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'j " ! cappella-Musik aller Epochen versiert. Es ist daher nur eine logische Konsequenz, daß er aus dem von ihm musizierten Chorrepertoire reiche Anregungen für das eigene kompositorische Schaffen schöpfte. Zudem hatte er als Interpret die Chance, eigene Kompositionen mit seinen Kruzianern auszuprobieren und erforderlichenfalls Revisionen vorzunehmen, was bei den Großwerken auch häufig geschah. Aus dem von Mauersberger musizierten älteren Chorre pertoire wurde für ihn bezüglich seiner kompositorischen Ambitionen die Beschäftigung mit Werken Palestrinas, Heinrich Schütz’ und Johann Sebastian Bachs besonders wichtig. Auf Grundmuster Palestrinas (z. B. „Missa Papae Marcelli“) scheint die lineare Kontrapunk tik von Teilen der Lukas-Passion, vor allem der Altarchöre, zurückzugehen. Von Schütz konnte der Kreuzkantor bestimmte Verfahren der Textausdeutung übernehmen und schöpfe risch umsetzen. Eine ganze Reihe Schützscher Kompositionsprinzipien scheinen im Vokal werk Mauersbergers ihre Resonanz gefunden zu haben. Hierzu zählen wir u. a. Spezifika der Affektgestaltung, z. B. rhetorische Figuren, Symbolik, Imitatio naturae, außerdem das mehr- chörige Verfahren, Klangmischungen, Differenzierungen der Chöre in Capell- und Favorit gruppen. In Summa findet sich bei Mauersberger vieles von dem wieder, was die Kunst des Sagittarius ausmacht: eine auf den Textausdruck, Wortsinn und Verständlichkeit des Inhalts gerichtete Musikaussage. Neben den Meistern des 17. und 18. Jahrhunderts sind bedeutende Komponisten des 20. Jahr hunderts zu nennen, deren Werke von großer Wirkung auf das Mauersbergersche OEuvre waren: Neben Max Reger gehören hierzu u. a. Kurt Thomas, Hugo Distier und Ernst Pep- ^ing. Mauersberger hatte in den Kreuzchorverspern einen Teil ihrer Schöpfungen zur Auffüh rung gebracht. Ihre Tonsprache ist der gemäßigt modernen Schreibweise mit einem beträchtli chen Anteil linearer Kontrapunktik und erweiterter Harmonik zuzurechnen. Aus Max Regers Kompositionen gewann Mauersberger Anregungen bezüglich der Harmonisierung von Chor- und Choralsätzen. Regers Faible für Reizklänge, Dissonanzen, Farbwirkungen, kühne Modulationen, Mediantenverbindungen, kirchentonartliche Wendungen, Akkordalterierun- gen, Konkordanzen und erweiterte Kadenzierung fand in vielen Werken Mauersbergers einen markanten Niederschlag. Aus der näheren Beschäftigung mit Kompositionen Hugo Distiers scheint Mauersberger Anregungen für erweiterte tonale Ordnungen gewonnen zu haben. Zudem entdeckte er für eigene Aussagen den Reiz der Distlerschen polyrhythmischen Strukturen. Bei Kurt Thomas konnte Mauersberger die Wiedereinsetzung und Verwendung alter Formen und Gattungen der Kirchenmusik studieren; verwiesen sei auf solche Werke wie „Kleine geistliche Chormu sik“, Messe op. 1 und „Markuspassion“. Und Ernst Pepping vermochte in seinen frühen Werken zu zeigen, wie sehr die Auseinandersetzung mit dem Schützschen Erbe im Verein mit entwickelten polyphonen Elementen und moderner Harmonik zu einer faszinierenden zeitge nössischen Aussage führen konnte. Wir halten zunächst als Fazit fest: Obwohl Mauersberger alle Kompositionstechniken, die im Musikleben seiner Zeit üblich oder Mode waren, kannte, bevorzugte er als Komponist eine Schreibweise, die als gemäßigt modern anzusehen ist. Die Mauersbergersche Tonsprache dürfte als eine geglückte, ästhetisch überzeugende Synthese vieler Provenienzen anzusehen sein, wobei Anregungen aus dem 17. und 18. sowie aus dem 20. Jahrhundert besonder^ pro duktiv genutzt wurden. Insgesamt praktizierte Mauersberger eine Schreibweise, die durchaus sui generis ist, unverwechselbar, eindringlich in ihrer Aussage und von starker künstlerischer und emotionaler Wirkung. ^ . ■Mmm w- • w \