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11 Matthias Herrmann Zum Stand der Erforschung des Lebens werkes von Rudolf Mauersberger - Auf dem Wege zu einer wissenschaftlichen Biographie Eine Rudolf-Mauersberger-Biographie erarbeiten zu wollen, bedarf angesichts des bereits umfangreich vorliegenden Schrifttums erläuternder Bemerkungen. Vielleicht läßt sich meine Stellung zu solch einer wissenschaftlichen Biographie am besten in Auseinandersetzung mit diesem verdeutlichen. Das, was nachfolgend ausgeführt wird, sollte im Zusammenhang mit den positiven Wertungen in diesem Heft verstanden werden. I Erstmals befaßte sich 1947 der Dresdner Volkskundler und Schriftsteller Albert Zirkler mit einem Buchprojekt zum Thema Mauersberger. In der Phase des Aufbaus, der mit materiellen Sorgen und ideologischen Irritationen gleichermaßen einherging, wurde der Kreuzkantor von einigen sächsischen Kirchen- und Kirchenmusikvertretern insofern mißverstanden, als diese zu meinen glaubten, den jungen Nationalpreisträger eines „unkirchlichen“ Verhaltens wegen maßregeln und dessen liturgische Bestrebungen als „Abgleiten“ ins katholische Brauchtum kritisieren zu müssen. Auf der anderen Seite war es der Landesregierung Sachsen und ab 1949 der jungen Regierung der DDR zunehmend angelegen, den Dresdner Kreuzchor verstärkt zum Singen bei gesellschaftlichen Anlässen hinzuzuziehen. Aufgrund einer nach dem Kriege vom damaligen Oberbürgermeister angeregten (und 1972 annulierten) Vereinbarung, wurde der Kreuzchor zu zwei Dritteln vom Rat der Stadt Dresden und zu einem Drittel vom Landes kirchenamt Sachsen finanziert. 1 In solch einer, nur äußerst grob umrissenen, Spannung um Mauersberger (der zudem im Vor feld seines 60. Geburtstages eine schwere persönliche Krise durchmachte) hatte sich, nachdem ein Verlag bisher nicht gewonnen worden war, A. Zirkler mit seinem Manuskript an den neu gegründeten Dresdner Verlag gewandt, der jene unter dem Titel „Ein Dorf junge wird Kreuz kantor“ stehende Fassung allerdings nicht akzeptierte. Vermittelt sie doch eine vordergrün dige, ja „heimattümelnde“ Tendenz und berücksichtigt zu wenig die Leistungen des Interpre ten und Komponisten - also insgesamt eine Mauersberger-Bild aus enger Sicht. 2 Dies sei des halb betont, weil seiner Persönlichkeit auch Züge eignen, die-von der Gesamterscheinung losgelöst-mühelos banale Bereiche berühren können. So ist die Gefahr nicht auszuschließen, über volkstümlichen Momenten den Musiker aus dem Auge zu verlieren. Um das Mauersberger-Buchprojekt zu retten, wandte sich der Dresdner Verlag im Jahre 1951 an die seit drei Jahren am Kreuzchor wirkende, als Feuilletonistin bereits an die Öffentlichkeit getretene, Erna Hedwig Hofmann mit der Bitte um eine kurzfristige Neufassung der konzep tionell und stilistisch untragbaren Textvorlage. Aber auch die nunmehr in eine Rahmenhand- lung gekleidete, den Zirklerschen Textabschnitten zu breiten Raum lassende Mauersberger- Biographie wurde vom Verlag abgelehnt. In einem Gutachten vom 5. Februar 1952 schrieb 1 1