Bernhard Maaz Die Fresken im Belvedere zu Dittersbach - ein Denkmal für Goethe Nur wenige Kilometer entfernt von Dresden liegt das Dorf Dittersbach, dessen Chronik weit zu rückreicht. Einen besonderen Aufschwung — kulturell wie auch materiell — erlebte das Dorf erst nach 1830. In den Jahren 1829/1830 wurden Gut und Schloß Dittersbach von dem damals bereits geadelten Dresdner Bürger Johann Gottlob von Quandt (1787-1859) erworben. Quandt besaß ein vornehmes Wohnhaus in der Dresdner Neustadt. Dittersbach hatte er sich als Landsitz und Refugium erwählt, um der Stadt gelegentlich entfliehen zu können. In der Nähe des Dittersbacher Schlößchens ließ er sich ein „Belvedere“ erbauen, einen kleinen Aussichtsturm auf der Höhe eines Berges, der schon zuvor den bezeichnenden Namen „Schöne Höhe“ trug. In diesem Gebäude führte der Dresdner Maler Carl Peschel in den Jahren 1836 bis 1838 einen Freskenzyklus aus. Bei den Fresken handelt es sich um einen Zyklus von fünf großen und drei kleinen Gemälden, die die Wände eines kleinen Saales im Erdgeschoß des Belvedere schmücken. Dieser Saal ist der Hauptraum des ganzen Gebäudes. Alle anderen Zimmer sind erheblich kleiner. Die Motive der Wandbilder sind aus Gedichten Johann Wolfgang von Goethes entnommen: Das in der Mitte befindliche Hauptbild des Zyklus’ bezieht sich auf die Ballade „Der Sänger“, die bei den flankierenden Fresken, ebenfalls an der Längsseite des Raumes, folgen den Balladen „Der König in Thule und „Geistesgruß“. Für die Fresken an den beiden Schmalseiten des Saales wählte der Auftraggeber Quandt die beiden Balladen „Der Fischer“ und „Erlkönig“ als Motive aus. An der Eingangsfront schließlich, die den drei erstgenannten Fresken gegenüberliegt, sieht man über der Tür ein kleineres Bild zu Goethes „Märchen“ aus den „Unterhaltungen Deutscher Ausgewanderter und seitlich davon zwei unauffällige Wandbilder, die Genien mit Schriftbän dern darstellen. Diese Fresken waren in den Jahren nach ihrer Entstehung den Freunden des Künstlers, Peschel, und denen des Auftraggebers, Quandt, sowie einigen kunstbegeisterten und kunstinteressierten Zeitgenossen bekannt. Sie erlangten jedoch niemals größere Popularität. Die Gründe hierfür sind unter anderem in der abgeschiedenen Lage — weit von der Stadt Dresden und sogar vom Ditters bacher Gut entfernt — zu suchen. Diese Lage war allerdings zugleich auch Ursache dafür, daß die Werke bis heute erhalten geblieben sind, denn viele etwa zeitgleich entstandenen Fresken in grö ßeren Städten gingen bei späteren Umbauten oder in Kriegen verloren. Ein weiterer Grund dafür, daß Pescheis Dittersbacher Fresken bis heute wenig bekannt sind, ist gewiß auch der Umstand, daß es erst in neuester Zeit zu einer umfangreicheren Aufarbeitung der Kunst des 19. Jahrhunderts in allen ihren Verzweigungen gekommen ist. Nur wenige berühmte Fresken blieben der Kunstgeschichtsschreibung stets gegenwärtig. Hierzu zählen die 1816/ 1818 entstandenen Wandmalereien der sogenannten Casa Bartholdy. Sie wurden in den 80er Jah ren des 19. Jahrhunderts in dem ehemals Bartholdy gehörenden Haus in Rom abgenommen und nach Berlin in die Nationalgalerie übertragen, wo sie seither ausgestellt sind. Eine große Zahl von Wandbildern des 19. Jahrhunderts hingegen ist verlorengegangen. Einer der bedeutendsten Fres-