43 Andrea Emiliani Dresden, Bologna und der Ursprung des öffentlichen Museums / a / Die Unterscheidung zwischen historischem Sammlertum und moderner Museologie scheint sich in der Mitte des 18. Jahrhunderts auszubilden. Der daraus resultierende moderne Be griff des öffentlichen Besitzes wird auch der Bologneser Papst Benedikt XIV. Lambertini in einem Edikt formulieren. Die sich daraus ergebende neue Form des Museums verlangt aber nach einer neuen Organisation: Als erstes wird ein kritischer und interpretatorischer Zugang nötig, um den Künstler durch seine sakralen Werke zu begreifen, als zweites eine architek tonische Gestaltung, die große Ausstellungsräume mit Oberlicht und betonte Raumfluchten bietet. Die große Vendita di Modena bzw. der Verkauf an Dresden von 1745, der den Grundbestand der Dresdner Galerie Augusts III. bildet, scheint unter anderem den genannten päpstlichen Erlaß veranlaßt zu haben. Die vielen Bologneser, die in oder für Dresden tätig waren, machen dies deutlicher: Oft brachten sie Altar- und Kirchenbilder ans Elbufer, sogar einige älteren Stils, wie Ferrareser Werke von Cossa und Ercole de’Roberti. Luigi Crespi und Abt Branchetta spielen für die Aufbaujahre dieses sich rasch entwickelnden, modernen Museumsprojektes eine ebenso wichtige Rolle wie Bianconi und Winckelmann. Das hier zu definierende öffentliche Konzept der Dresdner Galerie ergibt sich aus einer sehr freien Sammeltätigkeit, die sicherlich auf ein historisches Modell zurückgeht, das damals Carlo Cesare Malvasia, der Bologneser Kunstkenner und Autor der Vite dei Pittori Bolognesi von 1678 vorgeschlagen hatte. Im Mittelpunkt seines breit angelegten kritischen Pro gramms steht vor allem das Altargemälde als Ausdruck des Gusto Bolognese und dessen dra matischen und eloquenten Stils. Meinen ursprünglichen Pariser Beitrag (siehe Anmerkung), konnte ich demnach mit der folgenden Behauptung schließen: Zwar hatten französische Kommissare auf Verordnung Gaspard Monges die Gemälde für Napoleons Pariser Triumph von 1796-97 eingesammelt, doch ihre Auswahl, jenes Pantheon an Altarbildern von Costa bis Francia und Parmigianino, von Carracci bis Guido, von Guercino bis Crespi war viele Jahrzehnte früher entstanden, nämlich infolge der Beziehungen von 1740 bis 1760 zwi schen der lebhaften Dresdner Kultur und der wohlbedachten Verarbeitung Bologneser Ge schichte. Nun sei zumindest an eine, den Museologen vielleicht weniger bekannte Episode dieser Part nerschaft erinnert. Darin treten einige Protagonisten auf wie Giovanni Ludovico Bianconi und