39 Simone Lässig Kultur und Kommerz - Das Beispiel der Bankiersfamilie Arnhold Kunst und Kultur konnten sich zu allen Zeiten nur dort besonders entwickeln und entfalten, wo sie eine finanzielle Förderung erfuhren. Aus dieser Perspektive, der Abhängigkeit des Künst lers vom Staat oder vermögenden Privatpersonen, tritt das, was Kunst und Kommerz verbindet, deutlich hervor. Fragt man indes aus der Perspektive des Förderers, so springt eine Abhängigkeit vermögender Bürger von der Kunst nicht annähernd so klar ins Auge wie im umgekehrten Falle. Um so interessanter ist die Frage nach den Motiven bürgerlichen Mäzenatentums. In individu ellen Interessen und der Liebe zur Kunst findet sich eine wichtige, aber keineswegs hinreichende Antwort. 1 * Sie »greift« vorrangig bei nicht (mehr) erwerbstätigen Mäzenen, die ihren »Beruf« darin erblickten, ihr Vermögen zur Befriedigung eigener wie allgemeiner kultureller Bedürfnisse einzusetzen. Was aber motivierte noch höchst aktive und erfolgreiche Unternehmer, als Mäzene zu wirken? Hatten sie dies angesichts ihrer beeindruckenden ökonomischen Position noch »nötig«? Wo liegt bei ihnen die Verbindung zwischen dem Streben nach unternehmerischem Erfolg und kulturellem bzw. sozialem Engagement? Derartigen Fragen werde ich am Beispiel der Dresdner Bankiersfamilie Arnhold nachgehen. In den Mittelpunkt rücken damit Persönlichkeiten, die innerhalb der städtischen Öffentlichkeit Dresdens über mehr als sechs Jahrzehnte in bemerkenswerter Weise als Förderer kultureller und sozialer Belange wirkten und dies in der nachfolgenden Generation — zumeist sehr lautlos — noch heute, oder besser, heute wieder tun. Versucht man sich dieser Familie zu nähern, so ist dies aller dings nur möglich, wenn der Begriff »Mäzenatentum« möglichst weit gefaßt wird. Wenngleich das Spenden und Stiften für nichtkünstlerische Zwecke oft anderen Regeln folgt, sollen daher im folgenden auch Bereiche, die über die Kunstförderung im engeren Sinne hinausgehen, mit einbezogen werden. Trotzdem müssen einige Aspekte ausgespart werden: Das betrifft zum einen die Tätigkeit von Eduard Arnhold, dem in Berlin lebenden prominenten und als Mäzen weit hin geschätzten Bruder von Max und Georg Arnhold. 21 Zum anderen soll die Aufmerksamkeit vor allem auf die Bankgründer, also auf Max und Georg Arnhold, und weniger auf die Kinder 3 * gerichtet werden. Zwar waren die Söhne und Töchter von Anna und Georg Arnhold unbestrit ten eigenständige Persönlichkeiten, und einige von ihnen haben in der Weimarer Zeit sehr indi viduelle Akzente gesetzt. Dennoch läßt sich - vor allem vermittelt durch die habituelle Prägung im Elternhaus - vieles von dem, was hier zu Georg Arnhold gesagt wird, auch auf die nächste Generation übertragen, einiges erscheint hierdurch erst verständlich. 1864 gründeten Ludwig Philippson und der erst 19jährige Max Arnhold mit nur 6000 Talern Startkapital ein Privatbankhaus in Dresden, das nach dem Ausscheiden Philippsons und dem Ein-