehmlich den Grad der Orthodoxie oder Heterodoxie des jeweiligen Denkgebäudes. Die protestantische Schulphilosophie verbindet vieles mit der Scholastik. Im 17. Jahrhundert ist in dieser Phi losophie auch die Metaphysik wieder in den Vordergrund getreten. Obwohl zwischen den Konfessionen Todfeindschaft herrscht, lutherische Theoretiker die Calvinisten z.T. als noch bedeutend schlimmer denn die Katholiken darstellen, stehen sie mit der katholi schen Philosophie auf einer gemeinsamen theoretischen Grundlage. Weitgehend wird die neuscholastische Philosophie von dem Jesuiten Francesco Suarez (1548-1617) bestimmt. In Dresden hatte Philosophie im 17. Jahrhundert keine Heimstatt. Es gab ja auch keine Universität. Erst Gottfried Wilhelm Leibniz und Ehrenfried Walther von Tschirnhaus ver folgten 1704-1708/09 den Plan, in Dresden eine wissenschaftliche Akademie zu errich ten. Dies blieb folgenlos. Pläne zur Gründung einer Ritterakademie in Dresden bestanden bereits seit der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, aber erst 1726 wurde ihr Bau zwischen Niedergraben und Ritterstraße eingeweiht. Eigentlicher Philosphieunterricht wurde in der besprochenen Zeit lediglich an der Kreuzschule erteilt. Sie wurde 1639-1676 von Johan nes Bohemus geleitet, 1676-1688 von Johann Augustin Egenolf. Während der Regie rungszeit von Johann Georg II. hatte die Kreuzschule jährlich durchschnittlich ca. 200 Schüler. Logik und Rhetorik gehörten ohnehin zum Lehrplan dieses Gymnasiums, in der Prima wurden auch philosophische Schriften gelesen, sogar Justus Lipsius »De Constan tia« - also eine neustoizistische Grundschrift. Dennoch gab es in Dresden durchaus ein philosophisches Leben. Theologie und Philosophie stehen in dieser Zeit in engstem Zusammenhang. Kursachsen hatte zwei Universitäten: Leipzig und Wittenberg. Die Wittenberger Universität hatte dabei philosophisch wie theologisch den Vorrang. Sie, die Leucorea, war unter Kurfürst August (1553-1586) der neuen geistlichen Zentralbehörde, dem Dresdener Oberkonsistorium, un terstellt worden. In Dresden wurden also Grundsatzentscheidungen in Universitätsangelegen heiten gefällt. So nimmt es nicht wunder, daß das Amt des Oberhofpredigers in Dresden