14 Volker Helas Die Geschichte der Friedrichstadt Die Geschichte der Friedrichstadt ist eine Geschichte des Scheiterns. Die Absicht des sächsi schen Kurfürsten, eine prosperierende Vorstadt zu schaffen, mißlang. Mit der Gründung der Vorstadt war es nicht getan - die Dresdner Zünfte verhinderten erfolgreich, daß ihnen durch die Fiandwerker oder Manufakturen der Friedrichstadt eine ernsthafte Konkurrenz erwuchs. Der große Marktplatz sah nur zweimal im Jahr Viehmärkte, der Bauplatz für ein Rathaus blieb unbebaut; 1835 wurde die Vorstadt der Residenz einverleibt. Wie Ludwig Richter in seinen Lebenserinnerungen schrieb, »... trugen die Häuser der ganzen Vorstadt mehr den Charakter eines kleinen Landstädtchens und waren zumeist von armen Leuten bewohnt«. Als 1878 in dieser Vorstadt Dampfkesselanlagen ohne Einschränkungen zugelassen wurden, wohnte hier schon niemand mehr, der sich eine angenehmere Umgebung leisten konnte. Hierher kommt man seither nur, wenn man das Krankenhaus aufsuchen oder sich zu einem der vier Friedhöfe begeben muß. Dieser Stadtteil in allernächster Nachbarschaft zur Innenstadt war selbst für Verhältnisse der DDR, in der der Verfall der Städte an der Tagesordnung war, außerordentlich schlecht erhal ten. Und heute? - Die Stadtsanierung sparte die Friedrichstadt bisher aus. Bezeichnenderweise befindet sich auf dem Gelände des ehemaligen Kammergutes Ostra eine Rohstofferfassungs stelle, die ständig von Krähen und Möwen angeflogen wird und an einem anderen Standort als dicht bei einem Krankenhaus betrieben werden sollte. Die Geschichte der Friedrichstadt beginnt 1670. In jenem Jahr warb Kurfürst Johann Georg II. in allen Städten seines Landes um Siedlungswillige für eine Vorstadt auf dem Gelände seines Vorwerks Ostra. Den Siedlern wurden Grundstücke an der Straße von Dresden nach dem Vor werk überlassen. Ihnen wurde Steuerfreiheit für 10 Jahre garantiert. Der Kurfürst beabsichtigte durch die Neugründung, die Besatzung seiner Festung zu stärken, aber auch merkantilistische Erwägungen spielten eine Rolle. Das Patent zur Werbung von 1670 und die 1671 beigefügten Erläuterungen zu den Siedlungsbedingungen enthielten viele Bauvorschriften. Vorgegeben waren die Maße der Grundstücke. Die Breite betrug 20, die Tiefe 144 Dresdener Ellen (11,30 m / 81,36 m). Die Häuser in geschlossener Bauweise mußten aus Stein errichtet werden und ein Ziegeldach besitzen. Der Erfolg der Werbung war gering. Wegen anhaltender Streitigkeiten zwischen dem Rat der Stadt Dresden und deren Zünften und dem Kurfürsten um Marktrechte und Gewerbefreiheiten in der neuen Vorstadt wollten nur wenige Handwerker das Risiko ein- gehen und sich in Friedrichstadt niederlassen. Unter den 25 Grundstücksbesitzern waren 1680 nur drei Handwerker. Dafür verschafften sich Adlige des Hofes und vermögende Dresdner Bürger auf billige Weise Grundstücke und ließen sich Gärten anlegen und Lusthäuser errichten.